KIDZELN bei Demenz erklären: Ein Leitfaden für intergenerative Begegnungen

Demenz ist ein wachsendes Phänomen unserer alternden Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, bereits bei den jüngsten Generationen ein Verständnis für „Anderssein“ zu schaffen und Inklusion zu leben. KIDZELN ist ein Konzept, das genau hier ansetzt und intergenerative Projekte zwischen Menschen mit Demenz und Kindern im Kindergartenalter fördert.

Was ist KIDZELN?

KIDZELN ist ein konzeptioneller Baustein zur Förderung von intergenerativen Projekten und unterstützenden Begegnungen von Menschen mit Demenz und Kindern im Kindergartenalter. Es handelt sich um eine Spielmodulreihe, die aus 10 Modulen besteht und für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren entwickelt wurde. Jedes Modul hat ein eigenes Thema, wie z.B. „Lebensreisen - Vom kleinen zum großen Haus“. Die Inhalte sind pädagogisch aufbereitet und umfassen Lieder, Bewegungsspiele, Sinneswahrnehmungen, Erzählungen, Fotos und Zeichnungen, die den Kindern das „Begreifen“ erleichtern. Eine Erinnerungskiste unterstützt die Kinder beim Festigen von Wissen.

Warum KIDZELN? Der Hintergrund des Konzepts

Die Kinder von heute sind die Gesellschaft von morgen. Im Zuge des demografischen Wandels braucht es zukünftig junge Menschen, die Interesse daran haben, mit alten Menschen zusammen zu sein und sich für sie einzusetzen. Demenz ist ein Phänomen dieses Wandels, und es wird immer wichtiger, bei den heranwachsenden Generationen den Grundstein dafür zu legen, „Anderssein“ als „Normal“ zu betrachten. Diese Haltung ist der erste Schritt zu einer gelebten Inklusion. Das bundesweite Interesse sowohl von Kinder- als auch Senioreneinrichtungen, intergenerative Projekte anzubahnen bzw. durchzuführen, nimmt in den letzten Jahren deutlich zu.

Ziele von KIDZELN

Übergeordnetes Ziel ist es, Eltern, Erziehende und andere Interessierte dabei zu unterstützen, Kinder behutsam zu begleiten, sich dem Phänomen „Demenz“ altersentsprechend und verstehbar zu nähern. Eine entsprechende Haltung gegenüber Menschen mit Demenz zu entwickeln ist essenziell, soll die „Inklusion“ dieser Menschen in unsere Gesellschaft nicht eine bloße Worthülle bleiben.

Wo und wie wird KIDZELN durchgeführt?

Die KIDZELN-Spielmodulreihe kann überall dort durchgeführt werden, wo es Gruppen, Treffen oder Vereinigungen gibt, in denen Kinder der genannten Altersgruppe zusammenkommen. In den gesamten 10 Spielmodulen wird der Blick immer wieder auf das gerichtet, was bei Menschen mit und ohne Demenz vorhanden ist. Es geht um den respektvollen Umgang mit den Menschen im Allgemeinen und den Menschen mit Demenz im Speziellen. Die Fähigkeit, Beistand zu geben, entsteht schnell, wenn Kinder erfahren, dass sie mit ihren Gefühlen und Ansichten angenommen werden. Diese frühen Erfahrungen prägen die Kinder und bereichern sie für ihr Erwachsenenleben.

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Herausforderungen im Umgang mit Demenz: "Herausforderndes Verhalten" verstehen

Ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Demenz ist das sogenannte "herausfordernde Verhalten". Dieser Begriff beschreibt Verhaltensweisen, die für das Umfeld der betroffenen Person schwierig oder belastend sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Verhaltensweisen oft Ausdruck von Überforderung, Angst oder Kommunikationsschwierigkeiten sind.

Was ist "herausforderndes Verhalten"?

Menschen mit Demenz können Verhaltensweisen zeigen, die wir als "herausfordernd" empfinden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Aggressives Verhalten: Angreifen, Schlagen, Kratzen, Haare ziehen
  • Zerstörungswut: Dinge kaputt machen
  • Rückzug: Sich zurückziehen, sich mit sich selbst beschäftigen

Warum zeigen Menschen mit Demenz "herausforderndes Verhalten"?

Menschen haben gute Gründe für ihr Verhalten. Besonders Menschen, die nicht mehr gut sprechen können, haben oft das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Wenn sie sich ärgern, überfordert fühlen oder Streit haben, können sie das schwerer mit Worten ausdrücken.

Wie reagiert man auf "herausforderndes Verhalten"?

Der erste Schritt ist, sich mit Informationen zum Thema auseinanderzusetzen. Es ist entscheidend, zu beobachten und sich Notizen zu machen, ob es bestimmte Ereignisse oder Situationen gibt, die das Verhalten auslösen. Dieses Wissen ist für alle weiteren Schritte hilfreich.

Wichtig: Sie sind nicht allein! Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige von Menschen mit Demenz.

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Entspannungsrunden mit Senioren gestalten: Gänseblümchen als Schlüssel zur Erinnerung

Eine weitere Möglichkeit, Menschen mit Demenz zu erreichen und zu aktivieren, sind Entspannungsrunden. Hierbei können beispielsweise Gänseblümchen als Anknüpfungspunkt dienen, um Erinnerungen zu wecken und positive Gefühle hervorzurufen.

Vorbereitung der Entspannungsrunde

  • Raumgestaltung: Wählen Sie einen ruhigen Raum mit möglichst wenigen Störgeräuschen.
  • Materialien: Bereiten Sie Gänseblümchen (frisch oder als Bild) und eventuell weitere Materialien vor, die mit dem Thema in Verbindung stehen.
  • Musik: Wählen Sie beruhigende Entspannungsmusik.

Durchführung der Entspannungsrunde

  1. Begrüßung: Begrüßen Sie die Senioren und laden Sie sie ein, mit Ihnen gedanklich eine Reise an einen ruhigen Ort zu machen.
  2. Materialvorstellung: Lassen Sie die Senioren erzählen, was sie auf dem Tisch sehen oder beschreiben Sie die Materialien, falls dies nicht mehr möglich ist.
  3. Gesprächsrunde: Starten Sie eine kurze Gesprächsrunde rund um die Gänseblümchen. Welche Erinnerungen werden bei den Senioren geweckt?
    • Welche Erinnerungen haben Sie an Gänseblümchen?
    • Wie hat sich das früher als Kind angefühlt, wenn Sie Gänseblümchen auf einer Wiese entdeckt haben?
    • Haben Sie früher auch die Blütenblätter der Gänseblümchen abgezupft, um etwas abzuzählen?
    • Haben Sie als Kind, Eltern oder Großeltern Blumenkränze mit Gänseblümchen gestaltet?
    • Können Sie sich noch an das Gefühl erinnern, das Sie mit dieser Tätigkeit verbunden haben?
  4. Wahrnehmungsübungen: Wählen Sie eine oder mehrere Wahrnehmungsübungen aus, die zu den Ressourcen der teilnehmenden Senioren passen.
    • Fragen Sie die Senioren, an was sie das Gesehene oder Gespürte erinnert und ob das Gespürte sich angenehm oder unangenehm anfühlt.
    • Welche Art der Berührung mögen die Mitmachenden? Welcher Kontakt fühlt sich gut an?
  5. Motorik und Kreativität: Schließen Sie ausgewählte Übungen rund um die Motorik und Kreativität an.
  6. Entspannungsgeschichte: Lesen Sie eine Entspannungsgeschichte vor, in der die Senioren gedanklich auf eine Wiese mit Gänseblümchen reisen.
  7. Abschluss: Verabschieden Sie sich von den Senioren.

Weihnachtszeit mit Demenz: Ideen für eine stimmungsvolle Adventszeit

Auch die Weihnachtszeit kann für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen eine besondere Herausforderung darstellen. Durch den Verlust von Erinnerungen und des Zeitgefühls kann es schwierig sein, die festliche Stimmung zu erfassen und zu genießen. Die AFi-KiDS (Namen der Kinder) haben einige Ideen entwickelt, um ihrer an Alzheimer erkrankten Oma Gisela die Weihnachtszeit näherzubringen.

Ideen für eine stimmungsvolle Adventszeit

  • Schneeball-Lichterkette: Eine Schneeball-Lichterkette sorgt für eine gemütliche Atmosphäre und hilft, den Lieblingsplatz in der Wohnung zu finden.
  • Adventskalender: Ein selbstgebastelter Adventskalender hilft, die Tage bis Weihnachten herunterzuzählen.
  • Zeit schenken: Geschichten und Märchen vorlesen, die Oma Gisela früher ihren Kindern vorgelesen hat.
  • Weihnachtsduft: Einen köstlichen Kinderpunsch zubereiten, dessen Duft Erinnerungen an vergangene Weihnachtsfeste weckt.
  • Eisblumen basteln: Selbstgebastelte Eisblumen schmücken das Zuhause und erinnern an die kalte Jahreszeit.
  • Erinnerungen sammeln: Tannennadeln in einer Schatulle sammeln und mit schönen Erinnerungen verbinden.
  • Sternsinger: Als Sternsinger verkleiden und Seniorenwohnheime besuchen, um Lieder zu singen und die Heime zu segnen.
  • Liebe zeigen: Ein großes Bild mit vielen Herzen malen und eine „Umarmung“ aus Pappe basteln.
  • Ausmalbilder für Erwachsene: Ausmalbilder mit Motiven aus den 1930er bis 1950er Jahren regen die Erinnerung an die Jugendzeit an.

Weitere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen: Polyneuropathie und Restless Legs Syndrom

Es ist wichtig zu beachten, dass Kribbeln, Taubheitsgefühle und Schmerzen in den Extremitäten auch Symptome anderer Erkrankungen sein können, wie z.B. Polyneuropathie oder Restless Legs Syndrom (RLS).

Polyneuropathie

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, bei der mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen geschädigt sind. Dadurch werden Reize zwischen Nerven, Rückenmark und Gehirn nicht mehr richtig weitergeleitet.

Symptome:

  • Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühle oder Kribbeln
  • Vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden
  • Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe
  • Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktes Schwitzen

Ursachen:

  • Diabetes
  • Alkoholabhängigkeit
  • Vitaminmangel
  • Autoimmunerkrankungen
  • Einnahme bestimmter Medikamente
  • Kontakt mit giftigen Substanzen
  • HIV-Infektionen
  • Krebserkrankungen
  • Hormonelles Ungleichgewicht
  • Erbliche Veranlagung

Behandlung:

  • Behandlung der Grunderkrankung
  • Schmerztherapie
  • Physio- oder Ergotherapie
  • Orthesen

Restless Legs Syndrom (RLS)

Das Restless Legs Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, die durch einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang der Beine gekennzeichnet ist, der mit unangenehmen Missempfindungen einhergeht.

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Symptome:

  • Bewegungsdrang der Gliedmaßen (Beine/Arme), verbunden mit unangenehmen Missempfindungen
  • Verschlechterung der Beschwerden bei Ruhe (Liegen und Sitzen)
  • Teilweise oder vollständige Besserung durch Bewegung (Laufen oder Dehnen)
  • Die Symptome sind abends oder nachts deutlich ausgeprägter

Ursachen:

  • Gestörter Eisenstoffwechsel im Gehirn
  • Mangel am Botenstoff Dopamin im Gehirn
  • Genetische Belastung
  • Schwangerschaft

Behandlung:

  • Medikamentöse Behandlung mit Dopaminagonisten, Opioiden oder Medikamenten zur Behandlung von neuropathischen Beschwerden
  • Einhaltung einer guten Schlafhygiene
  • Physikalische Maßnahmen wie Massage, kühlende Gele oder Bäder
  • Regelmäßige moderate körperliche Aktivität
  • Selbsthilfegruppen

Sprachentwicklung bei Kindern: Ein Überblick

Die Sprachentwicklung ist ein komplexer Prozess, der bereits im Säuglingsalter beginnt und sich über mehrere Jahre erstreckt. Sie umfasst sowohl die Sprechentwicklung als auch den Erwerb von Grammatik und Wortschatz.

Meilensteine der Sprachentwicklung

  • Geburt bis 1. Monat: Schreien als Kommunikationsmittel
  • 2. Monat: Gurren, erste Vokale
  • 3. Monat: Lächeln als Reaktion auf Ansprache
  • 4. Monat: Brabbeln, erste Silben
  • 6. Monat: Silbenketten (z.B. "mamama", "dadada")
  • 9. Monat: Verstehen einfacher Wörter und Gesten
  • 12. Monat: Erste Wörter (z.B. "Mama", "Papa")
  • 18. Monat: Wortschatz von ca. 50 Wörtern, Zweiwortsätze
  • 2. Lebensjahr: Wortschatzexplosion, einfache Sätze
  • 3. Lebensjahr: Längere Sätze, Fragen stellen
  • 4. Lebensjahr: Komplexe Sätze, Geschichten erzählen
  • 5. Lebensjahr: Weitgehend korrekte Grammatik, differenzierter Wortschatz

Mehrsprachigkeit

Mehrsprachigkeit ist nicht hinderlich, sondern förderlich für die kognitive Entwicklung. Die mehrsprachige Sprachentwicklung verläuft sehr unterschiedlich und wird von vielen Faktoren beeinflusst.

Sprechentwicklung

Die Sprechentwicklung umfasst die Entwicklung der Mundmuskulatur und die Koordination von Atmung und Stimmgebung.

Schriftspracherwerb

Der Schriftspracherwerb ist ein Entwicklungs- und Lernprozess, der in verschiedenen Stufen verläuft:

  • Vorschulische Phase: Erkennen von Logos
  • Alphabetische Phase: Verstehen des Zusammenhangs zwischen Laut und Buchstabe
  • Orthographische Phase: Beachten von Regeln
  • Morphematische Phase: Erkennen der Struktur der Wörter
  • Wortübergreifende Phase: Erlernen der Regeln der Grammatik

KIDZELN: Eine Investition in die Zukunft

KIDZELN ist mehr als nur ein Spielprojekt. Es ist eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Indem wir bereits bei den jüngsten Generationen ein Verständnis für Demenz und ein wertschätzendes Miteinander fördern, legen wir den Grundstein für eine inklusive Gesellschaft, in der Menschen mit Demenz ein würdevolles und erfülltes Leben führen können.

Wo bekomme ich das Konzept? Wie ist es veröffentlicht? Wo finden Schulungen statt?

Das Konzept mit allen Materialien ist als digitale Version (CD) bzw. auf einem USB-Stick veröffentlicht, kann käuflich erworben werden und steht somit einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Wer als KIDZELN-Multiplikator*in tätig sein möchte, kann an einer 4-tägigen Schulung mit Abschlusszertifikat teilnehmen. Die Schulungen werden bundesweit angeboten. Besonders erfreulich ist die Entwicklung, dass durch das KIDZELN-Konzept vermehrt intergenerative Projekte zwischen Kindereinrichtungen und Senioreneinrichtungen initiiert und intensiviert wurden.

Was wird zum Thema KIDZELN angeboten?

Wir sehen es als wichtige Aufgabe an, den Bekanntheitsgrad zum KIDZELN-Projekt in Form von Informationsveranstaltungen, Vorträgen, Workshops, Publikationen, Internetpräsenz des Projektes und kontinuierlicher Verteilung von Projektinformationsmaterialien weiter voranzutreiben. Die Materialien des Konzepts werden stetig überarbeitet und angepasst. Schulungen für Multiplikator*innen werden auf Anfrage angeboten und durchgeführt.

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