Hörsturz und Multiple Sklerose: Ursachen, Symptome und Differenzialdiagnose

Ein Hörsturz ist ein plötzlich auftretender Hörverlust, der meist einseitig auftritt und oft von Ohrgeräuschen (Tinnitus) und Schwindel begleitet wird. Obwohl die genauen Ursachen eines Hörsturzes oft unklar bleiben, werden Durchblutungsstörungen im Innenohr, Virusinfektionen, Autoimmunreaktionen und Stress als mögliche Faktoren diskutiert. Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die vielfältige Symptome verursachen kann. In diesem Artikel werden die Ursachen und Symptome von Hörsturz und MS beleuchtet sowie die Differenzialdiagnose zwischen beiden Erkrankungen erörtert.

Was ist ein Hörsturz?

Ein Hörsturz ist definiert als ein plötzlich auftretender Hörverlust, der meist einseitig auftritt. In den meisten Fällen lässt sich keine eindeutige Ursache feststellen. Die Störung liegt typischerweise im Innenohr, wo sich das Hörorgan befindet.

Symptome eines Hörsturzes

Typisch für einen Hörsturz ist ein plötzlicher Hörverlust auf einem Ohr. Manche Menschen bemerken dies beim Aufwachen, andere haben das Gefühl, ihr Ohr sei blockiert oder verstopft. Häufig treten zusätzlich Ohrgeräusche (Tinnitus) auf. In seltenen Fällen kann ein Hörsturz auch beidseitig auftreten.

Ursachen und Risikofaktoren für einen Hörsturz

Bei mehr als 90 Prozent der Betroffenen lässt sich keine eindeutige Ursache für einen Hörsturz finden. Man vermutet, dass virusbedingte Entzündungen oder Durchblutungsstörungen im Innenohr eine Rolle spielen. Auch Autoimmunreaktionen oder Stress könnten beteiligt sein. Es gibt nur wenige Faktoren, für die sich ein erhöhtes Risiko für einen Hörsturz nachweisen lässt. Schätzungen zufolge haben in Deutschland pro Jahr etwa 160 bis 400 von 100.000 Personen einen Hörsturz.

Diagnose eines Hörsturzes

Bei Verdacht auf einen Hörsturz führen Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) eine Befragung (Anamnese) und eine gezielte Untersuchung durch. Es ist wichtig, andere Erkrankungen als mögliche Ursache des Hörverlusts auszuschließen. Die HNO-Ärztin oder der HNO-Arzt schauen sich zunächst das Ohr und den Gehörgang mit einem speziellen Mikroskop an. Weiterhin kommen verschiedene Hör-Tests mit einer Stimmgabel zum Einsatz. Ein genau messbares Ergebnis für Art und Umfang der Hörschädigung liefert das sogenannte Reinton-Audiogramm. Zur weiteren Abklärung kann eine Blutuntersuchung oder auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) erfolgen.

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Behandlung eines Hörsturzes

Stellt die Ärztin oder der Arzt eine spezielle Ursache für den Hörverlust fest, wird diese entsprechend behandelt. Bei einem idiopathischen Hörsturz, bei dem keine genaue Ursache feststellbar ist, stützt sich die Therapie auf Erfahrungswerte. Es kommen meist entzündungshemmend wirkende Glukokortikoide wie Kortison zum Einsatz. Dieses Medikament kann man einzeln oder in Kombination als Tabletten, als Infusion über die Vene oder direkt als Spritze in das Mittelohr verabreichen.

Was kann man nach einem Hörsturz tun?

Nach Ende der Therapie und nach ungefähr 6 Monaten ist ein erneuter Hörtest sinnvoll. In Einzelfällen kann eine Maßnahme zur Rehabilitation (Reha) hilfreich sein. Handelt es sich um einen bleibenden Hörverlust, kann ein Hörgerät helfen. Ohrgeräusche werden oft geringer, sobald sich das Hörvermögen bessert. Manchmal bleiben sie aber länger bestehen und können dann ebenfalls in einer Reha behandelt werden.

Multiple Sklerose (MS): Eine chronisch-entzündliche Erkrankung

MS ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das gesamte Gehirn und Rückenmark betreffen kann. In Deutschland sind ca. 250.000 Menschen an MS erkrankt. Die Erkrankung tritt zumeist im jungen Erwachsenenalter auf.

Symptome der Multiplen Sklerose

MS ist eine Erkrankung mit tausend Gesichtern. Symptome sind oft Gefühlsstörungen, Lähmungen, Seh- und Gleichgewichtsstörungen und Müdigkeit (Fatigue). Die Beschwerden treten, je nach MS-Form, schubartig oder langsam schleichend fortschreitend auf. Welche Symptome und Beschwerden sich entwickeln, hängt wesentlich davon ab, an welchen Stellen im Körper die Ursachen der Multiplen Sklerose auftreten.

  • Motorische Symptome: Durch die MS kann es zu Muskelschwäche und verlangsamten Bewegungsabläufen kommen. Man fühlt sich „schwach auf den Beinen“, stolpert öfter und hat das Gefühl, die Kontrolle über seinen Körper, Muskeln und Gelenke zu verlieren. Hinzu kommt, dass es bei einigen Erkrankten zu einer erhöhten Muskelspannung kommt, die manchmal auch mit einer Verkrampfung und Steifigkeit der Muskeln (Spastik) einhergeht.
  • Sensible Symptome: Häufig sind bei Multipler Sklerose auch Missempfindungen auf der Haut - bekannt als das sogenannte Ameisenkribbeln - oder Taubheitsgefühle, ähnlich wie bei einem eingeschlafenen Arm oder Bein.
  • Fatigue: Häufig leiden MS-Erkrankte schon zu Beginn der Erkrankung unter körperlicher oder psychischer Erschöpfung, extremer Abgeschlagenheit und anhaltender Müdigkeit, dem sogenannten Fatigue-Syndrom.
  • Sehstörungen: Häufiges Kennzeichen eines ersten MS-Schubes ist eine Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis). Sie macht sich durch Schmerzen beim Bewegen der Augen und eine Sehverschlechterung bemerkbar. Häufig treten bei Menschen mit MS auch unkontrollierte Augenbewegungen auf, das sogenannte Augenzittern (Nystagmus).

Diagnose der Multiplen Sklerose

Eine MS-Diagnose zu stellen, ist nicht einfach. Weil so viele unterschiedliche Symptome vorkommen können, gibt es nicht den einen „MS-Test“, der zweifelsfrei beweist, dass eine Multiple Sklerose vorliegt. Multiple Sklerose ist daher eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Entscheidend ist, dass sich Entzündungsherde an mehreren Stellen im Gehirn oder Rückenmark nachweisen lassen. Dafür wird eine Magnetresonanz-Tomographie (MRT) des Kopfes durchgeführt. Weitere wichtige Untersuchungen zur Bestätigung einer MS-Diagnose sind die Untersuchung des Nervenwassers mittels einer Lumbalpunktion sowie Messungen von Sehnerven (VEP) und Nervenbahnen (SEP).

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Behandlung der Multiplen Sklerose

Die Multiple Sklerose ist eine komplexe Erkrankung mit vielen Erscheinungsbildern - und entsprechend individuell ist die Therapie. Sie setzt an verschiedenen Ebenen an. Damit die Beschwerden bei einem Schub schneller abklingen, hilft zunächst Cortison als Infusion oder Tablette. Einfluss auf den Langzeitverlauf der Multiplen Sklerose nimmt man mit einer sogenannten Immuntherapie. Die Immuntherapie beeinflusst bei MS das fehlgesteuerte Immunsystem, indem sie dieses verändert (immunmodulierend) oder dämpft (immunsuppressiv).

Was können Betroffene selbst tun?

Im täglichen Leben gibt es einiges, dass die Multiple Sklerose günstig beeinflussen kann. Ein wesentliches Element ist regelmäßige körperliche Aktivität. Ein weiterer wichtiger Baustein, den jeder selbst in der Hand hat, ist die Umstellung auf eine gesunde Ernährung. Zudem sollten Menschen mit Multipler Sklerose nicht rauchen.

Differenzialdiagnose: Hörsturz vs. Multiple Sklerose

Obwohl ein Hörverlust bei MS selten ist, können neurologische Probleme die Ohren betreffen, da Nerven das Hörvermögen steuern. In seltenen Fällen kann ein Hörsturz als Erstsymptom einer MS auftreten. Es ist wichtig, andere Ursachen für einen Hörverlust auszuschließen, bevor eine MS-Diagnose in Betracht gezogen wird.

Eine besondere Herausforderung stellt das Susac-Syndrom dar, eine seltene Autoimmunerkrankung der kleinsten Blutgefäße des Gehirns, der Netzhaut im Auge und des Innenohres. Betroffen sind überwiegend Frauen (Verhältnis 3:1) im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Gerade die Kombination zentralnervöser Symptome mit Sehstörungen bei jungen Patienten führt regelmäßig zu der Fehldiagnose einer Multiplen Sklerose. Im Gegensatz zur MS ist das Susac-Syndrom nämlich eine Erkrankung der Blutgefäße und nicht der Myelinscheide.

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