Methylenblau bei Demenz: Studienlage, Anwendung und Risiken

Methylenblau, auch bekannt als Methylthioniniumchlorid, ist eine chemische Substanz, die vielseitig eingesetzt wird. Ursprünglich als Farbstoff entdeckt, fand es Anwendung in der Mikroskopie und später auch in der Medizin, beispielsweise als Antimalariamittel. In jüngster Zeit erregte Methylenblau Aufmerksamkeit als potenzielles "Gehirndoping" in den sozialen Medien, wo Nutzer von erhöhter Konzentrationsfähigkeit und verbessertem Gedächtnis nach der Einnahme berichten. Doch was steckt wirklich hinter dem Hype um Methylenblau, insbesondere im Zusammenhang mit Demenzerkrankungen wie Alzheimer?

Methylenblau: Eigenschaften und Anwendungen

Methylenblau ist ein Farbstoff aus der Phenothiazin-Gruppe, der in Wasser gelöst eine intensive blaue Farbe aufweist. Es kann durch Reduktion in eine farblose Leuko-Form umgewandelt werden. In der Mikroskopie wird es verwendet, um Zellstrukturen, insbesondere Zellkerne, anzufärben und besser sichtbar zu machen.

Medizinische Anwendungen

Neben seiner Verwendung als Farbstoff hat Methylenblau auch medizinische Anwendungen. Es ist als Arzneimittel zur intravenösen Anwendung bei Methämoglobinämie zugelassen, einer Erkrankung, bei der der Sauerstofftransport im Blut beeinträchtigt ist. Methylenblau beschleunigt die Reduktion von Methämoglobin zu Hämoglobin und verbessert so die Sauerstoffversorgung des Gewebes.

Früher wurde Methylenblau auch zur Behandlung von Malaria eingesetzt, wurde aber später von neueren Medikamenten verdrängt. Angesichts zunehmender Resistenzen gegen andere Malariamittel rückt es jedoch wieder in den Fokus der Forschung.

Methylenblau und Alzheimer: Ein vielversprechender Ansatz?

Die Idee, Methylenblau zur Therapie der Alzheimer-Krankheit einzusetzen, entstand in den 1980er Jahren. Forscher beobachteten, dass Methylenblau im Reagenzglas die Verklumpung von Tau-Proteinen verhindern kann. Da die Verklumpung von Tau-Proteinen als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Alzheimer angesehen wird, lag die Idee nahe, diesen Effekt auch bei Menschen mit Alzheimer zu nutzen.

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Frühe Forschungsergebnisse und klinische Studien

Erste Studien deuteten darauf hin, dass Methylenblau die krankhaften Tau-Proteine angreifen und das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit verlangsamen könnte. In den folgenden Jahren wurde Methylenblau in Phase-II-Studien weiter untersucht, jedoch mit gemischten Ergebnissen. Einige Studien legten eine Wirksamkeit nahe, aber es gab keine eindeutigen Beweise, die diese Behauptungen stützten.

Eine große Phase-III-Studie mit LMTX, einer modifizierten Version von Methylenblau, brachte ebenfalls keine überzeugenden Ergebnisse. Die Behandlung mit LMTX brachte keinen signifikanten Vorteil für die Gedächtnisleistung der Patienten. Eine genauere Analyse zeigte jedoch, dass LMTX bei den Testpersonen, die ausschließlich LMTX einnahmen und keine weiteren Alzheimer-Medikamente erhielten, einen positiven Effekt auf die Gedächtnisleistung hatte. Da jedoch nur ein kleiner Teil der Probanden LMTX als Monotherapie einnahm, sind diese Ergebnisse wenig aussagekräftig und bedürfen weiterer Untersuchungen.

Aktueller Forschungsstand

Nach den enttäuschenden Studienergebnissen hat das Interesse an der Forschung zu Methylenblau im Zusammenhang mit Alzheimer deutlich abgenommen. Methylenblau hat seinen Platz als potenzielles Alzheimer-Medikament vorerst verloren, da die erwarteten therapeutischen Effekte nicht bestätigt werden konnten. Die Forschung konzentriert sich nun auf andere, vielversprechendere Ansätze zur Bekämpfung der Alzheimer-Krankheit, zum Beispiel die Antikörper-Wirkstoffe zur Entfernung schädlicher Amyloid-beta-Plaques.

Methylenblau als "Gehirndoping": Nutzen und Risiken

In den sozialen Medien wird Methylenblau als "Gehirndoping" angepriesen, das die Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis und den Antrieb verbessern soll. Die Substanz kann aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaft die Blut-Hirn-Schranke durchdringen und sich in neuronalem Gewebe anreichern, vor allem in den Mitochondrien. Methylenblau kann in den Mitochondrien die Entstehung reaktiver Sauerstoffverbindungen unterdrücken und somit Schäden durch oxidativen Stress reduzieren.

Mögliche neuroprotektive Wirkung

Methylenblau übt als Antioxidans durchaus eine neuroprotektive Wirkung aus und kann die Energieversorgung des Körpers verbessern. Bei zahlreichen altersbedingten Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson spielt die Schädigung der Mitochondrien eine Rolle.

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Risiken und Nebenwirkungen

Die Einnahme von Methylenblau ist jedoch nicht ohne Risiken. Zunächst ist die Qualität der online erhältlichen Produkte oft unklar. Bei der Aufnahme von zu viel Methylenblau können Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen auftreten. Außerdem kann es zu einer Blaufärbung der Haut und des Urins kommen.

Besondere Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) geboten. Da Methylenblau das Enzym Monoaminooxidase hemmt, das für den Abbau von Serotonin zuständig ist, kann die Konzentration von Serotonin ansteigen und sich ein teilweise lebensgefährliches Serotoninsyndrom entwickeln.

Toxikologische Untersuchungen an Ratten haben zudem gezeigt, dass die Tiere nach lebenslanger Methylenblau-Behandlung häufiger Tumoren an der Bauchspeicheldrüse zeigen. Ob diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen werden können, ist zwar nicht klar, trotzdem sollte von einer längerfristigen Einnahme von Methylenblau abgeraten werden.

Abgabe in der Apotheke

Apotheken können Methylenblau als Chemikalie verkaufen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Apotheker sind angehalten, den Verwendungszweck zu erfragen und über mögliche Gefahren zu informieren. Bestehen Sicherheitsbedenken, sollte die Abgabe verweigert werden. Wird Methylenblau verkauft, sollten alle besprochenen Punkte schriftlich festgehalten werden.

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