Ian Paice, geboren am 29. Juni 1948 in Nottingham, England, ist eine lebende Legende des Hard Rock. Als Schlagzeuger von Deep Purple hat er Musikgeschichte geschrieben und Generationen von Musikern beeinflusst. Seine Karriere ist geprägt von unermüdlichem Engagement, musikalischer Innovation und einer bemerkenswerten Widerstandsfähigkeit, die ihn auch nach gesundheitlichen Rückschlägen immer wieder auf die Bühne zurückkehren ließ.
Die frühen Jahre und der Aufstieg mit Deep Purple
Paices musikalische Reise begann in den späten 1950er Jahren in der Tanzkapelle seines Vaters. Seine frühen Einflüsse waren Jazz- und Rock-Schlagzeuger wie Gene Krupa, Buddy Rich und Ringo Starr. Bereits mit 17 Jahren spielte er in einer Rock'n'Roll-Truppe namens The Shindigs, gefolgt von einem Engagement bei The Maze, wo er den Sänger Rod Evans kennenlernte.
Eine prägende Begegnung fand während einer Italien-Tour mit The Maze statt, als Paice den jungen Gitarristen Ritchie Blackmore kennenlernte. Die beiden Musiker harmonierten auf Anhieb und beschlossen, sich gemeinsam für eine Bandgründung zu bewerben. Dies war der Grundstein für Deep Purple, eine Band, die den Hard Rock maßgeblich prägen sollte.
Deep Purple veröffentlichte in den Siebzigern mehrere Alben, die heute als Grundschulwissen im Bereich Hard Rock und Heavy Metal gelten. Dazu gehören etwa "Who Do You Think We Are" oder der Live-Meilenstein "Made In Japan".
Die personelle Konstante in einer wechselhaften Bandgeschichte
Im Laufe ihrer Karriere erlebte Deep Purple zahlreiche Besetzungswechsel. Insgesamt spielten 15 verschiedene Musiker in Studio- und Live-Besetzungen der Band. Ian Paice jedoch blieb die Konstante, der Fels in der Brandung, der unermüdlich den Rhythmus vorgab.
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Seine jazzig angehauchten und dennoch sensationell wuchtigen Grooves trugen maßgeblich zum einzigartigen Sound von Deep Purple bei. "Smoke On The Water" kennt jeder, doch erst die Grooves des Drummers machen aus dem genialen Riff eine ultimative Rockhymne.
Gastspiel bei Whitesnake und wohltätiges Engagement
Nach der vorläufigen Auflösung von Deep Purple im Jahr 1976 schloss sich Paice 1979 Whitesnake an, wo er auf alte Bekannte aus Purple-Tagen traf: Keyboarder Jon Lord und Sänger David Coverdale.
Abseits der Bühne wurde Paice stets für seine freundliche Art und seine Hilfsbereitschaft geschätzt. Er engagierte sich immer wieder für wohltätige Zwecke, unter anderem für The Sunflower Jam, eine Initiative seiner Frau Jacky.
Der Schlaganfall und das schnelle Comeback
Am 14. Juni 2016 erlitt Ian Paice eine transitorische ischämische Attacke, vergleichbar mit einem kleinen Schlaganfall. Für kurze Zeit hatte er Panik, da seine rechte Hand nicht funktionierte. Die Ärzte gaben jedoch Entwarnung und versicherten ihm, dass es sich nur um eine Vorwarnung handelte und nichts Permanentes.
Paice erholte sich in Rekordzeit von dem Schlaganfall. Bereits knapp zwei Wochen später saß er wieder hinter seinem Schlagzeug. Nur wenige Termine mussten abgesagt werden, was Paice sichtlich ärgerte: „Die ersten beiden Shows, die ich seit 1968 verpasse“, sagte er kurzzeitig. Derzeit nehme ich vier verschiedene Medikamente pro Tag, damit so etwas nie wieder vorkommt.
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Die Folge war, dass ich das erste Mal in meinem Leben eine Show absagen musste und für den Rest der Tour keine Solos mehr spielen konnte. Bei der nun anstehenden Tour im Mai hoffe ich, wieder auf 100 Prozent zu sind.
Das Leben "on the Road" und die Rückkehr zur Realität
Das Leben auf Tournee erinnert Paice an Disneyland. „Es ist einfach fantastisch“, sagt er. „Aber wenn du nach Hause kommst, den Müll raus bringst, merkst du, dass das andere das falsche Leben ist und du musst den Weg zurückfinden in die Wirklichkeit“, weiß der Musiker aus Erfahrung. „Wenn du glaubst, dass das Tourleben die Realität ist, wirst du verrückt.“ Es sei ein großes Geschenk, zwei Leben zu haben. „Ein bisschen berühmt sein ist gut. Zu berühmt sein, ist nicht gut“, so Glover, der in der Schweiz lebt.
Deep Purple im 21. Jahrhundert: "Whoosh!" und das Spätwerk
Auch im hohen Alter blieb Ian Paice seiner Leidenschaft treu. 50 Jahre nachdem die Band mit „In Rock“ eine der stilprägendsten Platten des Hardrock veröffentlichte, erschien im August 2020 tatsächlich noch einmal ein neues Deep Purple-Album: „Whoosh“ reiht sich ein ins heterogene Spätwerk.
Das Albumcover von "Whoosh!" zeigt einen Astronauten auf einem fernen Planeten, dessen Anzug sich in Sternenstaub auflöst. Ein passendes Bild für eine Band, die wie Clint Eastwood und Kollegen im Film "Space Cowboys" allen Widrigkeiten zum Trotz noch einmal ins All fliegt, um zu zeigen, was Hardrock alles sein kann, wenn diese Band ihn spielt.
"Whoosh!" ist eine Mischung aus schneidenden Riffs und einschmeichelnden Refrains, von verwobenen Melodien und Stilzitaten von Country bis Klassik. Die Band gleicht es durch Ideenreichtum und Gruppenleistung aus. Die Rolle des etwa gleichaltrigen Produzenten Bob Ezrin darf man dabei nicht unterschätzen. Er inszeniert ein gläsernes Klangbild und verschafft Gillans Stimme durch Dopplungen und aufwändig zusammengesetzte, regelrecht poppige Chorgesänge glänzende Auftritte.
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Einmal wird es sogar richtig gefährlich, wenn die Crew den Meteoriten Blackmore einfängt. Das Instrumental "And the adress" heißt nicht nur so, es ist tatsächlich eine Neueinspielung des ersten jemals von Deep Purple veröffentlichten Songs vom Debüt 1968. Die originale Gitarrenarbeit von Ritchie Blackmore erinnert an das Werk eines verrückten Raketenwissenschaftlers, der irre kichernde Sound lässt einen gruseln.
Ian Gillan über die Zusammenarbeit mit Ian Paice und Deep Purple
Ian Gillan, der Frontmann von Deep Purple, lobt die Musikalität und Persönlichkeit von Ian Paice und den anderen Bandmitgliedern:
- Über die Entwicklung der Band: "Wir treffen nie Entscheidungen. Alles geschieht - man könnte fast sagen - zufällig. Ich hatte der „Long Goodbye Tour“ diesen Namen gegeben, weil ich sie so lange wie möglich ausdehnen wollte. Ein paar Jahre vorher hatten wir alle gesundheitliche Probleme gehabt. Ian Paice hatte einen leichten Schlaganfall, Roger ging es auch nicht gut. Wir wussten nicht so recht, wie lange wir noch weitermachen könnten. Aber dann ging es wieder allen besser, und wir beschlossen, man könnte sich ja mal treffen und mit ein paar Ideen runspielen. Also trafen wir uns in Bottrop und taten genau das, und da waren schon eine oder zwei Sachen dabei, die absolut fantastisch waren. Das hat dann die Lawine ins Rollen gebracht."
- Über die Zusammenarbeit mit Bob Ezrin: "Wir fühlen uns mit Bob jetzt sehr wohl, das ist eine Beziehung von gegenseitigem Respekt schon von Anfang an. Das hatte zu tun mit seiner Reputation, seinem guten Ruf und seinen musikaischen und technischen Fähigkeiten. Beim zweiten Mal kannten wir uns ja schon etwas besser, aber es gab immer noch dieses Gefühl, dass er vor allem versuchte, das Beste aus jedem herauszukriegen… aber jetzt ist die Atmosphäre noch einmal viel entspannter. Schon allein das ermöglicht wieder Veränderungen. Es hängt immer alles von den Menschen ab. Auch davon, wo sie zusammenkommen, wo man aufnimmt. Es macht einen Unterschied, ob man auf Hawaii oder in Deutschland ist. Keine Ahnung warum, aber es ist so. Es sind die kleine Dinge, die dich umgeben. Mein Cottage in Nashville - das war eine Riesen-Inspiration. Was Bob betrifft: Es fühlt sich jetzt an, als wäre er ein Mitglied der Band."
- Über die Einflüsse auf Deep Purple: "Besonderen Einfluss auf unsere Musik hatten Beethoven und Chaupin, aber auch Buddy Rich, Folk Musik, Chuck Berry und Elvis Presley. Besonders aber auch die orchestralen Kompositionen von Jon Lord. Das alles waren Komponenten, die uns als Band beeinflusst haben und Auswirkungen auf unsere zwischenmenschliche Chemie untereinander hatten. Das war alles was wir hatten. Im Laufe der Jahre habe ich dann immer wieder gehört und gelesen, dass Bands von Deep Purple, Black Sabbath und Led Zeppelin beeinflusst wurden. Also weisen ihre Einflüsse vermutlich auch wieder Spuren von Buddy Rich und Chaupin auf, also auch wenn man Death Metal hört."
- Über die Bedeutung von Persönlichkeit in der Musik: "Um ehrlich zu sein, geht es mir nicht besonders um die Technik. Ich habe mit fantastischen Musikern zusammengearbeitet, aber manchmal geht’s einfach um die Persönlichkeit. Du kannst fünf gleich talentierte Leute nebeneinander aufstellen, die über das gleiche Training und dieselben Fähigkeiten verfügen, aber eine Frau oder ein Mann wird aus der Masse mit dem gewissen Etwas herausstechen. Schau dir einfach mal Mick Jagger oder Bob Dylan an. Niemand würde sie als technisch besonders herausragende Sänger bezeichnen, aber -oh mein Gott - die reißen dich mit und du musst einfach hinsehen. Meiner Meinung nach ist es am wichtigsten eine eigene Persönlichkeit zu haben und eine Live-Performance hinlegen zu können, die die Vorstellungskraft des Publikums befeuert."
Roger Glover über das 50-jährige Bandjubiläum und die Zukunft von Deep Purple
Auch Roger Glover, der Bassist von Deep Purple, äußerte sich zum 50-jährigen Bandjubiläum und zur Zukunft der Band:
- Über den Spaß an der Musik: "Spaß, Freude und Vergnügen sind die Schlüsselbegriffe überhaupt für uns. Wir haben Spaß an allem, was wir machen. Wir lieben es, live zu spielen, wir reisen gerne um die Welt, wir hatten eine tolle Zeit im Studio. Ohne Spaß wären wir falsch in unserem Job und sollten es lieber lassen. Wir müssten uns diesen Stress ja weiß Gott nicht mehr antun."
- Über die Zukunft von Deep Purple: "Wir werden alt. Ewig werden wir nicht mehr weitermachen, irgendwann wird auch Deep Purple vorbei sein, Geschichte. Ian Paice hatte vergangenes Jahr einen leichten Schlaganfall, das war ein Weckruf für uns. Ihm geht es wieder gut, zwei Wochen später konnten wir unsere Tour fortsetzen. Und doch hat jeder von uns seine Wehwehchen. Trotzdem wird der Abschied irgendwann passieren. Wir wollen es etwas langsamer angehen lassen, gerade hatten wir zum Beispiel vier Monate komplett frei, so viel wie noch nie. Wir werden uns nicht selbst ein Ablaufdatum verpassen, wir werden auch nicht mit großem Getöse einen Ort für das allerletzte Konzert bestimmen oder dergleichen. Wir werden uns aber auch nicht einfach wegschleichen. Sollte irgendwann Schluss sein, werden wir das sagen."
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