Physiotherapie nach Schlaganfall: Dauer, Methoden und langfristige Perspektiven

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von einem Tag auf den anderen verändert. Die Rehabilitation spielt eine zentrale Rolle, um verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Physiotherapie ist dabei ein wesentlicher Bestandteil, um die Mobilität und körperliche Verfassung der Patienten zu stärken. Dieser Artikel beleuchtet die Dauer der Physiotherapie nach einem Schlaganfall, die verschiedenen Therapieansätze und die langfristigen Perspektiven für die Betroffenen.

Einleitung

Nach einem Schlaganfall ist es entscheidend, so schnell wie möglich mit der Rehabilitation zu beginnen. Je schneller die medizinische Behandlung erfolgt, desto besser sind die langfristigen Folgen. Die Physiotherapie spielt dabei eine zentrale Rolle, um die körperlichen Funktionen wiederherzustellen und die Selbstständigkeit der Patienten zu fördern.

Akutphase und Erstversorgung

Menschen, die einen Schlaganfall erleiden, werden zunächst in der Akutklinik versorgt. Hier gilt der Leitsatz „Time is brain“, denn jede Minute zählt. Mittels bildgebender Verfahren wie CT und MRT wird die Diagnose gestellt und die Ursache des Schlaganfalls ermittelt. Ist ein Blutgerinnsel die Ursache, erfolgt - wenn möglich - die Thrombolyse oder Thrombektomie, um das Gefäß wieder zu eröffnen. Bei einer Hirnblutung kann eine Operation notwendig sein. Unabhängig von der Ursache werden die Patienten auf der „Stroke Unit“ oder der Intensivstation überwacht, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Rehabilitation: Phasen und Ziele

Nach der Akutversorgung beginnt eine mindestens dreiwöchige Reha. Ziel der Frührehabilitation ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen, insbesondere solche, die durch den Schlaganfall geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen umgesetzt werden, desto eher können die Symptome behandelt und Folgeschäden verringert werden. Die Rehabilitation kann ambulant oder stationär in geriatrischen oder neurologischen Reha-Kliniken erfolgen.

Die Rehabilitation wird in verschiedene Phasen unterteilt:

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  • Reha-Phase A: In dieser Phase werden lebenserhaltende Maßnahmen eingeleitet und erneute Anfälle sowie Folgeerkrankungen werden behandelt.
  • Reha-Phase C: Hier beginnt die Therapie der Folgeschäden nach dem Schlaganfall. Motorische und körperliche Abläufe werden trainiert und gestärkt.
  • Anschlussbehandlung (AHB): Nach der Reha-Phase C werden die Schlaganfall-Folgen im häuslichen Umfeld weiter therapiert.

Dauer der Physiotherapie

Die Dauer der Physiotherapie nach einem Schlaganfall ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Schwere des Schlaganfalls, das betroffene Hirnareal und das Alter des Patienten. In der Regel dauert der Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall etwa sieben bis zehn Tage. Im Anschluss daran sind weiterführende Reha-Maßnahmen sinnvoll.

Eine aktuelle Studie der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zeigt, dass Lähmungen sich auch Jahre nach dem Schlaganfall noch zurückbilden können. Bisher ging man davon aus, dass die Erholungsphase etwa sechs Monate nach dem Schlaganfall abgeschlossen ist. Die Studie belegt jedoch, dass Patienten auch über diesen Zeitraum hinaus die Chance haben, einen Teil ihrer Unabhängigkeit zurückzugewinnen. In der Studie absolvierten Patienten über ein Vierteljahr insgesamt 36 Stunden intensive Physiotherapie. Auch sechs Monate nach Ende der Therapie konnten die Patienten ihre Arme besser benutzen als zuvor.

Therapieansätze und Methoden

Die Physiotherapie nach einem Schlaganfall umfasst verschiedene Therapieansätze und Methoden, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden. Dazu gehören:

  • Bobath-Konzept: Dieses Konzept wird häufig angewandt und berücksichtigt die häusliche Situation, die individuellen Bedürfnisse und Ziele des Patienten. Der Patient erlernt beispielsweise das Aufstehen und Hinsetzen unter Anleitung des Therapeuten erneut.
  • Vojta-Konzept: Hierbei werden im Gehirn vorhandene Bewegungsmuster angebahnt, indem der Therapeut Reflexe durch Stimulation bestimmter Punkte aktiviert.
  • PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation): Ziel ist die Verbesserung von Kraft, Ausdauer und Koordination durch eine verbesserte Zusammenarbeit von Nerven und Muskulatur.
  • Manuelle Therapie: zur Behandlung von Bewegungseinschränkungen und Schmerzen.
  • Gerätegestützte Therapie: Trainingsroboter können die Therapie unterstützen, insbesondere bei der Verbesserung der Beweglichkeit und Kraft in Arm und Hand.
  • Ergotherapie: Ergänzend zur Physiotherapie hilft die Ergotherapie den Betroffenen, ihre Handlungsfähigkeit im Alltag zu verbessern und wieder ein selbstständiges Leben zu führen.

Zusätzlich können Hilfsmittel wie Orthesen, sensomotorische Einlagen oder Sprachcomputer zum Einsatz kommen, um die Rehabilitation zu unterstützen.

Bedeutung der Intensität und Kontinuität

Die Intensität und Kontinuität der Physiotherapie sind entscheidend für den Erfolg der Rehabilitation. Studien haben gezeigt, dass eine hohe Therapiedichte auch längere Zeit nach dem Schlaganfall noch Fortschritte ermöglichen kann. Wichtig sind die Dauer und Intensität der Übungen und der Lerneffekt. Die Verbesserungen bleiben oft auch über das Ende der Therapie hinaus erhalten.

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Herausforderungen und Unterstützung

Nach dem Schlaganfall stehen Betroffene und ihre Angehörigen vor großen Herausforderungen. Es ist wichtig, sich nicht zu scheuen, ärztlichen Rat einzuholen und nach Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen. Schlaganfall-Selbsthilfegruppen können eine große Hilfe sein, um mit den Folgen und Auswirkungen des Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, um Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.

Zudem gibt es verschiedene Beratungsstellen und Anlaufstellen, die Unterstützung bieten:

  • Hausarzt: Der Hausarzt übernimmt in der Regel die Nachsorge nach dem Schlaganfall und koordiniert die weitere Behandlung.
  • Pflegestützpunkte und Pflegeberatungsstellen: Diese bieten Beratung zu rechtlichen und organisatorischen Fragen.
  • Schlaganfall-Lotsen: Sie beraten und begleiten Betroffene und ihre Angehörigen im ersten Jahr nach dem Schlaganfall.
  • Sozialdienst in der Klinik: Der Sozialdienst unterstützt bei der Organisation von Therapien, Hilfsmitteln und Wohnraumanpassungen.
  • Deutsche Schlaganfall-Hilfe: Sie bietet umfassende Informationen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige.

Langfristige Perspektiven

Die langfristigen Perspektiven nach einem Schlaganfall sind individuell und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Viele Patienten können durch intensive Rehabilitation und Physiotherapie ihre Lebensqualität deutlich verbessern und ein selbstständiges Leben führen. Auch Jahre nach dem Schlaganfall sind noch Fortschritte möglich.

Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und dem Verzicht auf Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht ist entscheidend, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern.

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