Impfung, Nebenwirkungen und der Zusammenhang mit Epilepsie

Impfungen sind ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Gesundheit und dienen dazu, Einzelpersonen und die Bevölkerung vor schweren Infektionskrankheiten zu schützen. Obwohl Impfungen im Allgemeinen sicher und wirksam sind, können in seltenen Fällen Nebenwirkungen auftreten. Bei Menschen mit Epilepsie stellt sich die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen Impfungen und dem Auftreten von Anfällen oder einer Verschlechterung der Epilepsie gibt. Dieser Artikel untersucht den aktuellen Stand der Wissenschaft zu diesem Thema und gibt Empfehlungen für die Impfung von Menschen mit Epilepsie.

Impfempfehlungen für Menschen mit Epilepsie

Grundsätzlich gelten für Menschen mit Epilepsie die gleichen Impfempfehlungen wie für alle anderen Menschen auch. In Deutschland legt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut die Impfempfehlungen fest und aktualisiert sie regelmäßig. Diese Empfehlungen basieren auf umfassenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und berücksichtigen sowohl den Schutz vor Infektionskrankheiten als auch die Sicherheit der Impfstoffe.

Impfungen werden in der Regel aus zwei Gründen durchgeführt:

  • Verhinderung von Epidemien schwerer Erkrankungen, für die es keine Therapie gibt (z. B. Pocken, Masern, Kinderlähmung, COVID-19)
  • Schutz einzelner Menschen vor schweren, nicht oder nur schwer behandelbaren Erkrankungen, die nicht epidemisch auftreten (z. B. Diphtherie, Haemophilus influenzae Typ B (HIB), Hepatitis A und B, Pertussis, Pneumokokken, Tetanus)

Für bestimmte Personengruppen und bei Reisen in bestimmte Gegenden werden zusätzliche Impfungen empfohlen, z. B. gegen Influenza (Grippe), Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Gelbfieber, Tollwut sowie Typhus und Paratyphus.

Wie Impfungen funktionieren

Impfungen sind gezielte Anregungen der Abwehrfunktionen des Körpers gegen Krankheitserreger. Traditionelle Impfstoffe bestehen aus abgetöteten oder lebenden Bakterien oder Viren bzw. Teilen davon. Nach der Gabe des Impfstoffs reagiert der Körper mit der Bildung von Abwehrzellen und Antikörpern. Einige der neuen COVID-19-Impfstoffe sind sogenannte mRNA-Impfstoffe. mRNA ist die "Bauanleitung" für jedes einzelne Eiweiß des Körpers und nicht mit der menschlichen Erbinformation (DNA) zu verwechseln. Der mRNA-Impfstoff gegen COVID-19 enthält die "Bauanleitung" für einen einzigen Baustein des Virus (ein sogenanntes Spikeprotein). Dieses Spikeprotein ist für sich alleine harmlos, und der Impfstoff ist somit nicht infektiös. Die im Impfstoff enthaltene mRNA wird nicht ins menschliche Erbgut eingebaut, sondern im Körper nach einigen Tagen abgebaut. Durch Impfungen besteht bei einem späteren Kontakt mit den entsprechenden Erregern eine Immunität.

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Risiken und Nutzen von Impfungen bei Epilepsie

Impfstoffe wurden in den letzten Jahrzehnten immer weiter verbessert, sodass Komplikationen immer seltener auftreten. Schwerwiegende Komplikationen mit bleibenden Schäden sind in sehr seltenen Fällen möglich, aber das Risiko ist um Größenordnungen geringer als das Risiko der jeweiligen Erkrankung, gegen die geimpft wird.

Die immer wieder zitierten "Impfschäden" bei Kindern im Zusammenhang mit einer Epilepsie sind fast alle dem Dravet-Syndrom zuzuordnen. Es handelt sich hierbei um eine genetisch bedingte Erkrankung mit schwerem Epilepsieverlauf und einer erheblichen Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung. Bei dieser Erkrankung tritt der erste epileptische Anfall meistens beim ersten Fieber auf, das ein Kind durchmacht. Häufig wird dieses durch die ersten Impfungen verursacht. Die Impfung bestimmt somit oft den Zeitpunkt des ersten sichtbaren Symptoms, sie ist aber nicht Ursache der Krankheit selbst. Die Erkrankung verläuft bei nicht geimpften Kindern genauso schwer wie bei geimpften Kindern. Auch Kinder mit bekanntem Dravet-Syndrom können und sollten mit den von der STIKO empfohlenen Impfungen immunisiert werden.

Die weitaus meisten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit einer aktiven Epilepsie können problemlos geimpft werden, ohne dass mit einer erhöhten Rate schwerwiegender Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Fast alle nach Impfungen berichteten Anfälle bei Kindern sind durch Fieber ausgelöst. Fieber ist eine Begleiterscheinung, die bei vielen Impfstoffen kurzzeitig auftreten kann. Bei Kindern mit bekannten fiebergebundenen epileptischen Anfällen ("Fieberkrämpfen") als isoliertes Symptom oder im Rahmen einer bestehenden Epilepsie kann bei Impfungen, die häufig mit einer fieberhaften Allgemeinreaktion einhergehen, vorsorglich eine Gabe fiebersenkender Medikamente (Paracetamol, Ibuprofen) erfolgen und gegebenenfalls ein Medikament zum Abbruch länger andauernder Anfälle bereitgehalten werden.

Bei jüngeren Kindern (< 2 Jahre) wurde beobachtet, dass die Masern-Mumps-Röteln-Impfung in Kombination mit dem Windpocken-Impfstoff häufiger zu fieberinduzierten Anfällen führt als eine zeitlich getrennte Verabreichung der Impfstoffe. Bei der Influenza-Impfung können ebenfalls Fieberkrämpfe ausgelöst werden. Eine norwegische Studie konnte zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit der Auslösung fieberinduzierter Anfälle durch die Grippeimpfung wesentlich geringer ist als bei einer Grippe-Erkrankung.

Für erwachsene Epilepsie-Patienten sind die für diese Altersgruppe empfohlenen Impfungen (Pneumokokken, Grippe, Auffrischungen von sonstigen Impfungen) als unproblematisch anzusehen. Die Bereitschaft zu fieberinduzierten Anfällen nimmt bei den meisten Kindern mit zunehmendem Alter langsam ab, bei Erwachsenen sind diese äußerst selten.

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COVID-19-Impfung und Epilepsie

Bezüglich der momentan in Deutschland zugelassenen Impfungen gegen SARS-CoV-2 Coronaviren mit RNA-Impfstoffen (Comirnaty® von BioNtec-Pfizer und Covid-19 Vaccine Moderna® von Moderna) gibt es sowohl aus den Studiendaten als auch aus einer vorläufigen Analyse von Nebenwirkungen keine Hinweise, dass dadurch Anfälle ausgelöst werden können. Auch hier ist zu beachten, dass einige Patienten mit Fieber reagieren können und daher bei fieberinduzierten Anfällen in der Vorgeschichte gegebenenfalls fiebersenkende Maßnahmen ergriffen werden sollten.

Die Empfehlung, ganz besonders schwangere Frauen und Menschen mit chronischen Erkrankungen zu impfen, sollte auch für Frauen mit Epilepsie und besonders ältere Menschen mit Epilepsie und chronischer Erkrankung gelten.

Priorisierung bei der COVID-19-Impfung

Menschen mit epileptischen Anfällen oder Epilepsie werden in der STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung nicht als besondere Risikogruppe aufgeführt. Die Datenlage zur Gefährdung von Menschen mit Epilepsie durch eine COVID-19-Erkrankung ist nicht eindeutig, ohne begleitende Erkrankungen scheint kein erhöhtes Risiko zu bestehen. Die bei Epilepsie möglicherweise auftretenden Komorbiditäten und die klinischen Manifestationen einer zugrunde liegenden Erkrankung können allerdings zu einer Priorisierung in eine höhere Stufe führen. Personen in Institutionen mit einer Demenz oder geistigen Behinderung sowie Personen mit einem Down-Syndrom (Trisomie 21) können der Stufe 2 (hohe Priorität), Personen z. B. mit Adipositas (BMI > 30) oder einer chronischen Nierenerkrankung können der Stufe 3 (erhöhte Priorität) und Personen z. B. mit schwerer Depression, chronischer Lebererkrankung, Immunkompromittierung, Diabetes mellitus, kardialer Arrhythmie/Vorhofflimmern, HIV-Infektion, koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, zerebrovaskulären Erkrankungen/Schlaganfall, Autoimmunerkrankungen, COPD, Krebserkrankungen, arterieller Hypertonie, rheumatologischen Erkrankungen oder Asthma bronchiale können der Stufe 4 zugeordnet werden. Auch für enge Kontaktpersonen von Schwangeren und enge Kontaktpersonen bzw.

Bei der Priorisierung innerhalb der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO konnten nicht alle Krankheitsbilder oder Impfindikationen berücksichtigt werden, somit ist die Aufzählung nicht vollständig. Auch die Unterscheidung zwischen Personen mit Vorerkrankungen mit hohem Risiko (Stufe 3) gegenüber Vorerkrankungen mit moderat erhöhtem Risiko (Stufe 4) ist nicht immer eindeutig möglich. Deshalb sind Einzelfallentscheidungen möglich, die auch die Gesamtzahl der Vorerkrankungen und das Expositionsrisiko berücksichtigen. Es obliegt den für die Impfung Verantwortlichen, Personen, die nicht explizit genannt sind, in die jeweilige Priorisierungskategorie einzuordnen. Dies betrifft z. B.

Immunsuppression und Impfungen

Die Wirksamkeit der Impfung kann möglicherweise bei einer bestehenden Immunschwäche oder bei einer Behandlung, die die Immunantwort vermindert, beeinträchtigt sein. Hierzu zählen insbesondere Kortikosteroide (z. B. Prednisolon), Azathioprin oder auch monoklonale Antikörper wie Rituximab, die bei akut-symptomatischen Anfällen bei Autoimmunenzephalitis sowie autoimmun assoziierten Epilepsien eingesetzt werden können. Dies gilt auch für den mTOR-Inhibitor Everolimus, der zur Zusatzbehandlung von epileptischen Anfällen im Zusammenhang mit tuberöser Sklerose eingesetzt werden kann. In den genannten Fällen kann die Immunreaktion auf die Impfung möglicherweise beeinträchtigt und deshalb weniger wirksam sein. Patienten, die immunsuppressiv behandelt werden, sollten das Ansprechen auf die Impfung und die Nutzen-Risiko-Abwägung mit dem behandelnden Arzt vor der Impfung erörtern. Das Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung scheint unter der chronischen Einnahme von immunsuppressiver Therapie nicht erhöht zu sein, im Idealfall sollten Impfungen 6 Wochen vor Beginn einer immunmodulierenden Behandlung durchgeführt werden.

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Fieber nach Impfung und Anfallsauslösung

Nach jeder Impfung kann es zu Fieber kommen, dies kann bei einigen Patienten mit Epilepsie anfallsauslösend wirken. Dieser anfallsprovozierende Faktor ist in der Regel bei den betroffenen Patienten durch vorherige fieberhafte Infekte oder Grippeschutzimpfungen bekannt. Auch die Impfstoffe zur Vorbeugung der COVID-19-Erkrankung können zu einer leichten Entzündungsreaktion mit Auftreten von Fieber führen. Hierauf wäre also nach einer Impfung zu achten, insbesondere wenn in der Vergangenheit in zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen oder mit vorhergehenden Infekten epileptische Anfälle aufgetreten sind. Gegebenenfalls könnten fiebersenkende Mittel, die auch sonst von dem Patienten vertragen werden, z. B. Ibuprofen oder Paracetamol, eingesetzt werden. Alternativ könnte vorübergehend die Dosis der Antiepileptika erhöht werden, oder es kann passager der Einsatz von Benzodiazepinen, wie z. B.

Allergische Reaktionen auf Impfstoffe

Die Fachinformationen der Impfstoffe sind zu beachten, insbesondere können Impfstoffe zur Vorbeugung der COVID-19-Erkrankung Inhaltsstoffe enthalten, gegen die eine Allergie bestehen kann.

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