Die Diagnose Krebs im Endstadium ist eine belastende Situation, die viele Fragen aufwirft. Neben der Auseinandersetzung mit dem Fortschreiten der Krankheit und den damit verbundenen Symptomen, ist es wichtig, sich über mögliche Komplikationen und Risiken zu informieren. Ein Schlaganfall kann eine solche Komplikation darstellen, und es ist entscheidend, die Zusammenhänge zwischen Krebs, seinem fortgeschrittenen Stadium und dem erhöhten Schlaganfallrisiko zu verstehen.
Krebs und Thromboembolien: Ein komplexer Zusammenhang
Krebserkrankungen können die Blutgerinnung beeinflussen. Es wird geschätzt, dass etwa 20 % aller venösen Thromboembolien bei Krebspatienten auftreten. Eine Thrombose ohne erkennbare Ursache bei älteren Menschen kann immer auf eine mögliche Krebserkrankung hindeuten.
Weniger bekannt ist, dass Krebserkrankungen auch arterielle Thrombosen auslösen können, die zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten führen. Eine Studie hat gezeigt, dass Senioren im Monat vor der Krebsdiagnose 5,5-mal häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten als Senioren ohne Krebs. Das Risiko steigt, je näher die Krebsdiagnose rückt, insbesondere bei Patienten mit Lungen- und Darmkrebs sowie fortgeschrittenem Krebsleiden.
Warum erhöht Krebs das Schlaganfallrisiko?
Es gibt mehrere Faktoren, die das erhöhte Schlaganfallrisiko bei Krebspatienten im Endstadium erklären können:
- Tumoraktivität: Eine aktive Krebserkrankung kann die Bildung von Blutgerinnseln erhöhen, die Hirnarterien verstopfen und einen ischämischen Schlaganfall verursachen können.
- Krebstherapie: Auch die Krebstherapie, wie Chemotherapie und Hormontherapie, kann die Gerinnungsneigung erhöhen. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Krebsarten gleich gut auf eine Chemotherapie ansprechen, und nur einige Chemotherapie-Medikamente gelangen in ausreichender Dosierung bis zu den Metastasen im Gehirn.
- Entzündliche Effekte: Entzündliche Prozesse, die mit Krebs einhergehen, können ebenfalls zur Bildung von Blutgerinnseln beitragen.
- Gefäßverschlüsse: Wenn der Tumor oder Metastasen ungehemmt wachsen, können sie zu Gefäßverschlüssen führen, wodurch das anliegende Gewebe nicht mehr richtig durchblutet wird und abstirbt. Dies kann Entzündungsreaktionen im Körper auslösen.
- Eingeschränktes Immunsystem: Ein geschwächtes Immunsystem im Endstadium kann das Risiko für Infektionen erhöhen, die wiederum das Schlaganfallrisiko steigern können.
Hirnmetastasen und Schlaganfallähnliche Symptome
Hirnmetastasen, also Absiedlungen von Krebszellen im Gehirn, können ebenfalls Schlaganfall-ähnliche Symptome verursachen. In manchen Fällen kann eine Metastase ein Blutgefäß abdrücken oder eine Blutung im Gehirn verursachen, was die Symptome eines Schlaganfalls oder einer Hirnblutung aus anderer Ursache nachahmt.
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Symptome von Hirnmetastasen
Mögliche Symptome von Hirnmetastasen sind:
- Anhaltende Kopfschmerzen
- Lähmungen
- Sprachstörungen
- Persönlichkeitsveränderungen
- Veränderungen beim Sehen, Riechen, Hören oder beim Tasten
- Krampfanfälle
- Müdigkeit bis hin zu Bewusstseinsstörungen
- Übelkeit, Erbrechen
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Betroffenen erste Warnzeichen bemerken und nicht alle Patienten alle Beschwerden auf einmal haben.
Onkologische Notfälle und Komplikationen
Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium können verschiedene onkologische Notfälle und Komplikationen erleiden, die ein professionelles Management erfordern. Dazu gehören:
- Metabolische Notfälle:
- Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH), das zu einem gefährlichen Natriummangel führen kann.
- Hyperkalzämie, ein erhöhter Kalziumspiegel im Blut, der Müdigkeit, Durst, vermehrte Harnausscheidung und Nierenversagen verursachen kann.
- Diabetische Ketoazidose (DKA), eine Komplikation bei Diabetikern, die durch Insulinmangel verursacht wird.
- Hämatologische Notfälle:
- Leukostase, eine Verstopfung der Blutgefäße durch eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen, die zu neurologischen Auffälligkeiten und Atemproblemen führen kann.
- Tumorlysesyndrom, ein Zerfall von Tumorzellen mit massenhaftem Austritt von Zellbestandteilen ins Blut, der ein akutes Nierenversagen auslösen kann.
- Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), eine Aktivierung des Gerinnungssystems, die zu einer überschießenden Blutgerinnung und Blutungsneigung führen kann.
- Thrombosen und Embolien: Blutgerinnsel im Gefäßsystem, die zu Schwellungen, Schmerzen und im Falle einer Lungenembolie zu Atemnot führen können.
- Obere Einflussstauung: Ein gestörter Rückfluss des venösen Blutes vom Kopf und den oberen Extremitäten zum Herzen, der zu Schwellungen, Atemnot und neurologischen Symptomen führen kann.
- Neutropenie/neutropenisches Fieber: Ein Mangel an neutrophilen Granulozyten, einer Form weißer Blutzellen, der das Infektionsrisiko erhöht.
- Sepsis/septischer Schock: Eine Infektion mit einer Beeinträchtigung des gesamten Organismus, die zu Organstörungen führen kann.
Was tun im Verdachtsfall?
Es ist wichtig, bei Verdacht auf einen Schlaganfall oder andere onkologische Notfälle schnell zu handeln:
- Informieren Sie umgehend die behandelnden Ärzte.
- Achten Sie auf Veränderungen im Zustand des Patienten und berichten Sie über Verschlechterungen.
- Sorgen Sie für eine gute Sauerstoffversorgung.
- Vermeiden Sie unnötige Belastungen für den Patienten.
Vorbeugung und Behandlung
Die Grundbehandlung bei allen Krebsarten zielt darauf ab, Metastasen vorzubeugen. Wenn Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Hormontherapie und weitere Arzneimittel einem Rückfall wirksam vorbeugen können, sinkt auch das Risiko von zerebralen Metastasen.
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Die Behandlung von Hirnmetastasen hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Ursprungstumor, dem Krankheitsstadium und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Mögliche Behandlungen sind:
- Operation: Eine operative Entfernung der Metastasen kann infrage kommen, wenn es sich um wenige, gut erreichbare Metastasen handelt und die Krebserkrankung an sich gut unter Kontrolle ist.
- Bestrahlung: Eine Strahlentherapie kann zur Linderung von Beschwerden, zur Verzögerung des Krankheitsverlaufs oder in seltenen Fällen sogar zur Heilung eingesetzt werden. Es gibt verschiedene Bestrahlungstechniken, wie die Ganzhirn-Bestrahlung, die Bestrahlung nur des betroffenen Gehirnbereichs oder die stereotaktische Radiochirurgie.
- Chemotherapie: Eine Behandlung mit Zytostatika kann bei manchen Betroffenen zu einem Stopp oder einer Verzögerung des Tumorwachstums führen.
- Antihormontherapie: Bei hormonabhängigen Tumoren wie Brust- und Prostatakrebs kann eine Antihormontherapie eingesetzt werden.
- Zielgerichtete Medikamente und Immuntherapie: Diese modernen Arzneimittel greifen Tumorzellen an ihren Schwachpunkten an oder heben die Immunblockade auf, die manche Tumoren vor den körpereigenen Abwehrkräften schützt.
Zusätzlich zur Behandlung der Krebserkrankung und ihrer Komplikationen ist es wichtig, die Beschwerden des Patienten zu lindern. Gegen Hirnödeme, die durch Hirnmetastasen verursacht werden, werden Kortikosteroide eingesetzt. Je nach Beschwerden können auch Schmerzmedikamente, Antiepileptika, Mittel zur Beruhigung oder gegen Depressionen eingesetzt werden.
Leben mit Krebs im Endstadium
Das Leben mit Krebs im Endstadium ist eine große Herausforderung für Patienten und ihre Angehörigen. Es ist wichtig, sich Unterstützung zu suchen und sich über die verschiedenen Aspekte der Erkrankung zu informieren.
Unterstützungsmöglichkeiten
Es gibt verschiedene Anlaufstellen, die Unterstützung anbieten:
- Kliniksozialdienst und psychologische Beratung im Krankenhaus
- Krebsberatungsstellen
- Niedergelassene Psychoonkologen
- Selbsthilfegruppen
- Hospizdienste
- Seelsorger
Praktische Fragen im Alltag
Es gibt viele praktische Fragen, die im Alltag mit Krebs im Endstadium auftreten können. Dazu gehören:
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- Ernährung: Eine kalorien- und nährstoffreiche Ernährung kann helfen, der Mangelernährung entgegenzuwirken.
- Pflege: Im Endstadium sind viele Menschen pflegebedürftig. Es ist wichtig, frühzeitig einen Antrag auf Pflegegrad bei der Pflegekasse zu stellen.
- Vorsorgedokumente: Eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht können helfen, die Wünsche des Patienten festzuhalten und Angehörige zu entlasten.
Umgang mit der psychischen Belastung
Die Diagnose Krebs im Endstadium ist psychisch sehr belastend. Es ist wichtig, sich mit den eigenen Ängsten und Sorgen auseinanderzusetzen und sich professionelle Hilfe zu suchen, wenn nötig. Offene Gespräche mit Angehörigen, Freunden oder einem Therapeuten können helfen, die Situation besser zu bewältigen.
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