Kundalini Yoga: Seine Wirkung auf das Nervensystem

Kundalini Yoga ist eine der ältesten Yoga-Arten, deren Ursprünge im 15. Jahrhundert liegen. Diese Yoga-Art ist eng mit der Tradition des Sikhismus verbunden, einer indischen Lehre, die eine Synthese aus Hinduismus und Islam darstellt. Im traditionellen Kundalini Yoga sind alle weiß gekleidet, und der Lehrer trägt einen Turban. Früher war diese Praxis hauptsächlich dem Königshaus vorbehalten, und Gurus gaben die Tradition im Geheimen an ausgewählte Schüler weiter. Für die breitere Bevölkerung war Hatha Yoga vorgesehen.

In den 1960er-Jahren brachte Yogi Bhajan Kundalini Yoga in den Westen, wo er es populär machte. Er erkannte damals schon, dass die Welt immer schnelllebiger wird und die Informationsflut viele Menschen aus dem Gleichgewicht bringen würde. Yogi Bhajan nannte Kundalini Yoga auch „Yoga des Bewusstseins“.

Das Besondere an Kundalini Yoga ist, dass die Übungen den gesamten äußeren Körper sowie den Geist ansprechen. Der Yogi richtet seine Aufmerksamkeit nach innen und spürt den Übungen dadurch genau nach. Er zieht seine Sinne zurück (Pratyahara) und schließt seine Augen, wodurch es ihm leichter fällt, die Aufmerksamkeit bei sich zu behalten. Durch diese Mechanismen lernt der Yogi außerdem, seine eigenen Erfahrungen genau wahrzunehmen und sensibel auf sein Umfeld zu reagieren.

Ziel von Kundalini Yoga ist es, Körper, Geist und Seele in Harmonie zu bringen und sich selbst ganzheitlich wahrzunehmen. Dazu greift es auf zwei energetische Modelle zurück: das Chakra-System und das System der zehn Energiekörper.

Die Philosophie hinter Kundalini Yoga

Das Wort Kundalini kommt aus dem Sanskrit und bedeutet übersetzt so viel wie Schlangenkraft. Die Annahme ist, dass eine Schlange zusammengerollt und schlafend unter dem sogenannten Wurzel-Chakra (Muladhara Chakra) liegt. Ein Chakra ist ein Energiezentrum im Körper, das an einer bestimmten Stelle die Energieströme bündelt, die durch den Menschen fließen.

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Insgesamt gibt es sieben verschiedene Chakren, die sich vom unteren Ende der Wirbelsäule bis hoch zur Krone des Kopfes ziehen. Sind sie durch Ängste oder andere negative Einflüsse beeinträchtigt, kann es zu einem Zusammenziehen der Chakren kommen, wodurch Blockaden entstehen.

Das Wurzel-Chakra ist am unteren Ende der Wirbelsäule verortet. Mit verschiedenen Kundalini-Yoga-Techniken soll die Kundalini-Schlange dort geweckt werden, damit sie zu den höher gelegenen Chakren gelangen kann. Da sich im Wurzel-Chakra vergangene Erlebnisse und unterbewusste Gefühle befinden, kann dieser Aufwachprozess mit negativen Empfindungen verbunden sein. Es ist für den Yogi aber auch eine Chance, sich weiterentwickeln zu können.

Kundalini Yoga: Das steckt dahinter!

In modernen Gesellschaften spielt Energie eine große Rolle. Viele Menschen fühlen sich gestresst und haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen. Die Leistungsanforderungen wachsen stetig, Veränderungen ereignen sich in einem sehr schnellen Tempo. Kundalini Yoga hat das Ziel, das Energieniveau der Menschen zu erhöhen. Yoga versteht unter Energie dabei all jene Kräfte, die im menschlichen System aktiv sind und körperliche, emotionale und mentale Prozesse beeinflussen.

Die yogische Philosophie unterscheidet zwischen zwei grundlegenden Energien: Prana und Kundalini. Prana ist die Energie, die das Universum auf allen Ebenen durchdringt, sozusagen die Ur-Ressource, eine latent vorhandene Energie, die einen Handlungsimpuls braucht. Durch Pranayama, also die bewusste Lenkung von Atem, soll der Anteil der persönlichen Energie erhöht werden. Kundalini ist ein Handlungsimpuls für Prana, sie hat einen schöpferischen Aspekt. Alles, was existiert, ist Kundalini. Prana bekommt durch Kundalini erst eine Zielrichtung. Verändert etwas seine Form, ist Kundalini aktiv. Das trifft auf das Kochen zu, auf einen Hausbau oder auf Naturkatastrophen. Jede Yoga-Tradition hat letztlich die Erweckung der Kundalini zum Ziel.

Die verschiedenen Chakren im Kundalini Yoga

Ein zentrales energetisches Modell, auf das sich Kundalini Yoga bezieht, ist das Chakren-System. Der Hauptenergiestrom in unserem Körper ist ein vertikaler Energiefluss, der entlang des Rückenmarks verläuft. Um ihn herum liegen die sieben Hauptchakren - von der Wirbelsäule bis hoch zur Krone des Kopfes. Jedes Chakra beeinflusst je nach seiner Lage bestimmte Körperregionen beziehungsweise die entsprechenden Organfunktionen.

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Wurzelchakra (Muladhara Chakra)

Es befindet sich am untersten Ende der Wirbelsäule und dreht sich um Rektum, Wirbelsäule und Knochen. Dieses Chakra beeinflusst das Urvertrauen sowie die Sicherheit und die Standfestigkeit. Ist es geöffnet, steht jemand fest im Leben. Ist es blockiert, dominieren Ängstlichkeit und Nervosität.

Sakralchakra (Svadhistana Chakra)

Ein Stück unter dem Bauchnabel ist das Sakralchakra zu finden. Es wirkt sich auf Gefühle, Sexualität und Kreativität aus. Wenn es aus dem Gleichgewicht gerät, sind Selbstzweifel und Pessimismus typische Symptome. Auch Blasenentzündungen, Nierensteine und Migräne kommen gehäuft vor.

Nabelchakra (Manipura Chakra)

Ein Stück über dem Bauchnabel befindet sich dieses Chakra, das sich um Durchsetzungsvermögen dreht. Ist es geöffnet, ist Selbstvertrauen und Mut vorhanden. Schüchternheit und Passivität sind die Folgen, wenn es blockiert ist. Typische Erkrankungen sind Bauchspeicheldrüsen- und Leberfehlfunktionen.

Herzchakra (Anahata Chakra)

Dieses Chakra sitzt auf der Höhe des Herzens. Liebe, Empathie und Mitgefühl sind stark ausgeprägt, wenn es geöffnet ist. Ist es unteraktiv, haben Menschen Angst vor Ablehnung, sind oft kalt oder distanziert.

Kehlkopfchakra (Vishudda Chakra)

Das Kehlkopfchakra steht in Verbindung mit Kommunikation. Der Selbstausdruck oder die Fähigkeit zuhören zu können, drücken sich dadurch aus. Ist der Energiefluss dort gestört, fällt es schwer, offen zu sprechen. Introvertiertheit ist eine häufige Folge. Erkrankungen wie Tinnitus oder Halsschmerzen können außerdem auftreten.

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Stirnchakra (Ajna Chakra)

Unsere Erkenntnis und die Visualisierung hängen mit dem Stirnchakra zusammen. Es befindet sich zwischen den Augen. Menschen, bei denen das Stirnchakra geöffnet ist, haben eine gute Intuition. Auch ihre Konzentrationsfähigkeit und ihre Vorstellungskraft sind sehr stark ausgeprägt. Ist diese Chakra blockiert, fällt ein selbständiges Denken schwer. Typische Krankheitserscheinungen sind Kopfschmerzen oder Probleme mit den Augen.

Kronenchakra (Sahasrara Chakra)

Das höchste Chakra befindet sich auf der Krone des Kopfes. Es hängt mit der Verbindung zu Spirituellem zusammen. Ist es in Balance, fühlt sich der Mensch im Einklang mit der Welt. Ist der Energiefluss in diesem Bereich gestört, kann es passieren, dass er entweder zu unbeugsam im Denken wird oder zu sehr zum intellektuellen Denken neigt. Bei Blockaden können Stoffwechselstörungen im Gehirn die Folge sein.

Elektromagnetisches Feld (Aura)

Rund um das Nervensystem spielen Aufgaben wie das Finden des Lebensauftrags oder die Abgrenzung von anderen Menschen und Reizen eine Rolle. Ist es durcheinandergeraten, fühlen sich die betroffenen Menschen einer nervlichen Daueranspannung ausgesetzt und sie reagieren oft überempfindlich. Ihre Wahrnehmung: Sie sind vom Pech verfolgt. Eigenschaften wie mangelnde Stressresistenz oder Nerven- und Hauterkrankungen gehen damit einher.

Die zehn Energiekörper nach Yogi Bhajan

Kundalini Yoga bezieht sich auf zehn Energiekörper, die die kraftvolle Fähigkeit der Psyche darstellen. Jeder Einzelne steht in Verbindung mit verschiedenen Formen der Körperenergie und hat spezielle Aufgaben. Sind sie aus dem Takt geraten, können sie durch Kundalini Yoga wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Zwischen den Chakren und Energiekörpern besteht eine Verbindung.

Yogi Bhajan hat das System der Energiekörper dafür genutzt, spezifische Übungsfolgen zusammenzustellen oder Meditationen auszuwählen, die eine balancierende Rückwirkung auf das menschliche Energiesystem haben.

Seelenkörper

Der Seelenkörper stellt den Kontakt zur Seele her. Schlüsselthema ist die Balance zwischen Herz und Verstand. Typische Anzeichen, dass etwas durcheinandergeraten ist, sind ein Gefühl ständiger Anstrengung, Schwierigkeiten, vergangene Dinge hinter sich zu lassen, ständig kreisende Gedanken, Ruhelosigkeit, mangelnde Selbstfürsorge, Depressionen, Burnout, sexuelle Dysfunktion und Verstopfung.

Negativer Geist

Mit ihm ist die Fähigkeit verbunden, Risiken wahrzunehmen und richtig einzuschätzen. Der negative Geist beinhaltet den Aspekt des Nein-Sagens und die Schutzfunktion eines wachen Bewusstseins. Er wird deshalb auch als „protective mind“ bezeichnet. Wenn Körpersignale und Gefühle bewusst wahrgenommen und daraus Handlungen abgeleitet werden, kann eine Trennung zwischen der körperlichen und der geistig-seelischen Ebene überwunden werden. Ist der negative Geist aus der Balance geraten, sind andauernde Negativität, Blasenentzündungen, Migräne oder sexuelle Störungen sowie Schuld- und Schamgefühle typische Anzeichen.

Positiver Geist

Er ist immer aktiv, wenn der Mensch nach Chancen und Möglichkeiten sucht, seine Probleme zu lösen. Der positive Geist ist die Quelle unserer Zuversicht und des Humors, mit dessen Hilfe wir auch unter Druck entspannen und Leichtigkeit in unser Leben bringen können. Ist dieser Energiekörper geschwächt, fehlt oft der Mut, abgrenzende Handlungen auszuführen, ein Opfergefühl kann entstehen. Häufig sind negative Denkweisen überbetont. Außerdem gehen Sehstörungen, Schmerzen im unteren Rücken oder Autoimmunerkrankungen damit einher.

Neutraler Geist

Dieser Energiekörper steuert das (Auf-) Fassungsvermögen und das (Entwicklungs-) Potenzial des Menschen. Er repräsentiert die Fähigkeiten, zu beobachten und zu entscheiden. Da er eng mit unserer Intuition verbunden ist, befähigt er, über falsche Identifikationen und Urteile hinweg die wahre Realität zu sehen. Ist der neutrale Geist in Ungleichgewicht geraten, können betroffene Personen oft nur in Schwarz-Weiß-Kategorien denken. Sie fühlen sich außerdem schnell als Opfer. Typische Eigenschaften sind außerdem Eigensinn und Rechthaberei.

Physischer Körper

Der physische Körper ermöglicht die sinnliche Erfahrung und trägt dazu bei, diese zu Empfindungen oder Gedanken werden zu lassen. Seine Kernaufgabe ist es, immer wieder aufs Neue für Balance zwischen den verschiedenen Polaritäten des menschlichen Daseins zu sorgen, unter anderem in diesen Bereichen: Körper (fühlen) und Geist (denken), oben (Kopf) und unten (Füße), Anspannung und Entspannung, Bewegung und Ruhe, Aktivität und Passivität. Geht es dem physischen Körper nicht gut, kann sich das in Unter- oder Übergewicht auswirken. Typische Beschwerden sind Stoffwechselprobleme oder Nackenschmerzen. Betroffene neigen gerne dazu, von einem ins andere Extrem zu fallen. Menschen, die einen eingeschränkten Energiefluss im physischen Körper haben, neigen häufig auch zu Sprachproblemen.

Bogenlinie

Der sechste Energiekörper ist das Ausgleichsfeld zwischen physischer Realität und subtiler geistiger Wahrnehmung, zwischen Rationalität und Intuition. Mit einem Ungleichgewicht kommt es zu einem inneren Konflikt zwischen Denken und Fühlen. Es kann zu Stress-Symptomen oder Konzentrationsschwierigkeiten kommen. Auch Angstzustände oder Grübeleien sind eine häufige Folge.

Aura-Körper

Dieser Energiekörper entspricht dem elektromagnetischen Feld, das mit dem Begriff Aura in Verbindung steht. Die Aura dient als Container für die Lebensenergie Prana. Kann die Energie im Aura-Körper frei fließen, hat der Mensch die Kapazitäten, in seinem wahren Selbst zu ruhen und sich seiner spirituellen Identität bewusst zu werden. Der Aura-Körper funktioniert wie ein Schutz-Schild. Ist er schwach, sind wir tendenziell anfällig für Krankheiten oder andere negative Einflüsse aus unserem Umfeld. Ein starker Aura-Körper hält Belastungen fern und sorgt dafür, dass wir in unserer Mitte bleiben. Starke Nerven bedeuten eine starke Aura zu haben - eine starke Ausstrahlung, die von allen Menschen wahrgenommen werden kann.

Prana-Körper

Der Fluss der Lebensenergie ist im Prana-Körper reguliert. Er transportiert die Lebensenergie in die Organe und stellt den subtilen Strom der messbaren Nervenimpulse dar. Sie leiten Schmerz oder Wohlgefühl weiter. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Atemfluss und dem Gehirn. Gerät der Prana-Körper durcheinander, kann es zu übertriebenen Ängsten kommen - eventuell aus dem Gefühl heraus, nicht genügend Kraft zu haben, um den Herausforderungen des Lebens begegnen zu können. Oft greifen Betroffene zu Aufputschmitteln. Eine häufige Folge ist außerdem ein flacher Atem, was noch mehr Spannungen aufbaut. Wenn jemand impulsiv und voreilig ist, kann er Energie nicht gut halten, was auch auf einen geschwächten Prana-Haushalt hinweist.

Subtilkörper

Er lässt sich als Überlebensblase der Seele beschreiben und umfasst sie wie eine Hülle oder Atmosphäre. In ihm sind all unsere seelischen Erfahrungen gespeichert, außerdem ist er der Träger unserer spirituellen Erbanlagen, Talente und Einsichten. Dieser Energiekörper repräsentiert unsere Fähigkeit, Dinge zur Vollendung zu bringen. Ist er schlecht versorgt, wirkt sich das beispielsweise in Naivität oder Leichtgläubigkeit aus. Es kann aber auch zum rüden Auftreten oder aggressiver Kommunikation kommen. Häufig sind auch Verdauungsbeschwerden, die durch ein überkritisches, überzogen analytisches Denken ausgelöst werden.

Ausstrahlungskörper

Dieser Energiekörper zeichnet das Ausmaß und den Umriss unseres Bewusstseins nach. Er lässt sich dem Weisheitskörper zuordnen und befähigt zu Erkenntnis, Weisheit, höherer Einsicht und Intuition. Ist hier ein Ungleichgewicht vorhanden, zeigt sich das unter anderem in einer wankelmütigen Natur, weil er Angst vor Konflikten hat oder befürchtet, nicht anerkannt zu werden. Betroffene Personen tragen oft unscheinbare Kleidung und passen sich ihrer Umgebung an.

Wie Kundalini Yoga funktioniert

Von Kundalini Yoga gibt es mehr als 20 verschiedene Formen. Grundsätzlich geht es darum, die Energiekanäle (Nadis) frei zu machen, damit der Energiestrom im Körper frei fließen kann. Dazu gibt es verschiedene und festgelegte Übungsreihen, sie werden Kriyas genannt. Sie stärken bestimmte Körperfunktionen und beeinflussen mentale Prozesse. Welche Sets in Frage kommen, hängt davon ab, welche Blockaden vorliegen. Es gibt Kriyas beispielsweise speziell für den Rücken oder für Einschlafstörungen.

Immer wieder auftauchende Elemente im Kundalini Yoga sind die Feueratmung und der Ausdruck „Sat Nam“, der übersetzt „wahres Ich“ bedeutet, was die Zielsetzung von Kundalini Yoga zusammenfasst. Außerdem sind Meditationen, Asanas (Körperhaltungen) und Bandhas feste Bestandteile von Kundalini Yoga. Ein Bandha bezeichnet das Zusammenziehen bestimmter Muskeln im Körper, um die Energie im Körper zu halten und zu steuern. Dadurch kann der Energiefluss optimiert werden.

Die Auswirkung von Kundalini Yoga

Die Übungen im Kundalini Yoga haben einen massageähnlichen Effekt. Sie wirken stimulierend auf bestimmte Körperzonen, die wiederum als Reflexpunkte des vegetativen Nervensystems dienen, das die autonom ablaufenden Prozesse des Körpers steuert. Aus schulmedizinischer Sichtweise können diese Prozesse nicht direkt willentlich beeinflusst werden. Das vegetative Nervensystem steuert lebenswichtige Vitalfunktionen des Körpers, u.a. Atmung, Herzschlag und Verdauung. Auch andere Organsysteme werden von diesem Nervensystem innerviert.

Das vegetative Nervensystem umfasst den Sympathikus, den Parasympathikus und das enterische Nervensystem. Durch den Sympathikus werden hauptsächlich leistungssteigernde Aktivitäten herbeigeführt. Er beschleunigt die Atemfrequenz, erhöht den Blutdruck und stellt Energie durch Abbau von Kohlenhydraten bereit. Die Muskulatur wird vermehrt durchblutet und erhält eine gewisse Grundspannung. Der Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus. Er senkt den Blutdruck und schenkt Ruhe. Als weitere wichtige Funktion steuert er unwillkürlich die meisten inneren Organe. Das enterische System befindet sich im Magen-Darm-Trakt und steuert dessen Funktionen.

Ein wichtiger Aspekt des Yoga ist das Stillstellen der Bewusstseinsbewegungen. Yoga-Übende sollen in ihr Inneres schauen können, ohne von Gedankenbewegungen abgelenkt zu werden. Diese Beruhigung kann durch Yoga und Meditation herbeigeführt werden. Yoga nutzt verschiedene Komponenten, um den Geist zur Ruhe bringen zu können, u.a. ethische Regeln (Yamas und Niyama), Körperstellungen (Asanas), Atemtechniken (Pranayama), Konzentration (Dharana) und Meditation (Dhyana).

Das parasympathische Nervensystem wird durch die Übungen des Yoga aktiviert. Wird der Parasympathikus aktiviert, wird der Mensch ruhig, entspannt und kann sich regenerieren. Anstatt „schneller, weiter“ dreht der Yogi den Spieß um und möchte Ruhe und Tiefe in seinem Handeln finden, sich selbst sein und das eigene Wesen kennenlernen. Dies kann beispielsweise durch den Kopfstand (Sirsasana) erreicht werden, bei dem man das Leben sozusagen auf den Kopf stellt.

Durch die Yogapraxis beginnen die Geistesaktivitäten zur Ruhe zu kommen. Der wichtigste Nerv des Parasympathikus ist der Nervus vagus, der X. Hirnnerv. Er verläuft vom Kopf aus durch den Hals, den Brustkorb, den Bauch bis in den Unterleib und wird durch Yoga aktiviert. Er reduziert die Körperabläufe, die die Energie des Menschen verbrauchen. Die Atmung verlangsamt sich, sodass die einzelnen Organstrukturen vermehrt Sauerstoff und Nährstoffe aus dem Blut herausziehen können.

Aus Sicht des Yoga verbindet man den Fluss der Gedanken mit der Frequenz von Herz, Atmung und Blutfluss. Mit jeder Bewegung, die im Körper entsteht, sind Gedanken verbunden. Ziel ist es, den Geist still werden zu lassen. Der Atmung kommt an dieser Stelle eine wichtige Bedeutung zu, da der Mensch nicht nur aus einem physischen Körper besteht, sondern auch aus einem feinstofflichen Anteil. Dieser feinstoffliche Körper umfasst die Nadis, die Energiekanäle. Ein wichtiger Kanal ist die Manovaha-Nadi, die „Träger des Bewusstseins“ bedeutet und vom Nabel zum Kopf verläuft. Patanjali nennt diesen Kanal Kurma-Nadi, den Schildkrötenkanal. Beide Kanäle sollen dem Nervus vagus entsprechen.

Bei den Körperstellungen sind es besonders die rückbeugenden Übungen, die den Nervus vagus dehnen und unter Spannung setzen. Dies wird auch im Kundalini Yoga praktiziert. Die verschiedenen Atemübungen führen durch eine tiefere Atembewegung zur Aktivität des Nerven. Die Weitung von Brustkorb und Bauch übt einen positiven Einfluss auf den Parasympathikus aus.

Bandhas sind die Verschlüsse im Yoga, die durch eine bestimmte Form der Muskelkontraktion entstehen. Ein Beispiel ist Jalandhara Bandha, bei dem das Kinn in den Nacken gedrückt wird. Dadurch wird die Manovaha-Nadi, die entlang der Wirbelsäule verläuft, stark angeregt und führt so den Körper in die Ruhe. Den Genickverschluss finden wir z.B. im Schulterstand. Eine sehr wichtige Übung des Yoga nennt man Ajagari, sowie Udara Bandha und Uddiyana Bandha. Bei Udara wölbt man den Bauch nach vorne, bei Uddiyana zieht man den Bauch ein. Udara Bandha wird im Sitzen durchgeführt, wobei man die Hände auf die Knie legt und den Oberkörper nach vorne wölbt. Wenn es genügt, so atmet man tief aus, hält den Atem an und zieht die Bauchdecke nach innen und oben. Dann atmet man wieder ein und löst den Bauch. Diese Übung sollte zu Beginn nur unter Anleitung gemacht werden. Uddiyana Bandha beeinflusst im Besonderen das parasympathische Nervensystem und beruhigt den Geist.

Ein Grundpfeiler des Yoga sind die Reinigungsübungen, die ShatKarma (sechsfache Handlung) genannt werden. Sie befreien den Körper von körperlichen und seelischen Schlacken und helfen, die Reflexe des Körpers kennenzulernen. Über Trataka, die Reinigung der Augen, wird der Tränenreflex bewusst gemacht. Der Übende starrt in eine Kerzenflamme, ohne zu blinzeln, und beginnt dabei, den Reflex zu studieren und zu kontrollieren.

Eine gesunde Lebensweise hat einen Einfluss auf den Geist und die Gedankenbewegungen. Geschäftigkeit ist einer der Grundpfeiler für einen unruhigen Geist. Daher ist es anzuraten, sich Zeit für Entspannung und Ruhe zu nehmen. Zu einer gesunden Lebensweise zählt auch eine gute und ausgewogene Ernährung, idealerweise eine lacto-vegetarische Ernährung.

Kundalini Yoga wirkt ausgleichend auf Körper, Geist und Seele. Reize, die das Nervensystem zu stark anregen, sollten gemieden werden. Hierzu zählen u.a. übermäßiger Koffeinkonsum oder lange Bildschirmzeiten. Das parasympathische Nervensystem ist ein wichtiger Faktor in der Praxis des Yoga, der zu Gelassenheit und innerem Frieden führt. Der Mensch kommt mehr und mehr bei sich an und erkennt sich besser. Durch die Verbindung von Nervenstrukturen und der feinstofflichen Komponente kommt es zu einer Verbindung von Kopf und Unterleib, wobei der Kopf für Bewusstes und der Unterleib für Unbewusstes steht.

Warum Kundalini-Yoga?

Kundalini Yoga stärkt enorm unser Nerven‑, Drüsen und Hormonsystem. Das Nervensystem ist das übergeordnete System der drei vorher genannten Systeme. Es sendet elektrische Impulse durch dein System. Ein weiterer negativer Nebeneffekt ist, dass dein Blut bei einem überlasteten Nervensystem verunreinigt wird. Dein Körper kann nur gesund und stark sein, wenn das Blut sauber ist. Unsere Nieren haben die Aufgabe, dieses zu reinigen. Sie machen nichts anderes. Neben den Nieren befinden sich zwei kleine Drüsen, die Nebennieren. Diese schütten die Stresshormone Adrenalin, Aldosteron und Cortisol aus. Bei Stress sendet der Hypothalamus an die Hypophyse. Die Hypophyse ist das zentrale Steuerungsorgan deines Hormonsystems.

Kundalini Yoga erzeugt ein Gleichgewicht zwischen Entspannung und Anspannung, also dem parasympathischen (Entspannung) und sympathischen (Anspannung) Nervensystem. Durch Bewegung (Yoga) bauen wir sogenanntes Prana (Energie/Ausdauer) auf und steigern die Ausdauer unserer Nerven. Durch das Prana in deinem Körper wirst du anders oder weniger reagieren. Wenn wir unsere Muskeln dehnen, entgiften wir unseren Körper und reinigen u.a. das Blut.

Singen (chanten) oder rezitieren von Mantren hat einen riesigen Effekt auf unser Stressempfinden. Beim Chanten berührt deine Zunge den Gaumen, an dem sich unzählig viele Meridiane befinden. Hinter dem Gaumen sitzt der Hypothalamus. Durch das Berühren der Zunge am Gaumen werden die Meridiane angeregt und somit der Hypothalamus. Ein bekanntes Beispiel ist die 4-Phasen-Atmung. Sat Nam ist wohl das bekannteste Mantra im Kundalini-Yoga. Es bedeutet so viel wie „wahre Identität“ und ist der schnellste Weg, dich mit DIR und deinem eigenen Rhythmus zu verbinden. Du findest direkt innerliche Ruhe. Bei Sorgen & Ängsten, denke SAT beim einatmen und NAM beim ausatmen.

Nutze die Natur, um in die Entspannung zu kommen. Gehe in die Natur: Es hat einen sofort Entspannungseffekt auf all unsere Zellen, reinigt das Blut und versorgt uns mit Sauerstoff.

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