Oftmals werden die Begriffe Knochenmark und Rückenmark verwechselt, obwohl sie unterschiedliche Strukturen und Funktionen im Körper haben. Dieser Artikel soll die Unterschiede zwischen Knochenmark und Rückenmark verständlich erklären und Missverständnisse ausräumen.
Was ist Knochenmark?
Das Knochenmark (Medulla ossium) ist ein schwammartiges Gewebe, das sich in den Hohlräumen vieler Knochen befindet. Es ist ab dem Ende des vierten Embryonalmonats für die Blutbildung zuständig. Beim Neugeborenen befindet sich Knochenmark noch in den Markhöhlen fast aller Knochen. Beim Erwachsenen ist es jedoch nur noch in den Rippen, dem Brustbein, den Schädelknochen, den Wirbelkörpern, den Schlüsselbeinen, dem Becken sowie den stammwärts gerichteten Enden der Oberschenkel- und Oberarmknochen vorhanden. Im Beckenknochen ist das Knochenmark nur durch eine relativ dünne Knochenschicht von der Haut getrennt.
Ein erwachsener Mensch verfügt durchschnittlich über rund 2600 g Knochenmark, was etwa 4,6 % des Körpergewichts entspricht. Man unterscheidet zwischen rotem und gelbem Knochenmark. Das rote Knochenmark ist für die Blutbildung zuständig.
Aufgaben des Knochenmarks
Die Hauptaufgabe des Knochenmarks ist die Blutbildung, auch Hämatopoese genannt. Hier werden aus Blutstammzellen die verschiedenen Blutzellen gebildet:
- Rote Blutkörperchen (Erythrozyten): Sie transportieren Sauerstoff von der Lunge in die Organe und Gewebe des Körpers. Bei Sauerstoffmangel im Körper wird die Bildung von Erythrozyten angeregt. Die Erythrozyten haben eine Lebensdauer von ca. 120 Tagen.
- Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): Sie sind Teil des Immunsystems und dienen der Abwehr von Infektionen. Es gibt verschiedene Untergruppen von Leukozyten, darunter Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten. Die Granulozyten sind wesentlich für die Abwehr von Infektionen, insbesondere von Bakterien und Pilzen. Die Lymphozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Virusinfektionen und der Unterscheidung zwischen fremden und eigenen Körperzellen. Monozyten wandern in die Gewebe und nehmen dort als „Fresszellen“ Krankheitserreger, Fremdkörper und abgestorbene Zellen auf und beseitigen sie.
- Blutplättchen (Thrombozyten): Sie sind für die Blutgerinnung und somit für die Blutstillung verantwortlich. Die Thrombozyten sorgen dafür, dass bei einer Verletzung die Wände der Blutgefäße innerhalb kürzester Zeit abgedichtet werden und somit die Blutung zum Stillstand kommt. Sie haben eine Lebensspanne von drei bis zehn Tagen.
Pro Tag werden im Knochenmark etwa 200 Milliarden neue Blutzellen gebildet.
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Erkrankungen des Knochenmarks
Zu den häufigsten Erkrankungen des Knochenmarks zählen die verschiedenen Formen der Leukämie (Blutkrebs). Diese entstehen, wenn es zu einer vermehrten Bildung von nicht funktionsfähigen Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen kommt. Da diese sich im Knochenmark ausbreiten, wird allmählich die gesunde Blutbildung verdrängt. Durch den Mangel an gesunden Blutzellen kommt es zu einer Anämie und einem stark geschädigten Immunsystem. Unbehandelt führen die akuten Formen der Leukämie innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod.
Die Behandlung umfasst in der Regel eine Chemotherapie sowie eine Stammzelltransplantation. Da eigene Stammzellen bei Leukämie-Patienten meist nicht in Frage kommen, sind die Ärzte auf die Stammzellen eines passenden Spenders angewiesen. Die Chancen, diesen innerhalb der Familie zu finden, liegen bei ca. 30 Prozent.
Stammzellspende
Bei einer Stammzellspende werden gesunde Blutstammzellen eines Spenders auf einen Patienten übertragen, dessen Knochenmarkfunktion gestört ist. Dies kann beispielsweise aufgrund einer Leukämie oder einer anderen schweren Bluterkrankung der Fall sein.
Es gibt zwei Möglichkeiten der Stammzellentnahme:
- Periphere Blutstammzellspende: Hierbei werden die Stammzellen aus dem peripheren Blut des Spenders gewonnen. Dafür muss die Anzahl der Stammzellen im Blut zuvor durch die Gabe eines Wachstumsfaktors (G-CSF) erhöht werden. Die Entnahme erfolgt dann über ein spezielles Verfahren, die Stammzellapherese, bei der das Blut des Spenders durch einen Zellseparator geleitet und die Stammzellen herausgefiltert werden.
- Knochenmarkspende: Hierbei wird Knochenmark durch Punktion des Beckenkamms entnommen. Dieser Eingriff erfolgt unter Vollnarkose.
Die periphere Blutstammzellspende ist inzwischen die Standard-Entnahmetechnik.
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Was ist das Rückenmark?
Das Rückenmark ist ein Teil des zentralen Nervensystems und befindet sich im Wirbelkanal der Wirbelsäule. Es ist eine etwa bleistiftdicke Struktur, die vom Gehirn bis zum unteren Rücken reicht.
Aufgaben des Rückenmarks
Das Rückenmark dient als Verbindung zwischen Gehirn und peripherem Nervensystem. Es leitet Nervenimpulse vom Gehirn zu den Muskeln und Organen und umgekehrt. Dadurch ermöglicht es willkürliche Bewegungen, die Wahrnehmung von Sinnesreizen und die Steuerung von Körperfunktionen.
Das Rückenmark ist auch an Reflexen beteiligt. Reflexe sind automatische Reaktionen auf bestimmte Reize, die ohne Beteiligung des Gehirns ablaufen. Ein Beispiel hierfür ist der Kniesehnenreflex.
Erkrankungen des Rückenmarks
Erkrankungen des Rückenmarks können zu vielfältigen neurologischen Ausfällen führen, wie z.B. Lähmungen, Sensibilitätsstörungen oder Störungen der Blasen- und Darmfunktion. Ursachen für Rückenmarkserkrankungen können Verletzungen, Entzündungen, Tumore oder degenerative Prozesse sein.
Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick
| Merkmal | Knochenmark | Rückenmark |
|---|---|---|
| Lage | In den Hohlräumen der Knochen (Rippen, Brustbein, Schädelknochen, Wirbelkörper, Schlüsselbeine, Becken, Enden der Oberschenkel- und Oberarmknochen) | Im Wirbelkanal der Wirbelsäule |
| Funktion | Blutbildung (Produktion von roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen und Blutplättchen) | Verbindung zwischen Gehirn und peripherem Nervensystem, Weiterleitung von Nervenimpulsen, Reflexe |
| Zelltypen | Blutstammzellen, Vorläuferzellen der Blutzellen, Fettzellen | Nervenzellen, Gliazellen |
| Erkrankungen | Leukämie, andere Bluterkrankungen | Verletzungen, Entzündungen, Tumore, degenerative Prozesse |
| Transplantation | Stammzelltransplantation zur Behandlung von Bluterkrankungen | Keine Transplantation möglich |
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