Multiple Sklerose und Zyklusstörungen: Ein komplexer Zusammenhang

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die oft mit einer Vielzahl von Symptomen einhergeht. Bei Frauen mit MS können Zyklusstörungen auftreten, die den ohnehin schon komplexen Krankheitsverlauf zusätzlich beeinflussen.

Geschlechtsspezifische Aspekte bei Multipler Sklerose

Der Frauenarzt ist heutzutage mehr als nur ein Spezialist für die weiblichen Geschlechtsorgane. Er muss Frauen in all ihren geschlechtsspezifischen Problemen ganzheitlich beraten und unterstützen, insbesondere wenn diese durch hormonelle Unterschiede bedingt sind. Das weibliche Hormonsystem beeinflusst fast alle Bereiche des Körpers, was die geschlechtsspezifische Ausprägung vieler Erkrankungen erklärt. Dies betrifft nicht nur die Psyche, sondern auch neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose. Auch dermatologische Erkrankungen, Lupus Erythematodes und das Sicca-Syndrom weisen geschlechtsspezifische Besonderheiten auf. Sogar der Stoffwechsel, die Lungenfunktion und die Blutbildung unterscheiden sich bei Frauen und Männern.

Hormone als Schlüsselfaktoren

Hormone können sich wie Schauspieler verhalten und Symptome verschleiern. Bereits geringfügige Störungen im Hormonsystem können zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen. Es ist erstaunlich, wie oft Frauen von Ärzten hohe Hormondosen verschrieben bekommen, ohne dass ihre Hormonsituation zuvor überprüft wurde.

Vitamin D, das sogenannte Sonnenvitamin, ist in Wirklichkeit ein neuroregulatorisches Hormon, das Prozesse im Nervensystem steuert. Ein Mangel kann zu Kommunikationsstörungen führen, wodurch andere Hormone ihre Signale nicht mehr richtig senden können. Besonders in den Wintermonaten ist ein flächendeckender Mangel verbreitet, aber auch im Sommer werden die Reserven oft nicht ausreichend aufgefüllt. Viele Menschen verbringen ihre Tage in Büroräumen oder verwenden im Freien hohen Lichtschutzfaktor, um das Hautkrebsrisiko zu minimieren.

Auch die Nebennieren können durch ständigen Stress erschöpft sein. Sie sind für die Produktion von Stresshormonen zuständig. Kurzfristig stellt dies kein Problem dar, aber chronischer Stress überlastet die Nebennieren, was zu Zellschäden führt, die der Körper nur schwer reparieren kann. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem immer weniger Hormone produziert werden und Betroffene zu verschiedenen Mitteln greifen.

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Schadstoffe aus der Umwelt, Medikamente (z. B. die Pille) und Strahlenbelastung (Mobilfunk, radiologische Untersuchungen) können den Hormonhaushalt massiv beeinflussen. Die Naturheilkunde kann helfen, Schadstoffe aus dem Körper auszuleiten. Gebrauchsgegenstände, Lebensmittel und Verpackungen enthalten oft hormonelle Substanzen, die den Hormonhaushalt stören können, selbst in geringen Mengen. Diese Substanzen können die Hormonbildung verzögern oder beschleunigen und beispielsweise zu einer Östrogendominanz führen. Bisphenol A (BPA) imitiert Östrogen im Körper und ist besonders schädlich für Kinder, weshalb bestimmte Weichmacher in Kinderspielzeug, Schnullern und Babyflaschen verboten wurden.

Auswirkungen von Hormonstörungen

Bereits geringe Störungen im Hormonsystem können verschiedene Beschwerden und Krankheitsbilder verursachen. Zyklusstörungen, Haarausfall, Libidoverlust oder plötzliche Hautunreinheiten können die Folge eines aus dem Gleichgewicht geratenen Hormonhaushalts sein. Hormonstörungen können auch Auslöser schwerwiegenderer Erkrankungen sein.

Vitamin D reguliert wichtige Prozesse im Nervensystem. Ein Mangel kann zu Stimmungsschwankungen, Depressionen und Reizbarkeit führen. Besonders in den Wintermonaten und bei Menschen, die wenig Sonnenlicht ausgesetzt sind, treten solche Gemütsschwankungen häufig auf.

Bei Stress und nach der Einnahme von Aufputschmitteln müssen die Nebennieren Höchstleistungen erbringen. Chronischer Stress, Schlafmangel und der Konsum von Kaffee und Zigaretten können die Nebennieren überlasten. Der Schädigungsprozess führt zu einer verminderten Hormonproduktion. Im besten Fall führt dies zu Müdigkeit, aber auch die Gefühlswelt kann ins Chaos geraten.

Es ist wichtig, die Erholung der Nebennierenfunktion durch die Einnahme von Vitamin-B-Komplex-Präparaten, Vitamin C, Magnesium, Probiotika und Enzymen zu unterstützen. Zusätzlich können Maßnahmen zur Ausleitung von Schadstoffen ergriffen werden, z. B. durch eine Darmsanierung, eine Entschlackungskur, ein Entsäuerungsprogramm oder eine Metallausleitung.

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Endokrine Disruptoren

Endokrine Disruptoren sind Stoffe aus unterschiedlichen Quellen, die wie Hormone wirken und den Hormonhaushalt stören können. Bisphenol A (BPA), eine Chemikalie in Kunststoffen, imitiert das Sexualhormon Östrogen und wird mit Krebserkrankungen, Übergewicht und Herzkrankheiten in Verbindung gebracht. Triclosan, ein antibakteriell wirksamer Stoff in Zahncremes, Mundwässern und Deos, gehört ebenfalls zu den endokrinen Disruptoren. Über die Haut können endokrine Disruptoren aus Kosmetikprodukten wie Shampoos oder Bodylotions aufgenommen werden, die hormonell wirksame Konservierungsstoffe wie Methylparaben enthalten.

Der Cocktaileffekt tritt auf, wenn man gleichzeitig mit mehreren Giftstoffen in Kontakt kommt, was heutzutage üblich ist. Um die Gesundheit zu schützen, sollte die Belastung mit hormonellen Schadstoffen im Lebensumfeld reduziert werden. Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft sind gesünder und enthalten weniger Giftstoffe. Verbraucher haben das Recht, beim Hersteller zu erfragen, ob in einem Artikel gefährliche Chemikalien eingesetzt wurden.

Hormon-Diäten

Immer wieder werden Hormon-Diäten in den Medien beworben, die den Hormonhaushalt regulieren sollen. Eine gesunde Ernährung und Lebensweise können den Hormonhaushalt positiv beeinflussen. Ob jedoch der Verzehr bestimmter Lebensmittel ausreicht, um diese Wirkung zu erzielen, ist fraglich.

Zyklusstörungen bei MS-Patientinnen

Zyklusstörungen können bei Frauen mit MS auftreten und verschiedene Ursachen haben. Einige MS-Medikamente können den Menstruationszyklus beeinflussen. Es ist wichtig, dass Patientinnen Zyklusstörungen mit ihrem Arzt besprechen, um die Ursache abzuklären und gegebenenfalls die Therapie anzupassen.

Eine 15-jährige MS-Patientin berichtete beispielsweise, dass ihre Periode nach Beginn der Behandlung mit Fingolimod zweimal ausgefallen war. In solchen Fällen ist es ratsam, einen Arzt, idealerweise einen Gynäkologen, zu konsultieren, auch wenn MS-Medikamente im Allgemeinen nicht zu Zyklusstörungen führen.

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Endometriose und Schmerzen

Ein systematischer Review von 62 Studien mit 78 Patientinnen mit Endometriose im Skelettmuskelsystem zeigte, dass nur jede dritte Patientin deswegen einen Gynäkologen aufsuchte. Antioxidative Vitamine können Schmerzen bei Endometriose reduzieren, wie eine Metaanalyse von 13 randomisiert-kontrollierten Studien mit 589 Patientinnen ergab. Eine Studie mit 239 Patientinnen zeigte, dass eine stärkere zentrale Sensitivierung, also eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit und -wahrnehmung infolge chronischer Endometrioseschmerzen, mit weniger gut reduzierten Schmerzen nach einer Operation assoziiert war.

Eine randomisierte, kontrollierte Studie mit 42 Teilnehmerinnen ergab, dass eine psychologische Intervention zwar nicht die Unterleibsschmerzen bei Frauen mit Endometriose lindern konnte, jedoch zu signifikanten Verbesserungen der Lebensqualität führte. Eine Studie in Berlin untersuchte, ob bei Endometriose mit chronischen Unterleibsschmerzen eine Schmerzreduktion mit Hilfe transkranieller Hirnstimulation (tDCS) erreicht werden kann. Die klinische Studie der Phase II mit Placebokontrolle und 36 Patientinnen zeigte eine signifikant reduzierte Schmerzwahrnehmung nach 10-tägiger Stimulation.

Expertenmeinungen zu Hormonen und MS

Dr. med. Michael Lang erklärte, dass weibliche Hormone in der zweiten Hälfte einer Schwangerschaft einen schützenden Effekt haben. In dieser Zeit treten seltener Schübe auf. Es sei jedoch nicht möglich zu verallgemeinern und anzunehmen, dass Östrogenmangel in der Menopause die MS negativ beeinflusst.

Auf die Frage, ob die Mikropille die MS verschlechtern kann, antwortete Dr. Lang, dass er dies nicht für wahrscheinlich hält. Er betonte die Wichtigkeit einer Prophylaxetherapie, z. B. mit Copaxone.

Therapieentscheidungen bei MS

Die Entscheidung für eine MS-Therapie ist komplex und hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Dr. Lang erklärte, dass bei der Frühtherapie ein zugelassenes Interferonpräparat (Avonex) zur Verfügung steht. Bei Patienten mit mehreren Schüben und einer aktiveren Form der Erkrankung setzt er höherdosierte Interferonpräparate (Betaferon oder Rebif) ein. Die Bereitschaft des Patienten, sich selbst häufig zu spritzen, und die Toleranz von Hautveränderungen spielen ebenfalls eine Rolle bei der Auswahl des Präparates.

Bei der primär chronisch progredienten Form der MS, die ohne wesentliche Schübe durch eine kontinuierliche Verschlechterung des klinischen Bildes gekennzeichnet ist, empfiehlt Dr. Lang eine Ralenova-Therapie. Ansonsten bleibt nur die symptomatische Therapie.

Bei Kinderwunsch innerhalb der nächsten zwei Jahre und frischer MS-Diagnose ohne begonnene Therapie empfiehlt Dr. Lang eine Interferontherapie, da dieses Präparat nicht keimzellschädigend ist. Patientinnen sollten bis zum Zeitpunkt einer gewünschten Schwangerschaft konsequent verhüten und die Therapie mit der Schwangerschaft absetzen.

Behandlung von Fatigue und Konzentrationsschwäche

Gegen Konzentrationsschwäche und Müdigkeit empfiehlt Dr. Lang als einfachste Maßnahme am Morgen und am Mittag 100-150 mg Amantadin (PK Merz). Wenn dies nicht hilft, sind eingreifendere Medikamente notwendig. Es ist wichtig zu bedenken, dass nicht nur die MS hinter Fatigue, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Konzentrationsschwäche stecken muss. Auch eine Burnout-Situation oder Erschöpfung kann zugrunde liegen. In diesem Fall empfiehlt sich ein aktivierendes Antidepressivum (z. B. Fluoxetin).

Kortisoninfusionen

Dr. Lang erklärte, dass nach mehreren hochdosierten Kortison-Infusionsserien abgewartet und über eine Interferon- oder Copaxone-Therapie entschieden werden sollte. Kortisongaben in regelmäßigen Abständen ohne vorausgegangenen Schub sind seiner Meinung nach erst dann angezeigt, wenn andere Behandlungsmethoden versagt haben. In einzelnen Fällen empfiehlt er seinen Patienten zusätzlich zur Prophylaxetherapie alle 8-12 Monate eine dreitägige Kortison-Stoßbehandlung.

Zyklusabhängigkeit von MS-Symptomen

Einige Frauen mit MS berichten von einer Zyklusabhängigkeit ihrer Symptome. Kurz vor und während der Menstruation können sich die Symptome verstärken. Eine Neurologin erklärte, dass MS auf hormonelle Schwankungen reagieren kann und man abwarten sollte, ob die Symptome einige Tage nach Beginn der Menstruation noch andauern. Einige Frauen probieren die Pille aus, um zu sehen, ob sich die Symptome dadurch bessern.

Women's Health in der Neuroimmunologie

Dr. Rau erklärte, dass Sexualhormone die Funktion der Immunzellen bestimmen können. Sie beeinflussen die Häufigkeit und Schwere der Ausprägung von Autoimmunerkrankungen. Das weibliche Immunsystem zeigt eine höhere Reaktivität als das männliche. Altersabhängig verändern sich die Lymphozyten-Subtypen: Bei postmenopausalen Frauen sinken die Östrogen- und Progesteron-Spiegel und es sind weniger B-Lymphozyten und T-Helferzellen vorhanden als bei Frauen vor der Menopause. Das Progesteron hat einen antientzündlichen Effekt, während das Stillhormon Prolaktin eine entzündungsfördernde Komponente besitzt. In der Schwangerschaft werden TH1-gestützte Autoimmunerkrankungen wie die MS stabilisiert und die Bildung regulatorischer T-Zellen induziert. Im Gegensatz dazu verschlechtern sich TH2-gestützte Autoimmunerkrankungen (z. B. Systemischer Lupus Erythematodes) in der Schwangerschaft und eine natürliche B-Zell-Depletion setzt ein.

In Bezug auf die Menopause gibt es bei MS-Patientinnen oft viele Fragen und Ängste. Die Menopause bedeutet veränderte Sexualhormonspiegel und den Verlust der Gebärfähigkeit. Zusätzlich tritt eine Immunoseneszenz auf, die mit einer chronischen schwachen Entzündung einhergeht. Die proinflammatorischen Zytokine nehmen zu und die Lymphozytenzahlen ab. Es kommt zu Veränderungen der kortikalen Struktur im Gehirn und zu kognitiven Störungen.

Dr. Rau empfiehlt, MS-Patientinnen in der Menopause konkret nach ihren Symptomen zu fragen und diese klar von den Symptomen der Menopause zu differenzieren. Im Rahmen des Klimakteriums können sich sowohl die MS-Symptome als auch die MS-spezifische Behinderung verschlechtern. Eine Hormonersatztherapie kann in diesem Fall eine Option sein.

Dr. Rau rät Patientinnen zu regelmäßiger körperlicher Bewegung, Physiotherapie, Beckenbodentraining, moderatem Ausdauersport und Entspannungsübungen wie Yoga. Zusätzlich sollten regelmäßige Gesundheitsschecks und Knochendichtemessungen durchgeführt werden. Komorbiditäten wie Kreislauferkrankungen sollten beachtet werden. Eine Hormonersatztherapie sollte in Abhängigkeit des Tumorrisikos und der Beschwerden erwogen werden.

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