Katameniale Epilepsie: Therapieansätze und hormonelle Einflüsse

Die katameniale Epilepsie ist eine spezielle Form der Epilepsie, bei der die Anfallshäufigkeit oder -stärke bei Frauen in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus zunimmt. Hormonelle Schwankungen, insbesondere das Verhältnis von Östrogen und Progesteron, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die Therapieoptionen, die Einflüsse von Antiepileptika auf den endokrinen Stoffwechsel, sowie Aspekte der Kontrazeption, des Kinderwunsches und der Schwangerschaft bei Frauen mit Epilepsie.

Epidemiologie und Hintergrund

In Deutschland leiden etwa 400.000 Frauen an Epilepsie. Studien zeigen, dass sich viele betroffene Frauen unzureichend beraten und schlecht informiert fühlen. Auf 1.000 Geburten kommen drei bis vier Mütter mit Epilepsie. Es ist daher wichtig, die Zusammenhänge zwischen Epilepsie, Hormonen und den damit verbundenen Herausforderungen zu verstehen.

Anfallshäufigkeit und Sexualhormone

Mit der Pubertät steigt die Frequenz des Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Pulses, was zu einem Anstieg der FSH- und LH-Ausschüttung und somit zu höheren Östrogenspiegeln führt. Progesteronspiegel steigen mit zunehmenden ovulatorischen Zyklen. Östrogen wird eine anfallsfördernde Wirkung zugeschrieben, während Progesteron eine besser belegte anfallshemmende Wirkung hat.

Zyklusphasen und Anfallshäufungen

Etwa ein Drittel aller Frauen mit Epilepsie erlebt eine zyklusbedingte Zunahme der Anfallsfrequenz. Dabei lassen sich drei Zyklusphasen mit typischen katamenialen Anfallshäufungen abgrenzen:

  • Periovulatorischer Östrogen-Peak (Tag 10 bis 13): Der Östrogenanstieg um den Eisprung herum kann Anfälle begünstigen.
  • Perimenstruell (Tag 3): Der Gestagenabfall am Zyklusende kann ebenfalls zu einer erhöhten Anfallsfrequenz führen.
  • Gesamte zweite Zyklushälfte (Tag 10 bis Tag 3 des Folgezyklus): Bei einer Störung der Lutealfunktion und einem inadäquaten Progesteronspiegel kann es zu Anfallshäufungen kommen.

Diagnostik

Ein Anfallskalender, der den Menstruationszyklus und die tägliche Basaltemperatur dokumentiert, kann bei Verdacht auf eine katameniale Anfallshäufung Klarheit schaffen. Die Bestimmung des Progesteronspiegels in der Mitte der Lutealphase kann helfen, Zyklen mit einer inadäquaten Lutealphase zu erkennen.

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Therapieoptionen bei gesicherter zyklusgebundener Anfallshäufung

Es gibt nur wenige kontrollierte Studien zu Therapieoptionen bei gesicherter zyklusgebundener Anfallshäufung. Open-Label-Studien und Kasuistiken deuten darauf hin, dass Progesterone und Progestine, GnRH-Analoga und Antiöstrogene (Clomiphen) die Anfallsfrequenz verbessern können. Zyklische Gaben von Clobazam perimenstruell können ebenfalls hilfreich sein.

Medikamentöse Therapieansätze

  • Progesterone und Progestine: Können in einigen Fällen die Anfallsfrequenz reduzieren.
  • GnRH-Analoga: Bewirken eine medikamentöse Ovarektomie, sind aber nebenwirkungsträchtig.
  • Antiöstrogene (Clomiphen): Können bei der Behandlung helfen.
  • Clobazam: Zyklische Gaben perimenstruell können die Anfallsfrequenz reduzieren.
  • Acetazolamid: Ältere Strategie, die als spezifische Behandlung der katamenialen Epilepsie eingesetzt wird.

Bedeutung der Anfallserfassung

Voinescu et al. fanden keine Assoziation zwischen den von Frauen berichteten katamenialen Mustern und den prospektiv erhobenen Daten, was sich hinsichtlich der korrekten Anfallserfassung mit anderen Untersuchungen deckt. Alshakhouri et al. benennen ebenfalls die Probleme bei der subjektiven Anfallserfassung und folgern daraus, dass ein objektiver Biomarker für das Vorliegen katamenialer Epilepsien wünschenswert sei.

Einflüsse der Antiepileptika auf den endokrinen Stoffwechsel

Enzyminduzierende Antiepileptika wie Phenytoin, Phenobarbital und Carbamazepin können den Spiegel von luteinisierendem Hormon und Estradiol senken sowie SHBG und Prolaktin erhöhen. Dies kann die Serumkonzentrationen der freien, wirksamen Sexualsteroide senken.

Polyzystisches-Ovar-Syndrom (PCOS)

Das PCOS tritt bei Epilepsiepatientinnen häufiger auf als in der Normalbevölkerung. Eine Valproat-Therapie wird mit der Entwicklung eines PCOS in Verbindung gebracht, insbesondere bei Frauen, die vor dem 20. Lebensjahr mit der Therapie begonnen haben. Valproat kann zu einer Erhöhung der Testosteronspiegel führen und Gewichtszunahme verursachen.

Fertilität

Störungen der Fortpflanzungsfähigkeit sind bei Patientinnen mit Epilepsie häufiger. Amenorrhoen und Zyklusstörungen treten häufig auf. Die genauen Pathomechanismen sind unvollständig geklärt, aber sowohl Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Achse als auch die Einflüsse der Antiepileptika auf den Steroidhormonstoffwechsel spielen eine Rolle.

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Kontrazeption bei Patientinnen mit Epilepsie

Orale Kontrazeptiva und manche Antiepileptika beeinflussen sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit. Enzyminduzierende Antiepileptika können die Sicherheit von synthetischen kontrazeptiven Steroiden mindern. Lamotrigin senkt die Levonorgestrelspiegel.

Empfehlungen zur Kontrazeption

Frauen, die enzyminduzierende Antiepileptika benötigen, sollten sich nicht auf eine hormonelle Kontrazeption verlassen, sondern eine andere Art der Verhütung (z.B. Spirale) wählen und zusätzlich Kondome benutzen. Zur Wirksamkeit der „Pille danach“ gibt es keine ausreichenden Daten. Eine mögliche Alternative zur hormonellen Kontrazeption stellen kupferhaltige Spiralen dar.

Interaktion mit Lamotrigin

Ethylestradiolhaltige Kontrazeptiva können den Lamotriginspiegel senken. Bei klassischer Einnahme von Pillenpräparaten mit siebentägiger Pillenpause kann es zu zyklischen Wirkungsabschwächungen der antiepileptischen Therapie kommen.

Schwangerschaft und Epilepsie

Epilepsien sind ätiologisch heterogen und resultieren aus genetischen und nicht-genetischen Faktoren. Das genetische Risiko für eine Epilepsie ist nur bei sehr seltenen, monogenen Erkrankungen chromosomal definiert und genau bekannt.

Anfallsfrequenz während der Schwangerschaft

Die Anfallsfrequenz bleibt bei etwa zwei Drittel der Frauen in der Schwangerschaft unverändert, bei etwa 17 Prozent kommt es zu einer Zunahme und bei 16 Prozent zu einer Abnahme der Anfallshäufigkeit. Aus Sorge um das ungeborene Kind werden Antiepileptika oft reduziert oder abgesetzt, was eine Anfallszunahme verursachen kann.

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Einfluss von Anfällen auf Embryogenese und Fetalentwicklung

Der Einfluss von epileptischen Anfällen auf die Embryogenese oder Fetalentwicklung ist nicht gut belegt. Eine Gefährdung des Fetus ist bei länger dauernder Hypoxämie bzw. Hyperkapnie während generalisierter tonisch-klonischer Anfälle nachvollziehbar. Eine konsequente, auf die Schwangerschaft hin optimierte antiepileptische Therapie zielt daher nach wie vor auf Anfallsfreiheit der Mütter ab.

Teratogenität von Antiepileptika

Das Risiko für Nachkommen mit kongenitalen Fehlbildungen und für Aborte oder Fehlgeburten verdoppelt sich bei Frauen mit Epilepsie, die Antiepileptika einnehmen. Monotherapien haben deutlich niedrigere Risiken für Fehlbildungen als Kombinationstherapien. Valproat weist bei Tagesdosen über 1000 mg die höchste Fehlbildungsrate auf.

Empfehlungen für die Schwangerschaft

Nach den derzeitigen Empfehlungen sollte Valproat während des ersten Trimenons vermieden werden. Ist die Schwangerschaft bereits eingetreten, sind Umstellungen auf andere Medikamente nicht sinnvoll, weil sie sich typischerweise über Wochen bis Monate hinziehen.

Entwicklungsverzögerungen und kognitive Defizite

Studien zeigen eine dosisabhängige Assoziation zwischen Valproatexposition und erniedrigtem IQ der Kinder epilepsiekranker Mütter.

Folsäuresubstitution

Folsäuremangel führt in der Normalbevölkerung gehäuft zu Neuralrohrdefekten. Eine Folsäuresubstitution bei Antiepileptika-Einnahme und Kinderwunsch wird empfohlen.

Epilepsie und Menopause

Die Menopause markiert die letzte Menstruation, auf die keine weitere Regelblutung mehr folgt. Bei Frauen mit Epilepsie tritt dieser Zeitpunkt häufig deutlich vorverlegt auf. In der Perimenopause gerät das zyklische Gleichgewicht des anfallssteigernden Östrogens und des anfallsmindernden Progesterons durcheinander, was zu einer Zunahme der Anfallsaktivität führen kann.

Antiepileptika und Sexualhormone

Eine Beschleunigung oder Verzögerung der hepatischen Metabolisierung der sexuellen Steroidhormone kann die Folge einer Therapie mit Antiepileptika sein. Die Beeinflussung der hepatischen Metabolisierung ist durch einen verstärkten Abbau durch enzyminduzierende Antiepileptika begründet oder durch die enzyminhibierende Wirkung von Valproat.

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