Der Schlaganfall, in der Veterinärmedizin auch als zerebrovaskulärer Insult bezeichnet, ist eine akute Durchblutungsstörung des Gehirns. Es resultiert in einer Unterversorgung von Hirngewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen. Anders als beim Menschen tritt der Schlaganfall bei Haustieren vergleichsweise seltener auf, stellt jedoch einen ernst zu nehmenden neurologischen Notfall dar.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall tritt auf, wenn es zu Blutungen innerhalb des Gehirnes kommt oder der Blutfluss zum Gehirn oder in Bereichen des Gehirnes durch ein Gerinnsel eingeschränkt oder aufgehoben ist.
Formen des Schlaganfalls
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Hauptformen:
- Ischämischer Schlaganfall: Ein Blutgerinnsel verstopft ein Gefäß.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Eine Blutung tritt im Gehirn auf.
Bei Hunden und Katzen überwiegt der ischämische Typ, der etwa 80 % aller Fälle ausmacht.
Ursachen für Schlaganfälle bei Katzen
Bei Hunden und Katzen ist ein Schlaganfall größtenteils die Folge einer zugrundeliegenden Erkrankung.
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Ischämischer Schlaganfall
Der ischämische Schlaganfall wird hauptsächlich durch Thromboembolien verursacht, also Blutgerinnsel, die ein Hirngefäß verstopfen. Diese können aus dem Herzen stammen, insbesondere bei Tieren mit Herzerkrankungen wie Kardiomyopathien, Herzklappenerkrankungen oder Vorhofflimmern. Auch systemische Erkrankungen wie Niereninsuffizienz, Hypertonie, Schilddrüsenüberfunktion, Cushing-Syndrom und Diabetes mellitus erhöhen das Risiko für einen Schlaganfall.
Hämorrhagischer Schlaganfall
Hämorrhagische Schlaganfälle sind seltener und treten vorwiegend infolge von Blutgerinnungsstörungen, Gefäßmissbildungen, Bluthochdruck oder Tumoren auf. Auch bestimmte Toxine und Infektionen können Blutungen im Gehirn verursachen.
Rasseprädispositionen
Rasseprädispositionen sind ebenfalls zu beobachten: Cavalier King Charles Spaniel, Greyhound und Boxer scheinen bei Hunden häufiger betroffen zu sein, während bei Katzen keine eindeutigen Rasseprädispositionen bekannt sind. Tierärzte diagnostizieren Schlaganfälle am häufigsten bei Katzen, die etwa neun Jahre alt sind. Zudem sind diese in der Regel durch eine Grunderkrankung wie Krebs oder Nierenerkrankungen vorbelastet.
Symptome eines Schlaganfalls bei Katzen
Die klinischen Anzeichen eines Schlaganfalls bei Hunden und Katzen treten typischerweise plötzlich auf und variieren je nach betroffenem Gehirnareal. Charakteristisch ist der akute Beginn ohne vorherige Warnsignale.
Zu den häufigsten Symptomen zählen:
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- Koordinationsstörungen: Sie äußern sich in Taumeln, Gleichgewichtsverlust und unsicherem Gang.
- Kopfschiefhaltung: Viele Tiere zeigen eine Kopfschiefhaltung oder Kreisbewegungen in einer Richtung.
- Lähmungserscheinungen: Sie können einseitig (Hemiparese) oder beidseitig auftreten und von leichter Schwäche bis zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit reichen.
- Veränderungen des Bewusstseinszustands: Sie reichen von leichter Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit.
- Verhaltensänderungen: Manche Tiere zeigen Verhaltensänderungen wie Desorientierung, Unruhe oder ungewöhnliche Ängstlichkeit.
- Augenbeschwerden: Sind die Pupillen ungleich groß oder bewegen sich die Augen unkontrolliert, könnte das auf einen Schlaganfall bei der Katze hinweisen.
- Bewegungsstörungen: Meist plötzlich und heftig auftretende Gleichgewichtsstörungen und Störungen in der Koordination von Bewegungen; gehen mit Kopfschiefhalten, Augenzittern mit hin und her wandernden Augäpfeln, Zwangsbewegungen, wie im Kreis wandern, einher; manche Katzen können nicht mehr gezielt hochspringen, gehen, stehen; das Bewusstsein ist meist erhalten.
Im Gegensatz zum Menschen äußern sich Schlaganfälle bei Tieren seltener durch Sprachstörungen oder hängende Gesichtszüge, da diese Symptome bei Tieren schwerer zu erkennen sind.
Diagnose eines Schlaganfalls bei Katzen
Die Diagnose eines Schlaganfalls bei Hund und Katze stellt eine Herausforderung dar und erfordert eine umfassende neurologische Untersuchung. Der Tierarzt wird zunächst eine gründliche Anamnese erheben, wobei besonders auf den plötzlichen Beginn der Symptome geachtet wird.
Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren sind für die definitive Diagnose unerlässlich.
- Magnetresonanztomografie (MRT): Gilt als Goldstandard, da sie sowohl ischämische als auch hämorrhagische Läsionen mit hoher Sensitivität darstellen kann.
- Computertomografie (CT): Ist eine Alternative, hat jedoch Einschränkungen bei der Darstellung frischer ischämischer Infarkte.
Laboruntersuchungen
Laboruntersuchungen dienen weniger der direkten Diagnose eines Schlaganfalls, sondern vielmehr dem Ausschluss anderer Erkrankungen und der Identifikation möglicher Grunderkrankungen. Ein vollständiges Blutbild, Blutchemie, Urinanalyse und Gerinnungsparameter gehören zur Standarddiagnostik. Bei Verdacht auf Herzerkrankungen als Ursache sind EKG und Echokardiografie angezeigt.
Differentialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen andere neurologische Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik ausgeschlossen werden, insbesondere das idiopathische Vestibularsyndrom, das bei älteren Hunden häufig auftritt und oft fälschlicherweise als Schlaganfall interpretiert wird. Weitere Differenzialdiagnosen umfassen Gehirntumore, Entzündungen des Zentralnervensystems, Vergiftungen und Traumata.
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Therapie eines Schlaganfalls bei Katzen
Die Behandlung eines Schlaganfalls bei Hund und Katze unterscheidet sich von der Humanmedizin. Anders als beim Menschen gibt es in der Veterinärmedizin keine etablierte Thrombolyse-Therapie zur akuten Auflösung von Gerinnseln.
Akutphase
In der Akutphase steht die Stabilisierung der Vitalfunktionen im Vordergrund. Dazu gehören die Sicherstellung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung, die Aufrechterhaltung eines angemessenen Blutdrucks und die Kontrolle des intrakraniellen Drucks. Infusionstherapie wird eingesetzt, um die Durchblutung des Gehirns zu verbessern und eine ausreichende Hydration zu gewährleisten.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach der Ursache des Schlaganfalls. Bei ischämischen Ereignissen werden häufig Thrombozytenaggregationshemmer wie niedrig dosierte Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel eingesetzt, um weitere Thromboembolien zu verhindern. Besonders wichtig ist die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankungen. Bei Herzerkrankungen wird eine entsprechende kardiologische Therapie eingeleitet.
Pflegemaßnahmen
Die Pflegemaßnahmen spielen eine entscheidende Rolle für die Genesung. Dazu gehören regelmäßiges Wenden bei bewegungsunfähigen Patienten zur Vermeidung von Druckstellen, Unterstützung bei der Nahrungs- und Wasseraufnahme sowie Hilfe beim Harn- und Kotabsatz.
Prognose und Nachsorge
Die Prognose nach einem Schlaganfall bei Hund und Katze ist individuell sehr unterschiedlich und hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend sind das Ausmaß und die Lokalisation der Hirnschädigung, die Grunderkrankung sowie das Alter und der allgemeine Gesundheitszustand des Tieres. Generell haben Tiere mit leichten bis mittelschweren neurologischen Defiziten eine günstigere Prognose.
Die ersten 24-72 Stunden nach dem Ereignis sind kritisch. Tiere, die diese Phase überleben, zeigen häufig eine spontane Verbesserung ihrer neurologischen Symptome innerhalb der ersten Wochen. Studien haben gezeigt, dass etwa 50-60 % der Hunde mit ischämischen Schlaganfällen eine gute bis sehr gute Erholung zeigen.
Nachsorge
Die Nachsorge umfasst regelmäßige neurologische Kontrolluntersuchungen, um den Heilungsverlauf zu überwachen. Je nach Grunderkrankung sind zusätzliche Kontrollen wie Blutdruckmessungen, Blutuntersuchungen oder kardiologische Untersuchungen erforderlich. Die medikamentöse Therapie zur Prävention weiterer Schlaganfälle muss konsequent fortgeführt werden.
Besonders wichtig ist die häusliche Pflege und Rehabilitation. Tierbesitzer sollten angeleitet werden, wie sie ihr Tier bei eingeschränkter Mobilität unterstützen können. Dies umfasst Hilfe beim Aufstehen und Gehen, gegebenenfalls mit Unterstützungshilfen wie Tragegurten oder speziellen Geschirren. Das Risiko für einen erneuten Schlaganfall liegt bei etwa 20-25 %, kann aber durch konsequente Behandlung der Grunderkrankung deutlich reduziert werden.
Vorbeugung
Nicht direkt. Sie können aber mit einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung dafür sorgen, dass Ihre Katze eine gesunde Basis hat. Nehmen Sie zudem regelmäßige Kontrolltermine bei Ihrem Tierarzt wahr, um Grunderkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Auch ein gutes Parasitenmanagement (z. B.
Das Vestibularsyndrom als Differentialdiagnose
Teilweise wird auch eine plötzlich auftretende Störung im Innenohr (idiopathisches/geriatrisches Vestibulärsyndrom des Hundes) fälschlicherweise als Schlaganfall bezeichnet. Das Vestibularsyndrom fühlt sich an wie die Nachwirkungen einer zu schnellen Karussellfahrt. Auch Katzen können daran erkranken. Das Vestibularorgan befindet sich im Inneren des Ohres und kontrolliert das Gleichgewicht; deshalb wird es auch Gleichgewichtsorgan genannt. Ein Vestibular-Syndrom wird oft fälschlicherweise für einen Schlaganfall gehalten. Dieser kommt aber bei Hunden und Katzen fast überhaupt nicht vor.
Symptome des Vestibularsyndroms
Die Symptome bei einer vestibulären Erkrankung treten in der Regel sehr schnell auf, was oft sehr beängstigend für die Tierhalter ist. Die Tiere zeigen typischerweise eine Kopfschiefhaltung, einen schwankenden Gang (Ataxie), schnelle Augenbewegungen (Nystagmus), ein im Kreis gehen und in schwerer ausgeprägten Fällen auch ein zur Seite fallen. Als Begleiterscheinung tritt in vielen Fällen Übelkeit mit Erbrechen und Futterverweigerung auf.
Diagnose des Vestibularsyndroms
Die Diagnose „Vestibularsyndrom“ kann der Tierarzt bereits nach der Vorgeschichte und klinischer Untersuchung stellen. Wenn das Innenohr betroffen ist, sind bis auf wenige Ausnahmen keine weiteren neurologischen Ausfälle festzustellen: die Tiere reagieren normal, zeigen keine Lähmungserscheinungen und können ihre Pfoten kontrolliert vorwärts bewegen.
Ursachen des Vestibularsyndroms
Ursachen können eine Otitis interna (Innenohrentzündung), eine Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse), Substanzen, die schädlich fürs Innenohr sind (zB spezielle Medikamente), Traumata oder Tumore im Innenohr sein. Wird keine Ursache gefunden, spricht man von einem idiopathischen Vestibularsyndrom. Da es bei Hunden fast ausschließlich im hohen Alter (>10 Jahre) auftritt, wird diese Form auch als geriatrisches Vestibularsyndrom bezeichnet. Wenn das Gehirn betroffen ist, zeigen die Tiere meistens Störungen in ihren Reaktionen und Wahrnehmungen und können die Pfoten nicht oder nur schwer koordinieren, sogar epileptische Anfälle können vorkommen. Die Ursachen können sehr verschieden sein.
Therapie des Vestibularsyndroms
Die Therapie und auch die Prognose sind abhängig von der Grunderkrankung. Kann diese behoben werden bzw. handelt es sich um die idiopathische Form, sind Kreislauf unterstützende und durchblutungsfördernde Maßnahmen indiziert. Ebenso kommen Medikamente gegen Übelkeit, Erbrechen und Schwindelgefühl zum Einsatz. Vitamingaben in Kombination mit viel Ruhe und Pflege können den Heilungsprozess des Vierbeiners positiv unterstützen.
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