Leben mit Parkinson: Ein umfassender Ratgeber

Die Diagnose Parkinson stellt einen Wendepunkt im Leben dar und beeinflusst nahezu alle Bereiche: Partnerschaft, Familie, Beruf und Freizeit. Doch es gibt viele Wege, wie Betroffene und Angehörige den Alltag meistern und die Lebensqualität erhalten können. Dieser Ratgeber fasst Tipps und Informationen zusammen, die helfen, verschiedene Lebensbereiche besser zu bewältigen. Dazu gehören Hinweise zur Beantragung eines Schwerbehindertengrades, die richtige Ernährung, praktische Hilfsmittel und Ratschläge für Angehörige.

Was ist Parkinson?

Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn langsam absterben. Diese Zellen produzieren den Botenstoff Dopamin, der für die Steuerung von Bewegungen wichtig ist. Durch den Dopaminmangel kommt es zu einer Unteraktivierung der Hirnrinde, die die Motorik steuert.

Symptome und Diagnose

Die Symptome von Morbus Parkinson entwickeln sich schleichend. Zu den typischen Symptomen gehören:

  • Zittern (Tremor)
  • Steifheit der Muskeln (Rigor)
  • Verlangsamte Bewegungen (Bradykinese)
  • Gleichgewichtsstörungen

Zusätzliche Symptome können sein:

  • "Einfrieren" von Bewegungen (Freezing)
  • Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken
  • Störungen der vegetativen Funktionen (z. B. Verstopfung, niedriger Blutdruck)
  • Psychisch-kognitive Störungen
  • Beeinträchtigungen der Sinnesorgane

Die Diagnose wird in der Regel von einem Neurologen gestellt. Dabei werden die Krankengeschichte, eine neurologische Untersuchung und gegebenenfalls weitere Tests berücksichtigt.

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Leben mit der Diagnose

Die Diagnose "Parkinson" kann zunächst mit Gefühlen der Wut oder Angst verbunden sein. Viele Fragen tauchen auf: "Kann ich meinen Beruf weiter ausüben?", "Darf ich noch Auto fahren?", "Kann ich noch Sport treiben oder verreisen?", "Hat die Erkrankung Auswirkungen auf mein Intimleben?". Es ist wichtig zu wissen, dass die Diagnose nicht bedeutet, dass sich das Leben von Grund auf ändert.

Selbsthilfe und Austausch

Eine wichtige Informationsquelle ist der Austausch mit anderen Betroffenen und deren Angehörigen. In Selbsthilfegruppen treffen Sie auf Menschen in ähnlichen Situationen, die die Herausforderungen eines Lebens mit Parkinson kennen. Der Erfahrungsaustausch kann helfen, Unsicherheiten und Zweifel zu überwinden und neue Kraft zu schöpfen.

Überregionale Selbsthilfegruppen

  • Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (dPV): Die dPV bietet Informationen, stärkt das Selbstbewusstsein und unterstützt Betroffene dabei, den bestmöglichen Behandlungsweg zu finden. (www.dpv-bundesverband.de)
  • Jung & Parkinson - Die Selbsthilfe e.V.: Diese Plattform richtet sich speziell an junge Menschen mit Parkinson und bietet Kontakte zu lokalen Selbsthilfegruppen, Chatforen und Online-Kurse. (www.jung-und-parkinson.de)
  • Parkinson Pate e.V.: Das Team von Parkinson Pate e. V. steht Erkrankten und Angehörigen in jeder Krankheitsphase unterstützend zur Seite und vermittelt Kontakte zu ehrenamtlichen "Paten".

Tipps für Betroffene

  • Nehmen Sie die Erkrankung an: Parkinson wird Sie fortan begleiten, und Sie werden lernen, damit zu leben.
  • Verändern Sie Ihren Alltag nicht über Nacht: Gewöhnen Sie sich langsam an Ihren neuen Begleiter und arrangieren Sie sich mit ihm.
  • Nutzen Sie Angebote und Tipps: Es gibt viele Angebote und nützliche Tipps, die Sie auf diesem Weg unterstützen.

Nützliche Hilfsmittel und Alltagstipps

Kleine Veränderungen und Hilfsmittel können den Alltag mit Parkinson erleichtern und die Selbstständigkeit erhalten.

Badezimmer

  • Haltegriffe und Sitze in Badewanne und Dusche
  • Rutschfester Untergrund
  • Höhenverstellbarer Hocker mit Saugfüßen
  • Toilettensitzerhöhung
  • Längenverstellbare Bürsten oder Schwämme mit dicken Griffen
  • Ergonomisch geformte Auftrag- und Eincremehilfen
  • Stand- und Kippspiegel

Ankleiden

  • Weite Kleidung mit großen Knöpfen oder Druckknöpfen
  • Reiß- und Klettverschlüsse
  • Knöpfhilfen
  • Strumpfanzieher
  • Elastische Schnürsenkel oder Slipper

Alltag

  • Schraubverschlussöffner und spezielle Schlüsselgriffe
  • Ergonomisch geformtes Besteck mit breiten Griffen
  • Tellerranderhöhung und rutschfeste Unterlagen für Teller, Tassen und Gläser
  • Gefäße mit großem, weitem Henkel und weiter Öffnung
  • Trinkbecher mit Aussparung für die Nase
  • Tragbare Aufstehhilfen
  • Gehstock oder Rollator

Wohnraum

  • Standsichere Möbel und Tische
  • Vermeidung von Stolperfallen (Läufer, Kabel, etc.)
  • Plastiküberzüge auf scharfen Kanten

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ergotherapeuten über geeignete Hilfsmittel. Bei medizinischer Notwendigkeit können die Kosten teilweise oder ganz von der Krankenkasse übernommen werden.

Ernährung bei Parkinson

Verschiedene Parkinson-Symptome können sehr kraftraubend sein und zu Gewichtsverlust führen. Eine ausgewogene Ernährung und bestimmte Essregeln können dem entgegenwirken.

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  • Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Kalorien, Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen.
  • Essregeln: Essen Sie mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt, um den Körper gleichmäßig mit Energie zu versorgen. Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit.

Stimme und Sprache

Eine leise Stimme zählt zu den häufigsten Sprechstörungen bei Parkinson. Es ist wichtig, die Stimme zu stärken und zu trainieren.

  • Aufwärmübung: Atmen Sie tief ein und sprechen Sie jeweils zehnmal hintereinander die Silben MA, MO, HA und HO laut und deutlich aus. Dehnen Sie jeden Vokal etwa drei Sekunden lang.
  • Logopädie: Eine Logopädin oder ein Logopäde kann Ihnen weitere Übungen empfehlen und ein individuelles Stimmtraining zusammenstellen.

Die Kosten für eine logopädische Behandlung werden nach ärztlicher Verordnung in den meisten Fällen von den Krankenkassen übernommen.

Musik und Bewegung

Bewegung tut gut, auch wenn die Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist. Musik kann die Freude an der Bewegung zurückbringen und als Taktgeber für Bewegungen dienen.

  • Musiktherapie: Viele Selbsthilfegruppen haben musiktherapeutische Angebote im Programm, wie gemeinsames Tanzen oder das Spielen von Rhythmus-Instrumenten.

Arztgespräche und Therapie

Je früher Parkinson diagnostiziert wird, desto eher ist es möglich, die Beschwerden wirksam zu behandeln und die Lebensqualität lange zu erhalten.

  • Vorbereitung: Bereiten Sie sich gut auf Ihre Arztbesuche vor. Notieren Sie Ihre Beobachtungen und alles, was Ihnen am Herzen liegt.
  • Parkinson-Selbsttest: Der Parkinson-Selbsttest kann Hinweise darauf geben, ob Sie mit Ihrer bisherigen Therapie noch gut eingestellt sind.

Medikamentöse Behandlung

Parkinson wird in erster Linie mit Medikamenten behandelt, die den Dopaminmangel ausgleichen. Die Therapie wird individuell an den Patienten angepasst.

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Tiefe Hirnstimulation (THS)

In manchen Fällen kann ein hirnchirurgischer Eingriff sinnvoll sein, die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (THS). Dabei werden Elektroden ins Gehirn eingesetzt, die durch elektrische Impulse bestimmte Hirnregionen positiv beeinflussen.

Parkinson und Partnerschaft

Die Diagnose Parkinson kann auch eine Erklärung für bislang unerklärliche Beschwerden oder Veränderungen des Partners sein.

  • Offene Kommunikation: Sprechen Sie offen über die Erkrankung, über eigene Unsicherheiten und Zweifel. Vergessen Sie aber nicht, dass Sie in erster Linie ein Paar sind.
  • Gelassenheit und Verständnis: Die Parkinson-Erkrankung kann auch psychische Veränderungen verursachen. Es ist wichtig, gelassen und verständnisvoll zu reagieren.
  • Sexualität: Sexualität sollte kein Tabuthema sein. Sprechen Sie offen über Veränderungen und suchen Sie bei Bedarf ärztlichen Rat.

Schwerbehinderung

Eine Parkinson-Diagnose ist oft nicht ausreichend für die Zuteilung eines Schwerbehindertengrades. Für die Beantragung sind weitere Tests vom zuständigen Versorgungsamt notwendig. Ein Schwerbehindertenausweis kann jedoch einige Vorteile mit sich bringen.

Tipps für Angehörige

Der Umgang der engsten Angehörigen mit der Erkrankung ist ein wichtiger Faktor für das Wohlergehen der Betroffenen.

  • Reagieren Sie verständnisvoll: Parkinson kann im öffentlichen Leben stigmatisierend sein. Zeigen Sie im privaten Umfeld eine gute Reaktion auf die Erkrankung.
  • Informieren Sie sich: Informieren Sie sich über die Erkrankung, um die Symptome und Auswirkungen besser zu verstehen.
  • Bieten Sie Unterstützung an: Bieten Sie praktische Hilfe im Alltag an, aber respektieren Sie die Selbstständigkeit des Betroffenen.
  • Achten Sie auf sich selbst: Bei aller Unterstützung ist es wichtig, auch auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und sich bei Bedarf Hilfe zu suchen.

Umgang mit Zukunftsängsten

Zukunftsängste sind normal, aber man sollte sich nicht von ihnen überwältigen lassen. Konzentrieren Sie sich auf die naheliegenden Schritte:

  • Informieren Sie sich ausführlich über die Erkrankung.
  • Suchen Sie eine gute ärztliche Begleitung.
  • Sprechen Sie mit anderen über Ihre Sorgen.
  • Holen Sie Rat zu medizinischen, rechtlichen oder finanziellen Fragen ein.

Berufstätigkeit

Wie lange ein Beruf ausgeübt werden kann, hängt von der Tätigkeit und dem Verlauf der Erkrankung ab. Es gibt viele Möglichkeiten, Hilfsmittel zu beantragen oder den Arbeitsplatz technisch umzugestalten.

  • Offenheit: Ob und wann man die Erkrankung anderen mitteilt, ist eine persönliche Entscheidung. Jedoch kann Offenheit Verständnis wecken.

Autofahren

Entscheidend ist, die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu prüfen, ob man in kritischen Situationen noch schnell genug reagiert. Es gibt technische Hilfsmittel, die das Autofahren erleichtern können.

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Es ist sinnvoll, schon im Frühstadium eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht zu erstellen.

  • Patientenverfügung: Legt fest, wie man ärztlich behandelt werden möchte, falls man sich nicht mehr selbst dazu äußern kann.
  • Vorsorgevollmacht: Bestimmt, wer wichtige Angelegenheiten für einen regeln soll, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollte.

Forschung und Fortschritt

Die Forschung hat in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, um die Symptome der Parkinson-Erkrankung zu lindern. Die Lebenserwartung von Menschen mit Parkinson ist heute weitgehend normal. Es werden neue Therapien erforscht, die an der Ursache der Erkrankung ansetzen.

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