In unserer schnelllebigen und anspruchsvollen Zeit ist es von großer Bedeutung, die eigenen Nerven zu stärken und widerstandsfähiger gegenüber Stress zu werden. Wer kennt es nicht: "Du hast aber starke Nerven", sagen wir, wenn jemand auch in stressigen Situationen gelassen bleibt. Oder "Meine Nerven liegen blank", wenn uns eine Situation zu sehr unter Druck setzt. Doch was bedeutet Nervenstärke eigentlich und wie können wir sie aktiv fördern?
Was bedeutet Nervenstärke?
Starke Nerven beweist nach Redensart jemand, der in stressigen oder angespannten Situationen gelassen und besonnen bleibt. Das Nervensystem bleibt im entspannten Modus und er kann auch unter Druck konzentriert arbeiten und anderen Tätigkeiten nachgehen. Die Leistungsfähigkeit ist meist höher als bei Menschen, die ständig gestresst sind. Starke Nerven sind nicht angeboren, sondern entwickeln sich und können unterstützt oder gefördert werden.
Starke Nerven sind Folge unserer Lebenserfahrungen, und schwache Nerven ebenso. Das Nervenkostüm ändert sich ein Leben lang. Es lässt sich aktiv beeinflussen und stärken. Sind Sie im Alltag stetig psychischen Belastungen durch Familie oder Beruf ausgesetzt, sollten Sie versuchen Ihre Nerven langfristig und dauerhaft zu stärken. Wer in seiner Kindheit viele negative Erfahrungen gemacht hat, ist oft eher auf Vorsicht bedacht, ängstlich oder wenig zuversichtlich. Viele Situationen werden dann vom Gehirn als bedrohlicher eingestuft, als sie sind. Das löst eine Stresssituation im Körper aus, die wiederum Kraft und Nerven kostet.
Ursachen für schwache Nerven
Schwache Nerven äußern sich oft durch das Gefühl, dass einem alles zu viel wird. Die Sinne sind überlastet, das Gehirn muss ständig neue, anstrengende Eindrücke verarbeiten - ein Dauerstress für Körper und Psyche. Betroffene neigen dazu, schnell zu weinen oder aggressiv zu werden, geraten leicht aus der Fassung und werden von einem andauernden Gefühl der Überforderung begleitet.
Da sie kaum einen klaren Kopf haben, um strukturierte Bewältigungsstrategien anzuwenden, türmen sich die Probleme des Alltags auf und werden als unlösbar empfunden. Mitmenschen beschreiben sie oft als nervös, gereizt und angespannt. Auch Kraftlosigkeit und innere Unruhe sind Zeichen von schwachen Nerven. Die Symptome sind mitunter sogar körperlich zu spüren. Menschen, die psychisch angeschlagen sind und unter starkem Stress leiden, neigen infolge eines geschwächten Immunsystems öfter zu Erkältungen. Die ständige Anspannung begünstigt erhöhten Blutdruck sowie Nacken-, Kopf- und Kieferschmerzen.
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Die Ursachen für schwache Nerven können vielfältig sein:
- Temporäre Belastungen: Prüfungen, Trennungen, Verlust einer geliebten Person, persönliche Sorgen (familiäre Probleme, Geldnöte), fordernde Aufgaben, schulische oder berufliche Herausforderungen.
- Tieferliegende Ursachen: Mangelnde soziale Unterstützung, fehlendes Vertrauen in sich und andere, negative Grundeinstellung.
Tipps für starke Nerven
Um in angespannten Situationen und im Alltag gelassen zu bleiben, hilft es, in ruhigeren Zeiten Kraft zu tanken und die Nerven zu stärken. Hier sind einige nützliche Tipps für starke Nerven:
1. Bewegung und Entspannung
Regelmäßige körperliche Bewegung wirkt positiv auf Körper und Nervensystem. Jedoch nur, wenn Sie sich dabei nicht unter Druck setzen. Bewegen Sie sich regelmäßig oder treiben Sie Sport. Dies hat einen positiven Einfluss auf Ihre Nerven, besonders wenn Sie in der Natur unterwegs sind. Sportarten wie Yoga oder Pilates haben eine besonders entspannende Wirkung und stärken so auch unsere Nerven.
Entspannung tut den Nerven gut. Entspannungstechniken wie Yoga tragen zu einer deutlichen Verbesserung des persönlichen Stressempfindens bei. Gleiches gilt auch für das Meditieren und Progressive Muskelentspannung.
2. Atemtechniken
Nutzen Sie spezielle Atemtechniken. Diese fördern insbesondere mentale Stabilität. Bereits mehrmaliges tiefes Durchatmen kann in akuten Stresssituationen Abhilfe schaffen. Versuchen Sie für zwei Minuten ganz gezielt tief in den Bauch hinein zu atmen. Hierfür atmen Sie tief in die Nase ein und dann durch den Mund wieder aus. Das nennt man auch „Zwerchfellatmung“. Am besten gelingt das in einer aufrechten Körperhaltung. Zur Kontrolle können Sie die Hände auf den Bauch legen.
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Eine weitere effektive Atemübung ist die 4-7-8-Methode: Atme vier Sekunden lang ein, halte den Atem sieben Sekunden lang an und atme dann acht Sekunden lang aus. Diese Übung hilft, den Herzschlag zu verlangsamen und die Gedanken zu beruhigen.
Auch die Box-Breathing-Technik (Vier-Quadrat-Atmung) kann helfen: Einatmen (4 Sekunden), Luft anhalten (4 Sekunden), Ausatmen (4 Sekunden), Luft anhalten (4 Sekunden). Die gesamte Übung sollte mehrfach wiederholt werden.
3. Schlaf und Pausen
Der Schlaf ist häufig das erste, was zu kurz kommt, wenn wir viel zu tun haben. Dabei ist ausreichender und erholsamer Schlaf in stressigen Phasen ganz besonders wichtig. Zu wenig Schlaf führt dazu, dass unser Körper weniger stressresistent ist. Wir sind leichter reizbar und können uns schlechter konzentrieren.
Ein ausgeglichener Geist und ein leistungsfähiger Körper brauchen ausreichend Ruhepausen. Dazu gehört ausreichend Schlaf. Möglichst 7,5 Stunden pro Nacht empfiehlt die moderne Schlafforschung. Um diesem Teufelskreis vorzubeugen, sind auch tagsüber ausreichend Ruhepausen notwendig. Die psychologische Forschung zeigt, dass sich viele kurze Entspannungsphasen beispielsweise günstiger auf die Erholung von körperlicher Arbeit auswirken als wenige lange Pausen. Menschen, die viel arbeiten, sollten jede Stunde für einige Minuten innehalten. Bewusstes Durchatmen oder aufstehen und die Glieder bewegen, hilft kurz abzuschalten.
Machen Sie einen Power Nap. Ein kurzer „Minutenschlaf“ schafft Erholung und neue Kraft.
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4. Selbstwertgefühl und Ziele
Schätzen und vertrauen Sie sich selbst. Entdecken Sie Ihre Stärken. Sie helfen Ihnen Krisen leichter zu bewältigen. Setzen Sie sich konkrete und realistische Ziele, dann erreichen Sie diese auch leichter.
Unsicherheit, Ängste und kreisende Gedanken strapazieren unsere Nerven. Umso wichtiger ist es, sich immer wieder auch seine Stärken und seine eigenen Ressourcen bewusst zu machen. Was kann ich gut? Was tut mir gut? Und vor allem: Was habe ich alles schon geschafft.
5. Nervennahrung
Nicht nur körperliche Betätigung hilft, die Nerven zu stärken. Auch die Ernährung hat einen Einfluss auf unser Nervensystem. Vor allem B-Vitamine haben wichtige Funktionen für Nerven und Psyche. Vitamin B12 ist für den Schutz und die Regeneration der Nervenzellen zuständig. Zu wenig B12 stört die Nervenübertragung und führt zu einem schwachen Nervenkostüm.
Die Vitamine C, B1, B2, B9, auch bekannt als Folsäure sowie Magnesium liefern viel Energie für die Nerven. Sie stecken vor allem in Nüssen und getrockneten Früchten, aber auch in Rapsöl, Fisch, Paprika, Kakao, Avocados und Hülsenfrüchten. Zusätzlich fördern sie die Konzentrationsfähigkeit.
Wer seine Nerven stark beansprucht, der sollten seine Energie möglichst effizient nutzen. Nach großen und gehaltvollen Mahlzeiten steigt unser Blutzuckerspiegel schnell an. Das ist erstmal ein gutes Gefühl und verleiht uns Energie. Leider sinkt er dann auch schnell wieder und wir fühlen uns müde und sind unkonzentriert. Deshalb sollten Sie in Phasen, in denen Sie besonders starke Nerven brauchen, lieber fünf kleinere, anstatt drei große Mahlzeiten zu sich nehmen.
Empfehlenswerte Nervennahrung:
- Nüsse und Kerne: Reich an Vitamin B und Magnesium. Besonders Walnüsse, Pistazien und Haselnüsse. Mandeln und Cashews sind ein guter Tryptophan-Lieferant.
- Haferflocken: Enthalten komplexe Kohlenhydrate, die uns langfristig mit Energie versorgen und lange satt machen. Ihr hoher Magnesiumgehalt unterstützt die Funktion der Nerven und wirkt der Freisetzung von Stresshormonen entgegen.
- Paprika: Besonders reich an Vitamin C.
- Spinat: Reich an Magnesium, Vitamin B6 und Kalium.
- Dunkle Schokolade: Kakaopulver ist reich an Tryptophan, eine Aminosäure, die unseren Körper dabei unterstützt, das Glückshormon Serotonin zu produzieren, welches stresshemmend wirkt.
- Bananen: Enthalten Tryptophan, Vitamin B6, Magnesium, Kalium und Phosphor.
- Avocados: Reich an B-Vitaminen, Magnesium und Kalium.
- Hülsenfrüchte: Gute Vitamin B1- und Magnesium-Lieferanten.
- Eier: Guter Lieferant für Vitamin B12 sowie Vitamin D.
- Fisch (Lachs, Thunfisch): Reich an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin B2.
Zu vermeiden:
- Alkohol und Nikotin: Der vermeintlich entspannende Effekt trügt. Auf Dauer bewirken Zigaretten und alkoholhaltige Getränke eher das Gegenteil.
- Übermäßig Zucker: Wer mehr als einen kurzen Energiekick benötigt, der sollte also lieber auf Spinat, Haferflocken und Co.
6. Flüssigkeitszufuhr
Bei einem Flüssigkeitsmangel können wir uns schlechter konzentrieren und haben weniger Energie. In Zeiten, in denen starke Nerven gefragt sind, ist es deshalb besonders wichtig, ausreichend zu trinken (mindestens 1,5 Liter am Tag).
7. Digitale Auszeit
Heutzutage sind wir alle ständig und überall erreichbar. Die ständige Verfügbarkeit, aber auch die Angst, etwas zu verpassen, wenn nicht, sorgt für ein kontinuierlich hohes Stresslevel und strapaziert unsere Nerven.
Eine Ruhezeit am Abend, bei der du beispielsweise ab 20 Uhr Handy und Laptop ausschaltest und auch alle weiteren Pflichten und Aufgaben beendest, sorgt für ein gemächliches Ausklingen des Tages.
8. Lachen
Hätten Sie das gedacht? Auch Lachen ist ein bewährtes Mittel gegen schwache Nerven. Beim Lachen werden Endorphine, auch Glückshormone genannt, ausgeschüttet. Besonders interessant: Unser Körper unterscheidet dabei nicht, ob es ein „richtiges“ oder ein künstliches Lachen ist.
9. Akute Hilfe bei Nervosität
Ihre Nerven spielen mal wieder verrückt und Sie brauchen schnelle Hilfe? Lassen Sie sich für zwei bis drei Minuten lauwarmes Wasser über die Handgelenke laufen.
10. Soziales Umfeld
Wer ein sicheres soziales Netz hat, das ihn auch in schwierigen Lebensphasen auffängt, der kann mit diesen besser umgehen. Dazu gehören die Familie aber natürlich auch Freunde und Bekannte. Unabhängig davon, ob du über deine Probleme sprichst, von engen Vertrauenspersonen Hilfe erhältst oder einfach auf die Sicherheit eines Gemeinschaftsgefühls bauen kannst - Hauptsache, du bist nicht allein. Umgib dich mit Menschen, die dir gut tun und Kraft geben.
11. Selbstfürsorge
Der Schlüssel zur Nervenberuhigung lautet wohl „Kümmere dich gut um dich selbst“. Gelassenheit und Ruhe können nur aus deinem Inneren kommen. Doch dafür musst du zulassen, die negativen Gedanken zu durchbrechen und dich zu stärken. Gönne dir daher genug Zeit zum Auftanken - denn nur, wenn Anspannung und Entspannung in einem gesunden Gleichgewicht sind, fühlen wir uns wohl.
12. Vagusnerv stimulieren
Der Vagusnerv ist der längste Hirnnerv und spielt eine zentrale Rolle bei der Entspannung. Er kann durch verschiedene Übungen stimuliert werden:
- Atemübungen: Tiefe Bauchatmung, 4-7-8-Methode.
- Kältereize: Kurze kalte Dusche am Morgen.
- Singen und Summen: Aktiviert den Vagusnerv durch die Vibration der Stimmbänder.
- Akupressur: Druck auf bestimmte Punkte am Körper, z.B. in der Ohrmuschel.
- Selbstmassage: Seitlich beide Handflächen außen an den Hals legen und mit sanften Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang kreisend über die Haut streichen.
- Kopf drehen: Den Kopf einmal langsam nach links drehen, mit den Augen etwas in nächster Nähe fixieren. Dann den Kopf langsam nach rechts drehen, ebenfalls kurz einen Gegenstand mit den Augen scharf stellen.
- Augenbrauen heben: Die Augenbrauen heben und dabei die Ohren bewegen.
- Akkommodieren: Strecken Sie jeweils einen Finger der rechten und einen Finger der linken Hand unterschiedlich weit von sich weg und versuchen Sie, diese mit den Augen abwechselnd scharf zu stellen.
Was tun bei innerer Unruhe?
Sind die Gedanken aber ständig von Ängsten und Sorgen bestimmt, befindet sich der Organismus dauerhaft „im Alarmzustand“. Betroffene fühlen sich dann innerlich unruhig und nervös oder klagen über Herzklopfen, Spannungskopfschmerzen, Magenbeschwerden sowie Verspannungen, Schlafstörungen und Reizbarkeit.
Wenn alles zu viel wird, Alltagssituationen zu unüberwindbaren Herausforderungen werden oder an Schlaf nicht mehr zu denken ist, sollten schnellstmöglich Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Andernfalls können sich im Laufe der Zeit auch schwerwiegendere Probleme (Bluthochdruck, Depressionen) entwickeln.
10 Tipps gegen innere Unruhe
- Den Körper spüren: Bewegen bringt Segen - das gilt auch bei nervösen Unruhezuständen.
- Die Nerven mit Nahrung versorgen: Vollwertige und vielseitige Ernährung mit viel Obst und Gemüse, Salaten, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten.
- Zur Ruhe kommen: Ausreichend Schlaf und Ruhepausen.
- Auslöser kennen: Tagebuch führen, um den Auslösern auf den Grund zu gehen.
- Achtsamkeit lernen: Regelmäßige Atemübungen und Meditation.
- Gedankenkontrolle üben: Techniken wie der Gedankenstopp.
- Gefühle annehmen lernen: Bewusste Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit Gefühlen.
- Die eigenen Ressourcen kennen: Was stärkt mich? Was tut mir gut?
- Mit einem Arzt oder Therapeuten sprechen: Bei dauerhafter Unruhe und Reizbarkeit.
- Begleitende Maßnahmen nutzen: Coaching, homöopathische Komplexmittel.
Wann zum Arzt?
Empfinden Sie immer häufiger eine Überbeanspruchung Ihrer Nerven? Scheuen Sie sich nicht, sich Ihrem Arzt anzuvertrauen. Von ihm erhalten Sie hilfreiche Tipps und Behandlungsempfehlungen. Auch bei dauerhafter Unruhe und Reizbarkeit sollte ein Arzt konsultiert werden, um mögliche körperliche Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion) oder psychische Erkrankungen (z.B. Angststörungen, Depressionen) auszuschließen.