Die Demenzforschung hat sich lange auf altersbedingte Abbauprozesse und Ablagerungen im Gehirn als Hauptursachen für Demenz konzentriert. Gerald Hüther, ein renommierter Hirnforscher, stellt diese Vorstellung jedoch in Frage und plädiert für einen Paradigmenwechsel. Er argumentiert, dass die Unterdrückung der Regenerations- und Kompensationsfähigkeit des Gehirns, die normalerweise bis ins hohe Alter vorhanden ist, eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Demenz spielt.
Die Kritik an der klassischen Demenzforschung
Hüther kritisiert, dass die bisherige Demenzforschung vor allem medizinische Ursachen für Demenz sieht. Er hingegen betont, dass unsere Lebensweise einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Krankheit hat. Seiner Meinung nach lässt unsere moderne Lebensweise die Selbstheilungskräfte des Gehirns verkümmern, und der Grundstein dafür wird bereits in der Schule gelegt.
Die Nonnen-Studie als Wendepunkt
Als Beleg für seine These führt Hüther eine Langzeitstudie an nordamerikanischen Nonnen an. Diese Studie zeigte, dass ein "defektes" Gehirn nicht zwangsläufig mit einem "defekten" Verstand einhergeht. Bei einem Drittel der verstorbenen Nonnen wurden bei Untersuchungen nach dem Tod stark geschädigte Gehirne festgestellt. Trotz Ablagerungen und verstopften Gefäßen hatte jedoch kaum eine von ihnen zu Lebzeiten Demenz.
Die Nonnen-Gehirne waren offenbar in der Lage, den Abbau zu kompensieren und ihr Gehirn "umzubauen". Dies deutet darauf hin, dass das Gehirn bis ins hohe Alter die Fähigkeit besitzt, sich zu erneuern und zu regenerieren.
Neuroplastizität: Die Fähigkeit des Gehirns zur Erneuerung
Die Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen, dass das menschliche Gehirn nicht nur in jungen Jahren, sondern bis ins hohe Alter umbaufähig ist. Diese sogenannte Neuroplastizität ermöglicht die Entstehung neuer Nervenzellen und neuer Verbindungen zwischen Hirnzellen. Dadurch können Vernetzungen ersetzt werden, die im gealterten oder geschädigten Gehirn verloren gegangen sind.
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Die Bedeutung einer "guten" Umgebung für die Regeneration des Gehirns
Hüther betont, dass die Regeneration des Gehirns nur gelingt, wenn jemand in einer Welt lebt, in der er sich wohlfühlt, versteht, was vor sich geht, geschätzt wird und mitgestalten kann. Er kritisiert, dass unserer Gesellschaft, insbesondere älteren Menschen, oft signalisiert wird, dass sie nicht gebraucht werden und dass man von ihnen keine Anstrengungen mehr erwartet. Dies sind jedoch schlechte Voraussetzungen für die Aktivierung der Selbstheilungskräfte und des regenerativen Potenzials im Gehirn.
Faktoren zur Stärkung der Selbstheilungskräfte im Alter
Um die Selbstheilungskräfte im Alter zu stärken, empfiehlt Hüther folgende Faktoren:
- Ein gesünderer Lebensstil: Bewusster und achtsamer mit sich selbst und anderen umgehen, mehr im Einklang mit der Natur leben, neugieriger auf die Umwelt sein und zuversichtlicher in die Zukunft blicken.
- Den Körper nicht vernachlässigen: Störungen in körperlichen Abläufen können das neuroplastische Potenzial unterdrücken und die Entstehung einer Demenz begünstigen. Es ist wichtig, das Gefühl für den eigenen Körper wieder zu entdecken und sich aus eigenem Antrieb und mit Freude zu bewegen.
- Sich selbst mögen: Körperliche Beschwerden und Unzufriedenheiten mit der Lebensleistung können das Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Wertschätzung von außen kann helfen, den Psycho-Panzer zu knacken und die Selbstheilung im Gehirn wieder in Gang zu setzen.
- Sich verbunden fühlen: Einsamkeit im Alter kann die geistige Regeneration beeinträchtigen. Es ist wichtig, private Zugehörigkeit und Verbundenheit mit anderen zu pflegen.
- Die Lust am Lernen nicht verlieren: Die lebenslange Lernfähigkeit und die Freude am Lernen sind für die Gesundheit des Gehirns unerlässlich.
Die Huther Demenz Falle Definition: Ein Appell für ein würdevolles Altern
Hüthers Ansatz zur Demenzprävention ist ein Appell für ein würdevolles Altern, in dem Lebensfreude und die Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Gehirns im Vordergrund stehen. Er betont, dass Demenz kein Schicksal ist und dass wir durch eine bewusste Lebensgestaltung einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung unserer geistigen Fähigkeiten leisten können.
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