Kortison bei Nervenentzündung: Anwendung, Wirkung und Risiken

Nervenentzündungen, wie die Polyneuropathie oder Nervenwurzelentzündungen, können erhebliche Beschwerden verursachen. Dieser Artikel beleuchtet die Rolle von Kortison in der Behandlung von Nervenentzündungen, seine Wirkungsweise, Anwendungsgebiete und potenziellen Risiken.

Was ist eine Nervenentzündung?

Eine Nervenentzündung (Neuritis) oder Nervenreizung kann verschiedene Ursachen haben, darunter Druck auf einen Nerv, Verletzungen, Infektionen oderAutoimmunerkrankungen. Typische Symptome sind Schmerzen, Taubheit, Kribbeln oder Funktionsausfälle im betroffenen Bereich. Die Schmerzen werden oft als brennend, stechend oder dumpf beschrieben und können plötzlich und anfallsartig auftreten.

Die Polyneuropathie, eine häufige neurologische Erkrankung, manifestiert sich typischerweise durch Kribbeln, Brennen und Taubheit, beginnend an Füßen und Beinen. Diese Symptome entstehen durch Schäden an den langen Nerven, die Muskeln, Haut und Organe mit dem Gehirn verbinden, was zu einer gestörten Informationsweiterleitung führt. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, können unterschiedliche Beschwerden im Vordergrund stehen.

Eine Nervenwurzelentzündung (Radikulopathie) betrifft die Nervenwurzeln im Bereich des Rückenmarks. Die Spinalnerven, die aus dem Rückenmark austreten, können durch verschiedene Faktoren gereizt werden, was zu Schmerzen, Empfindungsstörungen oder Muskelschwäche führt. Häufige Ursachen sind Bandscheibenvorfälle oder Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule.

Diagnostik von Nervenentzündungen

Zur Diagnose von Nervenentzündungen werden verschiedene Methoden eingesetzt:

Lesen Sie auch: Effektive Behandlungsmethoden

  • Neurologische Untersuchung: Der Arzt prüft die Reflexe, das Vibrationsempfinden und die Muskelkraft, um die Funktion der Nerven zu beurteilen.
  • Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Hierbei wird Strom durch die Nervenbahnen geschickt, um die Geschwindigkeit der Nervenimpulse zu messen.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Diese standardisierte Testung misst verschiedene Gefühlsempfindungen auf der Haut, um festzustellen, welche Nervenfasern geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist.
  • Thermode: Computergesteuerte Temperaturreize werden eingesetzt, um das Temperaturempfinden exakt zu messen.
  • Nerven-Muskel-Biopsie: Eine Gewebeprobe aus dem Schienbein wird entnommen und feingeweblich untersucht, um die Ursache der Polyneuropathie zu finden.
  • Hautbiopsie: Bei Verdacht auf Small-Fiber-Neuropathie kann eine Gewebeprobe aus der Haut unter dem Mikroskop untersucht werden.
  • Bildgebung (MRT, Röntgen): Bei einer Nervenwurzelentzündung kann ein MRT der Wirbelsäule durchgeführt werden, um einen Bandscheibenvorfall oder andere Ursachen auszuschließen. Röntgenbilder können Verschleißreaktionen der Zwischenwirbelgelenke darstellen.
  • Ultraschall: Kann zur Darstellung von dicht unter der Haut liegenden Strukturen(Sehnen, Nerven, Muskeln und Bänder) verwendet werden.

Kortison: Ein Überblick

Kortison ist ein umgangssprachlicher Begriff für Glukokortikoide, eine Gruppe von Wirkstoffen, die ähnlich wie das körpereigene Hormon Cortisol wirken. Cortisol, auch als Stresshormon bekannt, wird in der Nebennierenrinde produziert und beeinflusst zahlreiche Körperfunktionen, darunter den Stoffwechsel, das Immunsystem und den Entzündungsprozess.

Glukokortikoide wirken entzündungshemmend, antiallergisch und immunsuppressiv. Sie werden bei einer Vielzahl von Beschwerden und Krankheiten eingesetzt, sowohl lokal (z.B. in Cremes, Nasensprays) als auch systemisch (z.B. in Tablettenform).

Wie Kortison bei Nervenentzündungen wirkt

Kortison kann bei Nervenentzündungen eingesetzt werden, um Entzündungen zu reduzieren und Schmerzen zu lindern. Es wirkt schnell und kann insbesondere in akuten Phasen der Entzündung helfen, die Beschwerden zu kontrollieren.

  • Entzündungshemmende Wirkung: Kortison unterdrückt die Produktion und Freisetzung von Entzündungsmediatoren, wie Zytokinen und Chemokinen. Diese Botenstoffe spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Entzündungen.
  • Immunsuppressive Wirkung: Kortison hemmt die Aktivität von Immunzellen, die an der Entzündungsreaktion beteiligt sind. Es verringert ihre Bewegung zum Entzündungsort und blockiert ihre Funktionen.
  • Schmerzlindernde Wirkung: Durch die Reduktion der Entzündung und die Hemmung der Schmerzweiterleitung kann Kortison Schmerzen lindern.

Anwendungsformen von Kortison bei Nervenentzündungen

Kortison kann bei Nervenentzündungen auf verschiedene Arten angewendet werden:

  • Lokale Injektion: Kortison kann direkt in den Bereich der Nervenentzündung gespritzt werden, um eine gezielte Wirkung zu erzielen. Dies kann beispielsweise bei einer Nervenwurzelentzündung (Radikulopathie) erfolgen, indem das Kortison epidural in den Raum oberhalb der Dura mater (einer der Hirnhäute, die auch das Rückenmark umgibt) injiziert wird. Auch bei anderen Nervenreizungen kann Kortison lokal injiziert werden, um die Entzündung direkt am Ort des Geschehens zu bekämpfen.
  • Tabletten: Kortison kann in Tablettenform eingenommen werden, um eine systemische Wirkung zu erzielen. Diese Anwendungsform wird in der Regel bei schwereren Entzündungen oder wenn eine lokale Behandlung nicht ausreichend ist, eingesetzt.
  • Infusion: In seltenen Fällen kann Kortison auch als Infusion verabreicht werden, um eine schnelle und hohe Wirkstoffkonzentration im Körper zu erreichen.

Risiken und Nebenwirkungen von Kortison

Obwohl Kortison ein wirksames Medikament zur Behandlung von Nervenentzündungen sein kann, ist es wichtig, die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen zu berücksichtigen.

Lesen Sie auch: Wie Osteopathie bei eingeklemmten Nerven hilft

  • Allgemeine Nebenwirkungen: Bei einer Langzeitbehandlung mit Kortison können verschiedene Nebenwirkungen auftreten, darunter Gewichtszunahme, Fettumverteilung, Hautveränderungen, Haarausfall, Bluthochdruck, erhöhter Blutzuckerspiegel, Muskelschwund und Osteoporose. Auch psychische Nebenwirkungen wie Euphorie, Unruhe und Schlafstörungen sind möglich.
  • Lokale Nebenwirkungen: Bei Kortisoninjektionen können lokale Nebenwirkungen wie Infektionen, Nervenschäden oder eine Schädigung des Gelenkknorpels auftreten. Mehrfache Kortisoninjektionen in ein Gelenk können dazu führen, dass der wichtige Gelenkknorpel abgebaut wird. Auch Sehnen leiden unter wiederholten Kortisoneinspritzungen.
  • Diabetes: Kortison kann den Blutzuckerspiegel erhöhen und in seltenen Fällen einen Diabetes auslösen. Bei den meisten Patienten verschwindet dieser jedoch wieder, wenn die Kortisontherapie beendet ist.
  • Eingeschränkte Immunantwort: Kortison dämpft die Immunantwort, was bedeutet, dass der Schutz vor Infektionen etwas geringer sein kann. Dies ist insbesondere bei Impfungen zu beachten.

Wichtige Hinweise zur Kortisontherapie

  • Dosierung und Dauer: Kortison sollte immer in der niedrigsten möglichen Dosis und für die kürzestmögliche Dauer eingenommen werden, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.
  • Einnahmezeitpunkt: Kortison sollte idealerweise morgens zwischen 6 und 8 Uhr eingenommen werden, um den natürlichen Rhythmus der Cortisolproduktion im Körper nachzuahmen.
  • Ausschleichen: Eine längerfristige Kortisontherapie sollte nicht abrupt beendet werden, sondern schrittweise ausgeschlichen werden, um eine Unterfunktion der Nebennierenrinde zu vermeiden.
  • Regelmäßige Kontrollen: Bei einer Langzeittherapie mit Kortison sollten regelmäßig Blutzuckerwerte, Blutdruck, Knochendichte und Augeninnendruck kontrolliert werden.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Ballaststoffen und entzündungshemmenden Fettsäuren ist bei einer Kortisontherapie besonders wichtig. Auf Fruchtzucker, zuckerhaltige Getränke, Fertigprodukte und zu viel Salz sollte verzichtet werden.
  • Impfungen: Patienten unter Kortisontherapie können sich gegen Corona impfen lassen, sollten jedoch darauf achten, dass die Kortisondosis zum Zeitpunkt der Impfung so niedrig wie möglich ist.
  • Zusätzliche Risikofaktoren: Patienten mit Vorerkrankungen wie hohem Blutdruck, Übergewicht oder Depressionen sollten besonders vorsichtig sein, da sie ein höheres Risiko für Nebenwirkungen haben.

Alternative und ergänzende Behandlungen

Neben Kortison gibt es verschiedene alternative und ergänzende Behandlungen, die bei Nervenentzündungen eingesetzt werden können:

  • Schmerzmittel: Zur Schmerzbekämpfung können Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Capsaicin-Pflaster eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Gleichgewichtstraining und gezielte Übungen können helfen, die Gangunsicherheit zu verbessern und die Muskeln zu stärken.
  • Elektrotherapie (TENS): Elektrische Impulse können die Nerven stimulieren und Schmerzen lindern.
  • Akupunktur: Einige Patienten berichten von einer Linderung der Beschwerden durch Akupunktur.
  • Nervenstimulationsverfahren (SCS, TENS): Bei chronischen Schmerzen können Nervenstimulationsverfahren wie die epidurale Rückenmarkstimulation (SCS) oder die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) eingesetzt werden.
  • Psychologische Betreuung: Nervenschmerzen können eine starke psychische Belastung sein. Eine psychologische Behandlung kann helfen, Depressionen oder Angststörungen vorzubeugen.
  • Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Meditation, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung können zu einer seelischen und körperlichen Beruhigung führen und das Wohlbefinden steigern.
  • Ergotherapie: Verbesserung der Funktionsfähigkeit durch Ergotherapie (Spätphase).
  • Lymphdrainage: Rückbildung der Schwellung und Wassereinlagerung durch Lymphdrainage.

Lesen Sie auch: Linderung von Polyneuropathie-Symptomen

tags: #Cortison #bei #Nervenentzündung