Einführung
Lähmungen sind ein komplexes Thema mit vielfältigen Ursachen. Die homöopathische Behandlung von Lähmungen, insbesondere mit dem Mittel Causticum, bietet einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte der Erkrankung berücksichtigt. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendung von Causticum in der Homöopathie, seine Herstellung, seine Geschichte und seine spezifischen Anwendungsgebiete bei Lähmungen.
Was ist Causticum Hahnemanni?
Causticum Hahnemanni, auch bekannt als Ätzkalk oder Ätzstoff Hahnemanns, ist ein homöopathisches Arzneimittel. Der Name ehrt Samuel Hahnemann (1755-1843), den Begründer der Homöopathie. Die genaue chemische Zusammensetzung von Causticum ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
Herstellung von Causticum
Die Herstellung von Causticum erfolgt nach einem spezifischen homöopathischen Verfahren. Dabei wird ein frisch gebrannter Kalkstein, idealerweise aus Marmor gewonnen, für kurze Zeit in destilliertes Wasser getaucht und anschließend in einer trockenen Schale zu Pulver zerfallen gelassen. Dieses Kalkpulver wird dann mit geglühtem und geschmolzenem schwefelsaurem Kalium, das nach dem Erkalten pulverisiert und in kochendem Wasser gelöst wurde, in gleichen Teilen in einer erwärmten Porzellanreibschale zu einem dicken Brei verrührt. Diese Mischung wird in einem Kolben allmählich zur Trockne abdestilliert.
Die resultierende Substanz ist eine wässrige, klare Flüssigkeit mit einem leicht ätzenden Geruch und Geschmack. Das spezifische Gewicht beträgt etwa 0,93. Es ist wichtig zu beachten, dass spätere Homöopathen mit dieser Versuchsanordnung keine ätzenden, laugigen Substanzen mehr herstellen konnten, sondern entweder Ammoniumcarbonate oder einfach Wasser. Grimm fand 1989 heraus, dass Hahnemanns Apparatur wahrscheinlich Verunreinigungen enthielt, die zur Bildung einer schwachen Kalilauge führten.
Geschichte von Causticum
Hahnemann beschrieb Causticum in einer seiner letzten Publikationen, «Die chronischen Krankheiten, ihre eigenthümliche Natur und homöopathische Heilung» (1828-1830). Er suchte nach einer verbesserten Version einer Tinctura acris und entwickelte durch den beschriebenen Produktionsprozess eine Substanz, die er Causticum nannte.
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Das Arzneimittelbild von Causticum
Der Causticum-Mensch
In der Homöopathie wird jedem Arzneimittel ein bestimmtes «Arzneimittelbild» zugeordnet, das die typischen Symptome und Persönlichkeitsmerkmale der Menschen beschreibt, die von diesem Mittel profitieren können. «Causticum-Menschen» werden oft als unglücklich und leidend beschrieben. Sie zeichnen sich durch ein außergewöhnliches Mitgefühl und einen hoch entwickelten Gerechtigkeitssinn aus. Dieses Mitgefühl kann jedoch so stark sein, dass es sie krank macht und ihre Seele «verätzt».
Psychische und emotionale Aspekte
Causticum-Menschen sind oft idealistische Kämpfer für eine gerechtere Welt. Sie lehnen sich gegen Autoritäten auf und setzen sich für andere ein, wobei sie manchmal eine starrköpfige Geisteshaltung annehmen. Oftmals findet man sie in Helferberufen, wo sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse vergessen und sich leidenden Menschen opfern. Ihr Mitleid ist so stark, dass sie das Leid anderer übernehmen, mitweinen oder nach einem ergreifenden Film nicht mehr schlafen können.
Der Leidensweg eines Causticum-Menschen kann auch mit dem Tod eines geliebten Menschen beginnen, ähnlich wie bei Natrium-muriaticum-Menschen, die im Kummer erstarren können. Sie haben oft Angst in der Dunkelheit, hören unheimliche Geräusche und fühlen sich von Einbrechern bedroht.
Körperliche Symptome
Causticum wird in der Homöopathie bei einer Vielzahl von körperlichen Symptomen eingesetzt, insbesondere bei:
- Gesichtslähmung: Besonders auf der rechten Seite, ausgelöst durch kalten Wind oder als Folge eines unterdrückten Hautausschlages im Gesicht.
- Augenprobleme: Gelähmte Augenlider oder Schielen.
- Sprach- und Stimmprobleme: Sprachverlust, Heiserkeit (besonders morgens) oder Stottern bei Aufregung.
- Husten: Schwierig löslicher Auswurf, der hinter dem Brustbein zu kleben scheint.
- Harninkontinenz: Unwillkürlicher Harnabgang beim Niesen, Husten, Gehen, Nasenputzen oder Bettnässen im ersten Schlaf.
- Rheuma: Besserung bei feuchtem Wetter, Verschlechterung bei trockenem Wetter.
- Gefühl zu kurzer Sehnen: Mit dem Bedürfnis, sich zu dehnen und zu strecken.
- Zappeligen Beinen: Restless-Legs-Syndrom.
- Hautrisse: An den Schleimhautübergängen (Augen, Mund, After).
Es ist wichtig zu betonen, dass Causticum viel mehr ist als nur ein Mittel gegen Warzen. Es kann Warzen zum Verschwinden bringen, wenn es zum individuellen Arzneimittelbild des Patienten passt, jedoch nicht aufgrund einer ätzenden Wirkung, sondern weil es den Warzen das Terrain entzieht.
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Causticum bei Lähmungen
Anwendungsgebiete
Causticum wird in der Homöopathie häufig bei verschiedenen Arten von Lähmungen eingesetzt, darunter:
- Gesichtslähmung: Wie bereits erwähnt, besonders wenn sie durch Kälte oder unterdrückte Hautausschläge verursacht wurde.
- Lähmungen der Extremitäten: Insbesondere wenn sie mit einem Gefühl von Schwäche und Steifheit einhergehen.
- Blasenlähmung: Führt zu unwillkürlichem Harnabgang.
- Stimmbandlähmung: Verursacht Heiserkeit oder Sprachverlust.
Modalitäten
In der Homöopathie sind Modalitäten die Bedingungen, unter denen sich die Symptome verbessern oder verschlechtern. Typische Modalitäten für Causticum sind:
- Besserung: Feuchtes, warmes Wetter, Trinken von kaltem Wasser bei Husten.
- Verschlechterung: Kaltes, trockenes Wetter, Zugluft, morgens.
Fallbeispiele
Um die Anwendung von Causticum bei Lähmungen zu veranschaulichen, hier einige typische Fallbeispiele:
- Ein Patient entwickelt nach einem kalten Wintertag eine Gesichtslähmung auf der rechten Seite. Er ist emotional sehr betroffen und sorgt sich um seine Zukunft. Causticum kann in diesem Fall helfen, die Lähmung zu lindern und das emotionale Gleichgewicht wiederherzustellen.
- Eine ältere Dame leidet unter Harninkontinenz beim Husten und Niesen. Sie ist sehr mitfühlend und engagiert sich in der Nachbarschaftshilfe. Causticum kann ihr helfen, die Kontrolle über ihre Blase zurückzugewinnen.
- Ein Mann entwickelt nach einer Viruserkrankung eine Schwäche in den Beinen. Er fühlt sich steif und unbeweglich, besonders morgens. Causticum kann seine Muskelkraft stärken und seine Beweglichkeit verbessern.
Weitere Anwendungsgebiete von Causticum
Neben Lähmungen wird Causticum auch bei einer Vielzahl anderer Beschwerden eingesetzt, darunter:
- Atemwegserkrankungen: Kehlkopfentzündung, Bronchitis, Reizhusten.
- Hautprobleme: Trockene Ekzeme, Warzen, Verbrennungen.
- Menstruationsbeschwerden: Schmerzhafte oder unregelmäßige Perioden.
- Kopfschmerzen: Klopfende, ziehende oder brennende Schmerzen.
Dosierung und Anwendung
Causticum ist in verschiedenen Potenzen erhältlich, darunter D6, D12, C30 und C200. Die Wahl der Potenz und die Dosierung hängen von der Art und Schwere der Symptome sowie der individuellen Konstitution des Patienten ab.
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Selbstbehandlung
Bei akuten Beschwerden können Causticum D6 oder D12 Globuli mehrmals täglich eingenommen werden. Bei chronischen Beschwerden ist es ratsam, einen erfahrenen Homöopathen zu konsultieren, der die passende Potenz und Dosierung individuell festlegen kann.
Höhere Potenzen
Höhere Potenzen wie C30 oder C200 sollten nur nach Verordnung durch einen Homöopathen eingenommen werden, da sie eine stärkere Wirkung haben und eine engmaschige Kontrolle des Behandlungsfortschritts erfordern.
Erstverschlimmerung
Bei der Einnahme von Causticum kann es zu einer vorübergehenden Erstverschlimmerung der Symptome kommen. In diesem Fall sollte die Einnahme unterbrochen werden, bis sich die Beschwerden bessern.
Die Rolle der Homöopathie bei Polyneuropathie
Die Polyneuropathie (PNP) ist eine Erkrankung, die mehrere periphere Nerven betrifft und sich durch Symptome wie Kribbeln, Taubheit, Schmerzen und Lähmungen äußern kann. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Diabetes und Alkoholmissbrauch bis hin zu Infektionen und Vergiftungen.
Homöopathische Behandlung der Polyneuropathie
In der homöopathischen Behandlung der Polyneuropathie wird nicht nur das einzelne Symptom behandelt, sondern der ganze Mensch. Das Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren und das Gleichgewicht wiederherzustellen.
Typische homöopathische Mittel bei Polyneuropathie
Neben Causticum gibt es eine Reihe anderer homöopathischer Mittel, die bei Polyneuropathie eingesetzt werden können, darunter:
- Aconitum: Bei stechenden und brennenden Nervenschmerzen.
- Agaricus muscarius: Bei Missempfindungen, Kribbeln und Taubheit.
- Spigelia: Bei regelmäßig auftretenden Schmerzen.
- Verbascum: Bei akut auftretenden Nervenschmerzen.
- Kalium phosphoricum, Magnesium phosphoricum und Zincum chloratum: Zur Beruhigung von Nervensystem und Muskulatur.
Ganzheitlicher Therapieansatz
Die homöopathische Behandlung der Polyneuropathie wird oft durch andere Maßnahmen ergänzt, wie z.B.:
- Naturheilkundliche Verfahren: Entgiftung, Entschlackung.
- Vitamine und Nährstoffe: Vitamin B1, B6 und B12, Vitamin E, Spurenelemente.
- Physio- und Ergotherapie: Zum Aufbau der Muskulatur.
- Traditionelle chinesische Medizin (TCM).
- Ernährungsumstellungen.
Wissenschaftliche Bewertung
Die Wirksamkeit der Homöopathie ist in der Wissenschaft umstritten und durch Studien nicht eindeutig belegt. Viele Menschen berichten jedoch von positiven Erfahrungen mit der homöopathischen Behandlung von Lähmungen und anderen Beschwerden. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren und die Behandlung mit einem erfahrenen Homöopathen zu besprechen.
Fazit
Die homöopathische Behandlung von Lähmungen mit Causticum bietet einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte der Erkrankung berücksichtigt. Causticum kann bei verschiedenen Arten von Lähmungen eingesetzt werden, insbesondere wenn sie mit bestimmten Modalitäten und Persönlichkeitsmerkmalen einhergehen. Es ist wichtig, die Behandlung mit einem erfahrenen Homöopathen zu besprechen und sich umfassend über die Wirksamkeit und Grenzen der Homöopathie zu informieren.
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