Die Lewy-Körperchen-Demenz (LKD) und die Demenz bei Parkinson (PDD) sind zwei neurodegenerative Erkrankungen, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweisen. Beide Erkrankungen sind durch kognitive und motorische Störungen gekennzeichnet und gehören zum Spektrum der Synucleinopathien, bei denen sich das Protein Alpha-Synuclein im Gehirn ablagert. Die Unterscheidung zwischen LKD und PDD kann jedoch schwierig sein, insbesondere in späteren Krankheitsstadien, da sich die Symptome überschneiden können.
Einführung in Demenzformen
Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, die durch den Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denken, Sprache und Orientierung gekennzeichnet sind. Demenz stellt eine große Herausforderung für die Betroffenen, ihre Angehörigen und die Gesellschaft dar. Es gibt verschiedene Demenzformen, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form, gefolgt von der vaskulären Demenz, der Lewy-Körperchen-Demenz und der Demenz bei Parkinson.
Ursachen und Mechanismen
Neurodegenerative Demenzen entstehen durch Ablagerungen von Proteinen im Gehirn, die zu Nervenzellschäden führen. Bei der LKD und PDD spielt das Alpha-Synuclein eine zentrale Rolle. Dieses Protein lagert sich in den Nervenzellen ab und bildet sogenannte Lewy-Körperchen. Diese Lewy-Körperchen beeinträchtigen die Funktion der Nervenzellen und führen letztendlich zu ihrem Absterben.
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Lewy-Körperchen sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen können. Insbesondere die Genvariante ApoE4 scheint mit einem erhöhten Risiko für LKD verbunden zu sein. ApoE4 reguliert das Protein Alpha-Synuclein, das bei der LKD und PDD zu den schädlichen Verklumpungen im Gehirn führt.
Epidemiologie
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine häufige neurodegenerative Demenzform. Schätzungen zufolge liegt die Prävalenz der LKD innerhalb aller Demenzen bei über 65-Jährigen zwischen 3,6 und 6,6 % und bei Demenzerkrankten über 65 Jahre zwischen 1,7 und 30,5 %.
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Die Parkinson-Krankheit ist mit einer Prävalenz von 1,8 % bei über 65-Jährigen eine der häufigeren neurologischen Erkrankungen im höheren Lebensalter. Parkinson-Patienten haben ein sechsfach erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln. Die Prävalenz der Parkinson-Krankheit mit Demenz liegt einem systematischen Review zufolge bei 0,5 % der über 65-Jährigen in der Gesamtbevölkerung und bei 3,6 % bei Demenzerkrankten. Die Angaben zur Häufigkeit der Parkinson-Krankheit mit Demenz schwanken jedoch erheblich, nämlich zwischen 39,9 % und bis zu 80 % nach einem mittleren Krankheitsverlauf von acht Jahren.
Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz bei der Parkinson-Krankheit gelten früh im Krankheitsverlauf auftretende Halluzinationen und der akinetisch-rigide Typ der Parkinson-Krankheit, außerdem hohes Lebensalter, komorbide Depression und Nikotinmissbrauch.
Klinische Unterschiede und Symptome
Die wesentlichen Unterschiede zwischen LKD und PDD liegen im zeitlichen Ablauf der Symptome. Bei der LKD treten kognitive und/oder psychiatrische Symptome innerhalb eines Jahres vor oder gleichzeitig mit den motorischen Symptomen eines Parkinson-Syndroms auf. Bei der PDD entwickeln sich die kognitiven Defizite und/oder die Demenz erst, nachdem bereits mindestens ein Jahr lang das motorische Vollbild einer Parkinson-Krankheit besteht (Ein-Jahres-Regel).
Lewy-Körperchen-Demenz (LKD)
Die LKD ist durch folgende Symptome gekennzeichnet:
- Kognitive Störungen: Im Vergleich zur Alzheimer-Krankheit zeigen sich frühzeitig visuell-räumliche Störungen und Störungen der exekutiven Funktionen. Die kognitive Leistungsfähigkeit kann im Tagesverlauf stark schwanken.
- Psychiatrische Symptome: Häufig treten frühe optische Halluzinationen auf, die oft szenischer Natur sind. Auch Fluktuationen der Aufmerksamkeit und Vigilanz sind typisch.
- Motorische Symptome: Ein Parkinsonsyndrom kann latent oder diskret in einem frühen Stadium vorhanden sein.
- Weitere unterstützende Kriterien: REM-Schlaf-Verhaltensstörung (lebhafte Träume mit motorischer Aktivität im Schlaf), erhöhte Sensibilität auf Neuroleptika.
Demenz bei Parkinson (PDD)
Bei der PDD stehen folgende Symptome im Vordergrund:
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- Motorische Symptome: Typische Parkinson-Symptome wie Muskelzittern, Muskelsteifigkeit, verlangsamte Bewegungen und Haltungsinstabilität.
- Kognitive Störungen: Störungen der Exekutivfunktionen, Einschränkungen der visuell-räumlichen Leistungen, Aufmerksamkeitsdefizite und Antriebsstörungen. Die Gedächtnisfunktionen sind weniger stark eingeschränkt als bei der Alzheimer-Krankheit.
- Psychiatrische Symptome: Depressionen und Halluzinationen können auftreten.
Diagnostik
Die Diagnose von LKD und PDD erfordert eine umfassende klinische Untersuchung, neuropsychologische Tests und bildgebende Verfahren.
Klinische Untersuchung und Anamnese
Die klinische Untersuchung umfasst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), die Beurteilung der kognitiven und motorischen Funktionen sowie die Erfassung psychiatrischer Symptome. Besonders wichtig ist die Fremdanamnese, um Informationen über den Krankheitsverlauf und Verhaltensänderungen zu erhalten.
Neuropsychologische Tests
Neuropsychologische Tests dienen der Charakterisierung der kognitiven Störungen. Bei LKD und PDD zeigen sich häufig Defizite in den exekutiven Funktionen und den visuell-konstruktiven Fähigkeiten. Ein Beispiel für einen solchen Test ist der "Uhrentest", bei dem die Patienten gebeten werden, eine Uhr mit einer bestimmten Uhrzeit zu zeichnen.
Bildgebung
- Magnetresonanztomographie (MRT): Eine cMRT des Gehirns dient zum Ausschluss struktureller Veränderungen und vaskulärer Läsionen.
- Elektroenzephalographie (EEG): Ein EEG kann durchgeführt werden, um epileptische Anfälle auszuschließen. Patienten mit LKD haben tendenziell langsamere EEG-Grundrhythmen als Patienten mit Alzheimer-Demenz oder PDD.
- Nuklearmedizinische Untersuchungen:
- FP-CIT SPECT: Diese Untersuchung dient zur Bestimmung der Dopamin-Transporter-Bindung und kann bei der Abgrenzung der LKD von der Alzheimer-Demenz hilfreich sein. Bei der LKD liegt ein dopaminerges nigrostriatales Defizit vor.
- Myokardszintigraphie (MIBG): Mit dieser Untersuchung kann die sympathische Denervierung des Herzens bei LKD und PDD nachgewiesen werden.
- Liquoranalyse: Die Analyse des Liquors auf beta-Amyloid und Tau-Protein kann ebenfalls bei der Abgrenzung zur Alzheimer-Demenz helfen.
Therapie
Die Therapie von LKD und PDD umfasst medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
Medikamentöse Therapie
- Cholinesterasehemmer: Diese Medikamente erhöhen die Konzentration von Acetylcholin im Gehirn und können die kognitiven Symptome und neuropsychiatrischen Symptome bei LKD und PDD verbessern. Rivastigmin ist in Deutschland für die Behandlung der PDD zugelassen.
- Levodopa: Levodopa ist ein Medikament, das den Dopaminmangel im Gehirn ausgleicht und zur Behandlung der motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird. Bei LKD ist die Ansprechbarkeit auf Levodopa jedoch oft geringer als bei PDD.
- Antipsychotika: Bei psychotischen Symptomen wie Halluzinationen können Antipsychotika eingesetzt werden. Allerdings ist bei LKD Vorsicht geboten, da viele Neuroleptika die motorischen Symptome verschlimmern können. Clozapin und Quetiapin sind atypische Antipsychotika, die bei LKD möglicherweise besser verträglich sind.
- Antidepressiva: Depressionen treten bei LKD und PDD häufig auf. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) können zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden.
Nicht-medikamentöse Therapie
Nicht-medikamentöse Maßnahmen spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von LKD und PDD. Sie können dazu beitragen, die kognitiven Fähigkeiten zu fördern, den Alltag zu strukturieren und das Wohlbefinden zu verbessern.
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- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die Alltagskompetenzen zu erhalten und zu verbessern.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann die motorischen Fähigkeiten verbessern und Stürze verhindern.
- Logopädie: Logopädie kann bei Sprach- und Schluckstörungen helfen.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann bei Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Problemen helfen.
- Kognitives Training: Kognitives Training kann dazu beitragen, die geistigen Fähigkeiten zu verbessern.
- Musiktherapie und Kunsttherapie: Diese Therapieformen können das Wohlbefinden verbessern und die Kommunikation fördern.
- Anpassung der Umgebung: Eine reizarme und strukturierte Umgebung kann dazu beitragen, Verwirrung und Unruhe zu reduzieren.
Weitere Aspekte der Behandlung
- Unterstützung der Angehörigen: Die Betreuung von Menschen mit LKD oder PDD ist oft sehr belastend für die Angehörigen. Es ist wichtig, dass die Angehörigen Unterstützung und Entlastung erhalten.
- Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass die medizinischen Wünsche des Patienten auch dann respektiert werden, wenn er nicht mehr in der Lage ist, selbst Entscheidungen zu treffen.
- Pflegegrad: Menschen mit LKD oder PDD haben unter Umständen Anspruch auf einen Pflegegrad und damit auf verschiedene Leistungen der Pflegekasse.
Differenzialdiagnose
Bei der Differenzialdiagnose von LKD und PDD müssen andere Demenzformen und neurologische Erkrankungen ausgeschlossen werden. Dazu gehören:
- Alzheimer-Krankheit
- Vaskuläre Demenz
- Frontotemporale Demenz
- Morbus Parkinson ohne Demenz
- Multisystematrophie (MSA)
- Progressive supranukleäre Blickparese (PSP)
- Kortikobasale Degeneration (CBD)
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