Grundsätzlich gelten für Menschen mit Epilepsie die gleichen Impfempfehlungen wie für alle anderen Menschen auch. In Deutschland legt die am Robert Koch-Institut angesiedelte sogenannte „Ständige Impfkommission (STIKO)“ die Empfehlungen fest und aktualisiert sie regelmäßig (1). In einzelnen Bundesländern wie z. B. in Sachsen gibt es zusätzliche lokale Impfkommissionen, die aber nicht immer auf dem aktuellen Stand sind (der STIKO Bericht Sachsen vom 2.1.2021 erwähnt die Coronaviren-Impfung z.B.
Warum Impfungen wichtig sind
Impfungen werden in der Regel aus zwei Gründen durchgeführt: Entweder sollen durch sie Häufungen (Epidemien) von schweren Erkrankungen verhindert werden, für die es keine Therapie gibt oder sie sollen einzelne Menschen vor schweren, nicht oder nur schwer behandelbaren Erkrankungen schützen, ohne dass diese jedoch epidemisch auftreten. Zur ersten Gruppe gehören z.B. Pocken, Masern oder Kinderlähmung (Poliomyelitis), aktuell auch die durch SARS-CoV-2 Coronaviren übertragbare Covid-19 Erkrankung). In der zweiten Gruppe sind dies z.B. Diphtherie, Haemophilus Influenza Typ B (HIB), Hepatitis (A und B), Pertussis (Keuchhusten), Pneumokokken oder Tetanus (Wundstarrkrampf). Hinzu kommen für bestimmte Personengruppen und bei Reisen in bestimmte Gegenden Impfungen gegen Influenza (Grippe), Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Gelbfieber, Tollwut sowie Typhus und Paratyphus.
Wie Impfungen funktionieren
Impfungen sind gezielte Anregungen der Abwehrfunktionen des Körpers gegen Krankheitserreger. Traditionelle Impfstoffe bestehen aus abgetöteten oder auch lebenden Bakterien oder Viren beziehungsweise Teilen davon, auf deren Gabe der Körper mit der Bildung von Abwehrzellen und Abwehrstoffen (Antikörpern) reagiert. Einige der neuen Covid-19-Impfstoffe sind sogenannte mRNA-Impfstoffe. mRNA ist die „Bauanleitung“ für jedes einzelne Eiweiß des Körpers und nicht mit der menschlichen Erbinformation - der DNA - zu verwechseln. Im mRNA Impfstoff gegen COVID-19 ist eine „Bauanleitung“ für einen einzigen Baustein des Virus (ein sog. Spikeprotein) enthalten. Dieses Spikeprotein ist für sich alleine harmlos, und der Impfstoff ist somit nicht infektiös. Die im Impfstoff enthaltene mRNA wird auch nicht ins menschliche Erbgut eingebaut, sondern im Körper nach einigen Tagen abgebaut. Durch Impfungen besteht bei einem späteren Kontakt mit den entsprechenden Erregern eine Immunität (3).
Impfkomplikationen und das Dravet-Syndrom
Weil die Impfstoffe in den letzten Jahrzehnten immer weiter verbessert wurden kommt es immer seltener zu Komplikationen. Schwerwiegende Komplikationen mit bleibenden Schäden sind in sehr seltenen Fällen möglich, das Risiko ist aber um Größenordnungen geringer als das Risiko der jeweiligen Erkrankung, gegen die geimpft wird. Die immer wieder zitierten „Impfschäden“ bei Kindern im Zusammenhang mit einer Epilepsie sind nahezu alle dem Dravet-Syndrom (5) zuzuordnen. Es handelt sich hierbei um eine genetisch bedingte Erkrankung mit schwerem Epilepsieverlauf und einer erheblichen Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung. Bei dieser Erkrankung tritt der erste epileptische Anfall meistens beim ersten Fieber auf, das ein Kind durchmacht. Häufig wird dieses durch die ersten Impfungen verursacht. Die Impfung bestimmt somit oft den Zeitpunkt des ersten sichtbaren Symptoms, sie ist aber nicht Ursache der Krankheit selbst. Die Erkrankung verläuft bei nicht geimpften Kindern genau so schwer wie bei geimpften Kindern (6). Auch Kinder mit bekanntem Dravet-Syndrom können und sollten mit den von der STIKO empfohlenen Impfungen immunisiert werden.
Epilepsie und Impfungen: Eine allgemeine Betrachtung
Die weitaus meisten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit einer aktiven Epilepsie können problemlos geimpft werden, ohne dass mit einer erhöhten Rate schwer wiegender Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Fast alle nach Impfungen berichteten Anfälle bei Kindern sind durch Fieber ausgelöst. Fieber ist eine Begleiterscheinung, die bei vielen Impfstoffen kurzzeitig auftreten kann. Bei Kindern mit bekannten fiebergebundenen epileptischen Anfällen („Fieberkrämpfen“) als isoliertes Symptom oder im Rahmen einer bestehenden Epilepsie kann bei Impfungen, die häufig mit einer fieberhaften Allgemeinreaktion einhergehen, vorsorglich eine Gabe fiebersenkender Medikamente (Paracetamol, Ibuprofen) erfolgen und gegebenenfalls ein Medikament zum Abbruch länger andauernder Anfälle bereitgehalten werden (7).
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MMR-Impfung und Fieberkrämpfe
Bei jüngeren Kindern (< 2 Jahre) wurde beobachtet, dass die Masern-Mumps-Röteln-Impfung in Kombination mit dem Windpocken-Impfstoff häufiger zu fieberinduzierten Anfällen führt als eine zeitlich getrennte Verabreichung der Impfstoffe. Bei der Influenza-Impfung können ebenfalls Fieberkrämpfe ausgelöst werden. Eine norwegische Studie (7) konnte zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit der Auslösung fieberinduzierter Anfälle durch die Grippeimpfung wesentlich geringer ist als bei einer Grippe-Erkrankung. Für erwachsene Epilepsie-Patienten sind die für diese Altersgruppe empfohlenen Impfungen (Pneumokokken, Grippe, Auffrischungen von sonstigen Impfungen) als unproblematisch anzusehen. Die Bereitschaft zu fieberinduzierten Anfällen nimmt bei den meisten Kindern mit zunehmendem Alter langsam ab, bei Erwachsenen sind diese äußerst selten.
COVID-19-Impfungen und Epilepsie
Bezüglich der momentan in Deutschland zugelassenen Impfung gegen SARS-CoV-2 Coronaviren mit RNA-Impfstoffen (Comirnaty® von BioNtec-Pfizer) und Covid-19 Vaccine (Moderna® von Moderna) gibt es sowohl aus den Studiendaten als auch aus einer vorläufigen Analyse von Nebenwirkungen keine Hinweise, dass dadurch Anfälle ausgelöst werden können. Auch hier ist zu beachten, dass einige Patienten mit Fieber reagieren können und daher bei fieberinduzierten Anfällen in der Vorgeschichte ggf. Die Empfehlung, ganz besonders schwangere Frauen und Menschen mit chronischen Erkrankungen zu impfen, sollte auch für Frauen mit Epilepsie und besonders ältere Menschen mit Epilepsie und chronischer Erkrankung gelten. Impfungen und Malariaprophylaxe bei Epilepsie www.swissepi.chBerkovic SF, Harkin L, McMahon JM et al.: De-novo mutations of the sodium channel gene SCN1A in alleged vaccine encephalopathy: a retrospective study. Lancet Neurol 2006: 5: 488-92.McIntosh AM, McMahon J, Dibbens LM et al: Effects of vaccination on onset and outcome of Dravet syndrome: a retrospective study.Lancet Neurology 2010; 9: 592-8.von Spiczak S, Helbig I, Drechsel-Baeuerle U et al: A retrospective population-based study on seizures related to childhood vaccination. Epilepsia 2011; 52):1506-12.Bakken IJ, Aaberg KM, Ghaderi S et al. Febrile seizures after 2009 influenza A (H1N1) vaccination and infection: a nationwide registry-based study. BMC Infect Dis 2015; 15: 506. .Tse A, Tseng HF, Greene S et al.: Signal identification and evaluation for risk of febrile seizures in children following trivalent inactivated influenza vaccine in the Vaccine Safety Datalink Project. Vaccine 2012; 30: 2024-31Schink T, Holstiege J, Kowalzik F et al.: Risk of febrile convulsions after MMRV vaccination in comparison to MMR or MMR + V vaccination. Veröffentlicht am: 20. Das hat jetzt eine große dänische Studie ergeben, in der die Gesundheitsdaten von 537 171 Kindern analysiert wurden. 82 Prozent waren gegen MMR geimpft. Die Fieberkrampf-Rate nach Impfung war leicht erhöht: 2,46 Episoden pro 1000 Kinder binnen 14 Tage nach Impfung im Vergleich zu 0,9 pro 1000 Ungeimpfte binnen 14 Tagen. "Auch bei Kindern, die schon Fieberkrämpfe hatten oder bei denen Krämpfe in der Familie aufgetreten sind, ist die MMR-Impfung unbedingt zu empfehlen", sagte Professor Burghard Stück aus Berlin zur "Ärzte Zeitung". Eltern sollten bei anfälligen Kindern vom 7. bis 12. Tag nach MMR-Impfung auf Temperaturerhöhung achten und gegebenenfalls schnell Antipyretika geben. Durch Ihre Tätigkeit sind Sie u. a.
Die MMR-Impfung im Detail
Der Impfstoff besteht aus abgeschwächten lebenden Masern-, Mumps und Röteln-Viren, die sich im Geimpften vermehren können. Diese erfolgt intramuskulär in den Oberarm (Deltamuskel). Die Impfviren können in der Regel nicht auf Kontaktpersonen übertragen werden. Im Abstand von 1-4 Wochen nach der Impfung können bei etwa 2 % der Impflinge Symptome im Sinne einer leichten, nicht über- tragbaren „Impfkrankheit“ auftreten: Fieber verbunden mit einem schwachen masernähnlichen Ausschlag. Auch eine leichte Schwellung der Ohrspeicheldrüse kann gelegentlich auftreten. Von Jugendlichen und Erwachsenen (sehr selten bei Kindern) sind vorübergehende Gelenkbeschwerden (Arthralgie) berichtet worden. Selten werden eine vorübergehende leichte Hodenschwellung oder eine ebenfalls leichte und vorübergehende Reaktion der Bauchspeicheldrüse (Enzymanstieg) beobachtet. Allergische Reaktionen (meist auf im Impfstoff enthaltene Begleitstoffe wie Gelatine oder Antibiotika) sind sehr selten; über allergische Sofortreaktionen (anaphylaktischer Schock) wurde nur in Einzelfällen berichtet. Sehr selten werden bei Jugendlichen und Erwachsenen nach der Impfung länger anhaltende Gelenkentzündungen (Arthritiden) beobachtet. Eine Allergie gegen Hühnerei- weiß ist grundsätzlich keine Gegenanzeige gegen die Impfung, da heutige Impfstoffe keinerlei Ovalbumin bzw. Auch über Hautblutungen bei verminderter Blutplättchenzahl (thrombozytopenische Purpura) wurde nur in Einzelfällen berichtet, rasches und folgenloses Abklingen ist die Regel, schwerere Verläufe wurden nur in Einzelfällen berichtet. Bei den in Deutschland zugelassenen Mumps-Impfstoffen (Mumpsvirus-Impfkomponenten in Kombinationsimpfstoffen) auf der Grundlage des vom Mumps-Impfstamm „Jeryl Lynn“ abgeleiteten Impfvirus finden sich weltweit nur selten Berichte über eine Hirnhautentzündung (Meningitis) nach Impfung, Fälle von virologisch bestätigter impfassoziierter Meningitis wurden bisher nicht berichtet. Nach Masern-Impfung sind in der Weltliteratur nur wenige Fälle beschrieben, darunter 1998 die Erkrankung eines Kindes im zeitlichen Zusammenhang mit einer Masern-Mumps-Röteln-Impfung, bei dem durch Hirnbiopsie Masern-RNA nachgewiesen wurde, die Sequenzierung gestattete die Identifikation als Impfvirus.
Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen
Nicht geimpft werden soll bei Personen mit Abwehrschwäche, während der Schwangerschaft, nach der Gabe von lmmunglobulinen oder Bluttransfusionen sowie bei Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile des Impfstoffes oder Überempfindlichkeitsreaktionen nach früheren Impfungen. Die Impfung sollte bei Personen mit Krampfanfällen oder zerebralen Schädigungen in der Eigen- oder Familienanamnese mit Vorsicht angewendet werden. Der Impfstoff enthält Sorbitol als sonstigen Bestandteil.
Masern: Übertragung, Symptome und Komplikationen
Übertragung: Tröpfcheninfektion. Das Masern-Virus befällt vor allem die Schleimhäute des Atemtraktes und der Augen. Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits 3-5 Tage vor Auftreten des Exanthems und hält bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems an. Symptome: Hohes Fieber, Abgeschlagenheit, bellender krampfhafter Husten, Schnupfen und eine Bindehautentzündung. In der Wangenschleimhaut sind oft die für Masern charakteristischen weißen „Koplik’schen“ Flecken zu erkennen. Nach ein bis zwei Tagen fällt das Fieber ab, um am nächsten Tag erneut anzusteigen. Innerhalb von drei Tagen bildet sich unter Anstieg des Fiebers ein roter, kleinfleckiger Hautausschlag, der an manchen Stellen ineinander fließt. Wenn der Ausschlag die Füße erreicht hat, be- ginnt die Temperatur zu sinken. Die Flecken blassen in der Reihenfolge, in der sie aufgetreten sind, wieder ab. In gutartigen Fällen ist der Ausschlag schon am achten Krankheitstag verschwunden. Mögliche Komplikationen: Gehirnentzündung (Masern-Enzephalitis), manchmal verbunden mit einer Hirnhautentzündung (Masern-Meningoenzephalitis). Mehr als 20% der Kinder, bei denen eine Gehirnentzündung auftritt, sterben daran. Überlebende tragen oftmals dauerhafte Schäden davon.
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Mumps: Übertragung, Symptome und Komplikationen
Übertragung: Tröpfcheninfektion. Das Mumpsvirus befällt vorwiegend die Speicheldrüsen, vor allem der Ohrspeicheldrüse. Inkubationszeit: 2-3 Wochen. Die Ansteckungsfähigkeit beginnt etwa sieben Tage vor Ausbruch und hält weitere etwa acht Tage an. Die Ansteckungsgefahr ist zwei Tage vor und zwei Tage nach Erkrankungsbeginn am größten. Symptome: Typisch: Schwellung der entzündeten Ohrspeicheldrüse, die dicht unterhalb des Ohrs im Kieferwinkel sitzt. Essen und weites Öffnen des Mundes sind schmerzhaft. Oft wird die Entzündung durch mäßiges Fieber, das bei erwachsenen Erkrankten deutlich höher sein kann, begleitet. Auch die Bauchspeicheldrüse oder die Geschlechtsdrüsen können vom Virus befallen sein. Bei etwa jedem zehnten an Mumps Erkrankten tritt zusätzlich eine Entzündung der Hirnhäute (Mumps-Meningitis) auf, die oftmals zu starken Kopfschmerzen und Erbrechen führt. Mögliche Komplikationen: Sehr selten, aber dennoch typisch ist eine meist einseitige, aber mitunter auch beidseitige Hörstörung. Mumps kann ursächlich sein für eine bleibende Schwerhörigkeit oder Taubheit bei Kindern. Darum sollte nach einer Erkrankung immer ein Hörtest erfolgen. Bei jedem vierten Jugendlichen oder erwachsenen Mann, der an Mumps erkrankt, kommt es zu entzündeten Hoden mit der möglichen Folge einer Unfruchtbarkeit.
Röteln: Übertragung, Symptome und Komplikationen
Übertragung: Tröpfcheninfektion. Das Röteln-Virus befällt vor allem die Schleimhäute des Atemtraktes. Inkubationszeit: 2-3 Wochen. Symptome: Zu Beginn ähnlich einer harmlosen Erkältung: mit leichtem Fieber, Schnupfen, Kopfschmerzen, in manchen Fällen Gelenkschmerzen mit Gelenkentzündungen, einem typischen Anschwellen der Lymphknoten an Hals und Nacken. In der Folge entwickelt sich ein Hautausschlag mit blassen rosaroten Flecken, meist im Gesicht und am Hals beginnend. Dieser breitet sich innerhalb von 24 Stunden über den gesamten Körper aus und verschwindet mit den übrigen Symptomen nach ungefähr drei Tagen. Nicht zu verwechseln sind Röteln mit den so genannten Ringelröteln, die meistens erst im Schulalter auftreten. Mögliche Komplikationen: Selten (jedoch mit zunehmendem Lebensalter der erkrankten Person häufigere) sind Arthritiden, Bronchitis, Otitis, Enzephalitis, Myo- und Perikarditis. Durch eine Thrombozytopenie können Purpura und Hämorrhagien entstehen. Erkrankt eine Frau während der Schwangerschaft an Röteln, kann die Infektion auf das Kind im Mutterleib übergehen. Geschieht dies in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft, ist das Risiko einer schweren Schädigung für das Ungeborene besonders groß. Die Folgen reichen von Fehlbildungen der Augen und Ohren, des Herzens bis zu Fehlbildungen des Gehirns. Über 50% aller Röteln- Infektionen verlaufen ohne Ausschlag oder gänzlich ohne Symptome, so dass Schwangere oft nicht wissen, wenn sie mit dem Rötelnvirus infiziert sind. Viele Frauen meinen auch, als Kind an den Röteln erkrankt gewesen und somit immun zu sein. Das ist oft ein Irrtum. Der Ausschlag infolge einer anderen Infektionskrankheit wird nicht selten für den Rötelnausschlag gehalten. Quelle: RKI, Fachinfo-Service, Rote-Liste, Deutsches Grünes Kreuz e.
Genetische Faktoren und Fieberkrämpfe nach MMR-Impfung
Kopenhagen - Eine genomweite Assoziationsstudie unter Einbeziehung sämtlicher MMR-bedingter Fieberkrämpfe, die in den letzten 20 Jahren in Dänemark auftraten, hat zur Entdeckung von zwei Genvarianten geführt, die das Risiko von Fieberkrämpfen biologisch plausibel erklären. Die Forscher berichten in Nature Genetics (2014; doi: 10.1038/ng.3129) außerdem über vier Genvarianten, die mit Fieberkrämpfen im Allgemeinen assoziiert waren.Zwischen 2 und 5 Prozent aller Kinder erleiden in den ersten Lebensjahren bei viralen Infekten mehr oder weniger regelmäßig Fieberkrämpfe. Nur selten sind sie Vorboten einer späteren Epilepsie. Fieberkrämpfe sind auch eine mögliche Komplikation der kombinierten Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR). Das Risiko ist in der zweiten Woche nach der Impfung um den Faktor drei erhöht. Auf 10.000 geimpfte Kinder kommen zwischen 3 und 16 zusätzliche Fieberkrämpfe. Sie sind in den meisten Fällen harmlos, können aber das Kind und seine Eltern verängstigen.Um mögliche genetische Auslöser zu identifizieren, haben Bjarke Feenstra vom Statens Serum Institut in Kopenhagen und Mitarbeiter mehrerer US-Zentren die Daten von über 3.400 Kindern analysiert, die in den Jahren 1991 bis 2008 wegen eines Fieberkrampfes stationär behandelt wurden. Darunter waren über 1.300 Kinder, die zuvor eine MMR-Impfung erhalten hatten. Aufgrund der persönlichen Identifikationsnummer, die in Skandinavien allen Einwohnern zugeordnet und in allen Registern verwendet wird, konnten die Forscher die zu den Patienten gehörenden getrockneten Fersenblutproben untersuchen, die im Rahmen des Neugeborenen-Screenings gewonnen wurden und in einer landesweiten Biobank archiviert werden.Die Blutproben wurden dann auf Abweichungen gegenüber einer Kontrollgruppe von gesunden dänischen Kindern untersucht. Dies führte zur Entdeckung von zwei Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP), die signifikant mit Fieberkrämpfen nach MMR-Impfung assoziiert waren. Eine SNP befand sich in der Nähe des Gens IFI44L. Es gehört zu einer Gruppe von Interferon-stimulierenden Genen, die in die angeborene Immunantwort gegenüber Viren eingreift.Frühere Studien hatten gezeigt, dass IFI44L nach Masern-Infektionen vermehrt exprimiert werden. Der MMR-Impfstoff besteht aus einer Mischung abgeschwächter Lebendviren, was die Assoziation biologisch plausibel macht. Dies trifft auch auf das zweite SNP zu, das in der Nähe von CD46 gefunden wurde. CD46 kodiert einen Faktor, der das Complement-System hemmt, das ebenfalls zum angeborenen Immunsystem gehört. Frühere Studien hatten gezeigt, dass CD46 an der Immunantwort auf die MMR-Impfstoffe beteiligt ist.Die vier anderen SNP, die mit Fieberkrämpfen im Allgemeinen assoziiert waren, markieren allesamt Bestandteile von Membrankanälen, die sich auf Nervenzellen befinden und deren Funktionsstörung eine Anfälligkeit gegenüber Fieberkrämpfen erklären könnte. Epileptische Anfälle sind in aller Regel Folge einer Übererregbarkeit von Neuronen, die mit dem durch Ionenkanäle aufgebauten Potenzial an der Membran zusammenhängen. Dies gilt insbesondere für die Gene SCN1A und SCN2A, die Teile des spannungsabhängigen Natriumkanals kodieren.Für das dritte Gen ANO3 konnten die Forscher den Einfluss auf Fieberkrämpfe durch weitere Experimente untermauern. Bei Mäusen, denen das Gen fehlt, reagierten die Neuronen im Hypothalamus (wo sich der Thermostat des menschlichen Körpers befindet) weniger stark auf Wärme. Die Hippocampus-Neuronen wurden hypererregbar, was zur Entstehung der Fieberkrämpfe beitragen könnte. Das vierte SNP befindet sich in einer Gegend, die mit dem Magnesiumhaushalt in Verbindung gebracht wird. Die Entdeckung könnte die Diskussion um einen möglichen Einfluss eines Magnesiummangels auf das Krampfrisiko belegen, der derzeit nicht belegt ist.Die Studie könnte im Prinzip zur Entwicklung neuer Impfstoffe beitragen, die keine Fieberkrämpfe auslösen.
Epilepsie und Impfung: Eine Abwägung
Epilepsie und ImpfungEine Epilepsie ist keine grundsätzliche Kontraindikation für Impfungen. Leider kommt es in den letzten Jahren zunehmend wieder zu schweren Infektionskrankheiten wie z. B. Masern, die ein hohes Risiko an Folgeerkrankungen mit sich bringen. Daher ist Impfen um so wichtiger geworden, da es keinen sicheren Schutz durch eine gut geimpfte Umgebungsbevölkerung mehr gibt. Insbesondere für Kinder mit Epilepsie sind Impfungen wichtig. Häufig werden Impfungen aus Angst vor einer Anfallsauslösung durch die Impfung selbst oder dabei auftretendes Fieber vermieden. Immer wieder kursieren Gerüchte über Epilepsien als Folge von Impfschäden. Impfschäden waren zum Glück früher schon selten und sind durch eine zunehmende Verbesserung der Impfstoffe noch viel seltener geworden. Die meisten dieser vermeintlichen Impfschäden sind keine. Sehr häufig wurde mit verbesserter Diagnostik bei Menschen mit einem „Impfschaden“ später eine genetische Veränderung gefunden welche die Epilepsie erklärt. Dennoch ist jede Impfung eine individuelle Nutzen- und Risikoabwägung für jeden Patienten und sollte mit einem Facharzt besprochen werden. Dieser kann Sie auch individuell beraten welche Impfungen für Ihr Kind sinnvoll sind und wie z. B.
Dänische Studie zu MMR-Impfung und Fieberkrämpfen
Das hat jetzt eine große dänische Studie ergeben, in der die Gesundheitsdaten von 537 171 Kindern analysiert wurden. 82 Prozent waren gegen MMR geimpft. Die Fieberkrampf-Rate nach Impfung war leicht erhöht: 2,46 Episoden pro 1000 Kinder binnen 14 Tage nach Impfung im Vergleich zu 0,9 pro 1000 Ungeimpfte binnen 14 Tagen. "Auch bei Kindern, die schon Fieberkrämpfe hatten oder bei denen Krämpfe in der Familie aufgetreten sind, ist die MMR-Impfung unbedingt zu empfehlen", sagte Professor Burghard Stück aus Berlin zur "Ärzte Zeitung". Eltern sollten bei anfälligen Kindern vom 7. bis 12. Tag nach MMR-Impfung auf Temperaturerhöhung achten und gegebenenfalls schnell Antipyretika geben. Durch Ihre Tätigkeit sind Sie u. a.
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