Hirnödem nach Schlaganfall: Ursachen und Behandlung

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das oft zu bleibenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen führt. Eine besonders schwerwiegende Komplikation nach einem Schlaganfall ist das Hirnödem, eine Schwellung des Gehirns, die den Hirndruck erhöht und lebensbedrohlich sein kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten des Hirnödems nach einem Schlaganfall.

Einführung

Jährlich erleiden etwa 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall, was ihn zu einer häufigen Ursache für Tod oder bleibende Behinderungen macht. Je schneller und effizienter ein Patient nach einem Schlaganfall behandelt wird, desto mehr Nervenzellen im Gehirn können "gerettet" werden. Bei einem akuten Schlaganfall gilt der Leitsatz "Time is brain" (Zeit ist Gehirn), was bedeutet, dass jede Minute zählt.

Was ist ein Hirnödem?

Ein Hirnödem ist eine Schwellung des Gehirns, die durch die Ansammlung von Flüssigkeit im Hirngewebe entsteht. Diese Volumenzunahme führt zu einem erhöhten Hirndruck (intrakranieller Druck), der lebensbedrohlich sein kann, wenn er nicht schnell behandelt wird.

Formen des Hirnödems

Es gibt verschiedene Formen des Hirnödems, die sich in ihren Ursachen und Mechanismen unterscheiden:

  • Vasogenes Ödem: Dies ist die häufigste Form, bei der die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke gestört ist, wodurch Flüssigkeit aus den Gefäßen ins Gewebe austritt. Ursachen hierfür sind Tumoren, Entzündungen und Traumata.
  • Zytotoxisches Ödem: Hierbei kommt es zu einer Zellschwellung durch gestörten Stoffwechsel in den Nervenzellen. Ursachen sind Schlaganfall, Hypoxie und Vergiftungen.
  • Interstitielles Ödem: Diese Form entsteht durch erhöhten Druck im Liquorsystem, wodurch Flüssigkeit ins Hirngewebe übertritt. Ursache ist ein Hydrozephalus.
  • Osmotisches Ödem: Hierbei kommt es zu einer Flüssigkeitsverschiebung bei starkem osmotischen Ungleichgewicht, beispielsweise bei Leberversagen oder Hyponatriämie.

Ursachen eines Hirnödems nach Schlaganfall

Ein Hirnödem kann als Folge eines ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfalls auftreten. Bei einem ischämischen Schlaganfall entsteht das Hirnödem durch den Sauerstoffmangel und die daraus resultierenden Stoffwechselstörungen in den Hirnzellen. Bei einem hämorrhagischen Schlaganfall kann das ausgetretene Blut zusätzlich zu einer Schwellung des Hirngewebes führen.

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Weitere Ursachen für ein Hirnödem können sein:

  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Hirntumoren
  • Infektionen (z. B. Meningitis, Enzephalitis)
  • Hypoxie / Reanimation
  • Vergiftungen oder metabolische Entgleisungen
  • Höhenkrankheit

Symptome eines Hirnödems

Die Symptome eines Hirnödems können vielfältig sein und hängen vom Ausmaß und der Lokalisation der Schwellung ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen (meist ohne Übelkeit)
  • Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma
  • Verlangsamung der Reaktion, Verwirrtheit
  • Krampfanfälle
  • Pupillenveränderungen, Sehstörungen
  • Einseitige Lähmungen
  • Unregelmäßige Atmung, Bradykardie → Zeichen eines Hirndrucks

Diagnose eines Hirnödems

Die Diagnose eines Hirnödems erfolgt in der Regel durch bildgebende Verfahren wie:

  • CT oder MRT: Diese Verfahren ermöglichen die Darstellung der Schwellung und möglicher Ursachen.
  • Neurologische Untersuchung: Hierbei werden der GCS (Glasgow Coma Scale), die Pupillen und Reflexe untersucht.
  • Liquordruckmessung: Diese kann einen Hinweis auf erhöhten Hirndruck geben.
  • Blutuntersuchungen: Diese dienen zur Bestimmung von Entzündungswerten, Elektrolyten und Toxinen.

Behandlung eines Hirnödems nach Schlaganfall

Die Behandlung eines Hirnödems zielt darauf ab, den Hirndruck zu senken und die Ursache der Schwellung zu behandeln. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

  • Akutbehandlung:
    • Oberkörperhochlagerung (30°) zur Druckentlastung
    • Osmotherapie: Mannitol oder hypertones NaCl zur Entwässerung
    • Kortikosteroide: Bei vasogenem Ödem (z. B. durch Tumor)
    • Sedierung / kontrollierte Beatmung: Reduktion des zerebralen Stoffwechsels
    • Hyperventilation (zeitlich begrenzt): Senkt CO₂ und damit den Hirndruck
    • Liquordrainage bei Liquoraufstau
    • Operative Maßnahmen: z. B. Dekompressionskraniotomie bei drohender Einklemmung

In vielen Kliniken gibt es spezielle Abteilungen für Schlaganfall-Patienten, sogenannte "Stroke Units", die auf die multidisziplinäre Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert sind. Bewusstlose oder beatmungspflichtige Patienten kommen direkt auf die Intensivstation und werden ganzheitlich überwacht. Blutdruck und Blutzucker des Schlaganfall-Patienten müssen exakt eingestellt werden.

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Weitere Behandlungsmaßnahmen nach Schlaganfall

  • Thrombolyse oder Lyse-Therapie: Wenn ein Blutgerinnsel den Apoplex ausgelöst hat, erfolgt - wenn möglich - die sogenannte Thrombolyse oder „Lyse-Therapie“. Dabei werden dem Schlaganfall-Patienten Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Diese Therapie ist in Einzelfällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten ersten Symptome möglich.
  • Thrombektomie: Als weitere Methode steht die sogenannte Thrombektomie zur Verfügung, wenn größere Blutgefäße im Gehirn verschlossen sind. Hierbei handelt es sich um ein katheterbasiertes Verfahren, bei dem ähnlich wie bei einer Herzkatheteruntersuchung versucht wird, das verschlossene Gefäß wieder zu eröffnen. Hierzu wird der Katheter über die Leistenarterie eingeführt. Wenn möglich, versuchen Ärztinnen und Ärzte, beide Verfahren (Thrombolyse und Thrombektomie) zu kombinieren. Die Erfolgsaussichten sind umso größer, je früher nach Auftreten der Symptome die Behandlung erfolgen kann.
  • Operation am offenen Gehirn: Ist der Apoplex Folge einer Hirnblutung, so wird der Patient möglicherweise am offenen Gehirn operiert, um die Blutung zu stoppen und die Flüssigkeitsausbreitung in das Hirngewebe zu minimieren.

Rehabilitation nach Schlaganfall

Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist stets individuell, denn letztlich gleicht kaum ein Schlaganfall dem anderen. Der Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall dauert etwa sieben bis zehn Tage an. Nach diesem Krankenhausaufenthalt sind weiterführende Reha-Maßnahmen sinnvoll.

  • Frühreha: Oberstes Ziel der Frührehabilitation (kurz: Frühreha) nach einem Schlaganfall ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Körperfunktionen, die durch den Schlaganfall womöglich geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden.
  • Neurologische Reha: Hier trainieren Schlaganfall-Patienten intensiv, das heißt, zwischen 120 und 300 Minuten täglich. Die besondere Form der Rehabilitation kommt nicht für jeden Patienten in Frage.
  • Geriatrische Rehabilitation: Ältere Schlaganfall-Patienten haben unter Umständen einen Rechtanspruch auf eine sogenannte geriatrische Rehabilitation, die maximal für 20 Tage genehmigt wird.

Pflegeaspekte beim Hirnödem

  • Überwachung der Vitalzeichen und Pupillen
  • Bewusstsein und neurologischer Status regelmäßig kontrollieren
  • Kopf ruhig und erhöht lagern
  • Flüssigkeitsbilanzierung
  • Körperliche Schonung, Reizabschirmung
  • Frühzeitige Kommunikation mit dem ärztlichen Team bei Verschlechterung
  • Angehörigenbegleitung bei kritischem Verlauf

Prävention von Folgeschlaganfällen

Bei Patientinnen und Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, ist das Risiko für Folgeschlaganfälle erhöht. Die Risikofaktoren für Folgeschlaganfälle sind die gleichen wie beim Erstschlaganfall. Wichtig ist die medikamentöse Einstellung von Blutdruck, Diabetes mellitus und Cholesterin. Vieles haben Schlaganfallpatienten/-patientinnen selbst in der Hand.

Risikofaktoren minimieren

  • Blutdrucksenkung: Der erhöhte Blutdruck (Hypertension) ist bei Weitem der wichtigste Risikofaktor für den Schlaganfall.
  • Normalisierung der Blutfette:
  • Gewichtsreduktion: Normalgewicht anstreben! Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse und ggf.
  • Behandlung einer Herzerkrankung:
  • Aufgabe von Rauchgewohnheiten: Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum) inkl. Passivrauchen.
  • Begrenzter Alkoholkonsum: Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max.
  • Gesunde Ernährung: Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch. Ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch.

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