Die Diagnose Demenz oder Alzheimer ist ein Schock für Betroffene und ihre Angehörigen. Viele Fragen kommen auf, insbesondere die Frage nach der verbleibenden Lebenserwartung. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, diese Frage besser zu verstehen und Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Demenz im Zusammenhang mit der Lebenserwartung zu geben.
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Oberbegriff für Erkrankungsbilder, die mit dem Verlust geistiger Funktionen wie Denken, Erinnern und Orientierung einhergehen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Demenz keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom ist, das durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann.
Es ist ein normaler biologischer Alterungsprozess, dass mit zunehmendem Alter die Vergesslichkeit zunimmt und das Kurzzeitgedächtnis versagt. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Demenzerkrankung vorliegt.
Demenzformen und ihre Auswirkungen auf die Lebenserwartung
Viele Menschen denken bei Demenz sofort an die Alzheimer-Krankheit. Es gibt jedoch über 50 verschiedene Demenzerkrankungen. Etwa 70 Prozent aller Demenzkranken leiden an Alzheimer, der mit Abstand häufigsten Form. Die Symptome und der Verlauf der Erkrankung hängen stark vom Stadium ab. Alzheimer verändert Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten - schleichend, aber unumkehrbar. Der Verlauf ist individuell, folgt aber bestimmten Mustern.
Neben Alzheimer gibt es verschiedene Demenzformen, deren Anzeichen sich ähneln. Der Gedächtnisverlust hat jedoch unterschiedliche Ursachen:
Lesen Sie auch: Lebenserwartung bei schnell fortschreitender Demenz
- Vaskuläre Demenz: Die zweithäufigste Form, verursacht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn.
- Lewy-Körper-Demenz: Die Ursachen und Symptome ähneln denen von Alzheimer. Es treten häufiger Sinnestäuschungen und Halluzinationen auf.
- Morbus Pick (frontotemporale Demenz): Eine seltenere Form, die vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten verändert.
Die Lebenserwartung bei Demenz hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art der Demenz, das Alter bei Diagnose und das Vorliegen von Begleiterkrankungen. Im Allgemeinen gilt, dass die Lebenserwartung umso geringer ist, je später im Leben die Erkrankung auftritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen.
Nach einer Alzheimer-Diagnose leben Menschen durchschnittlich noch sieben bis zehn Jahre. Andere Demenzformen können mit einer höheren Lebenserwartung einhergehen.
Stadien der Demenz und ihre Auswirkungen
Der Verlauf einer Demenz ist schleichend und progressiv, beginnt also langsam und unauffällig, verschlimmert sich aber im Laufe der Zeit. Grundsätzlich verläuft die Erkrankung jedoch bei jedem Menschen individuell. Dabei kann es auch kürzere oder längere Phasen der Stabilität geben. Auf welche Art und in welchem Tempo eine Demenz verläuft, hängt nicht zuletzt von der Demenzform sowie von individuellen Faktoren (Alter, weitere Begleiterkrankungen etc.) ab. Gleiches gilt für die Antwort auf die Frage, wie in den einzelnen Demenz-Stadien die Lebenserwartung ist.
Ein häufig genutztes Modell zur Einteilung der Demenz-Stadien ist die Reisberg-Skala, auch bekannt als Global Deterioration Scale (GDS):
- Stadium 1: Keine erkennbaren Einbußen im Bereich der kognitiven Fähigkeiten.
- Stadium 2: Geringfügige Minderung der Gehirnleistung. Betroffene vergessen Namen oder verlegen häufig Gegenstände.
- Stadium 3: Zunehmende kognitive Einschränkungen wie Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten beim Beschreiben von Gegenständen oder Vergessen von Namen und Terminen.
- Stadium 4: Deutliche kognitive Einschränkungen, die über normale Vergesslichkeit hinausgehen. Insbesondere das Kurzzeitgedächtnis ist betroffen.
- Stadium 5: Mittlere bis mäßige Demenz. Es kommt häufig zu Denk- und Gedächtnislücken, die den Alltag erschweren und Hilfestellung durch Dritte erforderlich machen.
- Stadium 6: Schwere bzw. fortgeschrittene Demenz. Das Denk- und Wahrnehmungsvermögen ist stark vermindert und die Persönlichkeit verändert sich drastisch. Hilfe bei alltäglichen Handlungen ist unverzichtbar.
- Stadium 7: Endstadium der Demenz. Erkrankte können sich nicht mehr oder kaum noch verständlich machen und verlieren zunehmend die Kontrolle über ihren Körper.
Lebenserwartung bei Alzheimer in Abhängigkeit vom Alter
Im Fall der Alzheimer-Demenz lassen sich konkretere Aussagen treffen. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gilt allgemein, dass die noch verbleibende Lebenserwartung umso geringer ist, je später im Leben die Erkrankung auftritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen. Studien haben gezeigt, dass Menschen, bei denen Anzeichen der Demenz vor dem 65. Lebensjahr eintritt, eine Lebenserwartung von acht bis zehn Jahren haben. Tritt eine Demenz im Alter zwischen 65 und 75 auf, so verkürzt sich die Lebenserwartung statistisch auf weniger als fünf Jahre. Erkrankt ein Mensch nach dem 85. Lebensjahr an einer Demenz, so verringert sich die Lebenserwartung auf weniger als drei Jahre.
Lesen Sie auch: Symptome und Behandlung von Lewy-Körper-Demenz
Einfluss von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren
Eine Demenzerkrankung an sich ist nicht tödlich. Die Lebenserwartung wird vielmehr durch begleitende Krankheiten eingeschränkt. So begünstigt eine Demenz beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infektionskrankheiten. Zudem sollte man bedenken, dass Demenzkranke in der Regel Menschen höheren Alters sind - dass sie sterben muss daher nicht unbedingt etwas mit ihrer Krankheit zu tun haben. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass Demenzkranke unter starkem Stress stehen, was wiederum eventuell vorhandene Erkrankungen negativ beeinflussen kann.
Bekannte Risikofaktoren, die das persönliche Risiko für eine Demenzerkrankung drastisch erhöhen, sind:
- Bewegungsmangel
- Ungesunde Ernährung
- Soziale Isolation
- Geistige Inaktivität
Diagnostik und Behandlung von Demenz
Die Erstdiagnose erstellt in der Regel ein Facharzt, nachdem er eine neurologische und psychiatrische Diagnostik durchgeführt hat. Eine eingehende Untersuchung des körperlichen und psychischen Gesundheitszustands sowie eine neuropsychologische Untersuchung sind nötig, um die Symptome einer konkreten Demenzform genauer zuzuordnen und eine Therapie zu empfehlen. Die Diagnose Alzheimer-Demenz lässt sich nur in einem Ausschlussverfahren stellen. Wenn bei einer Demenz keine andere Ursache gefunden werden kann, wird eine "Demenz vom Alzheimer-Typ" diagnostiziert. Neben einer körperlichen Untersuchung sind Blutproben erforderlich, um beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen auszuschließen. Hinzu kommt eine Aufnahme des Gehirns mit sogenannten bildgebenden Verfahren wie der Computertomografie (CT) oder der Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT), um andere organische Ursachen auszuschließen. Manchmal ist auch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquordiagnostik) erforderlich, um eine entzündliche Erkrankung des Gehirns sicher auszuschließen.
Obwohl viele Demenzformen, einschließlich Alzheimer, derzeit nicht heilbar sind, gibt es Behandlungsoptionen, die die Lebensqualität der Betroffenen verbessern und den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Dazu gehören:
- Medikamentöse Therapien: Medikamente, die den Blutfluss im Gehirn verbessern oder die Wirkung von Botenstoffen wie Acetylcholin beeinflussen.
- Nicht-medikamentöse Therapien: Psychotherapie, Musik- und Kunsttherapie, Bewegungsübungen oder Sinnes- und Wahrnehmungsübungen.
- Unterstützungsangebote: Beratung und Unterstützung für Betroffene und Angehörige, Gedächtnisgruppen und Tagespflegeeinrichtungen.
Umgang mit der Diagnose und Vorsorgemaßnahmen
Eine Demenz-Diagnose kann überwältigend sein. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Dazu gehören:
Lesen Sie auch: Semantische Demenz - Verlauf und Prognose im Detail
- Patientenverfügung: Um sicherzustellen, dass Ihre medizinischen Wünsche respektiert werden, auch wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, diese selbst zu äußern.
- Vorsorgevollmacht: Um eine Person Ihres Vertrauens zu bevollmächtigen, Entscheidungen in Ihrem Namen zu treffen.
- Antrag auf Pflegegrad: Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen.
Sterben mit Demenz
Demenz führt an sich nicht unbedingt zum Tod. Dennoch haben Menschen, die an Demenz erkranken, eine verkürzte Lebenserwartung. Das liegt zum einen daran, dass es den Betroffenen im späteren Verlauf der Krankheit immer schwerer fällt, auf ihre eigene Gesundheit zu achten, Frühwarnzeichen für Erkrankungen wahrzunehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die häufigste Todesursache bei Menschen mit Demenz ist die Lungenentzündung (Pneumonie).
Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz kommt es oft zum Umzug in ein Heim oder Hospiz, wenn die Familie die Pflege des Kranken nicht mehr allein bewältigen kann. Die finale Sterbephase erfolgt häufig dort.