Geschmacksstörungen bei Multipler Sklerose: Ursachen, Behandlung und mehr

Geschmacksverlust kann eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellen. Ob durch Krankheiten, Medikamente oder andere Faktoren verursacht, beeinflusst der Verlust des Geschmacks nicht nur die Freude am Essen, sondern auch das soziale Leben und die psychische Gesundheit. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Geschmacksstörungen, insbesondere im Zusammenhang mit Multipler Sklerose (MS), sowie Behandlungsansätze und Möglichkeiten, den Alltag trotz dieser Einschränkung zu meistern.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark umfasst. Sie wird auch als Encephalomyelitis disseminata bezeichnet, was so viel wie "verstreute Hirn- und Rückenmarksentzündung" bedeutet. Fachleute nehmen an, dass die Krankheit auf eine Fehlregulation des körpereigenen Abwehrsystems zurückzuführen ist und zählen Multiple Sklerose zu den Autoimmunerkrankungen.

Die Erkrankung verläuft typischerweise in Schüben, wobei ein akuter Schub vorliegt, wenn bisher unbekannte Beschwerden auftreten, frühere Symptome wiederkehren oder sich diese mindestens über 48 Stunden lang verstärken. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren, wobei Frauen doppelt bis dreimal häufiger betroffen sind als Männer.

Symptome der Multiplen Sklerose

Die Symptome der Multiplen Sklerose sind sehr vielfältig und unspezifisch, weshalb MS auch als "Krankheit mit tausend Gesichtern" bezeichnet wird. Häufige Frühsymptome sind:

  • Gefühlsstörungen und Empfindungsstörungen (Taubheitsgefühl, Kribbeln, Spannungsgefühle)
  • Sehstörungen (Augenschmerzen, verschwommene Sicht, Beeinträchtigung des Farbensehens)
  • Muskellähmungen (Kraftlose Muskeln, Spastik, Lähmungserscheinungen)

Weitere mögliche Symptome sind Gesichtslähmungen, Gesichtsschmerzen, Geschmacksstörungen (Dysgeusie) und Gleichgewichtsstörungen. Auch psychische Beschwerden wie Stimmungsschwankungen und Depressionen können auftreten.

Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt

Ursachen von Geschmacksstörungen

Geschmacksstörungen, auch Dysgeusie genannt, können verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet zwischen:

  • Epithelialen Ursachen: Schädigung der Geschmacksknospen, z.B. durch Atemwegsinfektionen, Mundschleimhautentzündungen oder Rauchen.
  • Nervalen Ursachen: Schädigung der Hirnnerven, die für die Geschmackswahrnehmung wichtig sind, z.B. durch Gürtelrose im Gesicht oder Operationen im Kopfbereich.
  • Zentralen Ursachen: Ursache im Gehirn, z.B. durch Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumoren oder psychiatrische Erkrankungen.

Zu den häufigsten Ursachen zählen Infektionen der oberen Atemwege, Schädel-Hirn-Trauma, Medikamente, Operationen im Kopfbereich, Strahlentherapie, mangelnde Mundhygiene und Grunderkrankungen wie Multiple Sklerose, Schilddrüsenerkrankungen, Leber- oder Nierenerkrankungen.

Geschmacksstörungen bei Multipler Sklerose

Bei Multipler Sklerose können Geschmacksstörungen auftreten, da die Erkrankung das zentrale Nervensystem betrifft und somit die Nervenbahnen, die für die Geschmacksübertragung zuständig sind, beeinträchtigen kann. Die Entzündungsprozesse im Gehirn und Rückenmark können die Funktion der Geschmacksnerven stören und zu einer veränderten oder verminderten Geschmackswahrnehmung führen.

Arten von Geschmacksstörungen

Man unterscheidet zwischen quantitativen und qualitativen Geschmacksstörungen:

  • Quantitative Störungen: Betreffen die Intensität des Geschmacks. Dazu gehören:
    • Hypogeusie: Verminderter Geschmacksinn.
    • Ageusie: Aufgehobener Geschmacksinn (vollständiger Geschmacksverlust).
    • Hypergeusie: Überempfindlicher Geschmacksinn.
  • Qualitative Störungen: Betreffen die Art des Geschmacks. Dazu gehören:
    • Parageusie: Veränderte Geschmackswahrnehmung (z.B. schmeckt etwas, das eigentlich süß ist, bitter).
    • Phantogeusie: Wahrnehmung von Geschmack ohne Reizquelle (z.B. metallischer Geschmack im Mund).

Diagnose von Geschmacksstörungen

Die Diagnose von Geschmacksstörungen umfasst in der Regel folgende Schritte:

Lesen Sie auch: Wie man MS vorbeugen kann

  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und die genauen Beschwerden des Patienten.
  2. HNO-Status: Untersuchung des Mund-Nasen-Rachenraums, um mögliche Ursachen wie Entzündungen oder Verletzungen zu erkennen.
  3. Schmecktests (Gustometrie): Überprüfung des Schmeckvermögens mit verschiedenen Verfahren, z.B. durch Auftragen von Testlösungen unterschiedlicher Geschmacksrichtungen auf die Zunge oder durch Elektrogustometrie.
  4. Weitere Untersuchungen: Je nach Verdacht auf bestimmte Ursachen können weitere Untersuchungen wie Blutuntersuchungen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden.

Behandlung von Geschmacksstörungen

Die Behandlung von Geschmacksstörungen richtet sich nach der Ursache. Einige Beispiele:

  • Medikamentenbedingte Dysgeusie: Absetzen oder Ersetzen des betreffenden Medikaments.
  • Zinkmangel: Gabe von Zinkpräparaten.
  • Systemerkrankungen (MS, Diabetes etc.): Behandlung der Grunderkrankung.
  • Ernährungsbedingte Dysgeusie: Ernährungsberatung.

Zusätzlich können unterstützende Maßnahmen wie die Anregung des Speichelflusses (z.B. durch Sialagoga), das Nachwürzen der Speisen bei Hypogeusie und der Verzicht auf Nikotin und andere Substanzen, die den Geschmackssinn beeinträchtigen, hilfreich sein.

Behandlung von Geschmacksstörungen bei Multipler Sklerose

Bei Multipler Sklerose zielt die Behandlung von Geschmacksstörungen darauf ab, die Grunderkrankung zu stabilisieren und die Symptome zu lindern. Dies kann durch eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Physiotherapie und anderen unterstützenden Maßnahmen erreicht werden.

  • Verlaufsmodifizierende Therapie: Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen und so das Fortschreiten der MS hemmen.
  • Schubtherapie: Kortison zur Bekämpfung akuter Symptome und zur Verkürzung der Schubdauer.
  • Symptomatische Therapie: Maßnahmen zur Linderung von Beschwerden wie Geschmacksstörungen, z.B. durch Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie.

Umgang mit Geschmacksstörungen im Alltag

Geschmacksverlust kann eine erhebliche Belastung darstellen, aber es gibt verschiedene Strategien, um den Alltag trotz dieser Einschränkung zu meistern:

  • Konzentration auf Textur und Temperatur: Da der Geschmackssinn beeinträchtigt ist, kann man sich stärker auf die Textur und Temperatur der Speisen konzentrieren, um ein sensorisches Erlebnis zu schaffen.
  • Experimentieren mit Gewürzen und Aromen: Gewürze und Aromen können den fehlenden Geschmack nicht ersetzen, aber sie können das Aroma verstärken und das Essen interessanter machen.
  • Anpassung der Essgewohnheiten: Möglicherweise mag man bestimmte Sachen nicht mehr so gerne wie früher oder entdeckt neue Vorlieben.
  • Soziale Kontakte pflegen: Sich nicht von der Geschmacksstörung isolieren lassen, sondern weiterhin mit Familie und Freunden essen gehen oder kochen.
  • Ernährungsberatung: Eine Ernährungsberatung kann helfen, eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen und Mangelerscheinungen vorzubeugen.
  • Psychologische Unterstützung: Geschmacksverlust kann psychisch sehr belastend sein. Eine psychologische Unterstützung kann helfen, mit den emotionalen Folgen umzugehen.

Finanzielle Aspekte

Die Kosten für die Diagnose und Behandlung von Geschmacksstörungen werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen, wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht. Dies umfasst Arztbesuche, Medikamente zur Behandlung der Ursache und diagnostische Maßnahmen wie Schmecktests oder bildgebende Verfahren. Zusatzversicherungen können sinnvoll sein, wenn man über die Standardleistungen der GKV hinausgehen möchte, z.B. für alternative Behandlungsmethoden oder eine Rehabilitation.

Lesen Sie auch: MS und Rückenschmerzen: Ein Überblick

Es ist ratsam, sich bei der Krankenkasse über den genauen Leistungsumfang und die Kostenübernahme zu informieren. In manchen Fällen ist ein Gutachten oder Attest von einem Arzt erforderlich, um den Anspruch auf bestimmte Leistungen nachzuweisen.

Forschung und Zukunftsperspektiven

Die Forschung zum Thema Geschmacksverlust ist aktiv und es gibt ständig neue Studien, die versuchen, die Ursachen und besten Behandlungen zu finden. Viele aktuelle Studien konzentrieren sich auf die Verbindung zwischen Geschmacksverlust und anderen Gesundheitsproblemen, wie zum Beispiel Depressionen oder Mangelernährung. Die Zukunft der Geschmacksforschung sieht spannend aus, da Wissenschaftler daran arbeiten, die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln.

tags: #multiple #sklerose #geschmacksstörung #ursachen #behandlung