Multiple Sklerose: Ursachen der Demyelinisierung

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die durch Demyelinisierung gekennzeichnet ist. Demyelinisierung beschreibt den Verlust oder die Beschädigung der Myelinscheide, einer schützenden Schicht um die Nervenzellen. Diese Schicht ermöglicht die effiziente Übertragung elektrischer Signale zwischen den Neuronen. Wenn die Myelinschicht beschädigt wird, kann dies zu einer Verzögerung oder Unterbrechung der Nervenimpulse führen und somit verschiedene neurologische Symptome hervorrufen, wie z. B. Muskelschwäche und Gleichgewichtsstörungen. Trotz intensiver Forschungsanstrengungen in den letzten Jahrzehnten ist die genaue Ursache der MS noch immer unbekannt. Die bisherigen Ergebnisse weisen auf eine genetische Disposition hin, jedoch auch auf einen erheblichen Einfluss von Umweltfaktoren.

Definition der Demyelinisierung

Die Demyelinisierung ist ein pathologischer Prozess, der durch den Verlust oder die Beschädigung der Myelinscheide um Nervenzellen im zentralen und peripheren Nervensystem charakterisiert ist. Diese Scheide ist essentiell für die effektive Übertragung elektrischer Signale entlang der Nervenfasern. Wenn die Myelinschicht beeinträchtigt wird, kann dies zu verschiedenen neurologischen Symptomen führen. Zudem spielt die Demyelinisierung eine zentrale Rolle in mehreren neurologischen Erkrankungen, darunter Multiple Sklerose und andere demyelinisierende Krankheiten.

Ursachen der Demyelinisierung

Es gibt verschiedene Ursachen für die Demyelinisierung. Zu den häufigsten zählen:

  • Autoimmunerkrankungen: Der Körper greift irrtümlicherweise das eigene Myelin an, wie es bei Multipler Sklerose der Fall ist. Bei MS richtet sich der Angriff gegen das zentrale Nervensystem (ZNS). Die Abwehrzellen - insbesondere T-Lymphozyten, aber auch B-Lymphozyten - verursachen dort Entzündungen im Bereich der Nervenzellen. Der entzündliche Schaden betrifft vor allem das Myelin, die „weiße Substanz“. Das ist die Schutzschicht, welche die Nervenfasern abschnittsweise umhüllt. Diese Myelinscheiden (Markscheiden) funktionieren wie eine elektrische Isolierung und ermöglichen außerdem eine schnelle Weiterleitung der Nervenimpulse (Erregungsweiterleitung).
  • Infektionen: Bestimmte virale oder bakterielle Infektionen können die Myelinschicht schädigen. Möglicherweise sind auch Infektionen mit Viren und Bakterien am Ausbruch von Multipler Sklerose beteiligt. Entsprechende Hinweise gibt es besonders zum Epstein-Barr-Virus (EBV). Das ist ein Vertreter der Herpes-Viren, der das Pfeiffersche Drüsenfieber verursacht.
  • Genetische Faktoren: Bestimmte genetische Anomalien können die Integrität der Myelinscheide beeinträchtigen und so zu demyelinisierenden Erkrankungen führen.
  • Toxine: Exposition gegenüber giftigen Substanzen, einschließlich Schwermetallen und bestimmten Chemikalien, kann zu Schädigungen des Myelins führen.

Autoimmunerkrankungen als Hauptursache

Eine der häufigsten Ursachen für Demyelinisierung sind Autoimmunerkrankungen. Krankheiten wie die Multiple Sklerose entstehen, wenn das Immunsystem fälschlicherweise das Myelin angreift. Bei MS greift das Immunsystem die Myelinschicht an, was zu Symptomen wie Sehstörungen, Schwäche und Koordinationsproblemen führen kann.

Infektionen und Demyelinisierung

Virale und bakterielle Infektionen können das Myelin direkt oder indirekt durch Immunantworten schädigen. Ein gutes Beispiel für eine durch Infektion ausgelöste Demyelinisierung ist das Guillain-Barré-Syndrom, wo nach einer viralen oder bakteriellen Infektion das Immunsystem Nerven im peripheren System angreift.

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Möglicherweise lösen die normalen Reaktionen des Immunsystems auf eine Infektion bei entsprechend veranlagten Menschen die Entstehung von MS aus.

Genetische Faktoren

Bestimmte genetische Anomalien können die Integrität der Myelinscheide beeinträchtigen und so zu demyelinisierenden Erkrankungen führen. Verschiedene Beobachtungen deuten auf eine genetische Komponente bei der Entstehung von MS hin.Zum einen kommt Multiple Sklerose in manchen Familien gehäuft vor: Für Verwandte ersten Grades von MS-Betroffenen besteht ein erhöhtes Risiko, ebenfalls die chronische Nervenerkrankung zu entwickeln.Zum anderen scheinen bestimmte genetische Konstellationen mit dem Auftreten von MS in Verbindung zu stehen. Im Blickpunkt stehen hier besonders die sogenannten Humanen-Leukozyten-Antigene (HLA). Sie spielen eine Rolle bei der Immunabwehr. Auch alle anderen genetischen Risikofaktoren, die wissenschaftlich bislang mit Multipler Sklerose in Verbindung gebracht wurden, hängen mit dem Immunsystem zusammen.Zu einem gewissen Teil ist Multiple Sklerose also vererbbar - allerdings wird nicht die Erkrankung selbst vererbt, sondern nur die Neigung, an MS zu erkranken. Erst im Zusammenspiel mit anderen Faktoren (vor allem Umweltfaktoren wie Infektionen) kommt es bei einigen Menschen zum Ausbruch der Krankheit.

Toxine

Exposition gegenüber giftigen Substanzen, einschließlich Schwermetallen und bestimmten Chemikalien, kann zu Schädigungen des Myelins führen.

Beispiele für demyelinisierende Erkrankungen

Die Demyelinisierung kann verschiedene Ursachen haben und tritt häufig im Zusammenhang mit bestimmten neurologischen Erkrankungen auf. Diese Beispiele helfen, die Vielfältigkeit der Erscheinungsformen und Symptome besser zu verstehen.

Demyelinisierende Erkrankungen sind eine Gruppe von Krankheiten, die durch den Verlust der Myelinscheide in Nervenbahnen des zentralen oder peripheren Nervensystems gekennzeichnet sind. Diese Erkrankungen können sowohl genetisch bedingt als auch durch Umweltfaktoren ausgelöst werden.

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  • Multiple Sklerose (MS): Eine chronische Erkrankung, bei der das Immunsystem die Myelinscheide der Nervenfasern angreift. Typische Symptome sind Sehstörungen, Taubheitsgefühl und Gleichgewichtsstörungen.
  • Neuromyelitis optica: Betroffen sind vor allem die Nerven des Rückenmarks und der Augen, was zu schweren Sehstörungen und Lähmungen führt.
  • Chronisch entzündliche demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP): Diese Erkrankung betrifft die peripheren Nerven und führt zu Muskelschwäche und Verlust der Sensibilität.

Multiple Sklerose (MS) im Detail

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), bei der es infolge fehlgesteuerter Autoimmunprozesse zu einer Schädigung von Nervenfasern und ihrer Myelinscheiden kommt. Das klinische Erscheinungsbild ist variabel: Die Erkrankung kann schubweise verlaufen oder von Beginn an kontinuierlich fortschreiten. Die pathogenetischen Mechanismen unterscheiden sich daher je nach Verlaufsform und Erkrankungsstadium. Die MS wird traditionell in drei Hauptformen unterteilt: Die schubförmig-remittierende MS (RRMS) ist mit etwa 80-90% die häufigste Erstmanifestation. Sie ist gekennzeichnet durch klar definierte Schübe mit vollständiger oder unvollständiger Rückbildung der neurologischen Symptome.

Umweltfaktoren und Lebensstil

Umwelt- beziehungsweise bestimmte Lebensstil-Faktoren wirken möglicherweise ebenfalls bei der Entstehung von Multipler Sklerose mit. Ein ungesunder Lebensstil ist für sich genommen aber nicht ausreichend, um MS auszulösen.

Ein kritischer Faktor bei der MS-Krankheit ist offenbar Rauchen. So haben Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern ein höheres Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken. Zudem scheint Nikotin den Krankheitsverlauf zu verschlechtern.

Einen Mangel an Vitamin D - dem „Sonnenvitamin“ - diskutieren Wissenschaftler ebenfalls als möglichen Risikofaktor für Multiple Sklerose. Dieser Verdacht basiert auf der Beobachtung, dass es einen Zusammenhang zwischen MS und der geografischen Breite gibt: Je weiter man sich vom Äquator entfernt (in Richtung Nord- beziehungsweise Südpol), desto häufiger tritt Multiple Sklerose in der Bevölkerung auf.

Das liegt eventuell an der abnehmenden Sonnen-Exposition: Je weiter entfernt vom Äquator die Menschen leben, desto weniger intensiv ist die Sonnen-Einstrahlung. Und je weniger Sonne auf die Haut fällt, desto weniger Vitamin D wird in der Haut produziert.

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Untersuchungen zufolge erhöhen eine fettreiche „westliche“ Ernährung und ein damit verbundenes Übergewicht das Risiko für MS. Als weitere mögliche beeinflussende Faktoren werden eine erhöhte Kochsalz-Zufuhr und die Darmflora diskutiert.

Diagnose der Demyelinisierung

Eine Demyelinisierung wird meist durch neurologische Untersuchungen, Magnetresonanztomographie (MRT) zur Erkennung von Läsionen im zentralen Nervensystem und durch Nervenleitungsstudien diagnostiziert.

Die Diagnose der Multiplen Sklerose (MS) beruht auf den McDonald-Kriterien von 2017. Dabei wird der Nachweis einer zeitlichen (DIT) und räumlichen Dissemination (DIS) von Läsionen im zentralen Nervensystem gefordert - entweder anhand klinischer Befunde oder mittels bildgebender bzw. laborchemischer Verfahren. Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine zentrale Rolle in der MS-Diagnostik. Sie ermöglicht den strukturellen Nachweis typischer Läsionen in Gehirn und Rückenmark.

Behandlungsmöglichkeiten bei Demyelinisierung

Zu den Behandlungsmöglichkeiten bei einer Demyelinisierung gehören Immuntherapien wie Kortikosteroide zur akuten Entzündungshemmung, Plasmapherese bei schwereren Fällen, sowie krankheitsmodifizierende Therapien (z.B. Interferone) zur Verlangsamung des Fortschreitens. Ein gesunder Lebensstil kann den Verlauf der Multiplen Sklerose (MS) günstig beeinflussen und sollte integraler Bestandteil jeder Therapie sein. Regelmäßige Bewegung verbessert nicht nur Fitness und Mobilität, sondern wirkt sich auch positiv auf Komorbiditäten wie Adipositas, Bluthochdruck oder Diabetes aus.

Forschung und Remyelinisierung

Interessanterweise kann sich das Myelin in bestimmten Fällen teilweise regenerieren, was remyelinisierende Therapien zu einem aktiven Forschungsfeld macht. Trotz der Vielschichtigkeit der Prozesse, die zur Demyelinisierung führen, gibt es bemerkenswerte Ansätze in der Forschung zur Regeneration und Heilung. Die Entdeckung von Zellen, die das Potenzial haben, neue Myelinscheiden zu bilden, eröffnet neue Möglichkeiten zur Behandlung von demyelinisierenden Erkrankungen. Mit den Fortschritten in der Stammzellenforschung und in der Entwicklung von Medikamenten, die die Remyelinisierung fördern, bestehen Hoffnungen, dass zukünftige Therapien nicht nur die Fortschreitung der Demyelinisierung verlangsamen, sondern auch das geschädigte Myelin wiederherstellen können.

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