Unter Tränen gelacht: Demenz-Erfahrungen und die Geschichte von Bettina Tietjen

Die Auseinandersetzung mit Demenz ist eine Herausforderung, die viele Familien betrifft. In den letzten Jahren haben vermehrt Menschen des öffentlichen Lebens ihre persönlichen Erfahrungen mit dieser Krankheit geteilt. Ein besonders berührendes Beispiel ist das Buch "Unter Tränen gelacht: Mein Vater, die Demenz und ich" von Bettina Tietjen. Dieses Werk bietet einen offenen und ehrlichen Einblick in den Umgang mit der Demenzerkrankung ihres Vaters und zeigt, dass es trotz aller Schwierigkeiten auch Momente der Freude und des Lachens geben kann.

Inhalt und Hintergrund des Buches

Bettina Tietjen, bekannt als Moderatorin verschiedener Fernseh- und Radiosendungen des NDR, veröffentlichte im März 2015 ihr Buch, in dem sie die Demenzerkrankung ihres Vaters Burchard Schniewind schildert. Auf 304 Seiten beschreibt sie den Verlauf der Krankheit von den ersten Anzeichen, dem sogenannten "Tüdeln", bis hin zur völligen Orientierungslosigkeit. Dabei scheut sie sich nicht, ihre eigenen Gefühle offen darzulegen.

Tietjen schildert die Achterbahn der Gefühle, die sie während der Erkrankung ihres Vaters erlebt hat: den Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen, aber auch das Glück, ihm in der letzten Lebensphase noch einmal ganz nahe zu sein. Besonders hervorzuheben sind die vielen komischen Momente, in denen sie trotz allem herzhaft zusammen lachen konnten.

Der Verlauf der Demenzerkrankung

Tietjen beschreibt anschaulich, wie sich der Zustand ihres Vaters allmählich veränderte. Zunächst waren es Kleinigkeiten, die auffielen: Er verlegte Gegenstände oder fragte mehrfach dasselbe. Da er bereits Anfang 80 war, schenkten die Töchter diesen Anzeichen zunächst keine große Beachtung.

Es folgten jedoch weitere Alarmsignale: Der Vater fuhr mehrmals täglich zur Bank, um dieselbe Summe abzuheben, seine Brille lag plötzlich in der Tiefkühltruhe, und er schloss unzählige Zeitschriftenabonnements ab. Ein Autounfall, an den er sich nicht erinnern konnte, war schließlich der Auslöser für den Besuch beim Neurologen.

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Die Diagnose Demenz war ein Schock für die Familie, obwohl sie bereits damit gerechnet hatten. Tietjen beschreibt, wie ihr Vater versuchte, seine Krankheit zu überspielen und sich bestmöglich darzustellen.

Umgang mit der Krankheit im Alltag

Nach der Diagnose organisierten die Töchter Pflegerinnen, die den Vater im Haushalt unterstützten. Als sich sein Zustand verschlechterte, zog er in ein Pflegeheim in Hamburg, in die Nähe von Bettina Tietjen.

Tietjen besuchte ihren Vater regelmäßig, spielte mit ihm, machte Erinnerungsübungen und ging mit ihm spazieren. Sie holte ihn auch zu sich nach Hause. Bis fast zum Ende war er mobil und konnte Spaziergänge machen. Die Familie legte weiterhin Wert darauf, dass er ordentlich gekleidet, rasiert und gekämmt war.

Positive Aspekte und Herausforderungen

Tietjen betont, dass es trotz aller Herausforderungen auch viele schöne Momente gab. Sie lernte ihren Vater auf eine ganz neue Art kennen, er war emotionaler als früher, und sie lachten viel zusammen. Sie ist überzeugt, dass Demenz nicht nur zum Heulen ist, sondern auch Denkanstoß und Kraftquell sein kann.

Sie verschweigt aber auch nicht die schwierigen Seiten der Erkrankung. Es gab Momente, in denen ihr das Verhalten ihres Vaters peinlich war, zum Beispiel, wenn er im Restaurant laut "Hunger" rief oder einer Joggerin hinterherrief. Sie betont jedoch, dass sie nie versucht hat, die Krankheit ihres Vaters zu verheimlichen, sondern immer offen damit umgegangen ist.

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Erfahrungen mit dem Pflegeheim

Bettina Tietjen berichtet positiv über die Heimunterbringung ihres Vaters. Sie war überrascht, dass die Heim- und Pflegedienstleitung ihren Vater sogar im Krankenhaus besuchte und ihn dort wusch und rasierte. Sie lobt die Arbeit der Menschen, die in diesen Einrichtungen arbeiten, und betont, dass sie Anerkennung verdienen. Es brauche Idealismus, Respekt vor dem Menschen, ein großes Herz und gute Nerven, um diese Arbeit leisten zu können.

Erkenntnisse und Ratschläge

Aus ihren Erfahrungen zieht Bettina Tietjen wichtige Erkenntnisse. Sie rät dazu, sich auf die Menschen mit Demenz einzulassen und die schönen Dinge in dieser Zeit zu sehen. Sie betont, dass es sich lohnt, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen und dass man auch Positives zurückbekommt, wenn man die richtige Einstellung hat.

Sie ermutigt Betroffene, offen mit der Krankheit umzugehen und sich Hilfe zu suchen. Sie empfiehlt die Pflegeberatung und die Unterstützung von Pflegerinnen und Pflegeheimen.

Die Bedeutung des Buches

"Unter Tränen gelacht: Mein Vater, die Demenz und ich" ist ein wichtiges Buch, das dazu beiträgt, das Thema Demenz zu enttabuisieren und Betroffenen Mut zu machen. Es zeigt, dass es trotz aller Schwierigkeiten möglich ist, ein erfülltes Leben mit einem demenzkranken Angehörigen zu führen.

Das Buch ist nicht nur für Angehörige von Demenzkranken lesenswert, sondern auch für alle, die sich für das Thema interessieren und mehr über diese Krankheit erfahren möchten. Es bietet einen persönlichen und berührenden Einblick in die Welt der Demenz und zeigt, dass es auch in dunklen Zeiten Lichtblicke geben kann.

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Bettina Tietjens Leben und Karriere

Bettina Tietjen, geboren 1960, ist eine bekannte deutsche Moderatorin, Reporterin und Autorin. Sie studierte Germanistik und Romanistik und arbeitete für verschiedene Rundfunkanstalten und Printmedien. Seit 1993 ist sie beim NDR-Fernsehen tätig, wo sie unter anderem die Sendung "DAS!" moderiert. Außerdem empfängt sie einmal im Monat prominente Gäste in ihrer Freitagabend-Talkshow "Bettina und Bommes". Seit 2008 talkt sie auch im Radio in ihrer Sendung "Tietjen talkt" bei NDR 2.

Demenz: Eine wachsende Herausforderung

Die Zahl der Menschen mit Demenz nimmt in unserer Gesellschaft stetig zu. Dies stellt eine große Herausforderung für die Betroffenen, ihre Angehörigen und das Gesundheitssystem dar. Es ist daher wichtig, das Thema Demenz öffentlich zu diskutieren und über die Krankheit aufzuklären. Bücher wie "Unter Tränen gelacht" leisten einen wichtigen Beitrag dazu.

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