Das Kompetenzzentrum Demenz in Kiel spielt eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Versorgung und Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in Schleswig-Holstein. Als Projekt der Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e.V. / Selbsthilfe Demenz, gefördert durch das Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein und den Spitzenverband der Pflegekassen, verfolgt es ambitionierte Ziele im Rahmen des Demenzplans Schleswig-Holsteins.
Ziele und Aufgaben des Kompetenzzentrums Demenz
Die Hauptaufgabe des Kompetenzzentrums Demenz ist die Ausweitung, Verbesserung und qualitätsgesicherte Erhaltung der Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz in Schleswig-Holstein. Dabei werden Lücken in der Versorgung erkannt und geschlossen, indem übergreifende koordinierende Aufgaben gebündelt werden. Die bestehenden regionalen Hilfsangebote werden durch Information, Beratung und Qualifizierung fachlich unterstützt.
Konkrete Ziele und Aufgaben umfassen:
- Umsetzung des Demenzplans Schleswig-Holsteins: Der Demenzplan, der in einem partizipativen Prozess mit Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten entwickelt wurde, dient als Grundlage für die Arbeit des Kompetenzzentrums. Er enthält rund 80 Empfehlungen zur Umsetzung einer landesweiten Demenzstrategie.
- Förderung von regionalen Netzwerken: Das Kompetenzzentrum fördert die Vernetzung relevanter Akteure in den Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins. Seit 2022 können pro Kreis oder kreisfreier Stadt zwei regionale Netzwerke (bzw. bis zu vier bei Städten ab 500.000 Einwohnern) mit bis zu 25.000 Euro pro Jahr gefördert werden. Die Fördermittel dienen der Deckung von Personal- und Sachkosten sowie Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit.
- Aufbau demenzfreundlicher Strukturen und Netzwerke: Durch Schulungen von Polizei, Feuerwehr, Banken, Krankenhäusern, Bibliotheken und anderen Institutionen sollen demenzfreundliche Strukturen geschaffen werden.
- Qualifizierungsangebote: Das Kompetenzzentrum bietet Fortbildungen für Pflege- und Betreuungskräfte, Ehrenamtliche, Nachbarschaftshelfer und pflegende Angehörige an.
- Öffentlichkeitsarbeit: Durch die Erstellung von Demenzwegweisern, Infobroschüren und die Durchführung von Informationsveranstaltungen wird die Öffentlichkeit über Demenz informiert und sensibilisiert.
- Projektarbeit: Das Kompetenzzentrum initiiert und begleitet Projekte wie Mustergärten, Museumsbesuche und Bauernhofbesuche, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten sind.
Vernetzung und Kooperation
Ein zentrales Anliegen des Kompetenzzentrums ist die Vernetzung der in Schleswig-Holstein beteiligten Akteure. Neben ambulanten Pflegediensten und stationären Pflegeeinrichtungen werden niedergelassene Ärzte, Betreuer, Sozialarbeiter und ehrenamtliche Helfer eingebunden. Auch Institutionen wie Krankenhäuser, Polizei und Feuerwehr sollen Teil des Netzwerkes werden.
Bildungsangebote und Projekte
Das Kompetenzzentrum Demenz bietet vielfältige Bildungsangebote an, darunter Fortbildungen, Beratungen und Prozessbegleitung. Zudem werden einzelne Projekte rund um das Thema Demenz durchgeführt, wie beispielsweise das Projekt „Musterwohnung nicht nur für Menschen mit Demenz“.
Demenz: Eine Herausforderung für die Gesellschaft
In Deutschland sind nach aktuellen Berechnungen rund 1,8 Millionen Menschen an einer Demenz erkrankt. Mit dem demographischen Wandel und der damit einhergehenden Alterung der Gesellschaft steigt auch der Anteil der Demenzerkrankungen. Die Hauptursache für eine dementielle Erkrankung ist das Alter, sodass sich mit den steigenden Altersgruppen der Anteil an dementiell erkrankten Personen erhöht. Im Jahr 2023 sind ca. 445.000 Menschen im Alter 65+ neu an einer Demenz erkrankt.
Lesen Sie auch: Demenzhilfe in Forchheim: Ein Überblick
Demenzerkrankungen, unter denen die Alzheimer Krankheit die häufigste ist, sind gekennzeichnet durch eine zunehmende Hilflosigkeit im Alltagsleben. Demenzen beginnen mit leichter Vergesslichkeit, räumlichen und zeitlichen Orientierungsstörungen sowie verminderter Entscheidungsfähigkeit. Dadurch können sich Verhalten und Empfinden ändern. Im weiteren Verlauf nehmen die Störungen zu. Diese Veränderungen führen zu Verunsicherung und Angst, manchmal auch zu Aggressionen.
Der größte Teil der Menschen mit Demenz wird von Familienangehörigen zu Hause begleitet bzw. gepflegt. Gerade für Menschen mit Demenz ist es wichtig, in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Im frühen bis mittleren Stadium ist das grundsätzlich auch möglich.
Formen der Demenz
Es gibt verschiedene Formen von Demenz, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden:
- Alzheimer-Krankheit: Die Alzheimer-Krankheit ist eine hirnorganische Krankheit. Sie führt zu einem Abbau der Nervenzellen im Gehirn und dadurch auch zu zunehmenden Einschränkungen der Fähigkeiten der Erkrankten. Der größte Risikofaktor für die Entwicklung einer Alzheimer-Krankheit ist das Alter. Je älter man wird, umso größer ist auch das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Die meisten Betroffenen sind älter als 80 Jahre, nur in seltenen Fällen beginnt die Krankheit vor dem 65. Lebensjahr. Kennzeichnend für die Erkrankung ist der langsam fortschreitende Untergang von Nervenzellen und Nervenzellkontakten. Zum Krankheitsbild gehören Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Diese Störungen sind bei den Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt und nehmen im Verlauf der Erkrankung zu.
- Vaskuläre Demenz: Bei vaskulären Demenzen kommt es in Folge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zu einem Absterben von Nervenzellen. Die häufigste Variante der vaskulären Demenz wird durch eine Wandverdickung in kleinen Blutgefäßen hervorgerufen, welche die tiefen Strukturen des Gehirns mit Blut versorgen. Bluthochdruck ist der wichtigste Risikofaktor. Der Beginn der vaskulären Demenz ist oft schleichend, das Fortschreiten allmählich - also schwer von der Alzheimer-Krankheit zu unterscheiden. Allerdings sind die Symptome anders. Eine seltenere Form der vaskulären Demenz ist die Multi-Infarkt-Demenz, bei der das Gehirn durch viele kleine Schlaganfälle geschädigt wird. Die Multi-Infarkt-Demenz beginnt meist plötzlich und schreitet in der Regel stufenweise fort. Risikofaktoren sind u.a.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Die Lewy-Körperchen-Demenz ähnelt der Alzheimer-Krankheit sehr stark, wodurch sie schwer voneinander zu unterscheiden sind.
- Frontotemporale Demenz (FTD): Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Krankheit, bei der Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich (= frontaler und temporaler Lappen) des Gehirns absterben. Frontotemporale Demenzen beginnen normalerweise früher als die Alzheimer-Krankheit, durchschnittlich zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Die jüngsten Betroffenen erkranken im dritten Lebensjahrzehnt, manche aber auch erst im fortgeschrittenen Alter. Bei fast allen Erkrankten fallen zu Beginn Veränderungen der Persönlichkeit und des zwischenmenschlichen Verhaltens auf. Dazu zählen insbesondere Teilnahmslosigkeit, aber auch Reizbarkeit, Taktlosigkeit und Enthemmung. Bei manchen Patienten zeigen sich ausgeprägte Sprachstörungen vor allem im Sinne von Wortfindungsstörungen und Benennungsstörungen.
- Parkinson-Demenz: Das Hauptsymptom der Parkinson-Krankheit besteht in einer chronischen Verlangsamung aller Bewegungsabläufe, einer Unfähigkeit neue Bewegungen zu initiieren und einer Störung der Feinmotorik (sogenannte Hypokinese). Obwohl bei den Patienten keine wirklichen Lähmungen vorliegen, kann die Bewegungsstörung so schwere Ausmaße annehmen, dass die Betroffenen völlig bewegungslos und starr erscheinen (sogenannte Akinese). Bei vielen Kranken tritt darüber hinaus in Ruhe ein charakteristisches Zittern (sogenannter „Pillendreher“-Tremor) und bei der neurologischen Untersuchung eine typische Steifigkeit der Arme und Beine (sogenannter Rigor) in Erscheinung. Das gleichzeitige Auftreten der Symptome Hypo-/Akinese, Tremor und Rigor wird als Parkinson-Syndrom bezeichnet. Ein Parkinson-Syndrom kann jedoch auch durch andere Ursachen ausgelöst werden. Hierzu zählen z.B. Durchblutungsstörungen/Schlaganfälle in der Tiefe des Gehirns oder aber Nebenwirkungen bestimmter Medikamente (insbesondere Neuroleptika). Der Morbus Parkinson verläuft langsam schleichend über viele Jahre. In den Anfangsstadien sind die meisten Patienten geistig klar und voll orientiert. Aufgrund der motorischen Einschränkungen (starre Mimik) und der allgemeinen Verlangsamung wirken manche Patienten bei oberflächlicher Betrachtung geistig eingeschränkt, was jedoch vielfach in deutlichem Gegensatz zu einem wachen und aufmerksamen Verstand stehen kann. Gleichwohl kann sich bei ca. Die Behandlung des Morbus Parkinson erfolgt symptomatisch mit Medikamenten, die spezifisch gegen die Akinese und den Tremor wirken. In ausgewählten Fällen kann eine elektrische Hirnstimulation Erleichterung bringen. Begleitende Krankengymnastik ist unverzichtbar.
Angebote und Unterstützung in Kiel
Neben den Angeboten des Kompetenzzentrums Demenz gibt es in Kiel und Umgebung weitere Anlaufstellen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen:
- Alltagsbegleitgruppe der AWO Beratungsstelle Demenz und Pflege zusammen mit der Alzheimer Gesellschaft Kiel e.V.: In entspannter Atmosphäre treffen sich Menschen mit Demenz zum Spielen, Basteln, Singen und all den Dingen, die Freude bereiten. Die Gruppe wird von einer Fachkraft begleitet und gemeinsam mit geschulten Ehrenamtlichen gestaltet.
- Ort: AWO anna Gaarden, Preetzer Str.
- Termine: jeweils 2. Montag im Monat von 15.00 bis 17.00 Uhr.
- Alzheimer Gesellschaft Kiel e.V.: Bietet eine Vortragsreihe für Menschen mit Demenz, deren Angehörige, ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer und alle Interessierten an.
- Ort: anna Gaarden, Preetzer Str. 35, 24143 Kiel
- Termine: an jedem 1. Mittwoch im Monat von 17.00 bis 18.30 Uhr
- Leitung: Christiane Berndt
- Kosten: 10,- Euro pro Abend (i. d. R. von den Pflegekassen erstattet)
- Gruppe Gneisenaustraße: Ein Angebot für Menschen, die - unabhängig vom Lebensalter - am Anfang einer Demenzerkrankung stehen. In dieser Gruppe können sich Menschen mit Demenz mit anderen Betroffenen über alles austauschen, was ihnen durch den Kopf geht oder auf dem Herzen liegt. Zusätzlich bietet die Gruppenmoderatorin Informationen zum Thema Demenz.
- Treffen: regelmäßig am dritten Montag im Monat um 14.00 Uhr (ca.
- Holzwerkstatt, Hof Akkerboom: Holzwerkstatt für junge oder frühbetroffene Menschen mit Demenz, mittwochs, 10.00 - 13.00 Uhr Holzbearbeitung in der Werkstatt mit qualifizierter 1:1 Begleitung, mittwochs, 15.00 - 18.00 Uhr
- Kreativwerkstatt, Hof Akkerboom: Es wird mit Ton, Speckstein, Papier, Pappmache u.ä.m. gearbeitet.
- Treffpunkt Demenz - jeden 2.
Wissenschaftliche Begleitforschung
Die Arbeit des Kompetenzzentrums Demenz wird wissenschaftlich begleitet. Ziel der Begleitforschung ist es, das Kompetenzzentrum Demenz darin zu begleiten und zu unterstützen, die Beratungs- und Hilfeangebote zum Thema Demenz in Schleswig-Holstein zu erfassen und zu analysieren, um mögliche Lücken in der Versorgung Demenzerkrankter und ihrer Angehörigen aufzudecken und zu schließen. Zweitens werden die Angebote des Kompetenzzentrums Demenz in Norderstedt fortlaufend über den Projektzeitraum von fünf Jahren durch verschiedene, eigens entwickelte Evaluationsinstrumente mit den Zielen der Überprüfung von Zielvereinbarungen und Qualitätssicherung ausgewertet.
Lesen Sie auch: Kompetenzzentren Demenz im Überblick
Lesen Sie auch: Unterstützung für Demenzkranke und Angehörige (Potsdam)
tags: #kompetenzzentrum #demenz #kiel #informationen