Liebeskummer: Was im Gehirn wissenschaftlich passiert

Liebeskummer ist mehr als nur ein Teenagerproblem; er ist ein tiefgreifender emotionaler Schmerz, der durch den Verlust oder das Nichtzustandekommen einer Liebesbeziehung ausgelöst wird. Aus wissenschaftlicher Sicht ist Liebeskummer ein komplexer Zustand, der sowohl den Körper als auch das Gehirn betrifft. Er kann mit einem Drogenentzug verglichen werden und ähnliche Symptome hervorrufen.

Was ist Liebeskummer?

Liebeskummer manifestiert sich als körperlicher und seelischer Schmerz, der durch den Verlust oder das Scheitern einer Liebesbeziehung entsteht. Hormonell gesehen ist Liebeskummer ein Ausnahmezustand, der dem Verliebtsein entgegengesetzt ist. Während frisch Verliebte dank Oxytocin und Dopamin auf Wolke sieben schweben, führt Liebeskummer zu einem starken Anstieg der Stresshormone Cortisol und Adrenalin bei gleichzeitig niedrigem Dopaminspiegel. Dieser Hormoncocktail hat extreme Auswirkungen auf Gehirn und Körper.

Die hormonelle Achterbahnfahrt des Liebeskummers

Frisch verliebt zu sein, fühlt sich dank der Hormone Oxytocin und Dopamin wunderbar an. Im Gegensatz dazu ist Liebeskummer mit einem starken Anstieg der Stresshormone Cortisol und Adrenalin verbunden, während der Dopaminspiegel sinkt. Dieser Hormoncocktail hat erhebliche Auswirkungen auf das Gehirn und den Körper.

Was im Gehirn bei Liebeskummer passiert

Der Schockzustand, der durch Liebeskummer ausgelöst wird, führt dazu, dass sich das Gehirn an Erinnerungen und Hoffnungen klammert. Es reagiert ähnlich wie ein Süchtiger auf Drogenentzug und sucht nach Ersatzstoffen, die jedoch den Schmerz verlängern. Betroffene idealisieren oft ihren Ex-Partner und die gemeinsame Zeit und klammern sich an die Hoffnung auf eine mögliche Wiedervereinigung.

Das Gehirn spielt Streiche

Das Gehirn spielt eine Rolle, indem es den Ex-Partner idealisiert und an der Hoffnung festhält, dass alles ein Irrtum war und er oder sie es sich anders überlegt. Dies geschieht, weil das Gehirn nach mehr Oxytocin und Dopamin verlangt.

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Was hilft?

Es ist hilfreich, aufzuhören, sich mit vergangenen Fehlern zu quälen und zu überlegen, wie man das Geschehene rückgängig machen kann. Stattdessen sollte man die eigenen Hoffnungssätze überprüfen und erkennen, wie sie den Liebeskummer aufrechterhalten.

Warum haben wir Liebeskummer?

Liebeskummer entsteht, weil wir unsere Hauptbezugsperson verlieren, den wichtigsten Menschen in unserem Leben oder denjenigen, der es hätte werden sollen. Dies ist ein harter Schlag für unser Bindungsbedürfnis. Eine Trennung kann auch zu einer tiefen Selbstwertverletzung und Angst vor dem Alleinsein führen.

Evolutionäre Wurzeln des Liebeskummers

Entwicklungsforscher vermuten, dass Liebeskummer so intensiv erlebt wird, weil die Gefühle ein Erbe unserer menschheitsgeschichtlichen Vergangenheit sind. In der Steinzeit war ein Single nicht überlebensfähig, da man auf den Schutz der Gruppe und das Halten von Bindungen angewiesen war. Der Verlust eines geliebten Menschen löst daher auch heute noch Alarm in unserem psychischen und körperlichen System aus, was sich in Schmerzen, Ängsten, Trauer und Konzentrationsschwierigkeiten äußert.

Wie Männer und Frauen Liebeskummer erleben

Es gibt viele Diskussionen darüber, ob Männer und Frauen Liebeskummer unterschiedlich erleben. Früher wurde oft gesagt, dass Männer weniger unter Liebeskummer leiden, während Frauen mehr Zeit und Energie in die Verarbeitung investieren. Kulturell war es lange üblich, dass Männer ihre Gefühle weniger zeigen.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass Männer und Frauen etwa gleich lange nach einer Trennung trauern. Männer verspüren sogar ein ähnliches Bedürfnis wie Frauen, über ihren Liebeskummer zu sprechen. Gleichzeitig bleiben Männer häufiger dauerhaft Single, was darauf hindeuten könnte, dass sie tiefere Verletzungen davontragen oder Trennungen schlechter verarbeiten.

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Wie lange dauert Liebeskummer?

Die Dauer von Liebeskummer ist individuell sehr unterschiedlich. Im Durchschnitt dauert eine Trauerphase nach einer Trennung etwa zwölf Monate. Manche Menschen leiden jedoch jahrelang unter einer verlorenen Liebe und kommen nie ganz darüber hinweg.

Zeit heilt nicht alle Wunden

Es ist wichtig zu verstehen, dass Liebeskummer nicht einfach mit der Zeit verschwindet. Es hilft nicht, sich lange unter der Bettdecke zu verstecken und abzuwarten. Liebeskummer muss aktiv bewältigt werden, indem man sich aufrafft und sich entscheidet, der Zukunft eine neue Chance zu geben.

5 Phasen der Trennung

Das Ende einer Beziehung kann uns ähnlich überfordern wie der Tod eines nahen Angehörigen. Daher ähnelt die Verarbeitung von Liebeskummer dem Trauerprozess nach einem Todesfall. In Anlehnung an das Trauermodell der Sterbeforscherin Kübler-Ross lassen sich fünf Phasen der Trennung unterscheiden:

  1. Leugnung: Am Anfang fällt es schwer zu glauben, dass die Liebe wirklich vorbei sein soll.
  2. Ärger: Wut und Aggression richten sich gegen den Ex-Partner oder gegen uns selbst.
  3. Feilschen: Es werden alle möglichen Versuche unternommen, die Beziehung zurückzugewinnen.
  4. Depression: Hoffnungslosigkeit, Schmerz, Trauer, Angst vor dem Alleinsein, Schlafprobleme und Antriebslosigkeit treten auf.
  5. Akzeptanz: Loslassen und Akzeptieren der Veränderung im Leben.

Individuelle Unterschiede

Jeder trauert anders, und die Phasen laufen nicht immer nacheinander ab. Oft treten sie gleichzeitig oder in veränderter Reihenfolge auf. Am Ende ist es wichtig, die neue Realität zu akzeptieren.

Was tun gegen Liebeskummer?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, Liebeskummer zu überwinden:

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  • Erinnerungsquellen entfernen: Social-Media-Profile des Ex-Partners meiden und Erinnerungsstücke entfernen.
  • Negativliste erstellen: Auf die negativen Eigenschaften des Ex-Partners und die Probleme in der Beziehung konzentrieren.
  • In Bewegung setzen: Sport treiben, um von den Gefühlen abzulenken.
  • Gefühle ausdrücken: Schreiben, malen, tanzen oder singen, um den Gefühlen Raum zu geben.
  • Unterstützung suchen: Zeit mit Freunden verbringen, die einem beistehen und das Gefühl geben, liebenswert zu sein.

Tipps für den Umgang mit Liebeskummer

  • Erinnerungsquellen entfernen: Es ist ratsam, den Kontakt zu dem Ex-Partner in den sozialen Medien zu vermeiden und alle Fotos oder andere Erinnerungsstücke, die den Schmerz verstärken könnten, wegzuräumen.
  • Negativliste erstellen: Um die emotionale Distanzierung zu erleichtern, kann es hilfreich sein, eine Liste mit den Dingen zu erstellen, die in der Beziehung gestört haben.
  • Bewegung: Sportliche Aktivitäten können helfen, den Kopf freizubekommen und Stress abzubauen.
  • Gefühle ausdrücken: Kreative Tätigkeiten wie Schreiben, Malen oder Musizieren können helfen, die eigenen Gefühle zu verarbeiten.
  • Freundschaften pflegen: Die Unterstützung von Freunden und Familie ist in dieser schwierigen Zeit besonders wichtig.

Liebeskummer bei unerwiderter Liebe

Auch unerwiderte Liebe kann sehr schmerzhaft sein. Hier ist es wichtig, die Hoffnung aufzugeben und einen Schlussstrich zu ziehen, auch wenn es schwerfällt, vom "Was wäre wenn" zu träumen.

Realismus als Schlüssel

Auch in diesem Fall hilft nur maximaler Realismus sowie die oben genannten Tipps.

Wann eine neue Beziehung beginnen?

Wann man bereit für eine neue Beziehung ist, kann nur jeder selbst entscheiden. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um das Erlebte zu verarbeiten und nicht gleich eine neue Beziehung zu beginnen, um die Schmerzen zu überdecken. Stattdessen sollte man Freundschaften pflegen, neue Interessen entdecken und sich innerlich darauf vorbereiten, bald wieder einen besonderen Menschen zu verzaubern.

Vorsicht vor Kurzschlusshandlungen

Es ist ratsam, sich nach einer Trennung ausreichend Zeit zu nehmen, um das Erlebte zu verarbeiten. Eine neue Beziehung sollte nicht als Mittel zum Zweck dienen, um den Schmerz zu betäuben.

Hilfe bei Liebeskummer

Liebeskummer kann eine emotionale Krise sein. Wenn es einem länger schlecht geht, man aus dem Grübeln, Sehnen und der Verzweiflung nicht herauskommt oder den Alltag vernachlässigt, sollte man sich Hilfe suchen, zum Beispiel bei Psychotherapeuten.

Professionelle Unterstützung

Wenn der Liebeskummer zu stark wird oder zu lange anhält, kann professionelle Hilfe in Form einer Therapie sinnvoll sein.

Die Rolle von Dopamin bei der Partnerwahl

Forschungen haben gezeigt, dass der Hirnbotenstoff Dopamin eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von leidenschaftlichem Begehren und der Stabilisierung von Paarbeziehungen spielt. Der Partnerkontakt flutet das Belohnungszentrum mit Dopamin und sorgt so für das Glücksgefühl der Liebe.

Dopamin als "biologische Signatur des Verlangens"

Dopamin steuert nicht nur die Sehnsucht nach Liebe, sondern auch andere grundlegende Bedürfnisse wie Hunger und Durst. Studien an Präriewühlmäusen haben gezeigt, dass Dopamin eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung monogamer Paarbeziehungen spielt.

Reset im Gehirn

Wenn ein Mäusepaar für vier Wochen getrennt wird, zeigen die Tiere weniger Interesse aneinander und ihr Gehirn weist bei Berührungen des Partners kaum noch Dopamin auf. Dies deutet auf eine Art Reset im Gehirn hin, der es dem Tier ermöglicht, weiterzumachen und möglicherweise eine neue Bindung einzugehen.

Liebeskummer als Trauma?

Der Verlust eines Liebespartners kann das Leben von Menschen stark verändern. In manchen Fällen kann Liebeskummer sogar traumatische Züge annehmen und ähnliche körperliche und psychische Probleme verursachen wie bei Menschen, die Gewalt, Naturkatastrophen oder Krieg erlebt haben.

Symptome eines traumatischen Liebeskummers

Betroffene leiden oft unter Übererregung, Schlafstörungen, Kreislaufproblemen, belastenden Erinnerungen und Vermeidungsverhalten.

Phasen des Liebeskummers

Liebeskummer verläuft in vier Phasen:

  1. Verleugnung
  2. Protest und Hadern
  3. Selbstreflexion
  4. Neuanfang

Faktoren, die Liebeskummer erschweren

Ein geringes Selbstwertgefühl und eine starke Abhängigkeit vom Partner können Liebeskummer erschweren. Besonders gefährlich sind Beziehungen, in denen ein Partner jeden Wunsch von den Augen abliest und sich schützend um den anderen kümmert, da dies oft Menschen anspricht, die in der Liebe nach Heilung suchen.

Alkohol als vermeintlicher Helfer

Alkohol kann zwar kurzfristig entlasten, aber langfristig zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Er kann die Probleme verschlimmern und sogar zu Gewalttaten führen.

Schmerz als sozialer Faktor

Sozialer Schmerz, wie er bei Liebeskummer auftritt, aktiviert ähnliche Hirnareale wie körperlicher Schmerz. Studien haben gezeigt, dass bei sozialer Zurückweisung der dorsale anteriore cinguläre Kortex aktiviert wird, der für Emotionen, Schmerz und Lernen zuständig ist. Dies führt dazu, dass sich sozialer Schmerz wie körperlicher Schmerz anfühlt.

Schmerzmittel gegen Liebeskummer?

Studien haben gezeigt, dass Schmerzmittel wie Paracetamol die Aktivität in den Hirnarealen, die für sozialen Schmerz zuständig sind, reduzieren können. Dies deutet darauf hin, dass es eine Verbindung zwischen körperlichem und sozialem Schmerz gibt.

Trennung als Drogenentzug

Das Ende einer Beziehung kann mit einem Drogenentzug verglichen werden, da der schlagartige Verlust von Serotonin, Dopamin und Oxytocin zu regelrechten Entzugserscheinungen führen kann.

Symptome des "Liebesentzugs"

Zu den Symptomen gehören Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Appetitlosigkeit und emotionale Dysregulation.

Langfristige Auswirkungen auf das Gehirn

Die chemischen Reaktionen auf Trennungen sind evolutionär bedingt und sollen uns dazu motivieren, einen neuen Partner zu finden. Stresshormone werden freigesetzt und aktivieren das sympathische Nervensystem, während gleichzeitig die Teile des Gehirns aktiviert werden, die mit körperlichem Schmerz zu tun haben.

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