Die Parkinson-Krankheit, auch bekannt als Parkinson-Syndrom, ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, von der in Deutschland aktuell mehr als 400.000 Menschen betroffen sind. Sie ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach Demenz. Die Erkrankung verläuft bei jedem anders und ist nicht heilbar. Sie ist durch einen Mangel an Dopamin in den Kerngebieten des Gehirns verursacht. Diese Dopamin-Unterversorgung führt zu charakteristischen Bewegungsstörungen und anderen Symptomen. Parkinson kann primär als Morbus Parkinson auftreten oder sekundär als Folge anderer Hirnerkrankungen wie chronischer Durchblutungsstörungen, Entzündungen oder gelegentlich als Nebenwirkung von Medikamenten. Viele Alltagstätigkeiten sind durch Symptome wie verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), Bewegungslosigkeit (Akinese), steife Muskeln (Rigor), Muskelzittern in Ruhe (Parkinson-Tremor) und mangelnde Stabilität bei aufrechter Körperhaltung (posturale Instabilität) erschwert.
Ziel der Parkinson-Komplexbehandlung ist eine Verbesserung der Beweglichkeit, aber auch die Linderung von Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen oder autonomen Funktionsstörungen (wie z. B. Schwindel, Blasenentleerungsstörung etc.).
Multimodale Parkinson-Komplextherapie: Ein umfassender Ansatz
Die multimodale Parkinson Komplextherapie kombiniert akutmedizinische Therapieansätze mit Methoden aus der Rehabilitation. In der multimodalen Parkinson Komplextherapie kombinieren die Experten akutmedizinische Therapieansätze mit Methoden aus der Rehabilitation. Die Multimodale Parkinson Komplextherapie wird von den meisten Krankenkassen getragen.
Die Multimodale Komplexbehandlung bei Morbus Parkinson verbindet eine medikamentöse Therapie mit Elementen aus Physiotherapie und Physikalischer Therapie, Sport- und Ergotherapie, Neuropsychologie und Logopädie. Unter fachärztlicher Leitung werden verschiedene therapeutische Bereiche integriert, wodurch eine intensive und ganzheitliche Behandlung erfolgen kann. Dabei werden die diagnostischen und medikamentös-therapeutischen Möglichkeiten eines Akutkrankenhauses mit einem intensiven nichtmedikamentösen Behandlungskonzept verbunden.
Individualisierte Therapiekonzepte
Gemeinsam mit dem Patienten entwickelt man zunächst ein individuelles Therapiekonzept. Der Therapieplan wird immer individuell zusammengestellt und richtet sich nach den Bedürfnissen des einzelnen Patienten und nach dem Schweregrad bzw. dem Stadium der Erkrankung. Die Patienten formulieren ihre individuellen Beeinträchtigungen. Bei kognitiven Einschränkungen erfolgt dies durch ihre Angehörigen. Anschließend erfolgt ein gemeinsames Erarbeiten und die Festlegung der persönlichen Therapieschwerpunkte und -ziele.
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Die drei Säulen der Therapie
Die Therapie der Parkinson-Syndrome basiert auf drei Säulen:
- Medikamentöse Therapie: Wesentlich bei der medikamentösen Parkinson-Therapie ist die Gabe des Botenstoffs Dopamin in einer Form und festen Kombination, die auch im Gehirn ankommt und dort wirkt oder Medikamente die wie Dopamin wirken, die sog. Dopaminagonisten. Zunächst wird die aktuelle Medikation des Patienten durch einen neurologischen Facharzt überprüft und, wenn nötig, angepasst. Zum Einsatz kommen Medikamente, die den Mangel an Dopamin in den betroffenen Nervenzellen ausgleichen. Sie werden meist in Tablettenform verabreicht und im Körper durch ein bestimmtes Enzym in Dopamin umgewandelt. Wichtig ist, dass Dopaminpräparate nicht zusammen mit Nahrung in den Magen gelangen, da sie ansonsten nicht gut aufgenommen werden. Sie werden also spätestens 30 Minuten vor den Mahlzeiten gegeben. Es gibt auch die Möglichkeit, Präparate per kontinuierlicher Infusion oder eine Pumpe zu applizieren.
- Physio- und Ergotherapie, Logopädie, neuropsychologische Betreuung und andere therapeutische Ansätze: Alltagskompetenzen, Gangsicherheit, Feinmotorik, Kommunikation, Schlucksicherheit und Schlucktraining können mit diesen nichtmedikamentösen Methoden trainiert und verbessert werden. Der Umgang mit Hilfsmitteln wird ebenfalls intensiviert geübt.
- Sozialmedizinische Betreuung: Beratung soll helfen, die Autonomie der Patient:innen zu erhalten.
Medikamentöse Therapie im Detail
Oft kann Parkinson über mehrere Jahre hinweg erfolgreich medikamentös behandelt werden. Im Rahmen der täglichen Visiten und Teambesprechungen optimieren wir die häufig in Kombination eingenommenen Parkinsonmedikamente und beraten zu Eskalationsoptionen im Sinne von Pumpentherapien (Apomorphin-Pen, kontinuierlichen subkutanen Apomorphin-Applikationen oder einer PEJ-Sonde zur L-Dopa-Infusionsbehandlung) oder für eine Evaluation für eine Tiefe Hirnstimulation.
Pumpentherapie
Die Pumpentherapie mit Apomorphin oder L-Dopa-Gel gehört, wie die tiefe Hirnstimulation, zu den intensivierten Therapieformen beim Morbus Parkinson. Die Möglichkeit ein Medikament über eine Pumpe unter die Haut zu verabreichen oder über ein dünnes Schlauchsystem direkt in den Zwölffingerdarm, sind die beiden zur Verfügung stehenden Therapieoptionen. Sie werden meist in Tablettenform verabreicht und im Körper durch ein bestimmtes Enzym in Dopamin umgewandelt. verwendet, wenn die Parkinson-Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Kanüle im Bauchbereich unter die Haut ins Fettgewebe gegeben. Medikation und gibt das Präparat dann automatisch kontinuierlich ab. gleichmäßige Wirkung gewährleistet.
Tiefe Hirnstimulation
Eine weitere Methode der Behandlung von Parkinson liegt in der tiefen Hirnstimulation nach Implantation von Elektroden in speziellen Kerngebieten des Gehirns und eines Hirnschrittmachers. Die tiefe Hirnstimulation gehört wie die Pumpentherapie zu den intensivierten Therapieformen bei fortgeschrittenem Morbus Parkinson. Die Neurorehabilitation eignet sich gut, um begleitend zu den übrigen Parkinson-Therapien die richtige Hirnschrittmacherprogrammierung zu erreichen.
Nicht-medikamentöse Therapien
Neben der medikamentösen Behandlung spielen nicht-medikamentöse Therapien eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Parkinson.
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Physiotherapie
Physiotherapie hilft bei der Verbesserung von Gleichgewicht, Körpergefühl, Beweglichkeit und Gangbild und dient der Sturzprophylaxe. Physiotherapie zur Verbesserung des Gangbildes, Sturzprophylaxe, Anti-Freezing-Training etc., z. B. in unserem Ganglabor. Hierbei liegt der besondere Fokus auf dem Gangtraining, der Gleichgewichtsübung und der Sturzprophylaxe. Insgesamt werden die posturale Stabilität und das Körpergefühl verbessert und die Fallneigung reduziert. Auch Wärmetherapie und Massagen kommen zum Einsatz.
Ergotherapie
Ergotherapie bei Störungen der Feinmotorik bzw. zur Verbesserung von Gedächtnisstörungen, z. B. Hierbei werden die Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. An- und Auskleiden, Körperpflege, feinmotorische Tätigkeiten etc.) sowie die Wahrnehmung, das Gedächtnis und der Umgang mit Hilfsmitteln geübt. Daneben gehört Ergotherapie zum Programm, unter anderem als Training der Feinmotorik und zur Verbesserung von Gedächtnisstörungen.
Logopädie
Logopädie mit Sprach- und Sprechtherapie und Schlucktherapie. Bei entsprechenden Beschwerden stehen auch logopädisches Sprachtraining und Schlucktherapie und -diagnostik auf dem Plan. Durch eine intensive Sprachtherapie können im Rahmen eines stationären Aufenthaltes Verbesserungen des Sprechtempos, der Lautstärke und der Sprachverständlichkeit erzielt werden. Daneben werden Parkinson-typische Schluckstörungen, die unter anderem mit häufigem Verschlucken und unkontroliertem Speichelfluss resultieren, behandelt.
Neuropsychologie
Die Neuropsychologie wird hinzugezogen, um mögliche kognitive Störungen zu beurteilen.
Sporttherapie
Sporttherapie an Geräten in unserer hochmodernen MTT (Medizinische Trainingstherapie) und unserem Warmwasserbewegungsbad.
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Weitere wichtige Aspekte der Komplexbehandlung
- Ernährung: Wichtig sind Informationen zu Ernährung und deren Einfluss auf Darm und Nervensystem.
- Gesprächsangebote: Ergänzt wird der stationäre Aufenthalt durch Gesprächsangebote zum Umgang mit der Erkrankung für Betroffene und Angehörige.
- Sozialdienst: In Zusammenarbeit mit unserem Sozialdienst können wir Betroffenen und Angehörigen helfen, die häusliche oder institutionelle Versorgung zu verbessern.
- Einbeziehung der Angehörigen: „Sogar Angehörige können - natürlich immer unter Berücksichtigung der Vorgaben der Pandemie-Verordnung - begleitend und unterstützend mit in die Klinik kommen”, betont Dr. Dehghani. Auf Wunsch können auch Angehörige an dem Entlassungsgespräch teilnehmen.
Ziele der Komplexbehandlung
Ziel der intensiven Therapie, die ambulant kaum umsetzbar wäre, ist die deutliche Verbesserung des Gesamtzustands und einzelner Beschwerden. Ziel der Parkinson-Komplexbehandlung ist es, sowohl die motorischen als auch die nichtmotorischen Symptome, wie gastroenterologische, sensorische, autonome oder Schlafstörungen sowie neuropsychiatrische Symptome zu lindern. So kann die Lebensqualität der Patient:innen verbessert und ihre Angehörigen entlastet werden. Unser Ziel: Die Selbstständigkeit unserer Patientinnen und Patienten erhalten. „Uns ist es ein besonderes Anliegen, unseren Patientinnen und Patienten eine fortlaufende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, in ihrem Beruf und ihrer Familie zu ermöglichen. Die Ziele der medizinischen Rehabilitation variieren je nach den individuellen Bedürfnissen der Patienten und werden individuell festgelegt. Diese Ziele umfassen die Steigerung der Lebensqualität, die Förderung der Selbstständigkeit, die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit und die Prävention der Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustands.
Nach der Intensivtherapie und Anpassung der Medikamente hatten sich die Sicherheit beim Gehen und vor allem die Stimmung der Patientin sichtbar verbessert. Die kognitiven Defizite und auch die zuvor starken Schwankungen ihres Zustands wurden gemildert.
Stationäre vs. Teilstationäre Behandlung
Die multimodale Komplexbehandlung kann sowohl stationär als auch teilstationär an.
Spezialisierte Kliniken und Netzwerke
Das SRH Kurpfalzkrankenhaus ist mit seinem breiten Angebot an diagnostischen und therapeutischen Leistungen rund um die Parkinson-Erkrankung Zentrum im bundesweiten Kompetenznetz Parkinson. In diesem Netzwerk profitieren unsere Patientinnen und Patienten von Wissenschaft und Forschung. Das Parkinsonnetz Rhein-Neckar PLUS (PNRN+) mit seinen Netzwerkteilnehmern aus Medizin, Pharmazie, Therapie, Pflege und Sozialmedizin sowie universitären Einrichtungen ist ein durch das biopharmazeutische Unternehmen AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG unterstütztes medizinisches Versorgungsnetzwerk für Patient:innen mit Parkinson-Erkrankungen in der Metropolregion Rhein-Neckar. Ziel des PNRN+ ist die Sicherung der Teilhabe betroffener Menschen durch individuelle Bedarfsermittlung und die Durchführung zielgerichteter Diagnostik und Therapie in einem multiprofessionellen Team aus Mitarbeiter:innen aller Gesundheitsberufe.
Rehabilitation bei Parkinson
Zur Rehabilitation bei Parkinson ist unter ärztlicher Leitung das Zusammenarbeiten vieler Professionen aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie, Bewegungstherapie, spezialisierte neurorehabilitative Pflege und Sozialarbeit notwendig. Dabei kommen Heilmittel zur Anwendung, die auf Verbesserung von Funktionsstörungen und Aktivitäten des täglichen Lebens hinwirken und so auch die Teilhabe von Patienten, sowohl für Beruf als auch den Alltag verbessern. Im Rahmen der neurorehabilitativen Komplextherapie werden auch notwendige Hilfsmittel erprobt, angepasst, deren Gebrauch geübt und verordnet. Zusätzlich zur körperlichen Rehabilitation gibt es weitere Bereiche, die bei der Behandlung von Parkinson-Patienten von Bedeutung sind. Dazu gehören Beratungsleistungen bzgl. Nachsorge und möglichen sozialen Leistungen sowie Gesundheitsbildungsmaßnahmen bzgl. Risiken und Lebensführung, Krankheitsverlauf und Hilfen bei der Krankheitsverarbeitung.