Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die sich in der Regel durch anfallsartige Kopfschmerzen äußert. Diese Kopfschmerzen können von zusätzlichen Symptomen begleitet werden und das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es gibt verschiedene Formen von Migräne, darunter die Migräne mit Aura, die Migräne ohne Aura und die Hirnstamm-Migräne (früher als Basilarismigräne bekannt). Dieser Artikel konzentriert sich auf die Hirnstamm-Migräne und beleuchtet ihre Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze.
Was ist Hirnstamm-Migräne?
Die Hirnstamm-Migräne ist eine seltene Form der Migräne mit Aura. Bei einer Aura treten neurologische Ausfälle oder Reizungen auf, die von den kortikalen Arealen im Gehirn ausgehen. Im Gegensatz dazu treten die Durchblutungsstörungen bei der Hirnstamm-Migräne im Hirnstamm auf. Daher betreffen die Beschwerden auch die Bereiche, die im Hirnstamm gesteuert werden, wie z. B. die Motorik. Bis vor einigen Jahren wurde die Migräne mit Hirnstammaura als Basilarismigräne bezeichnet. Der Begriff Basilarismigräne ist auf eine anatomische Struktur zurückzuführen: Die Arteria basilaris ist eine Schlagader, die den Hirnstamm mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Bei einer Migräne mit Hirnstammaura liegen funktionelle Störungen im Bereich dieser Arterie vor bzw. kommt es zu Durchblutungsstörungen im Hirnstamm. Mittlerweile gilt es jedoch als unwahrscheinlich, dass die Basilararterie an der Entstehung der Attacken beteiligt ist, weshalb heute der Begriff „Migräne mit Hirnstammaura“ bevorzugt wird.
Symptome der Hirnstamm-Migräne
Die Symptome einer Migräne mit Hirnstammaura können vielfältig sein und ähneln zum Teil auch Symptomen anderer Erkrankungen, wie z. B. einem Schlaganfall. Es ist daher wichtig, die Symptome richtig zu deuten und eineDifferentialdiagnose durchzuführen.
Zu den typischen Symptomen der Migräne mit Hirnstammaura gehören:
- Sprechstörung (Dysarthrie): Schwierigkeiten beim Sprechen, undeutliche Aussprache.
- Schwindel: Ein Gefühl von Drehschwindel oder Benommenheit (keine Benommenheit!).
- Ohrgeräusche (Tinnitus): Klingeln, Rauschen oder andere Geräusche im Ohr.
- Hörminderung: Schwierigkeiten beim Hören.
- Doppelbilder (Diplopie): Sehen von zwei Bildern eines Objekts (kein Verschwommensehen!).
- Störung der Bewegungskoordination (Ataxie): Schwierigkeiten beim Gehen, Gleichgewichtsstörungen.
- Bewusstseinsstörung: Verwirrung, Benommenheit oder sogar kurzzeitige Bewusstlosigkeit.
- Beidseitige Sehstörungen
- Auf beiden Seiten gleichzeitig auftretendes Taubheitsgefühl (simultane bilaterale Parästhesie), zum Beispiel der Arme.
Die Taubheitsgefühle breiten sich häufig allmählich in die Arme oder Beine aus, sodass Patienten beispielsweise nicht mehr in der Lage sind, zu laufen oder zu stehen. Kopfschmerzen stehen bei einer Migräne mit Hirnstammaura nicht im Mittelpunkt - viele Betroffene entwickeln auch gar keine. Für die Patienten ist eine Migräne mit Hirnstammaura belastend: Viele berichten, dass sie nach einer Attacke müde und erschöpft sind und manchmal noch tagelang wackelige Beine haben. Noch dazu sind die Symptome beängstigend, da sie Parallelen zu einem Schlaganfall aufweisen.
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Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Betroffenen alle diese Symptome aufweisen müssen. Die Symptome können auch in unterschiedlicher Intensität auftreten.
Ursachen der Hirnstamm-Migräne
Die genauen Ursachen der Hirnstamm-Migräne sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren eine Rolle spielt. Funktionelle Störungen im Bereich der Arteria basilaris bzw. Durchblutungsstörungen im Hirnstamm können ebenfalls eine Rolle spielen.
Genetische Veranlagung
Wie bei anderen Formen der Migräne wird auch bei der Hirnstamm-Migräne eine genetische Veranlagung vermutet. Das bedeutet, dass das Risiko, an Hirnstamm-Migräne zu erkranken, erhöht ist, wenn Familienangehörige ebenfalls an Migräne leiden.
Neurologische und biochemische Mechanismen
Es wird angenommen, dass eine komplexe Wechselwirkung zwischen neurochemischen Prozessen im Gehirn, der Dysregulation von Neurotransmittern und einer gesteigerten neuronalen Erregbarkeit eine Rolle spielt. Die Symptome der Migräne-Aura entstehen vermutlich durch eine Erregungswelle, die über die Hirnrinde läuft und zu einer vorübergehenden Störung führt.
Triggerfaktoren
Bestimmte Triggerfaktoren können bei Menschen mit einer entsprechenden Veranlagung eine Hirnstamm-Migräne-Attacke auslösen. Zu den häufigsten Triggern gehören:
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- Stress: Sowohl psychischer als auch körperlicher Stress kann Migräneattacken auslösen.
- Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Schwankungen, z. B. während des Menstruationszyklus, der Schwangerschaft oder der Wechseljahre, können Migräneattacken begünstigen.
- Schlafmangel: Unregelmäßiger Schlaf oder Schlafmangel können Migräneattacken auslösen.
- Bestimmte Lebensmittel und Getränke: Einige Lebensmittel und Getränke, wie z. B. Alkohol, Käse, Schokolade oder Zitrusfrüchte, können bei manchen Menschen Migräneattacken auslösen.
- Intensive Gerüche: Starke Gerüche, wie z. B. Parfüm, Reinigungsmittel oder Tabakrauch, können Migräneattacken auslösen.
- Grelles Licht: Helles oder flackerndes Licht kann Migräneattacken auslösen.
- Starke körperliche Anstrengung: Intensive körperliche Aktivität kann Migräneattacken auslösen.
- Wetterveränderungen: Wetterwechsel, wie z. B. schwülwarmes Wetter, starke Stürme oder Föhnwetter, können bei manchen Menschen Migräneattacken auslösen.
Diagnose der Hirnstamm-Migräne
Die Diagnose der Hirnstamm-Migräne kann eine Herausforderung sein, da die Symptome vielfältig sind und auch auf andere Erkrankungen hindeuten können. Die Diagnose basiert in der Regel auf einer ausführlichen Anamnese, einer neurologischen Untersuchung und dem Ausschluss anderer möglicher Ursachen für die Symptome.
Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (IHS) hat Kriterien für die Diagnose der Migräne mit Hirnstammaura festgelegt. Demnach müssen mindestens zwei der folgenden Symptome auftreten, sie müssen wieder vollständig verschwinden und es darf keine motorische Schwäche (z. B. Lähmung der Arme oder Beine) vorkommen.
Ein intensives Arztgespräch, bei dem die Patienten ihre Symptome genau schildern, steht am Anfang der Diagnosestellung. Hilfreich ist es, sich schon vorher Gedanken zu machen und diese am besten schriftlich festzuhalten. Dazu empfiehlt sich das Ausfüllen eines Migränetagebuchs über einige Zeit.
In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns erforderlich sein, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
Behandlung der Hirnstamm-Migräne
Die Behandlung der Hirnstamm-Migräne zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Häufigkeit und Schwere der Attacken zu reduzieren. Die Behandlung kann sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Maßnahmen umfassen.
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Medikamentöse Behandlung
- Akutbehandlung: Zur Behandlung akuter Migräneattacken können Schmerzmittel wie Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS) eingesetzt werden. Triptane, die speziell zur Behandlung von Migräne entwickelt wurden, sind bei der Migräne mit Hirnstammaura allerdings nicht empfohlen, da sie eine Verengung der Arterien im Gehirn bewirken können. Da nach derzeitigem Wissensstand eine eingeschränkte Blutzufuhr die Ursache für eine Migräne mit Hirnstammaura ist, wird befürchtet, dass eine zusätzliche Verengung durch Arzneimittel die Beschwerden noch mehr verstärkt. Gegen Übelkeit und Erbrechen können Antiemetika eingesetzt werden.
- Prophylaktische Behandlung: Wenn Migräneattacken häufig auftreten oder die Lebensqualität stark beeinträchtigen, kann eine vorbeugende Behandlung in Erwägung gezogen werden. Zur Vorbeugung von Migräne können verschiedene Medikamente eingesetzt werden, darunter Betablocker, Antidepressiva, Antiepileptika und CGRP-Antikörper.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Neben der medikamentösen Behandlung können auch verschiedene nicht-medikamentöse Maßnahmen zur Behandlung der Hirnstamm-Migräne eingesetzt werden:
- Vermeidung von Triggern: Es ist wichtig, die individuellen Triggerfaktoren zu identifizieren und diese nach Möglichkeit zu vermeiden. Ein Kopfschmerztagebuch kann dabei helfen, die Trigger zu erkennen.
- Regelmäßiger Lebensstil: Ein regelmäßiger Schlafrhythmus, regelmäßige Mahlzeiten und ausreichend Flüssigkeitszufuhr können helfen, Migräneattacken vorzubeugen.
- Stressmanagement: Stress kann ein wichtiger Trigger für Migräneattacken sein. Entspannungstechniken wie Yoga, progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.
- Sport und Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität, insbesondere Ausdauersport, kann helfen, Migräneattacken vorzubeugen.
- Biofeedback: Biofeedback ist eine Methode, bei der man lernt, Körperfunktionen wie Muskelspannung oder Herzfrequenz bewusst zu beeinflussen. Dies kann helfen, Migräneattacken vorzubeugen.
- Ergotherapie: In einer Ergotherapie kann man lernen, wie man mit den Beschwerden am besten umgeht.
Das Bickerstaff-Syndrom
Das Bickerstaff-Syndrom ist auch bekannt unter dem Locked-In-Syndrom, welches den Zustand der Betroffenen schon ziemlich gut beschreibt: Sie fühlen sich im eigenen Körper gefangen, können sich nicht bewegen oder sprechen, sind aber bei vollem Bewusstsein. In sehr seltenen Fällen ist es möglich, dass Patienten mit einer Migräne mit Hirnstammaura dieses Syndrom entwickeln.
Menschen, die bereits ein Bickerstaff-Syndrom erlebt haben, beschreiben den Beginn als normale Migräne-Attacke. Kopfschmerzen, Übelkeit oder Lichtempfindlichkeit gehen der Gefangenschaft im eigenen Körper voraus.
Leben mit Hirnstamm-Migräne
Die Hirnstamm-Migräne kann das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Es ist wichtig, sich über die Erkrankung zu informieren, die eigenen Triggerfaktoren zu kennen und eine individuelle Behandlungsstrategie zu entwickeln. Eine gute Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt ist dabei entscheidend. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein.
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