Migräne ist mehr als nur Kopfschmerz. Sie ist eine schwere neurologische Störung, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann. Kopfschmerzen können, müssen aber nicht auftreten. Eine Migräne kann mit einer Aura einhergehen. Die Symptome einer Migräne können vielfältig sein und von Person zu Person variieren. Neben den typischen Kopfschmerzen können auch neurologische Symptome wie Taubheit im Arm auftreten. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von Migräne mit Taubheit im Arm.
Was ist Migräne mit Aura?
Mediziner unterscheiden zwei Arten von Migräne: Migräne ohne Aura und Migräne mit Aura. Bei etwa 15 bis 25 Prozent der Migränepatienten tritt eine Aura auf. Eine Migräne mit Aura ist eine spezielle Form der Migräne, die durch vorübergehende neurologische Störungen gekennzeichnet ist, die dem eigentlichen Kopfschmerz vorausgehen oder ihn begleiten können. Diese Störungen, die als Aura bezeichnet werden, manifestieren sich oft als visuelle, sensible oder sprachliche Beeinträchtigungen. Die Aura tritt typischerweise 10 bis 60 Minuten vor dem eigentlichen Kopfschmerz auf und bildet sich innerhalb einer Stunde vollständig zurück.
Typische Symptome der Aura
Die Symptome einer Aura können vielfältig sein und jeden Sinn betreffen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Sehstörungen: Flimmern, Zickzacklinien, blinde Flecken, Lichtblitze, Skotom (Sehkraft lässt innerhalb eines Gesichtsfeldes nach oder fällt komplett aus), blendende Kreise oder Vierecke (die sich immer weiter ausbreiten), Sternschnuppen. Die Sehstörungen treten unabhängig davon auf, ob die Augen offen oder geschlossen sind.
- Sensorische Störungen: Kribbeln, Taubheitsgefühle oder ein Brennen, das sich vom Arm in Richtung Gesicht ausbreiten kann, Taubheitsgefühl in Händen, Armen oder Wangen.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, Worte zu finden oder klar zu sprechen, beeinträchtigte Aussprache und/oder die richtige Verwendung von Worten.
Atypische Migräne-Auren
Neben der typischen Migräne-Aura gibt es auch atypische Formen:
- Migräne mit Hirnstammaura: Hier leiden Betroffene an Hirnstammsymptomen wie Drehschwindel, Tinnitus, Doppelbildern oder Bewusstseinsstörungen.
- Hemiplegische Migräne: Diese Form geht mit motorischen Störungen wie einer halbseitigen Lähmung einher.
- Retinale Migräne: Charakteristisch sind vorübergehende, visuelle Phänomene wie plötzliches Flimmern vor dem Auge, Gesichtsfeldausfälle (Skotome) oder eine Erblindung.
Ursachen für Migräne mit Aura
Die genauen Ursachen für Migräne mit Aura sind noch nicht abschließend erforscht. Es wird vermutet, dass Menschen mit Migräne eine Überempfindlichkeit der Nervenzellen in der Hirnrinde aufweisen. Im Rahmen einer Attacke kommt es zu einer verstärkten Erregung von Nervenzellen, insbesondere des Trigeminusnervs, der für die Schmerzwahrnehmung im Gesicht hauptverantwortlich ist. Im Vergleich zur Migräne ohne Aura wurde bei Migräne-Patienten mit Aura jedoch eine verminderte Hirndurchblutung in bestimmten Hirnarealen festgestellt. Dementsprechend könnte ein Sauerstoffmangel in betroffenen Hirnregionen für die Aura-Symptome verantwortlich sein. Grundlage dieser Störung ist vermutlich ein genetischer Defekt.
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Mögliche Auslöser (Trigger)
Bestimmte Auslöser können Migräneattacken mit Aura hervorrufen. Diese Trigger sind individuell sehr verschieden und können sein:
- Stress: Körperliche und psychische Anspannung.
- Hormonelle Schwankungen: Besonders während der Menstruation oder hormonellen Umstellungen.
- Ernährungsfaktoren: Alkohol, Koffein oder bestimmte Lebensmittel wie Schokolade und Käse.
- Wetterwechsel: Schnell wechselnde Wetterlagen.
- Schlafmangel oder veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus.
- Körperliche Anstrengung.
- Nackenschmerzen.
- Auslassen von Mahlzeiten.
- Düfte und Gerüche.
- Licht.
Migräne mit Taubheit im Arm
Taubheit im Arm ist eine sensible Störung, die im Rahmen einer Migräne mit Aura auftreten kann. Betroffene berichten von einem Kribbel- oder Taubheitsgefühl in Händen, Armen oder Wangen. Die Taubheitsgefühle breiten sich häufig allmählich in die Arme oder Beine aus, sodass Patienten beispielsweise nicht mehr in der Lage sind, zu laufen oder zu stehen.
Differentialdiagnose
Es ist wichtig, andere mögliche Ursachen für Taubheit im Arm auszuschließen, insbesondere einen Schlaganfall. Die Aura verläuft graduell, ein Schlaganfall eher schlagartig. Plötzliche Sprach- oder Sprachverständnisstörungen, eine Lähmung oder ein Taubheitsgefühl oder Schwindel mit Gangunsicherheit können auf einen Schlaganfall hindeuten. Wer so etwas von jetzt auf gleich bemerkt, sollte also zum Arzt. Ebenso, wer häufig unter Kopfschmerzen leidet und sogar eine Migränediagnose hat, aber erstmals eine Aura bemerkt. Und wer Auren hat, die jedoch in immer kürzeren Abständen auftreten, als er es gewohnt ist, sollte das ebenfalls abklären lassen.
Diagnose von Migräne mit Aura
Die Diagnose von Migräne mit Aura basiert auf den klinischen Kriterien der International Headache Society (IHS). Dazu gehören:
- Mindestens zwei Migräneattacken, die die Kriterien für Migräne erfüllen.
- Aura-Symptome, die vor oder während des Kopfschmerzes auftreten.
- Aura-Symptome, die sich allmählich über 5 bis 20 Minuten entwickeln.
- Aura-Symptome, die nicht länger als 60 Minuten andauern.
- Kopfschmerzen, die innerhalb von 60 Minuten nach dem Ende der Aura beginnen.
Ein intensives Arztgespräch, bei dem die Patienten ihre Symptome genau schildern, steht am Anfang der Diagnosestellung. Hilfreich ist es, sich schon vorher Gedanken zu machen und diese am besten schriftlich festzuhalten. Dazu empfiehlt sich das Ausfüllen eines Migränetagebuchs über einige Zeit.
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Behandlung von Migräne mit Aura
Die Behandlung von Migräne mit Aura zielt darauf ab, die Häufigkeit und Intensität der Attacken zu reduzieren und die Symptome während einer Attacke zu lindern.
Akutbehandlung
- Schmerzmittel: Diverse Akutschmerzmittel mit Ibuprofen oder Triptanen können Linderung verschaffen. Wichtig ist, eine Schmerztablette früh zu nehmen und richtig zu dosieren. Also nicht erst abwarten, bis es richtig schlimm wird, und dann nur die halbe Pille schlucken, weil man am liebsten gar nichts nehmen möchte.
- Ruhe: Dunkelheit und Ruhe können die Überreizung der Sinne reduzieren.
- Atementspannung: Tiefe, langsame Atemzüge helfen, das Nervensystem zu beruhigen.
- Wasser trinken: Eine gute Flüssigkeitszufuhr kann helfen, den Kreislauf zu stabilisieren.
Prophylaktische Behandlung
- Medikamente: Vorbeugend lassen sich auch Betablocker, Antidepressiva und Antiepileptika verschreiben. Es kommen bald neun neue Migränemedikamente auf den Markt und sogar eine digitale Therapie.
- Mutterkraut-Kapseln: Mutterkraut (Tanacetum parthenium) ist eine Heilpflanze, die sich in der Migräneprophylaxe seit Jahrzehnten bewährt hat. Der in Mutterkraut enthaltene Wirkstoff Parthenolid hemmt die Ausschüttung des Neuropeptids CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide). Dieses Peptid spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Gefäßerweiterung und damit der typischen Kopfschmerzen, die nach der Aura auftreten. Durch die Hemmung der CGRP-Freisetzung kann Mutterkraut den Verlauf der Migräne positiv beeinflussen und die Intensität der Schmerzphasen nach der Aura verringern. Zudem wirkt es entzündungshemmend und beruhigt das Nervensystem.
- Regelmäßiger Ausdauersport.
- Erlernen von Stressbewältigungs- und Entspannungstechniken.
- Biofeedback (gezieltes Entspannen von Muskeln).
- Ergotherapie.
Verhaltensmaßnahmen
- Migräne-Tagebuch führen: Dokumentieren Sie mögliche Auslöser, um wiederkehrende Muster zu erkennen und gezielt vorzubeugen.
- Vermeidung von Triggern: Wenn Sie Ihre Trigger kennen, lassen sich manche davon bewusst vermeiden.
- Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus.
- Ausgewogene Ernährung.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
Besondere Form: Migräne mit Hirnstammaura
Die Migräne mit Hirnstammaura ist eine sehr seltene Form der Migräne mit Aura. Im Gegensatz zur typischen Migräne mit Aura, bei der die neurologischen Ausfälle oder Reizungen von den kortikalen Arealen im Gehirn ausgehen, treten die Durchblutungsstörungen bei dieser Unterform im Hirnstamm auf. Daher betreffen die Beschwerden auch die Bereiche, die im Hirnstamm gesteuert werden, zum Beispiel die Motorik.
Symptome der Migräne mit Hirnstammaura
Folgende, beidseitig auftretende Symptome sind bei der Migräne mit Hirnstammaura möglich:
- Sprachstörung.
- Schwindel (vestibuläre Migräne).
- Tinnitus (Ohrgeräusche).
- Hörminderung.
- Doppeltsehen.
- Beidseitige Sehstörung.
- Ataxie (Koordinationsstörung).
- Störung des Bewusstseins.
- Auf beiden Seiten gleichzeitig auftretendes Taubheitsgefühl (simultane bilaterale Parästhesie) zum Beispiel der Arme.
Die Taubheitsgefühle breiten sich häufig allmählich in die Arme oder Beine aus, sodass Patienten beispielsweise nicht mehr in der Lage sind, zu laufen oder zu stehen. Kopfschmerzen stehen bei einer Migräne mit Hirnstammaura nicht im Mittelpunkt - viele Betroffene entwickeln auch gar keine.
Therapie der Migräne mit Hirnstammaura
Triptane, Schmerzmittel, die speziell zur Behandlung von Migräne entwickelt wurden, sind bei der Migräne mit Hirnstammaura allerdings nicht empfohlen. Der Grund: Die Medikamente bewirken eine Verengung der Arterien im Gehirn. Da nach derzeitigem Wissensstand eine eingeschränkte Blutzufuhr die Ursache für eine Migräne mit Hirnstammaura ist, wird befürchtet, dass eine zusätzliche Verengung durch Arzneimittel die Beschwerden noch mehr verstärkt. Ein weiterer wichtiger Baustein der Therapie einer Migräne mit Hirnstammaura sind prophylaktische Maßnahmen wie regelmäßiger Ausdauersport, das Erlernen von Stressbewältigungs- und Entspannungstechniken und Biofeedback.
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Leben mit Migräne
Migräne ist eine vielschichte Erkrankung, die noch nicht vollständig verstanden ist. Deswegen ist eine Behandlung, die sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt, die beste Option. Dazu gehört zunächst, persönliche Auslöser zu erkennen und, wenn möglich, zu vermeiden. Es ist wichtig, sich mit dem Arzt oder der Ärztin abzustimmen und nicht einfach selbst etwas einzuwerfen. Oft hilft es, eine Schmerztablette früh zu nehmen und richtig zu dosieren. Die Migräne hat viele Gesichter. Du musst Migräne-Schmerzen nicht einfach aushalten.