Nasenspray gegen Epilepsie: Anwendung und Wirksamkeit von Midazolam

Epileptische Anfälle stellen eine erhebliche Belastung für Betroffene und deren Umfeld dar. Die schnelle Intervention bei einem Anfall ist entscheidend, um die Anfallsdauer zu verkürzen und Komplikationen zu vermeiden. In diesem Kontext hat sich das Midazolam-Nasenspray als eine vielversprechende Option etabliert. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendung von Midazolam als Nasenspray gegen Epilepsie, seine Wirkungsweise, Dosierungsempfehlungen und weitere wichtige Aspekte.

Was ist Midazolam?

Midazolam ist ein kurzwirksames Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine. Es wirkt zentral dämpfend, einschläfernd, angstlösend, entspannend und entkrampfend, jedoch nicht analgetisch. Aufgrund seiner geringen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System findet Midazolam auch in der Anästhesie breite Anwendung, um Patienten vor und während operativer Eingriffe zu beruhigen und zu sedieren. Zudem werden die anterograde Amnesie (reduzierte Merkfähigkeit) und die anxiolytische (angstlösende) Wirkung von Midazolam genutzt. Es kann auch kurzzeitig gegen Schlafstörungen eingesetzt werden.

Pharmakokinetik von Midazolam

Midazolam wird bei oraler Gabe vollständig resorbiert, wobei die maximale Plasmakonzentration nach etwa einer Stunde erreicht wird. Die gleichzeitige Nahrungsaufnahme kann diesen Zeitpunkt um etwa eine Stunde verzögern. Bei intravenöser Gabe setzt die Wirkung innerhalb weniger Minuten ein, während bei intramuskulärer Gabe die Wirkung etwas später eintritt. Die Halbwertszeit beträgt 1,5 bis 2,5 Stunden. Der Abbau erfolgt vorrangig in der Leber und zu geringen Teilen im Darm über das Cytochrom P450-Enzym CYP3A4, wobei aktive Metaboliten wie Alpha-Hydroxy-Midazolam entstehen.

Wirkungsweise von Midazolam

Midazolam bindet an GABA-Rezeptoren im Gehirn und verstärkt die Wirkung des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA). GABA führt zu einem vermehrten Einstrom von negativ geladenen Chlorid-Ionen in die postsynaptischen Nervenzellen, was eine Hyperpolarisation bewirkt. Dadurch wird die Erregbarkeit der Nervenzellen reduziert, was die sedierende, anxiolytische, antikonvulsive und muskelrelaxierende Wirkung von Midazolam erklärt.

A1-Rezeptor und seine Bedeutung

Ein Team um Professor Dr. Shalini Saggu von der Augusta University in Georgia, USA, forscht an dem Peptid A1R-CT, das nach dem Adenosin-1-Rezeptor (A1-Rezeptor) benannt ist. Dieser Rezeptor befindet sich auf der Oberfläche von Neuronen und wird durch Adenosin aktiviert, das von Gliazellen als Reaktion auf Übererregbarkeit hergestellt wird. Die Aktivierung des A1-Rezeptors dämpft den angeregten Zustand der Neuronen, indem Ionenkanäle moduliert werden, die zur Erzeugung elektrischer Signale beitragen. Zudem verringert die Aktivierung die Freisetzung von Glutamat, einem Neurotransmitter, der Neuronen erregt. Das Peptid A1R-CT wirkt durch die Hemmung von Neurabin, welches für ein Gleichgewicht sorgt, um eine Hyperaktivität des A1-Rezeptors zu verhindern. Studien im Mausmodell zeigten, dass das Peptid sowohl bei schweren Anfällen als auch bei Alzheimer wirksam ist, und zwar nicht nur bei direkter Injektion in das Gehirn, sondern auch bei Applikation als Nasenspray.

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Vorteile der intranasalen Applikation von Midazolam

Die intranasale Applikation von Midazolam bietet mehrere Vorteile gegenüber anderen Verabreichungsformen, insbesondere im Notfall:

  • Einfache Anwendung: Das Nasenspray ist leicht zu verabreichen, auch von nicht-medizinischem Personal.
  • Schneller Wirkungseintritt: Im Vergleich zur intravenösen oder intramuskulären Gabe ist der Wirkungseintritt schneller.
  • Nicht-invasiv: Die nasale Applikation ist nicht-invasiv und vermeidet die Notwendigkeit einer Injektion.

Anwendung von Midazolam-Nasenspray bei Epilepsie

Die intranasale Anwendung von Midazolam bei epileptischen Anfällen kann die Anfallsrate in den folgenden Stunden deutlich reduzieren. Eine Studie von Lara Kay und ihrem Team zeigte, dass Patienten nach der intranasalen Applikation von rund 5 mg Midazolam im Durchschnitt erst nach knapp sechs Stunden den nächsten Anfall erlitten, während es unbehandelt nur knapp zweieinhalb Stunden dauerte. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten dabei nicht auf.

Vergleich mit anderen Benzodiazepinen

Midazolam ist ähnlich effektiv wie andere Benzodiazepine, aber in leicht applizierbaren Formen wie dem Nasenspray verfügbar. Eine Studie verglich die intranasale Gabe von Midazolam (0,2 mg/kg Körpergewicht) mit der intravenösen Gabe von Diazepam (0,3 mg/kg KG) bei Kindern mit epileptischen Anfällen. In beiden Gruppen gelang es, zwei Drittel der Anfälle zu unterbrechen, jedoch war die intranasale Applikation von Midazolam deutlich schneller.

Dosierungsempfehlungen für Midazolam

Die Dosierung von Midazolam variiert je nach Anwendungsgebiet, Alter des Patienten und Art der Verabreichung.

Erwachsene

  • Intranasal/Intramuskulär: 10 mg i.n./i.m.
  • Intravenös:
    • < 60 Jahre: 2 - 2,5 mg i.v. (maximal 7,5 mg)
    • ≥ 60 Jahre: 0,5 - 1 mg i.v. (maximal)
  • Intravenöse Bolusgabe: Die empfohlene Dosis liegt zwischen 0,03-0,3 mg/kg und sollte langsam und schrittweise verabreicht werden. Bei hämodynamisch instabilen Patienten ist die Bolusdosis zu reduzieren oder ganz auszulassen.
  • Intravenöse Erhaltungsdosis: Die Dosis liegt in einem Bereich von 0,03-0,2 mg/kg/h. Bei hämodynamisch instabilen Patienten ist die Erhaltungsdosis zu reduzieren und der Sedierungsgrad regelmäßig zu beurteilen.
  • Einmalgabe: Die empfohlene Dosis beträgt 7,5-15 mg (entsprechend 3,75-7,5 ml) Midazolam als Einmalgabe. Ältere Patienten können eine längere Sedierung zeigen. Erwachsene über 60 Jahre, geschwächte Patienten oder Patienten mit chronischer Erkrankung: Die empfohlene Dosis beträgt 5 mg Midazolam (1 ml) als intramuskuläre Injektion, dabei sollte 1 ml der Injektionslösung in der Fertigspritze vor der Injektion verworfen werden. Eine weitere Dosis von 5 mg Midazolam (1 ml) kann gegeben werden, wenn die klinische Wirkung 10-15 Min.
  • Narkoseeinleitung: Bei Erwachsenen < 60 Jahren wird die Anfangsdosis von 2-2,5 mg etwa 5-10 Minuten vor Beginn des Eingriffs injiziert. Je nach Bedarf können weitere 1-mg-Dosen angewendet werden. Die Gesamtdosen betragen in der Regel im Mittel zwischen 3,5-7,5 mg. Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung wird mit einer Dosis von 0,5-1 mg begonnen. Je nach Bedarf können weitere 0,5- bis 1-mg-Dosen angewendet werden. Bei Erwachsenen < 60 Jahren reicht in der Regel eine intravenöse Dosis von 0,15-0,2 mg/kg aus. Ohne Prämedikation kann die Dosis höher sein (0,3-0,35 mg/kg i.v.). Falls zum Abschließen der Narkoseeinleitung notwendig, können die einzelnen Dosisschritte etwa 1/4 der Anfangsdosis betragen, oder die Narkoseeinleitung kann alternativ mit Inhalationsanästhetika abgeschlossen werden. Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung beträgt die intravenös verabreichte Dosis 0,1-0,2 mg/kg.

Kinder

  • Intranasal/Intramuskulär: 0,3 mg/kgKG i.n.
  • Rektale Anwendung: Die gesamte Midazolam-Dosis, die im Normalfall 0,3-0,5 mg/kg beträgt, ist 15-30 Minuten vor Einleitung der Narkose zu verabreichen. Die rektale Applikation der Lösung wird mit einem am Ende der Spritze befestigten Kunststoffapplikator durchgeführt.
  • Narkose: In diesem Fall ist Midazolam intramuskulär (in eine große Muskelmasse, 20-60 Minuten vor Einleitung der Narkose) bzw.
  • Intravenöse Bolusgabe: Bei intubierten und beatmeten Kindern ist eine intravenöse Bolusgabe von 0,05 - 0,2 mg/kg langsam über mindestens 2 - 3 Minuten zur Erreichung der gewünschten klinischen Wirkung zu verabreichen.
  • Intravenöse Dauerinfusion: Auf die Bolusgabe folgt eine intravenöse Dauerinfusion von 0,06 - 0,12 mg/kg/h (1 - 2 μg/kg/Min.). Bei einem Körpergewicht unter 15 kg sollte die Konzentration der Midazolam-Lösung 1 mg/ml nicht überschreiten.
  • Anfangsdosis: Die Dosis sollte langsam gesteigert werden. Die Anfangsdosis sollte über einen Zeitraum von 2-3 Minuten verabreicht werden. Nach weiteren 2-5 Minuten kann die sedierende Wirkung vor Einleitung eines Eingriffs oder eine weitere Dosisgabe besser eingeschätzt werden. Kinder > 6 Monate und < 5 Jahre: Die Anfangsdosis beträgt 0,05-0,1 mg/kg. Kinder 6-12 Jahre: Die Anfangsdosis beträgt 0,025-0,05 mg/kg.

Wichtige Hinweise zur Dosierung

  • Bei nasaler Gabe muss konzentriertes Midazolam (15 mg / 3 ml) verwendet werden, da pro Nasenloch nur 1 ml Flüssigkeit aufgenommen werden kann.
  • Bei Erwachsenen > 60 Jahre sowie bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischer Erkrankung ist die Dosis zu reduzieren und individuell anzupassen.
  • Bei hämodynamisch instabilen Patienten sind die Bolusdosis und die Erhaltungsdosis zu reduzieren und der Sedierungsgrad regelmäßig zu beurteilen.
  • Die intramuskuläre Anwendung ist schmerzhaft für die Patienten und sollte nur in Ausnahmefällen gewählt werden.

Kontraindikationen und Warnhinweise

Midazolam darf nicht angewendet werden bei:

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  • Schwere Ateminsuffizienz oder akute Atemdepression
  • Überempfindlichkeit gegen Midazolam oder andere Benzodiazepine

Midazolam darf während der Schwangerschaft nur bei zwingender Indikation angewendet werden, da in tierexperimentellen Studien embryotoxische Wirkungen wie bei anderen Benzodiazepinen beobachtet wurden.

Spezielle Patientengruppen

Bei älteren, geschwächten Patienten oder solchen mit Atem- oder Herzinsuffizienz sollte die Dosis vorsichtig angepasst werden.

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln

Wechselwirkungen von Midazolam mit anderen Wirkstoffen sind überwiegend auf das Hauptenzym im Metabolismus zurückzuführen: das Cytochrom P450-Isoenzym CYP3A4. Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die die CYP3A Aktivität verändern, kann die Wirkungen und Nebenwirkungen von Midazolam beeinflussen.

Nebenwirkungen

Sedierung, Amnesie, beeinträchtigte Aufmerksamkeit und gestörte Muskelfunktionen, die zur Wirkung von Midazolam zählen, können die Fähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen oder Bedienen von Maschinen negativ beeinflussen. Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oder eine Maschine bedienen dürfen.

Weitere mögliche Nebenwirkungen sind:

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  • Rebound-Insomnie: Nach dem Absetzen kann es zu einer Wiederaufnahme der Insomnie kommen, möglicherweise sogar stärker als vor der Behandlung.
  • Amnesie: Es besteht das Risiko anterograder Amnesien, besonders nach Einnahme höherer Dosen.
  • Psychische und „paradoxe“ Reaktionen: Insbesondere bei älteren Patienten oder Kindern können unerwünschte psychische Reaktionen auftreten.
  • Entzugserscheinungen: Können bei abruptem Absetzen auftreten.

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