Die Molekulare Neurologie am Universitätsklinikum Erlangen (Uniklinikum Erlangen) betreibt intensive Forschung in verschiedenen Bereichen neurologischer Erkrankungen. Ziel ist es, die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen zu verbessern. Dieser Artikel beleuchtet einige aktuelle Forschungsprojekte und Initiativen der Molekularen Neurologie in Erlangen, um Einblicke in die translationale Forschung zu geben.
Die Bewegungsambulanz und die ParkinsonGo-App
Die Bewegungsambulanz der Molekular-Neurologischen Abteilung des Uniklinikums Erlangen, unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Winkler, führt eine Pilotstudie zur Coaching-App „ParkinsonGo“ für Parkinsonpatienten durch. Die App wurde in Zusammenarbeit mit der Erlanger Firma Portabiles HealthCare Technologies entwickelt.
Ziel der Studie
Die Studie soll prüfen, ob die ParkinsonGo-App künftig auf Rezept verordnet und somit von den Krankenkassen erstattet werden kann. Dr. Sabine Stallforth, Neurologin und Studienleiterin, erklärt, dass hierfür wichtige Versorgungseffekte untersucht werden: Gesundheitszustand, Lebensqualität, Selbstwirksamkeit und Gesundheitskompetenz.
Funktionsweise von ParkinsonGo
ParkinsonGo ist patientenzentriert aufgebaut und begleitet die Patienten interaktiv zwischen ihren Arztbesuchen zu Hause. Durch Fragebögen und Ganganalysen mit Sensoren an den Schuhen wird ein persönliches Beschwerdeprofil erstellt. Die App prüft anhand täglicher Tagebucheinträge und wöchentlicher Gangmessungen, ob der Gesundheitszustand stabil bleibt. Um dies zu fördern, bietet ParkinsonGo alltagstaugliche Video-Übungen und individuelle Tipps zur Verhaltensoptimierung.
Studiendetails
Die Studienteilnahme dauert sechs Monate und beinhaltet zu Beginn, nach drei Monaten und zum Abschluss je eine zwei- bis zweieinhalbstündige Untersuchung am Uniklinikum Erlangen. Prof. Dr. Jürgen Winkler betont die Bedeutung einer hohen Teilnehmerzahl, um zuverlässige Ergebnisse zu erzielen und die Nutzererfahrung zur gezielten Anpassung der App nutzen zu können.
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Potenzieller Nutzen
Sollte ParkinsonGo erfolgreich sein, wäre die in Erlangen entwickelte App die erste Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) für die Parkinson-Erkrankung.
Zielgruppe
Für die Studie geeignet sind Patienten mit einem mittelgradig betroffenen, idiopathischen Parkinson-Syndrom. Ausgeschlossen sind Patienten mit überwiegendem Zittern, starken Beweglichkeitsschwankungen im Tagesverlauf (mehr als 25 % der Wachzeit) oder einem atypischen Parkinson-Syndrom.
Das Hirnarchiv am Uniklinikum Erlangen
Am Uniklinikum Erlangen wurde ein Hirnarchiv eingerichtet, das die dauerhafte Aufbewahrung der Hirnstruktur nach dem Versterben ermöglicht. Das Hirnarchiv verkörpert weltanschauliche Offenheit und garantiert Vertraulichkeit hinsichtlich der individuellen Motivation zur Unterstützung des Hirnarchivs.
Hirnarchivierung: Der Prozess
Nach Feststellung des Todes wird eine Autopsie am Uniklinikum Erlangen durchgeführt, um ein Hirnpräparat zu erstellen. Die Archivierung ist auch bei Versterben außerhalb des Klinikums möglich und kann mit einer Organ- oder Körperspende kombiniert werden. Es wird lediglich das Gehirn archiviert, eine reguläre Bestattung ist weiterhin erforderlich. Die Spender können auch nach der Hirnarchivierung offen aufgebahrt werden.
Lagerung und Qualitätssicherung
Die Lagerung der Präparate erfolgt durch die Central Biobank Erlangen (CeBE) gemäß einem Studienprotokoll, das von der Ethikkommission der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) genehmigt wurde und regelmäßig überprüft und angepasst wird. Standard Operating Procedures gewährleisten die Nachverfolgbarkeit der Präparate.
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Verwendung der Präparate
Die Studie dient zunächst der Erprobung von Verfahren zur Hirnarchivierung, dem Sammeln von Erfahrungen sowie der Optimierung und Untersuchung der Qualität archivierter Hirnpräparate. Die Qualität wird mittels Magnetresonanztomografie (MRT) und Elektronenmikroskopie geprüft. Experimentelle MRT-Bildgebungsverfahren an Hirnpräparaten werden erprobt, was der Qualitätssicherung und der Verbesserung von MRT-Untersuchungen an Lebenden dienen soll.
Mögliche Konsequenzen
Die Hirnspende für die Forschung kann dazu beitragen, die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen zu verbessern. Zukünftig könnte die Kartierung der Hirnstruktur (Konnektom) möglich werden, deren Konsequenzen gegenwärtig nicht absehbar sind. Es gibt Spekulationen darüber, dass nach Hirnarchivierung in ferner Zukunft das Auslesen von Erinnerungen oder eine Wiedererlangung der Hirnfunktion möglich sein könnte. Das Hirnarchiv steht auch dieser Sichtweise offen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Forschungszwecke für Hirnpräparate jedoch nicht vollständig bekannt. Es könnte eine deutliche Zunahme des Bedarfs an Hirnpräparaten geben, beispielsweise bei der Untersuchung von biologischer Intelligenz und für die Sicherheit von fortgeschrittener künstlicher Intelligenz (KI). Die dauerhafte Aufbewahrung wird durch die CeBE gewährleistet, kann aber auf Wunsch zeitlich begrenzt werden.
Teilnahmevoraussetzungen
Volljährige, einwilligungsfähige Menschen können das Hirnarchiv unterstützen, unabhängig von ihrem Gesundheitszustand. Die Einwilligung hat zu Lebzeiten keinerlei Einschränkungen zur Folge.
Philosophische und spirituelle Aspekte
Die Hirnarchivierung wirft philosophische und spirituelle Fragen auf. Daher erfolgt die Einrichtung des Hirnarchivs in Kooperation mit der geisteswissenschaftlichen Fakultät der FAU, um die vielseitigen Fragestellungen zu begleiten und die Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen, religiösen Überzeugungen und Weltanschauungen zu berücksichtigen. Die Einverständniserklärung zur Teilnahme kann jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
Studien zu Motoneuronerkrankungen (MND)
Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) und anderen Motoneuronerkrankungen wie primärer Lateralsklerose (PLS), progressiver Muskelatrophie (PMA), progressiver Bulbärparalyse (PBA) und spinobulbärer Muskelatrophie (Kennedy) können neben der klinischen Betreuung an folgenden Studien in der Ambulanz teilnehmen:
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MND-Net-Registerstudie
Dieses deutschlandweite Register verfolgt das Ziel, die Motoneuronerkrankungen besser zu verstehen und die Instrumente zur Erfassung des Krankheitsverlaufs oder zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden zu verbessern. Das deutsche Konsortium für Motoneuronerkrankungen (MND-NET) soll die Durchführung von Studien innerhalb Deutschlands erleichtern und beschleunigen, beispielsweise durch die Verkürzung der Rekrutierungszeit.
Untersuchung von Patienten-Nervenzellen in der Zellkultur
Für dieses Forschungsprojekt, das in Zusammenarbeit mit der Biobank für neurologische Erkrankungen und der Stammzellbiologischen Abteilung (Leitung: Prof. Dr. Beate Winner) durchgeführt wird, werden insbesondere ALS-Patienten mit Nachweis einer zugrundeliegenden Genmutation (z.B. C9ORF72, SOD1, TARDBP u.a.) gesucht. Aus einer Hautprobe gewonnene und angezüchtete Nervenzellen (sog. induziert-pluripotente Stammzellen) werden untersucht.
Ultrahochfeld-MRT-Bildgebung bei amyotropher Lateralsklerose
Kooperationen bestehen mit der Stammzellbiologischen Abteilung (stammzellbasierte Forschung zur ALS; Leitung: Prof. Dr. med. B. Winner) und mit der Neuroradiologischen Abteilung (Erforschung bildgebender Verfahren bei ALS; Leitung: Prof. Dr. med. A.).
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