Librela, ein relativ neues Medikament zur Behandlung von Arthrose bei Hunden, hat in der Tiermedizin sowohl Begeisterung als auch Besorgnis ausgelöst. Es wird oft als "Wundermittel" ohne Nebenwirkungen angepriesen, doch es gibt zunehmend Berichte über unerwünschte Wirkungen, insbesondere neurologischer Natur. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise von Librela, die potenziellen Risiken und Nebenwirkungen sowie alternative Behandlungsansätze.
Was ist Librela und wie wirkt es?
Librela enthält den Wirkstoff Bedinvetmab, einen monoklonalen Antikörper, der gezielt den Nervenwachstumsfaktor (NGF) bindet. NGF spielt eine zentrale Rolle bei der Schmerzwahrnehmung und Entzündung. Durch die Blockade von NGF kann Librela Schmerzen lindern, die durch Arthrose verursacht werden. Das Medikament wird einmal monatlich vom Tierarzt als Injektion verabreicht.
Monoklonale Antikörper (mAbs) sind künstlich hergestellte Antikörper, die seit 1988 in der Humanmedizin eingesetzt werden. Sie blockieren oder regulieren bestimmte Proteine oder Rezeptoren, die an Entzündungs-, Regulations- und Homöostase-Mechanismen beteiligt sind. Cytopoint, das zur Behandlung von Atopie/Allergien eingesetzt wird, gehört ebenfalls zu den monoklonalen Antikörpern.
Librela lindert arthritische Schmerzen bei Hunden mit einer Wahrscheinlichkeit von 60-70 %, indem es die Wirkung von NGF blockiert. Sobald dieser künstliche Antikörper an den NGF gebunden hat, hindert er ihn daran, sich an seine Rezeptoren auf den Nervenzellen zu heften und unterbricht die Übertragung von Schmerzsignalen.
Die Kehrseite der Schmerzlinderung: Mögliche Nebenwirkungen
Obwohl Librela arthritische Schmerzen lindern kann, ist es wichtig zu beachten, dass NGF viele andere Funktionen im Körper hat. Es ist wichtig für das Wachstum, die Erhaltung und das Überleben von Nervenzellen im zentralen und peripheren Nervensystem. Es reguliert das Wachstum und die Differenzierung von B-Lymphozyten und die Reifung von T-Zellen im Falle einer Infektion und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Immunsystems. Es ist an der Erhaltung und dem Überleben der Betazellen der Bauchspeicheldrüse (Insulinproduktion) beteiligt.
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Die Blockierung von NGF durch Librela kann daher unerwünschte Folgen haben. Es besteht eine 2-10%ige Chance auf unerwünschte Wirkungen, von denen einige erheblich sind, einschließlich einer "kleinen" Chance auf irreversible Schäden, die zum Tod führen könnten, oder die Notwendigkeit der Euthanasie, bevor das Medikament abgenutzt hat. Die Halbwertszeit von Librela beträgt durchschnittlich 19 Tage, was bedeutet, dass unerwünschte Wirkungen über Tage bis Wochen anhalten können.
Einige der berichteten Nebenwirkungen sind:
- Histiozytom
- Neurologische Störungen (z.B. Zittern, Gangstörungen)
- Erkrankungen des Verdauungstrakts
- Erkrankungen der Nieren- und Harnwege
- Verhaltensänderungen (z.B. Ängstlichkeit, Unruhe, Apathie)
- Inkontinenz
- Hautirritationen und Juckreiz
- Erhöhter Durst und vermehrtes Wasserlassen
- Lethargie
- Appetitlosigkeit
- Schwäche der Hinterhand
Es ist wichtig zu beachten, dass viele Tierärzte ihren Kunden versichern, dass Librela keine Nebenwirkungen hat. Daher ist es wichtig, sich selbst zu informieren, bevor Sie sich für den Einsatz von Librela entscheiden.
Neurologische Aspekte und der Nervenwachstumsfaktor
Der Nervenwachstumsfaktor (NGF) ist für das Wachstum und Überleben von Neuronen verantwortlich, nicht nur in der Embryonalentwicklung, sondern ein Leben lang. Er stabilisiert bestehende Synapsen und fördert das Wachstum bei verletzten Neuronen. Im Humanbereich hat man bereits Zusammenhänge mit dem Nerve Growth Factor und Alzheimer, MS, Autismus u.a. festgestellt.
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Librela jedoch oft bei Hunde-Patienten mit neurologischen Ausfällen verabreicht wird. Ein Tierphysiotherapeut wird bei neurologischen Läsionen alles tun, um das Nervenwachstum anzuregen. Wie soll eine Therapie jedoch erfolgreich verlaufen, wenn durch Librela das Nervenwachstum gehemmt wird?
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Was die Forschung sagt: Die Farrell-Studie und die Antwort von Zoetis
Eine internationale Expertengruppe unter der Leitung von Mike Farrell hat eine umfassende Analyse der muskuloskelettalen Nebenwirkungen von Librela durchgeführt. Von insgesamt 878 untersuchten muskuloskelettalen Nebenwirkungsberichten waren 789 (90%) dem Medikament Librela zuzuordnen. Ein 18-köpfiges internationales Expertenteam untersuchte 19 Einzelfälle von schweren muskuloskelettalen Problemen bei Librela-behandelten Hunden. Von den 19 untersuchten Hunden erlitten 37% Knochenbrüche und 10,5% Gelenkverrenkungen - alles Ereignisse, die bei einer normalen Arthrose-Behandlung nicht zu erwarten wären.
Der Hersteller von Librela, Zoetis, hat eine ausführliche Stellungnahme zu der Farrell-Studie veröffentlicht. Das Unternehmen übt Kritik an der Methodik der Studie und argumentiert, dass die verwendeten EMA-Daten unvollständig seien. Es ist verständlich, dass ein Pharmakonzern sein Produkt verteidigt. Allerdings ist zu bedenken: Bei potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen wie beschleunigter Gelenkzerstörung kann auch eine statistisch „geringe“ Rate von 19 Fällen bei 28 Millionen Dosen für den ein oder anderen relevant sein.
Alternative Behandlungsansätze für Arthrose
Angesichts der potenziellen Risiken von Librela ist es ratsam, zunächst alternative Behandlungsansätze für Arthrose in Betracht zu ziehen. Ein stufenweiser, ganzheitlicher Ansatz kann helfen, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität des Hundes zu verbessern, ohne die potenziellen Nebenwirkungen von Librela zu riskieren.
Stufe 1:
- Hochdosierte essenzielle Fettsäuren (Omegas)
- Grünlippmuschelextrakt
- Kurkuma
- Epitalis
- Hagebutte
- Homöopathie
- Physikalische Therapien
Stufe 2:
- CBD
- Westliche oder TCM-Kräutermedizin
- Akupunktur oder Akupressur
- Lasertherapie
- Hyperbare Sauerstofftherapie
- Regelmäßige physikalische Therapien
Stufe 3:
- Gepulste Behandlung mit verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln (NSAIDS, Gabapentin, Amantadin, Ketamininjektionen)
Stufe 4:
- Opiate und Librela (als letzte Option, wenn alle anderen Behandlungen versagen)
Weitere Maßnahmen, die helfen können:
- Gewichtsmanagement (Idealgewicht halten)
- Angepasste Bewegung (leichte Ausdauer-Aktivitäten statt Action-Sport)
- Ernährungsumstellung (z.B. von Rindfleisch auf Geflügel, mehr Gemüse)
Wann ist Librela eine Option?
Librela kann eine Option sein, wenn alle anderen Behandlungen versagen und der Hund unter starken Schmerzen leidet. In diesem Fall sollte man die potenziellen Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und sich von einem Tierarzt beraten lassen.
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Einige Tierärzte sehen Librela als eine wertvolle Option für ältere Hunde, bei denen andere Schmerzmittel nicht ausreichend wirken oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. In solchen Fällen kann Librela helfen, die Lebensqualität des Hundes zu verbessern, auch wenn dies möglicherweise mit einem Risiko verbunden ist.
Was Hundehalter tun können
- Informieren Sie sich gründlich über Librela und seine potenziellen Risiken und Nebenwirkungen.
- Besprechen Sie alle Behandlungsoptionen mit Ihrem Tierarzt.
- Erwägen Sie alternative Behandlungsansätze, bevor Sie Librela in Betracht ziehen.
- Beobachten Sie Ihren Hund nach der Injektion genau auf mögliche Nebenwirkungen.
- Melden Sie alle beobachteten Nebenwirkungen Ihrem Tierarzt und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
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