In unserer Blogreihe über die gesundheitlichen Auswirkungen der Sonne auf den menschlichen Organismus widmen wir uns in diesem Artikel der Wirkung der Sonne auf neurologische Faktoren und die Hautrezeptoren. Wir beleuchten die Rolle von Serotonin und Melatonin, den Einfluss von Sonnenlicht auf Neurotransmitter, die Mechanorezeptoren und Schmerzrezeptoren der Haut sowie die Entzündungsreaktionen durch UV-Strahlung.
Die Bedeutung von Serotonin und Melatonin
Sonnenlicht hat einen bedeutenden Einfluss auf die Produktion von Serotonin und Melatonin, zwei wichtigen Neurotransmittern, die unsere Stimmung und unseren Schlaf-Wach-Rhythmus regulieren.
Serotonin: Sonnenlicht fördert die Freisetzung von Serotonin im Gehirn, einem Neurotransmitter, der unsere Stimmung hebt und uns wach und fokussiert hält. Hohe Serotoninspiegel werden oft mit einer besseren Stimmung und einem Gefühl des Wohlbefindens in Verbindung gebracht (Lambert et al., 2002). Natürliches Serotonin wird also durch Sonnenstrahlen gefördert. Serotonin hebt die Stimmung, fördert das Wohlbefinden und verbessert die Konzentration.
Melatonin: Bei Dunkelheit wird Melatonin produziert, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert und den Körper auf den Schlaf vorbereitet. Durch die Exposition gegenüber Tageslicht wird die Melatoninproduktion unterdrückt, was dazu beiträgt, dass wir tagsüber wach und aktiv bleiben (Brainard et al., 2001).
Melatonin spielt eine wichtige Rolle im Schutz und der Regeneration der Haut. Als starkes Antioxidans schützt es die Haut vor Schäden durch freie Radikale und unterstützt die Zellreparatur während des Schlafs. Ein Mangel an Melatonin kann diese Prozesse beeinträchtigen, was zu Symptomen wie vorzeitiger Hautalterung, einer geschwächten Hautbarriere und einer erhöhten Anfälligkeit für Hautschäden führen kann. Damit ist Melatonin nicht nur für den Schlaf, sondern auch für die Hautgesundheit essenziell.
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Einfluss von Sonnenlicht auf Neurotransmitter
Neben Serotonin und Melatonin beeinflusst Sonnenlicht auch andere Neurotransmitter und chemische Prozesse im Gehirn:
- Dopamin: Sonnenlicht kann die Dopaminproduktion steigern, was mit verbesserter Motivation und Konzentration verbunden ist (Frenis et al., 2021). Sonnenlicht fördert die Produktion von Dopamin, einem Neurotransmitter, der mit Motivation und Freude verbunden ist.
- Noradrenalin: Sonnenlicht kann die Freisetzung von Noradrenalin erhöhen, einem Neurotransmitter, der für die Regulation von Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit zuständig ist (Lambert et al., 2002).
Diese Hormone sind es, die dafür verantwortlich sind, dass wir uns meist ausgeglichener, motivierter, voller Kraft und auch glücklicher fühlen. Noradrenalin fördert Achtsamkeit und Konzentration, wodurch wir leistungsstärker sind.
Mechanorezeptoren und Schmerzrezeptoren der Haut
Die Haut ist mit verschiedenen Rezeptoren ausgestattet, die auf mechanische und schmerzhafte Reize reagieren:
- Mechanorezeptoren: Diese Rezeptoren reagieren auf mechanische Reize wie Druck und Vibration. Sonnenlicht kann die Empfindlichkeit dieser Rezeptoren verändern, was das taktile Empfinden beeinflusst (Lumpkin & Caterina, 2007).
- Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren): Diese Rezeptoren reagieren auf schmerzhafte Reize wie extreme Hitze. UV-Strahlung kann die Schmerzschwelle senken und Entzündungsreaktionen auslösen, was zu einem erhöhten Schmerzempfinden führen kann (Caterina et al., 1997).
Entzündungen durch UV-Strahlung
UV-Strahlung kann Entzündungsreaktionen in der Haut auslösen, die sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen haben können:
- Akute Entzündung: Sonnenbrand ist eine akute Entzündungsreaktion auf UVB-Strahlung, die Rötung, Schwellung und Schmerzen verursacht. Diese Reaktion ist eine Schutzmaßnahme des Körpers, um weitere Schäden zu verhindern (Kripke et al., 1992).
- Chronische Entzündung: Langfristige UV-Exposition kann chronische Entzündungsreaktionen hervorrufen, die zur Hautalterung und zur Entstehung von Hautkrebs beitragen können (Fisher et al., 1997).
Verknüpfung neurologischer Effekte und Hautrezeptoren
Die neurologischen Effekte der Sonne und die Reaktionen der Hautrezeptoren sind eng miteinander verknüpft. Veränderungen in der Neurotransmitterproduktion durch Sonnenlicht können das Empfinden und die Wahrnehmung von Reizen in der Haut beeinflussen. Gleichzeitig können Entzündungsreaktionen der Haut Rückkopplungseffekte auf das Nervensystem haben, was die Gesamterfahrung und das Wohlbefinden beeinflusst.
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UV-Strahlung: Eigenschaften und Wirkungen
UV-Strahlung ist ein faszinierender Teil des Sonnenlichts mit besonderen Eigenschaften. Sie ist für das menschliche Auge unsichtbar, hat aber erhebliche Auswirkungen auf unsere Haut und Gesundheit. UV-Strahlung lässt sich in drei Kategorien unterteilen:
- UVA-Strahlen (315-400 nm): Diese dringen am tiefsten in die Haut ein und sind hauptverantwortlich für vorzeitige Hautalterung.
- UVB-Strahlen (280-315 nm): Sie verursachen Sonnenbrand und spielen eine wichtige Rolle bei der Vitamin-D-Produktion.
- UVC-Strahlen (100-280 nm): Diese werden von der Erdatmosphäre vollständig absorbiert und erreichen die Erdoberfläche nicht.
UV-Strahlung ist energiereicher als sichtbares Licht und kann chemische Reaktionen in der Haut auslösen. Sie kann DNA-Schäden verursachen, aber auch zur Bildung von Melanin beitragen, dem körpereigenen Sonnenschutz. Die Intensität der UV-Strahlung variiert je nach Tageszeit, Jahreszeit, geografischer Lage und Höhe über dem Meeresspiegel. UV-Strahlung kann auch von Oberflächen wie Schnee, Sand oder Wasser reflektiert werden, was die Intensität der Exposition erhöht.
Positive und schädliche Wirkungen von UV-Strahlung
Zu den positiven Effekten des Sonnenlichts zählen die Vitamin-D-Produktion, die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die Stimmungsaufhellung und die Stärkung des Immunsystems. In Maßen genossen kann Sonnenlicht also durchaus gut für die Haut sein. Das UV-Licht unterstützt die Heilung bestimmter Hauterkrankungen, fördert die Bildung von Melanin und verbessert das allgemeine Wohlbefinden. Jedoch überwiegen bei zu intensiver oder häufiger Sonnenexposition die negativen Effekte.
Zum gefährlichen Teil des Sonnenlichts zählen vor allem die UV-Strahlen. UV-B-Strahlen dringen in die oberen Hautschichten ein. UV-A-Strahlen haben zwar weniger Energie, erreichen aber tiefere Hautschichten. Beide Strahlungsarten sind an der Entstehung von Sonnenbränden beteiligt und für lichtbedingte Hautalterung verantwortlich, denn sie verursachen oxidativen Stress, der die Hautzellen schädigt. Doch auch ein anderer Teil des Tageslichts entfaltet dabei Wirkung: Das sichtbare, hochenergetische Licht kann ebenfalls Sonnenfalten und Hautkrebs mitverursachen. Das bläulich strahlende Licht erreicht sogar noch tiefere Hautschichten.
Übermäßige Sonnenexposition kann Sonnenbrand verursachen, die Haut vorzeitig altern lassen, Pigmentflecken hervorrufen und das Hautkrebsrisiko erhöhen. Daher ist ein ausgewogener Umgang mit Sonnenlicht wichtig.
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Weitere Wirkungen von UV-Strahlung auf den Körper
- UVB verursacht direkte DNA-Schäden, führt zu Sonnenbrand und erhöht das Hautkrebsrisiko. UVA dringt tiefer ein und verursacht langfristige Hautschäden wie vorzeitige Alterung.
- UV-Strahlung, besonders UVB, kann die Augen schädigen und zu Photokeratitis, Katarakten und Makuladegeneration führen.
- Bestimmte Medikamente und Bedingungen erhöhen die UV-Empfindlichkeit der Haut, was zu Sonnenbrand oder Reaktionen führt.
- Übermäßige UV-Exposition kann die lokale Immunabwehr der Haut schwächen und die Reparatur von Zellen erschweren.
- Der UV-Index misst weltweit die Stärke der Sonnenbrand verursachenden UV-Strahlung unter Berücksichtigung von Tageszeit, Bewölkung, Höhe und Ozonschicht.
Cortisol und der Morgen: Ein natürlicher Stressregulator
Das sogenannte „Stresshormon“ Cortisol spielt eine wichtige Rolle in unserem Biorhythmus. Cortisol folgt einem täglichen Muster, bei dem die Werte am frühen Morgen ihren Höhepunkt erreichen. Diese morgendliche Spitze weckt Sie auf, erhöht Ihre Wachsamkeit und bereitet Ihren Körper auf den Tag vor. Die morgendliche Sonneneinstrahlung ist ein entscheidender Reiz für Ihren zirkadianen Rhythmus, der diesen Cortisolspiegel verstärkt und sicherstellt, dass Ihre innere Uhr mit der Außenwelt synchron bleibt. Es wird unter anderem freigesetzt, wenn man bei Tagesbeginn in Richtung Sonne blickt (wichtig: nicht direkt in die Sonne schauen!).
Das morgendliche Sonnenlicht, insbesondere das blaue Licht im Spektrum, ist ein wichtiger Impuls für Ihre sogenannte „innere Uhr“ oder den zirkadianen Rhythmus. Das Tageslicht erreicht das Gehirn über die Augen und stoppt die Produktion von Melatonin. Gleichzeitig verstärken die Sonnenstrahlen die Freisetzung von Cortisol, damit Ihre innere Uhr mit der Außenwelt synchronisiert bleibt. Ohne dieses Lichtsignal kann der Cortisolanstieg abgeschwächt oder verzögert werden, was zu Müdigkeit, verminderter Aufmerksamkeit und möglichen Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus führt. Langfristig kann diese Fehlanpassung die allgemeine Gesundheit, Stimmung und kognitive Funktionen negativ beeinflussen. Dieses Cortisol-Peaking am Morgen trägt also dazu bei, dass man sich wacher und energischer fühlt und kann bei der Regulierung von Schlafstörungen helfen.
Die Auswirkungen von zu wenig Sonnenlicht
Ein Mangel an Sonnenlicht kann verschiedene negative Auswirkungen haben. Dazu gehören Vitamin-D-Mangel, ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, depressive Verstimmungen und eine Schwächung des Immunsystems. Typische Anzeichen für zu wenig Sonnenlicht, also Lichtmangel-Symptome, sind Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen und eine erhöhte Infektanfälligkeit.
Frisches Licht: Ein täglicher Stimmungsbooster
Jeder hat schon einmal gehört, dass frische Luft gut tut. Aber auch „frisches Licht“ ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden. Besonders wenn man sich oft antriebslos, ängstlich oder niedergeschlagen fühlt, kann es einen echten Unterschied machen, täglich Zeit im Freien zu verbringen. Sonnenlicht beeinflusst direkt die Hirnchemie.
Tageslicht steuert die innere Uhr, die sogenannte zirkadiane Rhythmik. Der Körper reagiert auf das natürliche Licht und reguliert dadurch wichtige Hormone:
- Melatonin: Dieses Schlafhormon wird in der Dunkelheit vermehrt produziert. Wenn man wenig Tageslicht abbekommt, bleibt der Melatonin-Spiegel auch tagsüber erhöht, was müde, schlapp und antriebslos machen kann.
- Cortisol: Dieses Stresshormon wird natürlich morgens ausgeschüttet, um wach und leistungsfähig zu machen. Wenn man sich gleich nach dem Aufstehen für einige Minuten dem Tageslicht aussetzt, hilft das dem Körper, in den richtigen Wachzustand zu kommen.
- Serotonin: Als Glückshormon bekannt, wird Serotonin durch Licht aktiviert. Es stabilisiert die Stimmung und ist gleichzeitig die Vorstufe von Melatonin - was bedeutet, dass genug Sonnenlicht am Tag einem abends sogar beim Einschlafen hilft.
Studien zeigen, dass regelmäßige Sonnenlichtexposition depressive Symptome lindern kann. Besonders in den Wintermonaten, wenn das Tageslicht spärlicher wird, leiden viele Menschen unter saisonalen Stimmungstiefs. Sonnenlicht fördert die Produktion von Dopamin, einem Neurotransmitter, der mit Motivation und Freude verbunden ist. Die Haut stellt unter Sonneneinstrahlung Vitamin D her, das nachweislich eine Rolle bei der Regulation von Stimmung und Energielevel spielt. Wer sich mehr im Freien aufhält, trifft häufiger auf Menschen, und selbst kleine soziale Interaktionen können helfen, das Gefühl von Einsamkeit und Isolation zu reduzieren.
Tageslicht kann ein natürlicher Stresspuffer sein. Das Sonnenlicht reguliert das Nervensystem und fördert die Produktion von Endorphinen - das sind körpereigene „Wohlgefühlsstoffe“, die Angst dämpfen und eine beruhigende Wirkung haben. Gleichzeitig senkt Tageslicht den Spiegel von Stresshormonen wie Adrenalin und Noradrenalin.
Es gibt einfache Möglichkeiten, „frisches Licht“ in den Alltag zu integrieren:
- Morgens kurz ans Fenster oder auf den Balkon: Schon 10 Minuten direkt nach dem Aufstehen helfen, den Tag besser zu starten.
- Ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause: Selbst an bewölkten Tagen ist das Licht draußen um ein Vielfaches stärker als in geschlossenen Räumen.
- Sport im Freien statt im Fitnessstudio: Falls man Sport treibt, sollte man versuchen, zumindest ein paar Mal pro Woche unter freiem Himmel aktiv zu sein.
- Fensterplatz sichern: Falls man viel am Schreibtisch sitzt, sollte man sich so nah wie möglich am Tageslicht positionieren.
Licht ist nicht nur Helligkeit - es ist eine Art natürliches Antidepressivum, das die innere Balance stabilisiert und mehr Energie gibt.
UV-Strahlung und Multiple Sklerose (MS)
Etwa 2,5 Millionen Menschen weltweit leiden an Multipler Sklerose (MS). Auffällig ist, dass Nordeuropäer, Nordamerikaner und Kanadier deutlich häufiger daran erkranken als Menschen aus Ländern in Äquatornähe. Ziehen Säuglinge oder Kleinkinder in eine sonnigere Region um, passt sich das MS-Risiko der neuen Umgebung an.
Forscher der Universität Münster gingen der Frage nach, ob Umweltfaktoren, speziell die Sonneneinstrahlung, das Immunsystem beeinflussen. Ihr Ergebnis: Moderate Sonnenstrahlung unterstützt den Aufbau eines gesunden Immunsystems und hilft diesem beim Schutz des Zentralen Nervensystems. Eine solche Wirkung sei bei anderen Krankheiten bereits bekannt, berichtet Prof. Karin Loser von der Uni-Klinik für Hautkrankheiten: „Aus der Behandlung der Schuppenflechte wissen wir, dass UV-Licht eine positive Wirkung auf das Immunsystem hat.“
Über einen Zeitraum von sechs Wochen begaben sich neun MS-Patienten regelmäßig in eine eigens dafür konzipierte medizinische Sonnenkammer. Die Bestrahlung erfolgte täglich außer an den Wochenenden. „Die Ergebnisse sind erstaunlich“, so Loser, „im Blut und in der Haut der Patienten fanden sich schon nach dem ersten Termin mehr regulatorische T-Zellen und dendritische Zellen als zuvor.“ Beide Zelltypen schützen das Immunsystem davor, sich bei einer Überreaktion selbst anzugreifen - dieser gefährliche Vorgang ist das zentrale Kennzeichen der Multiplen Sklerose.
Das Wissenschaftlerteam konnte anhand von Hautbiopsien nachweisen, dass die UV-B-Strahlung im Immunsystem von MS-Patienten einen komplexen Prozess auslöst: In der bestrahlten Haut bilden sich tolerogene dendritische Zellen, die dann in angegliederten Lymphknoten regulatorische T-Zellen „ausbilden“. Parallel konnten bei Mäusen die genauen molekularen Wege entschlüsselt werden, die bei der UV-B-Bestrahlung eine Rolle spielen: Die induzierten regulatorischen Zellen wandern aus der Haut zum Ort der Entzündung, also ins Blut, in die Knochen oder - wie bei der MS - in das Zentrale Nervensystem. Hier lösen sie eine schützende Reaktion des Immunsystems aus und drosseln so die schädliche Autoimmunität. Allerdings ließ dieser Effekt schneller nach als die Sonnenbräune: Wurde die Behandlung auch nur für wenige Tage unterbrochen, verschlechterten sich Blutwerte und Immunstatus wieder - sowohl bei Mäusen als auch beim Menschen.
Die Ergebnisse zeigen klar, wie der Umweltfaktor UV-Licht die Entstehung und den Verlauf der Multiplen Sklerose beeinflusst. „Es gibt offenbar eine Achse zwischen Haut und Nervensystem. UV-B-Strahlung hat einen Einfluss auf die Immuntoleranz im Nervensystem. Der Einfluss ist kurzfristig, umkehrbar und geht weit über Effekte von Vitamin D allein hinaus“, schlussfolgert Prof. Heinz Wiendl, Direktor der Klinik für Allgemeine Neurologie in Münster.
Eine einfache UV-Lichtbox lindert bei Menschen mit Multipler Sklerose die Symptome. Kathy Reagan Young erhielt 2008 die Diagnose multiple Sklerose (MS): eine schwere Krankheit, bei der das Immunsystem die Schutzhüllen der Nerven angreift und allmählich zerstört. Seit sie die Lichtbox nutzt, hat sich ihr Gesundheitszustand merklich verbessert.
Young gehört zu den ersten Personen in den USA, die eine UV-Phototherapie zur Behandlung von MS getestet haben. Bislang wurden nur sehr wenige klinische Studien zur Lichttherapie bei MS durchgeführt. Allerdings zeigen zahlreiche medizinische Untersuchungen, dass UV-Licht - der energiereichste Teil des Sonnenlichtspektrums - eine überraschende Fähigkeit besitzt: Es ist offenbar in der Lage, ein außer Kontrolle geratenes Immunsystem zu beruhigen.
Neuere Studien liefern zudem Hinweise darauf, dass die UV-Therapie auch bei anderen Autoimmunerkrankungen wie Diabetes Typ 1, rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn und Colitis wirksam sein könnte. All diese Erkrankungen treten häufiger bei Personen auf, die nur wenig in der Sonne sind. Das gilt ebenso für Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen; auch hier besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen dem Immunsystem und Entzündungen.
Nun hoffen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Mechanismen zu entschlüsseln, mit denen UV-Licht das Immunsystem von seinem Alarmzustand befreit. Dazu untersuchen sie bestimmte Moleküle in der Haut wie Urocaninsäure und Lumisterol. Diese Stoffe können die Aktivität des Immunsystems beeinflussen und reagieren auf Licht, indem sie eine Signalkaskade auslösen, die jedes Organ im Körper erreicht.
Allerdings gilt: Wurden Patienten zuvor mit Interferon-beta behandelt, wirkte das Sonnenlicht nicht mehr. Die möglichen Erklärungen: Einerseits kann Interferon-beta selbst der Auslöser sein, indem es die Vitamin-D-Produktion verändert. Das natürliche Nord-Süd-Gefälle beim Vitamin D-Spiegel könnte derart aufgehoben werden. Oder aber das Sonnenlicht ist ursächlich: UV-Licht regt den Interferon-Signalweg an, wie die Wissenschaftler anhand von Gensequenzen feststellten. Bei Patienten, die bereits mit Interferon behandelt werden, sind die Effekte des Sonnenlichts, die auch über Interferon vermittelt werden, nicht mehr festzustellen.
Vitamin D und die Gehirnfunktion
Fördert der regelmäßige Aufenthalt an der Sonne und der damit verbundene hohe Vitamin D-Serumspiegel im Blut die geistige Leistungsfähigkeit? Seit Jahren beschäftigen sich Forscher mit diesem Thema. Einen erheblichen Schub bedeutete die Entdeckung, dass die Gehirnzellen in den zentralen Gehirnregionen, zuständig für Lernen und Erinnern, über Vitamin D-Rezeptoren verfügen. Vitamin D spielt eine Rolle bei der Teilung der Nervenzellen oder bei der Bildung von Dopamin, einem Neurotransmitter, der regelnd in viele Prozesse des Gehirns eingreift.
Die jüngste Meta-Analyse mit Daten von 12 Studien und einer Übersicht über 285 Studien bestätigte den Zusammenhang von Vitamin D-Mangel mit Störungen von Gedächtnis, von kognitiven und emotionalen Steuerungsprozessen (cognitive dysfunction), Konzentrationsfähigkeit und Informationsverarbeitung. Die steuernde Wirkung des Vitamin D3 auf die Entwicklung des Gehirns beginnt bereits im Mutterleib, wie Versuche im Labor gezeigt haben. Immer wieder stoßen Wissenschaftler bei der Suche nach Ursachen von geistigen Störungen bis hin zur Psychose auf einen Zusammenhang mit einem Vitamin D-Mangel.
Jugendliche bekommen zu wenig Sonne und sind daher - zusammen mit den Alten - eine Vitamin D-Problemgruppe. Ein Grund ist der zunehmende Vitamin D-Mangel im Alter. Die 10 Prozent der Teilnehmer, die bei den Erinnerungs-, Orientierungs- und Aufmerksamkeits-Tests am schlechtesten abgeschnitten hatten wiesen einen fast viermal geringeren Vitamin D-Spiegel (<25 nmol/l) auf im Vergleich zu optimal versorgten Teilnehmern (>75 nmol/l). Die Wahrscheinlichkeit eines Gehirn-Abbaus lag danach bei Probanden mit niedrigem Vitamin D-Spiegeln um 60 bzw.
UV-Strahlung und das Nervensystem
Das Nervensystem ist das Steuerzentrum unseres Körpers. Über Milliarden von Nervenzellen werden Reize weitergeleitet, Bewegungen koordiniert und wichtige Körperfunktionen geregelt. Doch genau hier können Störungen entstehen - etwa durch UV-Strahlung, chronische Entzündungen, Autoimmunprozesse oder oxidativen Stress.
UV-B-Strahlen regen die Vitamin-D-Produktion im Körper an - ein Stoff, der entzündungshemmende und neuroprotektive Effekte entfalten kann. Insbesondere bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) wird intensiv diskutiert, welche Rolle Umweltfaktoren wie UV-Strahlung spielen. Studien deuten darauf hin, dass UV-Strahlung einerseits eine positive Wirkung entfalten kann, etwa durch die Förderung der körpereigenen Vitamin-D-Produktion, die wiederum immunregulierende und nervenschützende Effekte hat. Andererseits wird auch untersucht, ob bestimmte Formen oder Intensitäten der UV-Strahlung entzündliche Prozesse verstärken oder die Krankheitsaktivität beeinflussen können.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Nerven benötigen viel Energie. Diese wird in den Mitochondrien - den „Kraftwerken der Zelle“ - produziert. Einige Studien zeigen, dass übermäßige UV-Strahlung Mitochondrien direkt schädigen kann, was langfristig die Energieversorgung der Nerven beeinträchtigt. Hier entsteht ein Teufelskreis: Entzündungen oder langfristiger UV-induzierter Stress beeinträchtigen die Mitochondrien, die Nerven erhalten zu wenig Energie, sie degenerieren und Symptome wie Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen entstehen.
Was hilft den Nerven?
Eine gesunder Vitaminhaushalt (besonders B12, aber auch des Sonnenvitamins D3) ist ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Vorbeugung und Vermeidung weiterer Schäden.
Die Immunsuppressive Wirkung von UV-Strahlung
Durch UV-Strahlung wird das Immunsystem geschwächt, da durch die Einwirkung von UV-Strahlung die Immunantwort - also die Reaktion des Immunsystems auf Organismen oder Substanzen, die es als fremd erkannt hat - unterdrückt wird. In der Haut wird nach UV-Bestrahlung eine Vielzahl von miteinander verbundenen Reaktionen ausgelöst, die letztendlich zu einer örtlichen (lokalen) oder auch den ganzen Körper betreffenden (systemischen) Immunsuppression führen kann. Sichtbare Ergebnisse einer Immunsuppression sind zum Beispiel die nach Sonneneinstrahlung auftretenden Lippenbläschen (Herpes simplex) oder die Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei einer Erkältung nach Aufenthalt in der Sonne. Eine wichtige Aufgabe des Immunsystems ist unter anderem die Erkennung und Beseitigung von Zellen, die zu Krebszellen entartetet sind.
Die Evolutionäre Perspektive: Warum UV-Licht das Immunsystem beeinflusst
Immunzellen haben im Lauf der Evolution eine heikle Balance entwickelt. Die Haut ist unsere erste Kontaktstelle zur Außenwelt und daher zahlreichen Stressfaktoren ausgesetzt: Hitze, Kälte, Verletzungen, Insektenstichen, Mikroorganismen aller Art. In den Millionen Jahren, die unsere Vorfahren unter dem tropischen Himmel Afrikas lebten, war die Sonnenstrahlung der größte Stressfaktor. Würde das Immunsystem auf jeden Sonnenstrahl abwehrend reagiert, lebten wir laut Hart in einem permanenten Entzündungszustand. Unsere Haut wäre geplagt von Ausschlägen, Nesselsucht und Autoimmunerkrankungen. Um das zu vermeiden, hat das Immunsystem gelernt, sich zurückzuhalten. In prähistorischen Zeiten war das sinnvoll: So blieben die Schäden meist gering, die Haut reparierte sich selbst, das Leben ging weiter. Aber der Ansatz hat seinen Preis - hin und wieder entsteht Hautkrebs. Heutzutage, da Menschen länger leben, können die langsam wachsenden Tumoren der Haut groß werden und sich auf andere Körperteile ausbreiten. Ein Beleg dafür ist die polymorphe Lichtdermatose (PLE), auch als Sonnenallergie bekannt. Bei dieser häufigen Erkrankung unterdrückt das Sonnenlicht das Immunsystem nicht. Betroffene entwickeln nach Sonneneinstrahlung juckende Hautausschläge und Bläschen, erkranken allerdings seltener an Hautkrebs.
Fazit
Die Sonne hat einen komplexen und vielfältigen Einfluss auf unser Nervensystem. Einerseits ist sie wichtig für die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin, die unsere Stimmung und unser Wohlbefinden verbessern. Andererseits kann UV-Strahlung auch schädliche Auswirkungen haben, wie z.B. Entzündungen und ein erhöhtes Hautkrebsrisiko. Es ist daher wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zu finden und die Sonne in Maßen zu genießen, um von ihren positiven Effekten zu profitieren und gleichzeitig die negativen Auswirkungen zu minimieren.
Es ist wichtig zu beachten, dass übermäßige UV-Strahlung schädlich sein kann, auch für MS-Patienten. Intensives Sonnenbaden fördert die Entstehung von Hautkrebs, vor allem bei Hellhäutigen und Rothaarigen. Diese tragen eine genetische Variante des Melanocortin-1-Rezeptors (MC1R) in sich, der für die Bildung von hautschützendem Melanin zuständig ist. Bei Menschen mit einer bestimmten MC1R-Variante war der Zusammenhang zwischen Breitengrad und MRT-Aktivität umgekehrt. Ein mehr an Sonnenlicht ist also nicht nur für die Haut, sondern auch für die MS schädlich.
In den nächsten Artikeln dieser Reihe werden wir tiefer in die spezifischen Effekte von Sonnenlicht auf das Immunsystem eintauchen. Bleiben Sie dran, um mehr über den sicheren und gesunden Umgang mit der Sonne zu erfahren!
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