Das motorische Sprachzentrum im Gehirn: Funktion, Lokalisation und Bedeutung

Das Broca-Areal, benannt nach dem französischen Neurologen Pierre Paul Broca, der es 1861 entdeckte, ist ein bedeutendes Sprachzentrum im menschlichen Gehirn. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Sprachproduktion und -verarbeitung. Dieser Artikel beleuchtet die Funktion, die anatomische Lage und die Auswirkungen von Schädigungen des Broca-Areals.

Lokalisation und Anatomie

Das Broca-Areal befindet sich im unteren Teil des Gyrus frontalis inferior, genauer gesagt im pars opercularis und pars triangularis. Es liegt typischerweise in der linken Gehirnhälfte, da diese bei den meisten Menschen die dominante Hemisphäre für Sprachfunktionen ist. Mittels moderner bildgebender Verfahren wie der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) lässt sich das Broca-Areal darstellen und von anderen Hirnregionen abgrenzen.

Die genaue anatomische Lage befindet sich im Gyrus frontalis inferior („untere Stirnwindung“) und dort innerhalb der Partes triangularis („dreieckiger“ Teil) und opercularis (etwa: „Deckelteil“). Neueste Forschungen zeigen, dass die ursprüngliche Annahme von einem scharf abgegrenzten Broca Areal, das aus lediglich zwei Teilgebieten besteht, nicht die ganze Komplexität der neuroanatomischen Grundlagen von Sprache beschreibt.

Funktion des Broca-Areals

Das Broca-Areal ist primär für die motorischen Aspekte der Sprachproduktion verantwortlich. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Artikulation von Sprache und der Satzbildung (daher auch brocasche Sprachregion genannt). Zu den Aufgaben des Sprachzentrums gehören vor allem einige motorische Aspekte der Sprache. Außerdem ist es zuständig für die Lautbildung und -analyse und die Aussprache von Worten. Darüber hinaus steuert das Broca Areal aber auch die grammatikalische Korrektheit von Sätzen und die richtige Betonung der Sprache. Es werden Tonalge, Satzmelodie und der Sprachrhythmus so aufeinander Abgestimmt, dass die Zusammenarbeit aller Sprechorgane zu einer möglichst optimalen Aussprache führt.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass nicht nur das Sprechen vom Broca Areal mitgesteuert wird, sondern darüber hinaus noch einige weitere Funktionen über diese Hirnregion vermittelt werden. Dazu gehört beispielsweise vermutlich auch die Verarbeitung von musikalischen Reizen.

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Broca-Aphasie: Auswirkungen von Schädigungen

Eine Schädigung des Broca-Areals führt typischerweise zu einer Sprachstörung, die als Broca-Aphasie oder motorische Aphasie bekannt ist. Betroffene Patienten haben Schwierigkeiten, fließend zu sprechen, obwohl ihr Sprachverständnis weitgehend intakt bleibt. Patienten/-innen mit Broca Aphasie sprechen häufig stockend und verlangsamt. Sie neigen dazu, im Telegrammstil zu formulieren oder verwechseln Laute miteinander. Vor allem Worte, die keine eigene Bedeutung haben, wie beispielsweise Artikel oder Präpositionen, werden oft weggelassen.

Die Behandlung der Broca-Aphasie konzentriert sich auf Sprachtherapie, um die Sprachfähigkeiten zu verbessern und alternative Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Aktuelle Forschungen untersuchen die Plastizität des Gehirns und die Möglichkeit, andere Hirnregionen zu trainieren, um die Funktionen des geschädigten Broca-Areals zu übernehmen.

Historischer Kontext

Die Geschichte der Erforschung der Hirnstrukturen, die für die Sprachverarbeitung verantwortlich sind, reicht zurück bis ins 17. Jahrhundert. Bereits im 18. Jahrhundert gab es Spekulationen darüber, dass es im menschlichen Körper auch ein 'Sprachorgan' geben könnte. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man, sich dem Thema mit wissenschaftlichen Methoden zu nähern. Die älteste und mit leichten Modifikationen bis heute angewandte Methode ist der Läsion-Defizit-Ansatz.

Basierend auf diesem Prinzip postulierte Pierre Paul Broca in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, dass die linke Großhirnhemisphäre die sprachdominante Hemisphäre ist. Er beschrieb einen Patienten mit 'Aphemie', einer schweren Störung des lautsprachlichen Outputs. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckte Carl Wernicke den Temporallappen am Übergang zum Parietallappen im Jahre 1874. Die Arbeiten von Broca, Wernicke und anderen mündeten Ende des 19. Jahrhunderts in ein erstes umfassendes Modell der Sprachverarbeitung, welches die weitere Forschung auf diesem Gebiet bis weit in das 20. Jahrhundert prägte.

Das Broca-Areal im Netzwerk der Sprachverarbeitung

Das Broca-Areal ist nicht der einzige Bereich im Gehirn, der an der Sprachverarbeitung beteiligt ist. Neben dem Broca- und Wernicke-Areal sind viele weitere Hirnstrukturen für die Verarbeitung von Sprache nötig. Diese umfassen große Teile des Temporal-, Parietal- und Frontallappens und sind nicht auf Sprechen oder Verstehen spezialisiert, sondern übernehmen vermutlich differenzierte Aufgaben, wie zum Beispiel die Entschlüsselung komplexer Syntax. Um ihre Aufgabe zu erfüllen, sind mehrere Regionen über Faserbündel miteinander verbunden und wirken als Netzwerk zusammen.

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Während das Broca Areal die Sprachproduktion vermittelt, steuert das Wernicke-Zentrum das Sprachverständnis. Beide Regionen gemeinsam regulieren das Sprechen. Sie liegen an verschiedenen Stellen des Gehirns, befinden sich aber beide in der dominanten Gehirnhälfte.

Moderne Forschungsmethoden

Die Entwicklung der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) hat die Erforschung der Sprachverarbeitung revolutioniert. Das MRT ermöglichte es den Forschern, das Gehirn bei der Arbeit zu beobachten. Mit funktionell-bildgebenden Verfahren kann die Funktionsweise des gesunden Gehirns untersucht werden. So lassen sich z.B. Variation der Stärke einer Aktivierung Aussagen machen.

Plastizität des Gehirns

Besonders erscheint die Lösung des Gehirns dann, wenn Kinder oder Jugendliche, deren Hirnentwicklung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, einen Schaden am Broca Areal erleiden. Während bei gesunden Personen die Sprachproduktion von der dominanten Hirnhälfte gesteuert wird, übernimmt die Broca Region der anderen Hemisphäre normalerweise ganz andere Aufgaben. Bei Beschädigungen an unvollständig entwickelten Gehirnen wird die Sprachproduktion auf die unbeschädigte Hemisphäre verlegt, sofern dies möglich ist.

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