Studien belegen, dass Musik einen direkten Einfluss auf unseren Körper und unser Handeln hat. Musik kann beispielsweise entspannen, den Kreislauf in Schwung bringen oder die Seele trösten. Seit vielen Jahren haben sich Mediziner zum Ziel gesetzt, dies zu erforschen. Musik hat aber auch Auswirkungen auf die Gesundheit, sie senkt die Herzfrequenz und den Blutdruck, beruhigt die Atmung und reduziert Stresshormone, wie neuere Studien zeigen.
Die neurologischen Grundlagen der Musikwahrnehmung
Allein die Wahrnehmung und Verarbeitung von Klängen ist aus neurowissenschaftlicher Sicht ein Kunstwerk. Es sind so viele Gehirnareale involviert, auch für spezifische Aspekte von Musik: Wie zum Beispiel der Rhythmus, die Melodie, Wiedererkennung von Musik und die emotionale Verarbeitung von Musik.
Akustische Wahrnehmung entsteht, wenn Schallwellen auf das Ohr treffen und dort verarbeitet werden. Alle Töne, die wir hören, lassen sich auf drei Grundeigenschaften zurückführen: Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe. Musik wirkt über unser Ohr, dem Gleichgewichtsorgan auf unser Mut-Zentrum und das vegetative System. Daher kann Musik direkte Wirkung auf Organe und gleichzeitig unseren Geist haben.
Wenn man Musik hört, werden im Gehirn chemische Stoffe und Hormone freigesetzt, die stimmungsaufhellend wirken, Angstzustände reduzieren, Freude vermitteln und die Konzentration fördern. Außerdem kann Musik positive emotionale Erfahrungen schaffen und sich dadurch positiv auf das Immunsystem auswirken.
Der Klang moduliert durch seine Wirkung auf die Hypothalamus-Hypophysen-Achse und das vegetative Nervensystem eine Reihe von Stoffwechselreaktionen des Körpers.
Lesen Sie auch: Die stimulierende Wirkung von Musik
Wie Musik das vegetative Nervensystem beeinflusst
Wissenschaftlich ist längst bewiesen, dass Musik das vegetative Nervensystem des Menschen beeinflusst, je nachdem, welcher Teil des Nervensystems angesprochen wird. Studien konnten zeigen, dass Musik auf unser vegetatives Nervensystem wirkt. Das sind all unsere Körpervorgänge, die wir nicht willentlich steuern können, wie zum Beispiel Herzschlag, Atmung, Verdauung.
Das vegetative Nervensystem ist der Teil des Nervensystems, der automatische Abläufe im Körper, wie Atmen, Herzschlag und Verdauung regelt. In diesem System gibt es zwei Gegenspieler, den Sympathikus und den Parasympathikus. Wird der Sympathikus (zuständig für Leistungssteigerung) gereizt, kommt es zu einem Anstieg des Blutdrucks. Bei Aktivierung des Parasympathikus (zuständig für Entspannung) wird der Blutdruck merklich gesenkt.
Musik kann reflexartig vitalisieren und ermutigen oder auch entspannen und beruhigen. Es werden körperliche Reaktionen ausgelöst, z.B.: die Änderung von Herzschlag oder Atmung. Im Vitalisierungssystem werden vitale Funktionen reguliert und zugleich Belebung und Erholung organisiert. Es gleicht einem Wellnesscenter im Gehirn. Das Herzstück des Vitalisierungssystems ist das Mut-Zentrum. Dort werden Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und Schlaf-Wach-Rhythmus gesteuert und auch Organe und Drüsen über das vegetative Nervensystem kontaktiert.
Im Falle von Stress und Druck ist der Sympathikus immer aktiv. Dann werden auch Atem-, Herzfrequenz und Blutdruck erhöht. Bei einem gesunden Menschen sollten Sympathikus und Parasympathikus im Gleichgewicht sein. Leider ist das nicht immer der Fall, da wir uns zu wenige Pausen und Entspannung gönnen. Singen und vor allem das tiefe Aus- und Einatmen aktiviert den Parasympathikus und macht uns deshalb ruhiger und entspannter: Der Blutdruck sinkt, der Puls wird langsamer und die Muskulatur entspannt sich. Es werden sogar die Pupillen kleiner. Übrigens: Dadurch, dass das Zwerchfell beim Einatmen in die unteren Lungenregionen gepumpt wird und so die Baucheingeweide zusammen gedrückt werden, wird auch die Verdauung angeregt. Dies führt zu einem besseren Körpergefühl.
Alpha-Wellen sind besonders bedeutsam für unsere Gesundheit - doch vielen Menschen fällt es schwer, diesen Zustand willentlich zu erreichen. Genau hier setzt Sound Healing an: Bestimmte Klänge und Frequenzen können das Gehirn auf natürliche Weise in einen alpha-dominierten Zustand überführen - ganz ohne kognitive Anstrengung. Die Herz- und Atemfrequenz verlangsamt sich, der Parasympathikus wird aktiviert - das vegetative Nervensystem wechselt in den Entspannungsmodus, fernab vom Kampf-oder-Flucht-Prinzip. Studien zeigen, dass regelmäßige Erholung im Alphazustand nicht nur Stress reduziert, sondern auch Konzentration, Immunsystem und Schlafqualität verbessert.
Lesen Sie auch: Einblick in das wohltemperierte Gehirn
Spezifische Musikgenres und ihre Auswirkungen
Klassische Musik besitzt die stärkste Heilkraft und wird in der Musiktherapie am häufigsten eingesetzt. Doch jeder Komponist und jede Kompositionsform hat auch unterschiedliche Effekte auf das Herz-Kreislauf-System. So sind insbesondere Bach, Mozart, Händel, Corelli, Albinoni und Tartini bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfehlenswert.
Forschungen ergaben, dass Musik von Bach und Mozart zu einer deutlichen Senkung des Blutdrucks führt. Doch das funktioniert nicht bei jeder Musik. Die impulsiven Werke Ludwig van Beethovens etwa haben keine beruhigenden Effekte auf den Organismus. Das gilt auch für die Songs von ABBA. Textgesang aktiviert möglicherweise andere Hirnregionen und führt dadurch zu unterschiedlichen Empfindungen.
Bachs Werke weisen eine Gleichmäßigkeit, eine geordnete musikalische Struktur auf. Mozart verstand es, allen melancholischen Stücken auch eine heitere Note zu geben und allen heiteren Werken etwas Melancholisches.
Eine Studie mit 60 Probanden an der Universitätsklinik Marienhospital Herne unter Professor Trappe zeigte, dass beispielsweise Bachs Orchesterstudie Nr. 3 den Blutdruck um durchschnittlich 7,5 zu 4,9 mmHg senkt, also von beispielsweise 140 zu 90 mmHg auf rund 132 zu 85 mmHg. Auch die Herzfrequenz sank um etwa sieben Schläge pro Minute. Nach der Beschallung stiegen der Blutdruck und die Herzfrequenz bei den Teilnehmern hingegen wieder an. Interessanterweise konnten wir auch Blutdrucksenkungen bei Heavy Metal Musik nachweisen. Da nicht jede Musikrichtung jedem Menschen gefalle, seien natürlich auch immer individuelle Vorlieben zu berücksichtigen und machen es schwer, eine allgemeingültige Therapie zu etablieren. Dennoch haben sich bestimmte Musikrichtungen - insbesondere aus dem klassischen Bereich - bei bestimmten Erkrankungen bewährt.
Der Experte Prof. Dr. Nach und nach wird es von ruhigen, langgezogenen Akkorden übertönt, ohne dahinter zu verschwinden. Dieser musikalische Puls verlangsamt sich vielmehr unmerklich: von 60 Schlägen pro Minute auf 50. Ebenso verlangsamt sich die Herzrate der meisten Zuhörer, die dem Stück „Weightless“ (auf Deutsch etwa „Schwerelos“) des Trios Marconi Union im Rahmen einer britischen Studie lauschen: Ihr Stresslevel nimmt um bis zu 65 Prozent ab. Blutdruck und Atemfrequenz sinken, Ängste und Sorgen scheinen durch den entspannten Sound wie weggeweht. Einige Zuhörer schlafen sogar ein über dem acht Minuten langen Stück. Man sollte es daher besser nicht beim Autofahren hören, rät der Leiter der Studie, der Hirnforscher und Psychologe Dr. David Lewis-Hodgson. Damit gilt „Weightless“ als der entspannendste Song der Welt. Er kommt immer wieder an die Reihe, wenn Wissenschaftler und Mediziner die heilende Kraft der Musik erforschen wollen. Die Musik hatte fast dieselbe Wirkung wie das Medikament - aber ganz ohne Nebenwirkungen. Musikstücke, deren Lautstärke nach und nach ansteigt - wie Edvard Griegs „Peer Gynt“ - machen Studien zufolge glücklich. Hört man sie bewusst über Kopfhörer, sensibilisieren sie zudem die Wahrnehmungsfähigkeit der Ohren.
Lesen Sie auch: Wie Musik Demenzpatienten hilft
Musiktherapie: Eine etablierte Heilmethode
Musiktherapie ist eine Disziplin, die auf der Nutzung von Musik als erzieherische, rehabilitative und therapeutische Maßnahme beruht. Als künstlerische Therapieform ist Musiktherapie in den S3-Leitlinien für mehr als 15 Behandlungsfelder wissenschaftlich anerkannt - darunter Depression, Angststörungen, Schitzophrenie oder Demenz.
Wichtige Merkmale der Musiktherapie sind:
- Einsatz von Musik zur Förderung emotionaler, sozialer und kognitiver Prozesse
- Therapeutische Beziehung steht im Mittelpunkt
- Wirkt ohne Sprache - über Klang, Rhythmus, Melodie und Improvisation
- Geeignet für Kinder, Erwachsene und Menschen mit Einschränkungen
Die Musiktherapie ist in Deutschland fest etabliert und wird in zahlreichen klinischen und therapeutischen Kontexten eingesetzt. Sie ermöglicht Patient*innen Entspannung, emotionale Entlastung und einen kreativen Ausdruck - auch jenseits gesprochener Sprache. In der therapeutischen Arbeit kann Musik dabei helfen, nonverbal in Kontakt zu treten und innere Prozesse erfahrbar zu machen.
Weitere positive Effekte von Musik
Stärkung des Immunsystems
Beim Singen werden unsere Abwehrkräfte gestärkt, das belegt eine Studie des Instituts für Musikpädagogik der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Gunter Kreutz untersuchte zusammen mit Psychologen und Medizinern Speichelproben von Kirchenchormitgliedern. Nach der Chorprobe war die Anzahl der Immunglobuline A (IgA) stark gestiegen. Immunglobuline A sind Eiweiße, die zum Immunsystem des Körpers gehören. Sie bilden an den Schleimhäuten einen Schutz gegen Krankheitserreger. Wenn die Chormitglieder dagegen die Musik nur vom Band hörten, blieb die Anzahl der Antikörper unverändert. Die Bewegungen, die wir beim Singen durchführen, fördern also die Bildung von Immunglobuline A.
In einer Studie fand er unter anderem heraus, dass die positiven Emotionen, die beim Chorsingen entstehen, die Konzentration des Antikörpers Immunglobulin A im Blut ansteigen lassen: Musizieren stärkt somit das Immunsystem.
Verbesserung der Stimmung und des emotionalen Wohlbefindens
Dass Singen die Stimmung verbessert und glücklich macht, wurde in mehreren Untersuchungen nachgewiesen. Beim Singen werden körpereigene Glückshormone ausgeschüttet. Endorphine, Serotonin, Dopamin und Adrenalin werden freigesetzt und verbessern damit unseren Gefühlszustand. Zeitgleich werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin abgebaut. Schon nach dreißig Minuten Singen produziert unser Gehirn Oxytocin, das sogenannte Kuschelhormon oder Bindungshormon. Dieses wird auch bei der Geburt eines Kindes, beim Stillen oder beim Sex ausgeschüttet. Wir bauen beim Singen eine innige Beziehung zu den Mitmusikern auf. Deshalb ist Singen im Chor auch eine noch stärkere Wirkung auf unser Gemüt als das Singen alleine. Zusätzlich wird beim Singen die Zirbeldrüse stimuliert und Melatonin ausgeschüttet. Melatonin bewirkt besseren Schlaf, Krebsprophylaxe und hat einen tumorhemmenden Effekt.
Musik kann Emotionen beeinflussen und aktivier, ähnlich wie andere intensive Reize wie Drogen oder Sexualität.
Linderung von Schmerzen
Nützlich werden könnten die Erkenntnisse der Forschung aber auch in der chirurgischen Medizin. Studien belegen, dass sich durch die richtige Musikauswahl Schmerzen lindern lassen. Darüber hinaus könnte man mit ihr schon vor einer Operation die Ängste der Patienten reduzieren, was nachweislich den Bedarf an Schmerzmedikation reduziert und den anschließenden Heilungsprozess verbessert.
Förderung der Gemeinschaft und des sozialen Zusammenhalts
Chöre und Singinteressierte zusammenzubringen, ist das Ziel der Woche der offenen Chöre, die vom 22. bis 28. September 2025 wieder bundesweit stattfindet.
Der Musikwissenschaftler, der sich besonders mit der Wirkung des gemeinschaftlichen Singens beschäftigt, betont, wie bedeutsam Musizieren für die menschliche Entwicklung ist. Musik schaffe Empathie und Kooperationsbereitschaft. Die Sorge, man sei unmusikalisch, entkräftet er: Musikalität habe nichts mit individueller Begabung oder Veranlagung zu tun. Wir verfügen alle über mehr als genug Musikalität, um in einem Chor mitzusingen oder Tanzen zu gehen. Selbst ein Musikinstrument zu erlernen, ist überhaupt keine Frage des Alters, sondern der Motivation.
Längeres Leben
Menschen, die singen, leben länger. Das haben Forscher in den 90er-Jahren bewiesen. Sie untersuchten rund 12 000 Menschen aller Altersgruppen und stellten tatsächlich fest, dass Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen eine signifikant höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die nicht singen.
Hilft beim Einschlafen
Beruhigende Musik kann eine wichtige Schlafhilfe sein. Schlafmusik ist in der Lage, die Aktivität des sympathischen Nervensystems zu reduzieren, den Blutdruck, die Herz- und die Atemfrequenz zu senken und Angstzustände zu lindern.
Für Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden, gibt es Hörstimuli, die schläfrig machen und entspannungsfördernd wirken können. Zu diesen gehört ASMR - Autonomous Sensory Meridian Response bzw. ASMR-Geräusche. Das bedeutet „autonome sensorische Meridianreaktion“ und bezeichnet per Definition eine Reaktion des Gehirns auf unterschiedliche Klänge. Zu den populären ASMR-Geräuschen zählen z. B. das Geräusch des Zerknüllens von Papier, des Tickens von Fingernägeln auf einer festen Oberfläche oder eines leisen Flüsterns. Diese Geräusche lösen ein angenehmes und entspanntes Gefühl aus, das u. a. beim Einschlafen helfen kann.
Ob klassische Musik, New Age oder Ambient - zum Entspannen und somit auch zum Schlafen eignet sich am besten Instrumentalmusik. Gesang wirkt hingegen eher stimulierend auf das Gehirn; das gleiche gilt auch für Musikstücke, die man bereits kennt. Wenn man zur Ruhe kommen und abschalten möchte, kann auf bestimmte Musikgenre zurückgreifen. Auch Ambient Musik fördert Entspannung und Konzentration. Das gleiche gilt für keltische Musik, die ursprünglich verwendet wurde, um mit übernatürlichen Wesen zu kommunizieren. Neben Musik sind auch Naturgeräusche und weißes Rauschen hervorragend geeignet, um uns in einen tiefen Schlaf zu begleiten.
AVWF-Methode und Schalltherapie
Ulrich Conrady hat eine Methode entwickelt, die direkt auf unser vegetatives Nervensystem einwirkt: die Audiovisuelle Wahrnehmungsförderung - kurz AVWF. Über Schallwellen versetzt sie die beiden Gegenspieler, Sympathikus und Parasympathikus, in einen ausgeglichenen Zustand. Diese Schallwellen haben die Möglichkeit, dem Gehirn zu signalisieren, hier ist hohe Sicherheit. Das ist die eine Antwort auf Stress oder Umwelt: Beruhigung ohne Angst.
Die Schallwellen sollen bei der AVWF-Methode Stressblockaden im Gehirn lösen. Transportiert werden die Schallwellen durch Musik, die Ulrich Conrady zuvor am Computer moduliert hat. Über Kopfhörer gelangt die modulierte Musik ins Mittelohr, wo sie Fasern des Parasympathikus stimuliert. Die Schallwellen, die Ulrich Conrady bei der AVWF-Methode verwendet, liegen im Frequenzbereich unserer Sprache. Wir werden mit Frequenzen aus dem Sprachbereich konfrontiert. Und ein Frequenzmuster ist z.B. ein steigender 2000 Hertz-Ton, der immer wieder in der Musik dominant vorhanden ist, das ist der sogenannte Mozart-Effekt, weil Mozart mochte wahrscheinlich dieses Frequenzband um 2000 Hertz, deswegen hat er darum viel komponiert und das ist eben auch ein Spektrum, was dem Organismus gut tut.
Die Schallwellen scheinen es dem Gehirn zu ermöglichen, von Alarm auf Entspannung umzuschalten. Der Organismus wird 24 Stunden lang immer die Umgebung bewerten. Ist sie sicher oder ist sie nicht sicher. Ist sie sicher, dann werden wir weiterhin ruhig sein, wir werden sicherlich Tiefschlafphasen haben, aber nur, wenn die Umgebung als sicher empfunden wird. Ist sie nicht sicher, haben wir schon keine Chance mehr, in den Tiefschlaf zu kommen.
Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen etwa an der Universität Salzburg ergaben, dass Herzfrequenz und Puls durch die AVWF-Methode positiv beeinflusst werden.
tags: #Musik #Einfluss #auf #vegetatives #Nervensystem