Krampf im Bein: Ursachen und Behandlung

Muskelkrämpfe in den Beinen sind ein weit verbreitetes und oft schmerzhaftes Problem, das viele Menschen betrifft. Sie können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, insbesondere wenn sie häufig auftreten oder die Schlafqualität stören. Glücklicherweise gibt es verschiedene Ursachen und Behandlungen für Muskelkrämpfe in den Beinen.

Was ist ein Muskelkrampf?

Ein Muskelkrampf ist eine plötzliche, schmerzhafte und unkontrollierbare Kontraktion eines Muskels oder einer Muskelgruppe. Diese Kontraktionen können in verschiedenen Bereichen des Körpers auftreten, einschließlich Schulter, Nacken, Rücken, Arme, Hände, Finger, Beine, Füße und Gesäß.

Muskelkrämpfe sind ein ubiquitäres Phänomen und eine häufige Nebenwirkung von Arzneien. Viele Patienten greifen selbst zu Magnesium oder resignieren. Da aber mit ausgesuchten Übungen und Chinin bessere Behandlungen zur Verfügung stehen, ist therapeutischer Nihilismus unangebracht.

Sie sind selbstlimitierend und hören meist binnen weniger Minuten auf. Bei lang anhaltenden Muskelkrämpfen kann es zu Schmerzen in der betroffenen Muskulatur kommen, die über den eigentlichen Krampf hinaus anhalten.

Ursachen von Muskelkrämpfen im Bein

Die genauen Ursachen von Muskelkrämpfen sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die das Auftreten von Krämpfen begünstigen können:

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  • Dehydration und Elektrolytstörungen: Ein Mangel an Flüssigkeit und Elektrolyten wie Magnesium, Kalium und Kalzium kann die Muskelkontraktion beeinträchtigen und Krämpfe verursachen.
  • Überlastung der Muskulatur: Intensive körperliche Aktivität oder ungewohnte Belastungen können zu Muskelermüdung und Krämpfen führen.
  • Bewegungsmangel: Längeres Sitzen oder Stehen in derselben Position kann die Durchblutung beeinträchtigen und Krämpfe begünstigen.
  • Falsche Körperhaltung: Eine ungünstige Körperhaltung kann zu Muskelverspannungen und Krämpfen führen.
  • Verletzungen: Muskelverletzungen oder -entzündungen können Krämpfe verursachen.
  • Medikamente: Einige Medikamente, wie Diuretika, Statine und Beta-2-Sympathomimetika, können als Nebenwirkung Muskelkrämpfe auslösen.
  • Erkrankungen: Bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Schilddrüsenfunktionsstörungen und neurologische Erkrankungen können mit Muskelkrämpfen einhergehen.
  • Schwangerschaft: Schwangere Frauen haben aufgrund von hormonellen Veränderungen und einem erhöhten Bedarf an Nährstoffen ein höheres Risiko für Muskelkrämpfe.
  • Alkohol- und Tabakkonsum: Übermäßiger Alkoholkonsum und Rauchen können die Durchblutung beeinträchtigen und Krämpfe begünstigen.
  • Vorerkrankungen der Gefäße: Thrombosen der tiefen Beinvenen, chronische Durchblutungsstörungen oder Krampfadern.
  • Erkrankungen des Bewegungsapparats und des Skeletts.
  • Unausgewogene Ernährung.

Pathophysiologisch entstehen Muskelkrämpfe durch hochfrequente Entladungsserien der motorischen Einheiten mit etwa 50 und 150 Hz (2). Dies konnte während Muskelkrämpfen elektromyografisch nachgewiesen werden. Sie sind Ausdruck einer neurogenen Übererregbarkeit. Darüber hinaus scheinen zusätzlich spinale Faktoren wie der Wegfall inhibitorischer Einflüsse an den Vorderhornzellen bedeutsam zu sein (3).

Schmerzhafte Muskelkrämpfe im Rahmen körperlicher Belastung wurden vor mehr als 100 Jahren bei Arbeitern in Minen und auf Dampfschiffen beschrieben: Sie arbeiteten unter warmen und feuchten Bedingungen. Vermutlich war es die Dehydratation und der Elektrolytverlust, welche das Auftreten der Muskelkrämpfe begünstigte. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass Muskelkrämpfe bei Sportlern häufig ein großes Problem darstellen. Auch bei ihnen wird das Auftreten der Muskelkrämpfe durch eine Dehydratation und Elektrolytstörungen begünstigt.

Diagnose von Muskelkrämpfen

Die Diagnose von Muskelkrämpfen basiert in der Regel auf der Anamnese und der körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird nach den Symptomen, der Häufigkeit und Dauer der Krämpfe sowie nach möglichen Auslösefaktoren fragen. Eine neurologische Untersuchung kann erforderlich sein, um andere Ursachen wie Nervenschäden auszuschließen. In einigen Fällen können Blutuntersuchungen durchgeführt werden, um Elektrolytstörungen oder andere zugrunde liegende Erkrankungen zu identifizieren.

Die Anamnese von Patienten mit Muskelkrämpfen ist für die Diagnose entscheidend. Wichtige Differenzialdiagnosen lassen sich bereits im Gespräch gut differenzieren (7).

Die Lokalisation der Krämpfe ist zu erfragen. Sofern sie häufig am Rumpf, den Armen oder den Oberschenkeln auftreten, sollte der Patient zur Mitbeurteilung neurologisch vorgestellt werden. Anamnestisch ist zu klären, ob es Hinweise für Muskelerkrankungen in der Familie gibt. Es ist wichtig, eine vollständige Medikamentenanamnese zu erheben. Häufig leiden ältere Patienten unter Muskelkrämpfen und hier stellt die Polypharmazie ein ernsthaftes Problem dar. Zahlreiche Medikamente können das Auftreten von Muskelkrämpfen begünstigen. Am häufigsten scheint diese Problematik unter Diuretika, Statinen und unter inhalativen Beta-2-Sympathomimetika aufzutreten (8).

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Eine neurologische Abklärung sollte erfolgen, sofern sich Hinweise für eine Schädigung des ersten Motorneurons ergeben. Gesteigerte Reflexe, verbreiterte Reflexzonen, Pyramidenbahnzeichen, Muskeltonuserhöhung und spastische Paresen in der Untersuchung sind Hinweise für eine derartige Erkrankung. Auch bei Hinweisen für eine Schädigung des 2. Motoneurons sollte eine neurologische Mitbeurteilung erfolgen. Klinisch imponiert dies durch schlaffe Paresen, Muskelatrophie und Reflexausfälle. Erkrankungen des 2. Motorneurons wie Polyneuropathien oder Radikulopathien können zu Muskelkrämpfen führen.

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch sollte an ein - anamnestisch gut abgrenzbares - Restless-legs-Syndrom (RLS) gedacht werden. Die Patienten beschreiben einen Bewegungsdrang meist der Beine. Dieser ist häufig assoziiert mit unangenehmen Missempfindungen wie beispielsweise Kribbeln oder Brennen. Die Beschwerden treten häufig in Ruhephasen auf und bessern sich durch Herumlaufen und durch körperliche Aktivität. Der Schlaf kann ebenso beeinträchtigt sein. Schmerzen sind beim RLS nachrangig und die Beschwerden bessern sich im Gegensatz zu den Muskelkrämpfen durch Bewegung.

Behandlung von Muskelkrämpfen im Bein

Die Behandlung von Muskelkrämpfen zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und das Auftreten weiterer Krämpfe zu verhindern. Die Behandlung kann sowohl nichtmedikamentöse als auch medikamentöse Maßnahmen umfassen.

Nichtmedikamentöse Behandlungen

  • Dehnübungen: Regelmäßiges Dehnen der betroffenen Muskeln kann helfen, die Muskelspannung zu reduzieren und Krämpfen vorzubeugen. Es wird empfohlen, die Muskeln mehrmals täglich für etwa 30 Sekunden zu dehnen.
  • Massagen: Massagen können helfen, die Muskeln zu entspannen und die Durchblutung zu verbessern.
  • Wärme: Wärme, z. B. in Form von warmen Bädern oder Umschlägen, kann die Muskeln entspannen und Schmerzen lindern.
  • Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Elektrolyten wie Magnesium, Kalium und Kalzium ist wichtig, um Muskelkrämpfen vorzubeugen.
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Es ist wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu trinken, um Dehydration zu vermeiden, insbesondere bei körperlicher Aktivität oder warmem Wetter. Ein Erwachsener sollte mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag trinken.
  • Vermeidung von Auslösefaktoren: Es ist wichtig, mögliche Auslösefaktoren wie Alkohol, Koffein und bestimmte Medikamente zu meiden.
  • Richtiges Schuhwerk und passende Strümpfe: Drücken tagsüber die Schuhe auf die Gefäße oder schnüren die Strümpfe die Beine ein, wird die Durchblutung gestört, sodass es nachts zu Krämpfen kommen kann. Auch kann falsches Schuhwerk oft zu Fehlbelastungen und somit zu Krämpfen führen. Fußfehlstellungen wie Senk- oder Spreizfuß erhöhen ebenfalls das Risiko für Muskelkrämpfe, da die Fehlstellung die Gefäße und die Durchblutung beeinträchtigt. Das richtige Schuhwerk und die passenden Strümpfe können also helfen, Muskelkrämpfen vorzubeugen.

Dehnübungen sind effektiv. Der Patient sollte über die Sinnhaftigkeit regelmäßiger Dehnübungen der betroffenen Muskulatur informiert werden (9). Hierdurch kann er effektiv die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Muskelkrämpfen reduzieren. Regelmäßige Dehnübungen sollten mehrmals am Tag für circa 30 Sekunden durchgeführt werden. Die Übungen sollten 3-mal wiederholt und zwischen den Durchgängen Pausen von wenigen Sekunden eingehalten werden (10).

In der Akutbehandlung kann der Muskelkrampf durch Anspannung der antagonistischen Muskulatur über die einsetzende reziproke antagonistische Hemmung beendet werden. Hierbei hemmen Renshaw-Interneurone über Ia-Interneurone den Antagonisten (Inhibitorische Wirkung auf das α-Motorneuron des Antagonisten). Eine kräftige Dehnung des betroffenen Muskels kann ebenfalls zur Unterbrechung des Krampfes führen (sogenannte autogene Hemmung durch Golgi-Sehnenrezeptoren) (11).

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Medikamentöse Behandlungen

  • Magnesium: Magnesiumpräparate können bei einem Magnesiummangel helfen, Muskelkrämpfe zu reduzieren. Die empfohlene Tageszufuhr für Magnesium liegt bei 300-400 mg.
  • Chinin: Chinin ist ein Medikament, das zur Vorbeugung von Muskelkrämpfen eingesetzt werden kann. Es sollte jedoch nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, da es Nebenwirkungen haben kann. Die Behandlung mit Chininsulfat beginnt mit 200 mg nach dem Abendessen. Der Behandlungserfolg kann etwa nach 4 Wochen beurteilt werden. Bei Bedarf kann die Dosis auf 400 mg gesteigert werden. Insbesondere zu Beginn der Therapie sollten die Betroffenen die Häufigkeit und die Intensität der Muskelkrämpfe dokumentieren, um die Wirksamkeit besser abschätzen zu können.
  • Schmerzmittel: Bei Bedarf können Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol zur Linderung von Schmerzen eingesetzt werden.
  • Muskelrelaxanzien: In einigen Fällen können Muskelrelaxanzien verschrieben werden, um die Muskelspannung zu reduzieren.

Gemäß der neurologischen Leitlinie sollte zunächst ein Versuch mit der Gabe von Magnesium aufgrund des günstigen Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden - auch wenn die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist.

Die Gabe von Chinin zur vorbeugenden Behandlung von schmerzhaften Muskelkrämpfen ist etabliert und durch Studien belegt. Insofern wird diese Therapie auch in der aktuellen neurologischen Leitlinie empfohlen (1). Den französischen Chemikern Pierre Pelletier und Joseph Caventou gelang es 1820, den eigentlichen Wirkstoff Chinin aus der Rinde der Cinchona-Bäume zu extrahieren und in reiner Form darzustellen. Chinin ist schlecht wasserlöslich. Die Lösbarkeit der Chininsalze ist deutlich besser und war Voraussetzung für die Entwicklung von Tabletten. Chinin wird meist in Form des Chininsulfates angeboten.

Chininsulfat kann zur Prophylaxe von Muskelkrämpfen verordnet werden, da es zu Veränderungen im Bereich der neuromuskulären Übertragung führt. Es verlängert die Refraktärzeit durch direkte Wirkung auf die Muskelfaser. Es vermindert die Erregbarkeit an der motorischen Endplatte, eine Wirkung ähnlich der von Curare. Außerdem beeinflusst es die Verteilung von Kalzium in der Muskelfaser. Über diese Mechanismen wird die Schwelle für eine Reaktion des Muskels auf einen einzelnen maximalen Reiz erhöht. Die Bereitschaft zu einer tetanischen Kontraktion nimmt ab.

Chininsulfat weist eine hohe orale Bioverfügbarkeit (> 85 %) auf und wird überwiegend im oberen Teil des Dünndarms resorbiert. Die höchsten Plasmakonzentrationen werden etwa 1-3 Stunden nach Einnahme erreicht. Die Plasmahalbwertszeit liegt bei etwa 11 Stunden. Die Plasmaeiweißbindung beträgt 70 %.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

In den meisten Fällen sind Muskelkrämpfe harmlos und können mit einfachen Maßnahmen selbst behandelt werden. Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Arzt aufgesucht werden sollte:

  • Wenn die Krämpfe häufig auftreten oder sehr schmerzhaft sind.
  • Wenn die Krämpfe die Schlafqualität beeinträchtigen.
  • Wenn die Krämpfe mit anderen Symptomen wie Schwellungen, Rötungen oder Taubheitsgefühl einhergehen.
  • Wenn die Krämpfe nach Einnahme eines neuen Medikaments auftreten.
  • Wenn die Krämpfe auf eine zugrunde liegende Erkrankung hindeuten könnten.

Prävention von Muskelkrämpfen im Bein

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, Muskelkrämpfen vorzubeugen:

  • Regelmäßiges Dehnen der Muskeln.
  • Ausreichende Bewegung.
  • Massagen und Entspannungsübungen.
  • Wärme.
  • Ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung.
  • Ausgewogenes Elektrolytgleichgewicht.
  • Genug trinken.
  • Verzicht auf Alkohol- und Tabakkonsum.
  • Mechanische Reize vermeiden.
  • Richtige Schuhe und Strümpfe tragen.
  • Geeignete Einlagen bei Fußfehlstellungen tragen.

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