Kampf der Kulturen: Eine Neubetrachtung von Samuel Huntingtons These im 21. Jahrhundert

Samuel P. Huntingtons These vom "Kampf der Kulturen", die er in seinem gleichnamigen Buch von 1996 darlegte, hat seit ihrer Veröffentlichung eine intensive Debatte ausgelöst. Huntington argumentierte, dass die Weltpolitik im 21. Jahrhundert nicht mehr von ideologischen oder wirtschaftlichen Konflikten geprägt sein würde, sondern von kulturellen Differenzen zwischen verschiedenen Zivilisationen. Seine Theorie, die auf einem Aufsatz aus dem Jahr 1993 in der Zeitschrift "Foreign Affairs" basiert, wurde sowohl gefeiert als auch kritisiert, und ihre Relevanz wird angesichts der aktuellen globalen Entwicklungen immer wieder neu bewertet.

Huntingtons Kernargumente

Huntington definierte Kultur als die "gesamte Lebensweise eines Volkes", wobei er insbesondere Werte, Normen, Institutionen und Denkweisen, vor allem aber die Religion, hervorhob. Er identifizierte acht Hauptzivilisationen oder "Kulturkreise" auf der Welt: die westliche, die orthodoxe, die islamische, die hinduistische, die sinische (chinesische), die lateinamerikanische, die afrikanische und die japanische. Seiner Ansicht nach würden die "Frontlinien der Zukunft" dort verlaufen, wo diese Zivilisationen aufeinandertreffen.

Huntington argumentierte, dass der Westen seine als universell dargestellten Werte oft als westlichen Imperialismus wahrgenommen würden. Er prognostizierte einen Kampf der Kulturen, in dem der Westen auf den Antagonismus islamischer und sinischer Kulturen stoßen würde. Er sagte voraus, dass die USA in einen Kampf um die globale Hegemonie mit China eintreten und die islamische Welt eine Front gegen den Westen bilden würde.

Kritik an Huntingtons These

Huntingtons Theorie stieß auf breite Kritik, insbesondere von Wissenschaftlern, die seine Einteilung der Welt in klar definierte Kulturkreise als zu simplifizierend und ungenau ansahen. Kritiker bemängelten, dass Huntington die komplexen interkulturellen Beziehungen und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen verschiedener Kulturen ignoriere und stattdessen ein statisches und essentialistisches Bild von Kulturen zeichne.

Einwände richteten sich vor allem gegen seine Einteilung der Kulturkreise. Die Kriterien der Einteilung seien heterogen, sie orientierten sich im einen Fall an der Religion, im anderen an den nationalen Grenzen. Auch seine Vorstellungen von Feindschaft und Unverständnis zwischen den Zivilisationen wurden häufig infrage gestellt.

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Viele warfen Huntington vor, seine Kulturkreise in ungeschichtlicher, konservativer Weise festzuschreiben. Über die Zuordnungen vieler Länder oder Landesteile (etwa der Ukraine) zu dieser oder jener "Zivilisation" ließ und lässt sich natürlich trefflich streiten.

Aktualität und Relevanz von Huntingtons These

Trotz der Kritik an Huntingtons Theorie gibt es auch Stimmen, die ihre Aktualität und Relevanz in der heutigen Welt betonen. Insbesondere die Anschläge vom 11. September 2001 schienen Huntingtons These vom "Kampf der Kulturen" zu bestätigen und führten zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit seinen Ideen.

Einige Beobachter argumentieren, dass die zunehmenden Spannungen zwischen dem Westen und anderen Kulturkreisen, insbesondere dem Islam und China, Huntingtons Prognosen bestätigen. Sie verweisen auf Konflikte im Nahen Osten, den Aufstieg des islamischen Fundamentalismus und die wachsende wirtschaftliche und politische Macht Chinas als Belege für einen "Kampf der Kulturen".

Andere betonen, dass Huntingtons Theorie dazu beigetragen hat, die Aufmerksamkeit auf den kulturellen Faktor in internationalen Konflikten zu lenken. Sie argumentieren, dass kulturelle Unterschiede und Identitäten eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Weltpolitik spielen und dass es notwendig ist, diese Faktoren zu berücksichtigen, um Konflikte zu verstehen und zu lösen.

Der "Kampf der Kulturen" in Deutschland

Die These vom "Kampf der Kulturen" hat auch in Deutschland eine intensive Debatte ausgelöst. Insbesondere die Frage der Integration von Einwanderern aus muslimischen Ländern wird oft im Kontext von Huntingtons Theorie diskutiert.

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Die Reaktion (zu) vieler muslimischer Einwanderer - mit und ohne deutschen Pass - auf den von der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober verübten Pogrom gegen Juden war ein Schock für alle, die ihre Identität in den Grundwerten der Bundesrepublik Deutschland verankert wissen. Wie kann man in Leuten Mitbürger sehen, die mörderischen Antisemitismus bejubeln, die freiheitlich-demokratische Grundwerte ablehnen und einen Rechtstaat verachten, weil dieser sich nicht gegen ihre Rechtsbrüche und Staatsfeindlichkeit robust zur Wehr setzt?

Einige argumentieren, dass die zunehmende kulturelle Vielfalt in Deutschland zu Spannungen und Konflikten führt und dass es notwendig ist, die deutsche Leitkultur zu stärken, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gewährleisten. Andere betonen, dass kulturelle Vielfalt eine Bereicherung für die Gesellschaft ist und dass es notwendig ist, eine offene und tolerante Gesellschaft zu fördern, in der Menschen unterschiedlicher Kulturen friedlich zusammenleben können.

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