Morbus Fahr, auch bekannt als idiopathische Basalganglienverkalkung (IBGC), ist eine seltene neurologische Erkrankung, die durch abnormale Kalziumablagerungen in den Basalganglien und anderen Hirnbereichen gekennzeichnet ist. Diese Verkalkungen können zu einer Vielzahl von neurologischen und psychiatrischen Symptomen führen, darunter Bewegungsstörungen, kognitive Beeinträchtigungen und Verhaltensänderungen. Da die Zusammenhänge und Prozesse von Morbus Fahr bisher wenig verstanden sind, gestaltet sich die Therapie der Krankheit schwierig.
Was ist Morbus Fahr?
Morbus Fahr wurde erstmals 1931 von Thomas Fahr beschrieben. Die Erkrankung manifestiert sich als symmetrische Stammganglienverkalkung, die mit neurologischen und/oder psychiatrischen Symptomen einhergeht. Die Verkalkungen sind im Computertomogramm (CT) gut erkennbar.
Ursachen von Morbus Fahr
Die Ursachen für Morbus Fahr sind vielfältig. Am häufigsten treten sporadische idiopathische Formen auf, aber auch autosomal-dominant erbliche Formen sind bekannt. Ursächlich sind oft Störungen des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels, meist verbunden mit einer laborchemischen Hypokalzämie und Hyperphosphatämie bei Hypoparathyreoidismus mit verminderter oder fehlender Parathormonproduktion oder Pseudohypoparathyreoidismus mit fehlender Wirkung des Parathormons. Es ist wichtig zu beachten, dass intrazerebrale Verkalkungen prinzipiell nach verschiedensten Schädigungen des Gehirns auftreten können, wie beispielsweise Infektionen (z.B. Syphilis), Schlaganfälle oder Traumen.
Eine genaue Abklärung ist erforderlich, um andere Ursachen der Verkalkungen, wie Lupus oder Tumore, auszuschließen. Verletzungen des Gehirns können zur Ablagerung von Kalziumphosphat führen, die nicht immer symptomfrei bleibt.
Symptome von Morbus Fahr
Nicht jede Stammganglienverkalkung führt zu Symptomen, und nicht jede Stammganglienverkalkung muss behandelt werden. In fast der Hälfte der Fälle handelt es sich um einen Zufallsbefund. Von einem Fahr’schen Syndrom spricht man erst, wenn Symptome vorhanden sind. Die Symptome können je nach Lokalisation der Verkalkungen variieren.
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Neurologische Symptome
- Bewegungsstörungen: Dies ist eines der häufigsten Symptome von Morbus Fahr. Etwa 55% der Patienten weisen irgendeine Art von Bewegungsstörung auf. Dazu gehören:
- Parkinsonismus (57%)
- Choreatiforme Bewegungsstörungen (19%)
- Tremor oder Dystonie (8%)
- Athetose
- Gangunsicherheit und andere Kleinhirnsymptome
- Rigor
- Spastizität
- Hyper- bzw. Hypokinesie
- Sprach- und Schluckstörungen
- Epileptische Anfälle: Symptomatisch stehen je nach Lokalisation der Verkalkungen epileptische Anfälle im Vordergrund.
- Hirnnervenausfälle
Psychiatrische Symptome
- Kognitive Einschränkungen: Die Spannweite reicht von leicht ausgeprägten Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen bis hin zur Demenz (entsprechend einer subcortikalen Demenz wie bei Morbus Binswanger).
- Depressive Symptome
- Psychotische Symptome
- Impulskontrollstörungen: Betroffene können ihr impulsives Handeln dann nur noch schwer oder gar nicht kontrollieren.
Weitere Symptome
- Kopfschmerzen oder Migräne: Bei manchen Patienten ist die Migräne das einzige Symptom der Erkrankung.
Diagnose von Morbus Fahr
Die Diagnose von Morbus Fahr basiert auf einer Kombination von klinischen Befunden und bildgebenden Verfahren.
- Computertomographie (CT): Im CT sind die Verkalkungen der Basalganglien gut erkennbar. Sie sind im CCT immer besser zu sehen als im Kernspin.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT kann zusätzliche Informationen über das Ausmaß der Verkalkungen und mögliche andere Hirnveränderungen liefern.
- Laboruntersuchungen: Laboruntersuchungen können helfen, Störungen des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels zu identifizieren.
Es ist wichtig, andere Ursachen für die Symptome auszuschließen, bevor die Diagnose Morbus Fahr gestellt wird.
Therapie von Morbus Fahr
Da man bisher so wenig über die Zusammenhänge und Prozesse von Morbus Fahr weiß, gibt es auch keine wirkliche Therapie der Krankheit. Die Behandlung von Morbus Fahr konzentriert sich hauptsächlich auf die Linderung der Symptome.
- Symptomatische Behandlung: Im CT festgestellte Verkalkungsprozesse der Basalganglien werden symptomatisch behandelt.
- Ergotherapie oder Physiotherapie: Die Betroffenen erhalten Ergotherapie oder Physiotherapie, um ihre körperlichen Beeinträchtigungen zu verbessern.
- Korrektur von Stoffwechselstörungen: In der Literatur ist davon die Rede, dass mit einer Korrektur des Kalzium-Spiegels Verbesserungen bei Sprachstörungen und Kopfschmerzen erreicht werden können. Diese Therapie greift wahrscheinlich gerade dann, wenn eine endokrinologische Störung vorliegt, die ursächlich für die Kalkablagerungen in den Basalkernen ist.
- Medikamentöse Behandlung:
- Dinatriumetidronat: Dinatriumetidronat ist ein Wirkstoff, der in der Osteoporose-Therapie und bei Störungen des Kalziumstoffwechsels eingesetzt wird. Eine Behandlung mit Dinatriumetidronat kann möglicherweise bei allen Arten von symptomatischen cerebralen Verkalkungen hilfreich sein.
- Unterstützende Maßnahmen:
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung erhält den allgemeinen Gesundheitszustand und schützt vor Infektanfälligkeit. Wegen der Schluckstörungen kann es notwendig werden, die Nahrungsmittel zu pürieren oder die Getränke anzudicken.
- Körperpflege: Eine elektrische Zahnbürste ist bei motorischen Störungen leichter zu handhaben, eine ebenerdig begehbare Dusche verhindert Unfälle im Bad, ein Duschstuhl erleichtert die Körperhygiene und gibt Sicherheit, ein Toilettenaufsatz mit Haltegriffen lässt mehr Selbständigkeit und Privatsphäre zu.
- Psyche: Zeigen Sie Verständnis, haben Sie Geduld und Zeit und bestärkend Sie den Erkrankten, die Erkrankte in positiver Weise. Soziale Kontakte, Gespräche, Spiele und kognitive Übungen können das Selbstwertgefühl stärken.
Forschung und zukünftige Therapieansätze
Das Fahr-NET Register ist eine erste Form von Beobachtungsstudie, die mit Grundlagenforschung an Tier-Modellen einhergehen und Studienkohorten aufbauen soll, um neue Therapieansätze zu entwickeln und zu testen.
Morbus Fahr und Demenz
Kognitive Einschränkungen, die bis hin zur Demenz reichen können, sind ein mögliches Symptom von Morbus Fahr. Es ist wichtig zu verstehen, dass Demenz ein Sammelbegriff für verschiedene Formen und Krankheitsverläufe ist.
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Formen der Demenz
Forscher unterscheiden zwischen primären und sekundären Demenzformen.
- Primäre Demenzformen: Hierzu zählen die degenerative Demenz und die vaskuläre Demenz. Bei degenerativen Formen kommt es zu einer fortschreitenden Zerstörung von Nervenzellen. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der degenerativen Demenz. Von vaskulärer Demenz sprechen die Experten, wenn die Ursache auf Durchblutungsstörungen zurückzuführen ist.
- Sekundäre Demenzformen: Die Gründe für eine sekundäre Demenz liegen nicht im Gehirn selbst. Hier kann die Krankheit als Langzeitfolge bzw. Begleiterscheinung von Kopfverletzungen, Tumoren, Stoffwechselerkrankungen, Vitaminmangelzuständen, chronischen Vergiftungserscheinungen, Depressionen, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch auftreten.
Symptome der Demenz
Die Symptome des geistigen Verfalls sind dabei genauso unterschiedlich wie die Ursachen. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Gedächtnisverlust
- Verlangsamung
- Unselbstständigkeit
- Nachlassende Leistungsfähigkeit
- Verändertes Verhalten
- Orientierungslosigkeit
Behandlung der Demenz
Die Behandlung der Demenz hängt von der Ursache ab. Bei primären Demenzformen ist eine Heilung nicht möglich, aber Medikamente und nicht-medikamentöse Ansätze können die Symptome lindern und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Sekundäre Demenzformen sind unter Umständen heilbar, wenn die Grunderkrankung behandelt wird.
Leben mit Morbus Fahr
Die Diagnose Morbus Fahr kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine große Herausforderung darstellen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich Unterstützung zu suchen.
- Ärztliche Betreuung: Eine regelmäßige ärztliche Betreuung ist wichtig, um die Symptome zu überwachen und die Behandlung anzupassen.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein.
- Unterstützungsangebote: Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote für Menschen mit Morbus Fahr und ihre Angehörigen.
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