Vaskuläre Demenz: Ist sie erblich bedingt und was sind die Ursachen?

Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der Demenz. Schätzungsweise sind 0,3 Prozent der Bevölkerung von dieser Krankheit betroffen. Sie entsteht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu Schädigungen und zum Absterben von Hirnzellen führen können. Die Symptome variieren je nach betroffenem Hirnareal und können plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten.

Demenz: Ein Überblick

Demenz ist ein Oberbegriff für etwa 50 verschiedene neurophysiologische Erkrankungen, von denen die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist. Demenz betrifft Millionen Menschen weltweit und stellt eine große Herausforderung dar - für die Betroffenen und ihre Angehörigen ebenso wie für Medizin und Gesellschaft. Der Verlauf einer Demenz erfolgt meist in mehreren Stadien, die die zunehmende Verschlechterung der kognitiven und körperlichen Fähigkeiten beschreiben.

Alzheimer-Demenz: Die häufigste Form

Schätzungen zufolge ist die Alzheimer-Demenz mit einem Anteil von circa 60 bis 65 Prozent die häufigste irreversible Demenzform. Die Alzheimer-Demenz ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, in deren Verlauf Nervenzellen des Gehirns unumkehrbar zerstört werden. Diese Demenzform verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich. Es lassen sich jedoch grundsätzlich drei Stadien feststellen, die fließend ineinander übergehen. Charakteristisch ist ihr schleichender, nahezu unmerklicher Beginn. Anfangs treten leichte Gedächtnislücken und Stimmungsschwankungen auf, die Lern- und Reaktionsfähigkeit nimmt ab. Hinzu kommen erste Sprachschwierigkeiten. Die Menschen mit Demenz benutzen einfachere Wörter und kürzere Sätze oder stocken mitten im Satz und können ihren Gedanken nicht mehr zu Ende bringen. Örtliche und zeitliche Orientierungsstörungen machen sich bemerkbar. In diesem Stadium nehmen die Menschen mit Demenz bewusst die Veränderungen wahr, die in ihnen vorgehen. Im weiteren Krankheitsverlauf werden die Symptome unübersehbar, spätestens jetzt müssen Beruf und Autofahren aufgegeben werden. Bei alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege, Toilettengang oder Essen und Trinken sind die Betroffenen zunehmend auf die Unterstützung anderer Personen angewiesen. Im Spätstadium sind Menschen mit Demenz vollkommen auf Pflege und Betreuung durch andere Personen angewiesen. Familienmitglieder werden nicht mehr erkannt, eine Verständigung mit Worten ist unmöglich. Vermehrt treten körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörungen auf. Die Kontrolle über Blase und Darm nimmt ab. Vereinzelt kann es auch zu epileptischen Anfällen kommen. Bettlägerigkeit erhöht die Gefahr von Infektionen. Die Ursachen der Alzheimer-Demenz sind bislang noch nicht ausreichend erforscht. Bekannt ist aber eine Reihe von Veränderungen im Gehirn, die bei Menschen mit Alzheimer-Demenz auftreten. So kommt es bei der Demenz zu einem Absterben von Nervenzellen und der Zerstörung ihrer Verbindung untereinander. Darüber hinaus werden Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques beziehungsweise Fibrillen) sowie die Verminderung eines für das Gedächtnis wichtigen Botenstoffs (Acetylcholin) beobachtet. Diese Veränderungen geben aber noch keine Auskunft darüber, warum die Demenz entsteht. Genetische Faktoren als alleinige Ursache liegen nur in weniger als zwei Prozent der Fälle vor. Insgesamt betrachtet spielen sie daher bei der Entstehung von Alzheimer eine untergeordnete Rolle. Je älter die Menschen werden, umso größer ist bei ihnen das Risiko für das Auftreten von Demenzerkrankungen. Auch wenn die Ursachen der Alzheimer-Demenz noch nicht hinreichend bekannt sind, lässt sich aus entsprechenden Studien ableiten, dass neben nicht veränderbaren Faktoren (wie Alter, Geschlecht und Genetik) und Vorerkrankungen auch Verhaltensweisen und Lebensumstände das Risiko beeinflussen, daran zu erkranken. Das Risiko sinkt beispielsweise durch körperliche Aktivität und ausgewogene Ernährung, geistige Aktivität und soziale Teilhabe. Neuere Untersuchungen weisen zudem auf ein erhöhtes Risiko durch folgende Faktoren hin: Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, übermäßigen Alkoholkonsum, Diabetes, schwere Kopfverletzungen, Infektionen, Depression, chronischer Stress sowie das Vorliegen einer Hör- oder Sehminderung, erhöhte Cholesterinwerte.

Vaskuläre Demenz: Ursachen und Formen

Mit etwa 20 bis 30 Prozent folgen die gefäßbedingten („vaskulären“) Demenzen. Bei etwa 15 Prozent liegt eine Kombination beider Demenzformen vor. Bei gefäßbedingten Demenzen kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Eine besondere Form vaskulärer Demenz ist die „Multiinfarktdemenz“. Hierbei führen wiederholte kleine örtliche Durchblutungsstörungen zum Absterben von Hirnzellen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Demenz, oftmals kommen jedoch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten hinzu. Mediziner:innen unterscheiden bei der vaskulären Demenz zwischen verschiedenen Formen:

  • Multi-Infarkt-Demenz: Ursache können wiederholte kleine Schlaganfälle sein, die das Hirngewebe schädigen. Diese Form der Demenz beginnt plötzlich und schreitet stufenweise voran.
  • Subkortikale vaskuläre Demenz (Morbus Binswanger): Chronische Durchblutungsstörungen führen zu Schäden in tiefer liegenden Hirnbereichen.
  • Strategische Infarkt-Demenz: Durchblutungsstörungen in wichtigen Hirnbereichen wie dem Thalamus und den Basalganglien haben Gedächtnisstörungen und Verhaltensauffälligkeiten zur Folge.
  • Amyloidangiopathie: Es besteht ein Nebeneinander von Hirnblutungen und Hirninfarkten.

Vaskuläre Demenzen entstehen durch:

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  • Durchblutungsstörungen im Gehirn (zerebrale Ischämien)
  • Hirnblutungen
  • Schlaganfälle

Das Risiko für Hirnveränderungen dieser Art steigt durch Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rauchen sowie durch höheres Alter.

Symptome der vaskulären Demenz

Bei vaskulärer Demenz können die Symptome plötzlich oder schleichend auftreten und je nach betroffenem Hirnareal variieren. Während für die Alzheimer-Krankheit Gedächtnisprobleme charakteristisch sind, kommt es bei vaskulärer Demenz anfangs vor allem zu:

  • Schwierigkeiten im Denken und beim Lösen komplexer Aufgaben
  • Einer allgemeinen Verlangsamung des Antriebs
  • Stimmungsschwankungen

Später kommen Gedächtnisstörungen, Konzentrationsprobleme und Schwierigkeiten beim Planen und Organisieren hinzu. Insbesondere bei der Multi-Infarkt-Demenz leiden Betroffene häufig auch unter körperlichen Symptomen, etwa unter Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühlen. Manchmal lassen die geistigen Fähigkeiten stufenweise nach oder sie schwanken und verbessern sich zeitweise sogar wieder. Wie der Krankheitsverlauf im Einzelfall ist, hängt dabei immer davon ab, welcher Hirnbereich wie stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und wie gut sich weitere Schäden vermeiden lassen.

Ist vaskuläre Demenz erblich?

Auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen - nämlich dann, wenn in der Familie eine Prädisposition für vaskuläre Erkrankungen besteht. Bei den meisten häufigen Demenzformen wird aber nicht die Krankheit selbst genetisch übertragen, sondern gewisse Risikofaktoren und Verhaltensweisen, die sich in der Familie etabliert haben. Dies gilt beispielsweise für die Vaskuläre Demenz. Es gibt eine genetische Mutation, die das Risiko für eine vaskuläre Demenz stark erhöht.

Diagnose der vaskulären Demenz

Ob eine Demenz vaskulär ist, lässt sich nicht immer eindeutig feststellen, da die Symptome je nach betroffenem Hirnbereich sehr unterschiedlich ausfallen können. Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch entscheidend für den Verlauf der Erkrankung. Mediziner:innen kombinieren in der Regel viele Einzeluntersuchungen, zum Beispiel:

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  • Neuropsychologische Tests (z. B.: Rechen- oder Schreibaufgaben)
  • Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. auf Bluthochdruck)
  • Neurologische Untersuchungen (Koordination, Gleichgewichtssinn)
  • Genetische Tests (bei Verdacht auf genetisch bedingte Gefäßerkrankungen)

Bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie oder eine Computertomografie können Aufschluss über Durchblutungsstörungen und Gewebeschäden im Gehirn geben. Mitunter wird auch eine Ultraschalluntersuchung jener Blutgefäße durchgeführt, die für die Versorgung des Gehirns verantwortlich sind. Um auszuschließen, dass die Demenz sekundäre Ursachen hat (also Folge einer anderen Grunderkrankung oder einer Mangelerscheinung ist), ordnen Ärzt:innen für gewöhnlich eine Blutuntersuchung an.

Behandlung und Vorbeugung

Allgemein nimmt die vaskuläre Demenz einen fortschreitenden Verlauf - es ist jedoch oftmals möglich, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, etwa durch:

  • Einstellung des Blutdrucks
  • Gewichtsreduzierung
  • Verbesserung der Blutfettwerte
  • Rauchstopp
  • Bei Diabetes: optimale Einstellung des Blutzuckers

Außerdem sollten weitere Risikofaktoren minimiert werden, um die Blutgefäße gesund zu erhalten. Behandelt wird die vaskuläre Demenz durch eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapiebausteinen. So erhalten Patient:innen häufig Blutverdünner zur Vorbeugung weiterer Schlaganfälle. Auch die Gabe von Antidepressiva, Neuroleptika und Antidementiva kann im Einzelfall sinnvoll sein, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhöhen. Ergänzend kommen nicht-medikamentöse Behandlungsformen zum Einsatz (Bewegung, Ergotherapie, Erinnerungsarbeit etc.).

Daher gilt: Alles, was sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt, schützt auch vor vaskulärer Demenz. Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt. Wer sich regelmäßig bewegt, kann (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen.

Interessante Entwicklungen in der Forschung

In der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von vaskulärer Demenz gibt es interessante Entwicklungen, die hoffen lassen, dass das Krankheitsbild zukünftig seltener auftritt oder zumindest erfolgreicher behandelt werden kann. Bildgebende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) machen Funktionsprozesse im Gehirn mithilfe radioaktiv markierter Substanzen sichtbar. Sie erlauben es, Auffälligkeiten im Hirnstoffwechsel zu erkennen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Demenz hindeuten. Auch kognitive Tests wie der MOCA-Test (MOCA steht für Montreal Cognitve Assessment) ermöglichen eine frühzeitige Diagnose von vaskulärer Demenz und ebnen so den Weg zu einer Therapie. Astrozyten (auch Sternzellen genannt) gelten als Hoffnungsträger für neue Therapieansätze. Diese Zellen arbeiten eng mit Nervenzellen zusammen und versorgen sie mit lebenswichtigen Nährstoffen. Die Wissenschaft untersucht, wie Astrozyten genutzt werden könnten, um Nervenzellen bei vaskulärer Demenz zu schützen und zu stimulieren. Ziel ist es, aus dem Verständnis ihrer Funktionsweise innovative therapeutische Ansätze abzuleiten. Darüber hinaus wird getestet, ob bereits zugelassene Medikamente helfen können, durch Durchblutungsstörungen entstandene Schäden im Gehirn zu begrenzen oder sogar rückgängig zu machen. Außerdem stehen Präventionsstrategien zunehmend im Fokus.

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Leben mit vaskulärer Demenz: Was können Betroffene selbst tun?

Es gibt Alltagstipps, um mit vaskulärer Demenz besser und oft auch länger allein leben zu können:

  • Benutzen Sie Erinnerungshilfen (Kalender, Notizen, Handy-Funktionen, abwischbare Tafeln usw.)
  • Gestalten Sie Ihre Wohnung sicherer und demenzangepasst.
  • Machen Sie ihren Haushalt übersichtlicher und legen Sie feste Plätze für bestimmte Dinge fest. Auch technische Hilfen wie eine Herdsicherung können entlasten.
  • Geben Sie ihrem Alltag eine feste, wiederkehrende Struktur. Nutzen Sie hierfür und für besondere Termine einen Wochenplan.
  • Betreiben Sie Hobbys und gestalten Sie Ihre Freizeit aktiv.
  • Pflegen Sie Ihre körperliche Gesundheit: Bleiben Sie körperlich aktiv, ernähren Sie sich gesund und nehmen Sie ausreichend Flüssigkeit zu sich.
  • Fördern Sie Ihre Gesundheit mit guter Schlafhygiene: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf und einen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus.

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