Linolsäure, Ernährung und Multiple Sklerose: Eine umfassende Betrachtung

Trotz intensiver Forschung bleibt die Frage, ob die Ernährung den Verlauf der Multiplen Sklerose (MS) beeinflussen kann, weiterhin unklar. Fette spielen dabei eine wichtige Rolle, wobei ungesättigte Fettsäuren im Fokus stehen. Es gibt Hinweise darauf, dass diese Fettsäuren einen positiven Effekt auf MS haben könnten, obwohl dies noch nicht abschließend bewiesen ist.

Die Bedeutung von Fetten in der Ernährung

Fette sind ein essentieller Bestandteil unserer Nahrung und dienen dem Körper hauptsächlich als Energielieferant. Sie lassen sich in ungesättigte und gesättigte Fettsäuren unterteilen, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Ungesättigte Fettsäuren, die vor allem in Pflanzen und Fisch vorkommen, gelten generell als gesünder als gesättigte Fette, die hauptsächlich in tierischen Produkten enthalten sind.

Ungesättigte Fettsäuren: Essentiell für den Körper

Die instabilen chemischen Bindungen der langen Molekülkette machen ungesättigte Fettsäuren leicht verdaulich. Der Körper benötigt diese Fette für den Stoffwechsel, kann sie aber nicht selbst herstellen, weshalb sie als essentielle Fettsäuren bezeichnet werden. Sie stabilisieren die Zellmembranen, halten die Gefäße geschmeidig und sind wichtig für die Nervenfunktion.

Ein typischer Vertreter einer einfach ungesättigten Fettsäure ist Ölsäure (Omega-9-Fettsäure). Mehrfach ungesättigte Fettsäuren umfassen Omega-3-Fettsäuren, die in fettreichem Fisch wie Lachs, Makrele, Hering und Thunfisch vorkommen. Omega-6-Fettsäuren, wie Linolsäure, sind in Pflanzenölen wie Distel- und Keimölen enthalten.

Gesättigte Fettsäuren: Maßhalten ist wichtig

Gesättigte Fettsäuren sind vor allem tierischer Herkunft und kommen in unserer Ernährung am häufigsten vor. Fleisch, Wurst, Milch und Milchprodukte sollten daher nicht in großen Mengen konsumiert werden, da die langkettigen Fettverbindungen schwerer verdaulich sind, im Übermaß zu Fettpolstern führen und den Cholesterinspiegel erhöhen können. Ein dauerhaft hoher Konsum tierischer Fette kann das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen.

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Linolsäure: Freund oder Feind bei MS?

Linolsäure ist eine essentielle Omega-6-Fettsäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann und daher über die Nahrung aufgenommen werden muss. Sie ist reichlich in Sonnenblumenöl, Rapsöl, Distelöl, Margarine und Mayonnaise enthalten.

Die Theorie der linolsäurearmen Ernährung bei MS

Die linolsäurearme Ernährung, auch bekannt als Antientzündungstherapie nach Dr. med., basiert auf der Annahme, dass eine Reduktion der Linolsäureaufnahme Entzündungen im Körper reduzieren kann. Da Linolsäure im Körper zu entzündungsfördernder Arachidonsäure umgewandelt werden kann, wird angenommen, dass eine geringere Linolsäureaufnahme die Entzündungsreaktionen bei MS reduzieren könnte.

Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie MS sollten idealerweise nicht mehr als 2000 mg Linolsäure pro Tag aufnehmen. Zum Vergleich: 100 ml Sonnenblumenöl enthalten bereits 60.000 mg Linolsäure.

Kontroverse um die Linolsäure

Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass der menschliche Organismus Linolsäure kaum zu Arachidonsäure umwandelt. Vegetarier, die durch ihre pflanzliche Ernährung höhere Linolsäurespiegel haben, weisen im Vergleich zu Mischköstlern dennoch niedrigere Arachidonsäurespiegel auf. Daher ist die Empfehlung, die Linolsäurezufuhr zu reduzieren, umstritten.

Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung bei MS

Trotz der Kontroverse um Linolsäure gibt es allgemeine Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung bei MS:

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  • Abwechslungsreiche Ernährung: Essen Sie abwechslungsreich und nehmen Sie sich Zeit dafür. Achten Sie auf Ihre Vorlieben und gönnen Sie sich Ausnahmen, wenn sie Ihnen gut tun - ohne schlechtes Gewissen.
  • Omega-3-Fettsäuren: Bevorzugen Sie Öle und Pflanzenfette mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren (u.a. α-Linolensäure) und einem niedrigen Gehalt an Omega-6-Fettsäuren (u.a. Linolsäure). Gute Quellen sind Fischöl in fettem Fisch wie Lachs, Makrele und Sardine. Für Veganer ist Algenöl eine Alternative.
  • Pflanzliche Öle: Verwenden Sie zum Braten und Kochen Rapsöl, Sojaöl oder Olivenöl (neutral). Für die kalte Küche eignen sich Leinöl, Walnussöl und Weizenkeimöl. Vermeiden Sie Schmalz, fetten Speck und Butterschmalz.
  • Nüsse und Saaten: Integrieren Sie Nüsse und Saaten wie Walnüsse, Mandeln, Cashews, Pistazien, Leinsamen, Chiasamen und Hanf in Ihre Ernährung. Sie sind gute Quellen für Vitamin E, Zink, Kupfer und Omega-3-Fettsäuren.
  • Gemüse und Obst: Gemüse und Obst sollten die Basis Ihrer Ernährung bilden. Nehmen Sie täglich 2 Portionen Obst oder Obstsaft (je 100-150g) und 3 Portionen Gemüse, Salat oder Gemüsesaft (gesamt 300-400g) zu sich.
  • Stärkehaltige Lebensmittel: Stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Getreide, Reis und Hülsenfrüchte machen satt und versorgen Sie mit Ballaststoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiß. Essen Sie täglich etwa 2-3 Portionen Brot, Getreideflocken (oft Vollkorn) und 1 Portion Beilagen (200 -250g).
  • Fleisch und Wurst: Fleisch und Wurstwaren enthalten Arachidonsäure. Wählen Sie magere Fleischstücke und Wurstwaren und essen Sie sichtbares Fett nicht mit. Beschränken Sie den Konsum auf maximal 2 Portionen pro Woche.
  • Fisch: Essen Sie regelmäßig Fisch, insbesondere fette Fische wie Lachs, Makrele und Sardine. Sie sind die besten Nahrungsquellen für Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Zink, Jod und Eiweiß.
  • Milchprodukte: Verzichten Sie nicht auf Milch, Joghurt, Quark, Käse und Sahne, auch wenn die fettreicheren Produkte Arachidonsäure enthalten. Bevorzugen Sie fettarme Varianten oder pflanzliche Alternativen wie Mandel-, Hafer-, Kokos- oder Sojasahne.
  • Eier: Eigelb enthält Arachidonsäure. Beschränken Sie den Konsum auf 2-3 Eier(-gelb) pro Woche, inklusive der in Lebensmitteln verarbeiteten Eier.

Weitere wichtige Nährstoffe bei MS

Neben Fetten spielen auch andere Nährstoffe eine Rolle bei MS:

  • Vitamine C, E und ß-Karotin: Diese Vitamine helfen als Antioxidantien, freie Radikale abzubauen. Empfohlene Tagesdosis bei MS: Vitamin C: 200mg, Vitamin E: 100mg (während Schüben 200mg), ß-Karotin: 15mg.
  • Vitamin B7 (Biotin): In einer Studie konnte bei chronisch progredientem Krankheitsverlauf eine Verbesserung des EDSS-Wertes und der Gehgeschwindigkeit durch die Einnahme von Biotin erreicht werden. Die in der Studie eingesetzte Dosierung von 300mg wird jedoch derzeit nicht empfohlen.
  • Vitamin D: Ein Vitamin-D-Mangel kann das Risiko, an MS zu erkranken, erhöhen. Ein Spiegel über 30 ng/ml (angestrebt werden sollten eher 60-90 ng/ml) kann die Schubwahrscheinlichkeit reduzieren.

Diäten bei Multipler Sklerose

Es gibt verschiedene Diäten, die bei Multipler Sklerose helfen sollen, wie z. B. die Diät nach Fratzer, Swank oder Evers.

  • Diät nach Fratzer: Beschränkt die Zufuhr von Linolsäure auf maximal 1800 Milligramm pro Tag.
  • Diät nach Swank: Reduziert die Zufuhr tierischer Fette auf unter 20 Gramm pro Tag.
  • Diät nach Evers: Propagiert eine naturbelassene Ernährung mit viel Frischluft, Bewegung und Kneipp-Anwendungen.

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