Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung und Behandlung von Schlaganfällen. Ein Schlaganfall, der entweder durch eine Durchblutungsstörung (ischämisch) oder eine Blutung (hämorrhagisch) im Gehirn verursacht wird, kann durch eine gezielte Ernährung beeinflusst werden. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Bedeutung der Ernährung vor und nach einem Schlaganfall, um das Risiko zu minimieren und den Genesungsprozess zu unterstützen.
Einführung
Das Thema Ernährung ist von großem Interesse, insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie man sich gesünder ernähren kann. Eine "gesunde Ernährung" ist dabei ein vielschichtiges Konzept. Ein Schlaganfall entsteht durch eine Durchblutungsstörung (ischämisch) oder eine Blutung (hämorrhagisch) im Gehirn. Die gute Nachricht ist, dass das Ausmaß der Gefäßveränderungen durch Arteriosklerose weitgehend durch die Ernährung beeinflusst werden kann.
Laut Angaben des Robert Koch-Instituts ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen bei Erwachsenen. Eine europäische Studie analysierte, inwieweit Ernährungsgewohnheiten das Schlaganfallrisiko beeinflussen, wobei zwischen ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen unterschieden wurde.
Makronährstoffe: Energielieferanten für den Körper
Die Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Proteine, Fette) sind die wichtigsten Energielieferanten in der menschlichen Ernährung. Der Körper benötigt alle Makro- und Mikronährstoffe, die die Natur zu bieten hat, um optimal zu funktionieren. Eine ausgewogene Ernährung mit verschiedenen Lebensmitteln ist daher essenziell.
Fette (Lipide)
Fette sind wichtige Energielieferanten und Geschmacksträger. Sie liefern etwa 9 kcal pro Gramm. Unsere Nahrung enthält unterschiedliche Fettsäuren, wobei gesättigte Fettsäuren vorwiegend in tierischen Produkten vorkommen, während ungesättigte Fettsäuren eher in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sind. Gesättigte Fettsäuren können vom Körper selbst hergestellt werden und machen ein Fett fest. Ungesättigte Fettsäuren, insbesondere die essenziellen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren alpha-Linolensäure (Omega-3) und Linolsäure (Omega-6), müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Ungesättigte Fettsäuren finden sich z.B. in pflanzlichen Ölen.
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Kohlenhydrate (Saccharide)
Kohlenhydrate bestehen aus unterschiedlich langen Ketten von Bausteinen. Kurzkettige Kohlenhydrate (Einfach- und Zweifachzucker) bestehen aus wenigen Molekülen und haben einen süßlichen Geschmack. Langkettige Kohlenhydrate (Mehrfachzucker) bestehen aus mehr als 10 Molekülen, wie z.B. Stärke. Ballaststoffe sind unverdauliche Bestandteile der Nahrung, die vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln und Vollkornprodukten vorkommen. Je länger die Ketten sind, desto länger benötigt der Körper, um sie aufzuspalten und Energie daraus zu gewinnen. Bei der Schlaganfallprävention ist es wichtig, kurzkettige Kohlenhydrate, die z.B. in Süßigkeiten oder Weißbrot enthalten sind, kritisch zu betrachten.
Proteine
Proteine sind eine weitere wichtige Nährstoffgruppe. Der Irrglaube, dass man täglich Fleisch essen müsse, um genügend Proteine zu sich zu nehmen, wurde widerlegt. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die viel rotes und verarbeitetes Fleisch essen, häufiger einen Schlaganfall erleiden.
Mikronährstoffe: Vitamine und Mineralstoffe
Neben den Makronährstoffen sind auch Vitamine und Mineralstoffe für den Körper unerlässlich.
Vitamine
Vitamine sind Stoffe, die der Körper zum Überleben benötigt, aber nicht selbst in ausreichenden Mengen herstellen kann. Vitamin C, das in vielen Obstsorten, insbesondere in Zitrusfrüchten, vorkommt, ist besonders wichtig zur Schlaganfallprävention.
Ballaststoffe
Ballaststoffe sind unverdauliche Stoffe, die einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben und das Schlaganfallrisiko senken können. Sie kommen ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor.
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Mineralstoffe
Mineralstoffe werden in geringeren Mengen benötigt. Eine ausreichende Zufuhr von Kalium, Calcium und Magnesium kann das Schlaganfallrisiko senken. Kalium findet sich in Kartoffeln, Tomaten, Spinat oder Bananen, Magnesium in Sonnenblumenkernen und Nüssen, und Calcium in Milchprodukten und grünem Gemüse.
Salz
Salz enthält Mineralstoffe, die zum Überleben notwendig sind. In der westlichen Gesellschaft neigen wir jedoch dazu, zu viel Salz zu konsumieren.
Die mediterrane Ernährung als Vorbild
Viele Studien haben gezeigt, dass die mediterrane Ernährung ein gutes Mittel zur Vorbeugung von Schlaganfall und anderen Zivilisationskrankheiten ist. Sie wird auch für Personen mit erhöhtem Schlaganfallrisiko empfohlen. Diese Ernährungsform zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Olivenöl aus. Eier, Milchprodukte und Wein werden in geringen Mengen ergänzt, während Fisch und Geflügel gelegentlich auf den Tisch kommen. Rotes Fleisch wird nur selten konsumiert.
Kleine Veränderungen für eine bessere Ernährung
Es ist nicht notwendig, die gesamte Ernährung von heute auf morgen umzustellen. Kleine Veränderungen können bereits einen großen Einfluss haben:
- Fleischkonsum reduzieren: Beginnen Sie bei der Wurst und probieren Sie Alternativen wie Käse auf dem Brötchen oder vegetarische Pizza. Vermeiden Sie Fleisch in Fertigprodukten.
- Olivenöl verwenden: Ersetzen Sie kostengünstigere Alternativen durch Olivenöl und kochen Sie fettsparend. Achten Sie darauf, Olivenöl nicht zu stark zu erhitzen.
- Vollkornprodukte bevorzugen: Vollkornprodukte sättigen schneller und enthalten längerkettige Kohlenhydrate und Ballaststoffe.
- Gemeinsame Mahlzeiten: Kochen Sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere, um sich mehr Mühe zu geben und Fertigprodukte zu vermeiden.
- Salzkonsum reduzieren: Verwenden Sie weniger Salz und greifen Sie stattdessen auf andere Gewürze zurück.
- Kaffee und Tee: Moderater Kaffeekonsum und regelmäßiges Teetrinken können das Schlaganfallrisiko senken. Verwenden Sie natürlichen, nicht aromatisierten Tee.
- Alkohol in Maßen: Die tägliche Alkoholmenge sollte 15g nicht überschreiten. Ein Glas Wein (0,125L) zum Abendessen ist in Ordnung.
- Zuckerhaltige Getränke vermeiden: Süße Getränke wie Limonaden und Eistees sind Zuckerfallen. Steigen Sie auf Tee, Wasser mit Geschmack oder selbstgemachtes Zitronenwasser um.
Mahlzeitenfrequenz und -timing
Die Meinungen darüber, wie oft man essen sollte, um gesund zu bleiben, gehen auseinander. Studien haben gezeigt, dass es keine "richtige" Anzahl an Mahlzeiten gibt. Es ist wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und die Mahlzeitenfrequenz an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Regelmäßige Essenszeiten und das Vermeiden von nächtlichem Essen können jedoch generell zu einem gesünderen Gewicht beitragen.
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Ernährung nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall ist es besonders wichtig, durch eine geeignete Ernährungstherapie den Genesungsprozess zu unterstützen. Übergewicht ist ein Risikofaktor für einen Schlaganfall, aber eine ungewollte Gewichtsabnahme nach einem Schlaganfall sollte vermieden werden. Bereits ein Gewichtsverlust von 3 kg unmittelbar nach dem Schlaganfall in der akuten Phase ist mit einer schlechteren Genesung verbunden.
Schluckstörungen (Dysphagie)
Viele Betroffene leiden nach einem Schlaganfall an einer Dysphagie, die das Essen und Trinken erschwert. In der akuten Phase kann eine orale Nahrungskarenz (NPO) notwendig sein, um das Risiko einer Aspiration zu verringern. In diesen Fällen kann eine Sondenernährung notwendig sein, um eine ausreichende Versorgung mit Energie und Nährstoffen sicherzustellen. Im Rahmen der logopädischen Therapie kann allmählich der orale Kostaufbau beginnen, wobei die Konsistenz der Nahrung angepasst und Flüssigkeiten angedickt werden müssen.
Mangelernährung
Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit konsistenzadaptierter Kost meist weniger essen und trinken als sie sollten. Das Risiko einer Mangelernährung ist in dieser Phase sehr hoch, so dass eine supplementierende Sondenernährung sinnvoll sein kann. Auch 6 Monate nach dem Schlaganfall sind noch 10 % der Patient:innen von einer Schluckstörung betroffen.
Ernährungsempfehlungen für die Genesungsphase
In der Genesungsphase sollten die Energie- und Nährstoffvorräte, die während der unmittelbaren Zeit nach dem Schlaganfall aufgebraucht wurden, wieder aufgefüllt werden. Eine Schluckstörung ist ein hohes Risiko, nach einem Schlaganfall an Gewicht zu verlieren. Ein Gewichtsverlust mit dem Risiko auf eine Mangelernährung sollte vermieden werden, denn ein guter Ernährungszustand hat hohen Einfluss auf den Behandlungserfolg und die Genesung. Dennoch erhält das Thema nicht die notwendige Aufmerksamkeit, obwohl Mangelernährung weit verbreitet ist.
Ernährungstherapeutische Maßnahmen
Wird ein Ernährungsrisiko erkannt, gilt es, eine rechtzeitige Ernährungsunterstützung einzuleiten und einen möglichst schnellen und nachhaltigen Therapiefortschritt zu unterstützen. Dazu gehören unter anderem Trinknahrungen sowie enterale Sondennahrungen. Auch nach der Reha spielt eine ausreichende und nährstoffreiche Ernährung eine entscheidende Rolle für die weitere Genesung.
Künstliche Ernährung
Werden Schluckstörungen festgestellt, muss über eine künstliche Ernährung entschieden werden. Halten die schlaganfallbedingten Schluckstörungen voraussichtlich länger als sieben Tage an, sollte frühzeitig mit einer enteralen Ernährung über eine Sonde begonnen werden. In der akuten Phase eines Schlaganfalls benötigen bis zu 29 Prozent der Patienten eine Sondenernährung. Studien zufolge hat ein früher Beginn der Sondenernährung Vorteile für den Patienten und verbessert den Krankheitsverlauf.
Die Wahl der Sondenart hängt von der voraussichtlich notwendigen Dauer der künstlichen Ernährung ab. In der Akutphase wird eine nasogastrale Sonde empfohlen, während bei einer voraussichtlich längeren enteralen Ernährung eine PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) gelegt werden sollte. Bei Reflux-Risiko sollte die Sondennahrung kontinuierlich mit einer Ernährungspumpe verabreicht werden.
Praktische Tipps für die Ernährung nach einem Schlaganfall
Nach einem Schlaganfall sollten Sie Ihren Fett- und Zuckerkonsum reduzieren, um eine Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) zu verhindern. Eine Lähmung des Gesichts, der Hand bzw. des Armes erschwert den Ess- und Trinkvorgang. Es empfiehlt sich, Essenshilfen und spezielles Essbesteck zu nutzen, um den Alltag zu erleichtern. Auch Trinkhilfen, insbesondere Nasenausschnittsbecher, können bei einer eingeschränkten Nackenbeweglichkeit oder bestehenden Schluckstörung hilfreich sein.
Für Schlaganfall-Patienten mit einer Schluckstörung sollten die Mahlzeiten in kleine Stücke geschnitten oder püriert werden, um eine leicht schluckbare und gleichzeitig nahrhafte Kost zu gewährleisten. Der Schlucktherapeut gibt die Schluckkoststufe vor (püriert, zerkleinert, ect.), die unbedingt beachtet werden sollte, um das Risiko des Verschluckens zu minimieren.
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