Multiple Sklerose und Alkoholkonsum: Auswirkungen und Überlegungen

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die meist im jungen Erwachsenenalter beginnt. Obwohl die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind, spielen genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und das Immunsystem eine wesentliche Rolle. Betroffene fragen sich oft, wie sich ihr Lebensstil, einschließlich des Alkoholkonsums, auf den Krankheitsverlauf auswirken kann.

Ursachen und Risikofaktoren von Multipler Sklerose

Die Entstehung von MS ist komplex und multifaktoriell. Folgende Faktoren werden als relevant angesehen:

  • Genetische Veranlagung: MS ist keine klassische Erbkrankheit, aber eine genetische Veranlagung kann das Risiko erhöhen.
  • Autoimmunprozesse: Das Immunsystem greift fälschlicherweise körpereigene Substanzen im zentralen Nervensystem an.
  • Geschlecht: Frauen erkranken zwei- bis dreimal häufiger an MS als Männer, möglicherweise aufgrund eines spezifischen Eiweißmoleküls im Gehirn.
  • Frühere Viruserkrankungen: Virale Infektionen werden als mögliche Ursache für Autoimmunerkrankungen wie MS diskutiert.
  • Geographische Lage: MS tritt häufiger in kälteren Regionen auf, was auf einen möglichen Zusammenhang mit Vitamin-D-Mangel aufgrund mangelnder Sonneneinstrahlung hindeutet.
  • Ungesunder Lebensstil: Faktoren wie Rauchen und möglicherweise auch Ernährung können das MS-Risiko beeinflussen.

Alkohol und Multiple Sklerose: Eine komplexe Beziehung

Die Auswirkungen von Alkoholkonsum auf MS sind vielfältig und nicht immer eindeutig. Einerseits gibt es Hinweise darauf, dass moderater Alkoholkonsum möglicherweise entzündungshemmende Effekte haben könnte, andererseits birgt Alkohol auch Risiken, die den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen könnten.

Mögliche positive Effekte von moderatem Alkoholkonsum

Eine aktuelle Studie der Universität Erlangen deutet darauf hin, dass moderater Alkoholkonsum die Auswirkungen einer MS-Erkrankung lindern könnte. Ähnliche Effekte wurden bereits bei rheumatischer Arthritis (RA), ebenfalls einer Autoimmunerkrankung, beobachtet. Die Forscher fanden heraus, dass Alkohol, insbesondere dessen Stoffwechselprodukt Acetat, einen entzündungshemmenden Effekt haben könnte. Acetat entsteht nicht nur bei der Verarbeitung von Alkohol, sondern auch bei der Verdauung von Ballaststoffen. Es beeinflusst bestimmte Immunzellen (follikuläre T-Helferzellen) und reduziert so die Produktion von Antikörpern.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Ergebnisse aus Tierstudien stammen und nicht direkt auf den Menschen übertragbar sind. Zudem befasst sich die Studie nicht mit möglichen schädlichen Nebenwirkungen des Alkohols.

Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt

Mögliche negative Effekte von Alkoholkonsum

Auch wenn es Hinweise auf potenzielle positive Effekte gibt, überwiegen die Risiken, die mit Alkoholkonsum verbunden sind:

  • Entzündungsfördernde Wirkung: Alkohol kann Entzündungen im Körper fördern, was den Verlauf von MS negativ beeinflussen könnte.
  • Wechselwirkungen mit Medikamenten: Alkohol kann die Wirkung von Medikamenten beeinträchtigen oder verstärken, was zu unberechenbaren und gefährlichen Wechselwirkungen führen kann. Dies gilt insbesondere für Schmerzmittel, Antidepressiva, Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Cortison.
  • Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen: Studien haben gezeigt, dass moderater bis hoher Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum zu einer Schrumpfung des Hippocampus führen kann, was Gedächtnis und räumliche Orientierung beeinträchtigt.
  • Verschlimmerung von MS-Symptomen: Alkohol kann bestimmte MS-Symptome wie Müdigkeit, Erschöpfung und Sehprobleme verschlimmern.
  • Erhöhtes Sturzrisiko: Mobilitätseinschränkungen, die durch MS verursacht werden, können durch Alkoholkonsum verstärkt werden, was das Sturzrisiko erhöht.

Alkohol und Medikamente bei MS

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Alkohol zusammen mit Medikamenten eingenommen wird, die zur Behandlung von MS eingesetzt werden:

  • Cortison: Die Kombination von Cortison und Alkohol kann Kopfschmerzen, Übelkeit und bei Diabetes eine Unterzuckerung begünstigen.
  • Andere Medikamente: Alkohol kann die Wirkung von Antidepressiva, Schlaf- und Beruhigungsmitteln verstärken und zu gefährlichen Nebenwirkungen wie Bewusstlosigkeit und Atemstillstand führen. Auch bei Schmerzmitteln kann es zu Magen-Darm-Blutungen und Magengeschwüren kommen.

Empfehlungen zum Alkoholkonsum bei MS

Angesichts der komplexen und teils widersprüchlichen Erkenntnisse ist es schwierig, allgemeingültige Empfehlungen zum Alkoholkonsum bei MS zu geben. Es ist jedoch ratsam, folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Individuelle Beratung: Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt über Ihren Alkoholkonsum und mögliche Risiken und Wechselwirkungen mit Ihren Medikamenten.
  • Moderation: Wenn Sie Alkohol konsumieren, tun Sie dies in Maßen. Die europäische Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt maximal 50-100 Gramm Alkohol pro Woche. Je weniger, desto besser.
  • Berücksichtigung von Symptomen: Achten Sie darauf, wie sich Alkoholkonsum auf Ihre MS-Symptome auswirkt. Vermeiden Sie Alkohol, wenn er Ihre Symptome verschlimmert.
  • Vermeidung von Rauschtrinken: Übermäßiger Alkoholkonsum und Rauschtrinken sind generell schädlich und sollten vermieden werden.
  • Alternative Strategien: Suchen Sie nach alternativen Strategien zur Stressbewältigung und Entspannung, die nicht mit Alkoholkonsum verbunden sind.

Weitere wichtige Lebensstilfaktoren bei MS

Neben dem Alkoholkonsum gibt es weitere Lebensstilfaktoren, die den Verlauf von MS beeinflussen können:

  • Rauchen: Nikotin ist ein nachgewiesener Risikofaktor für MS und kann den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen. Raucher*innen haben ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko und entwickeln schneller eine sekundär chronische MS (SPMS). Ein Rauchstopp kann das Fortschreiten der Erkrankung positiv beeinflussen.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Ballaststoffen kannEntzündungen im Körper reduzieren und das Immunsystem stärken. Studien deuten darauf hin, dass ein Vitamin-D-Mangel ein Risikofaktor für MS sein könnte.
  • Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann die Mobilität verbessern, Müdigkeit reduzieren und die Lebensqualität steigern.
  • Stressmanagement: Stress kann den Krankheitsverlauf verschlimmern. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder autogenes Training können helfen, Stress abzubauen.
  • Soziales Leben: Pflegen Sie soziale Kontakte und nehmen Sie am gesellschaftlichen Leben teil. MS sollte kein Grund sein, auf Partys und ein geselliges Leben zu verzichten.

Lesen Sie auch: Wie man MS vorbeugen kann

Lesen Sie auch: MS und Rückenschmerzen: Ein Überblick

tags: #Multiple #Sklerose #Alkoholkonsum #Auswirkungen