Trennung nach Schlaganfall: Ursachen, Auswirkungen und Bewältigungsstrategien

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur körperliche, sondern auch psychische und soziale Folgen haben kann. Neben den offensichtlichen motorischen und sprachlichen Einschränkungen können auch Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen und Angstzustände auftreten. Diese Veränderungen können die Partnerschaft erheblich belasten und in manchen Fällen zur Trennung führen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für Trennungen nach einem Schlaganfall, die Auswirkungen auf die Betroffenen und ihre Angehörigen sowie mögliche Bewältigungsstrategien.

Persönlichkeitsveränderungen nach Schlaganfall

Erkennen von Persönlichkeitsveränderungen

Emotionale Veränderungen wirken sich auf das Verhalten und somit auf die Persönlichkeit eines Menschen aus. Angehörige erkennen oft schnell, dass der Schlaganfallbetroffene sich verändert hat und in seinem Wesen kaum wiederzuerkennen ist. Diese Veränderungen können vielfältig sein.

Formen von Persönlichkeitsveränderungen

Grundsätzlich lassen sich zwei Richtungen unterscheiden:

  • Minus-Syndrom: Antriebsarmut, Apathie, Desinteresse, wenige Emotionen, emotionslose Sprechweise oder Mimik.
  • Plus-Syndrom: Impulsivität, Aufbrausen, Aggressivität, paranoide Verdächtigungen.

Einige konkrete Beispiele für Persönlichkeitsveränderungen sind:

  • Ehemals ausgeglichene Menschen werden aggressiv.
  • Ehemals rationale Denker treffen plötzlich unnachvollziehbare Entscheidungen.
  • Ehemals herzliche Menschen werden passiv und emotionslos.
  • Ehemals ruhige Persönlichkeiten haben ihre Emotionen kaum unter Kontrolle, weinen oder lachen lautstark, auch in unpassenden Momenten.
  • Ehemals aktive Menschen werden antriebslos.
  • Ehemals mutige Menschen bekommen Angstzustände und Panikattacken.

Ursachen von Persönlichkeitsveränderungen

Wesensveränderungen treten besonders häufig auf, wenn der Frontal- und Temporallappen des Gehirns geschädigt sind. Betreffen die Schädigungen den rechten und linken Frontallappen, begünstigt dies ein Plus-Syndrom, während Schädigungen der Temporallappen eher zu einem Minus-Syndrom führen können.

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Rückbildung von Persönlichkeitsveränderungen

Manche Persönlichkeitsveränderungen bilden sich wieder zurück, andere nicht. Es ist wichtig, die Situation zu thematisieren und Fachleute (Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen, Psychotherapeuten etc.) zu Rate zu ziehen, um individuelle Therapien zu entwickeln, die langfristig sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen den Umgang mit den Veränderungen erleichtern.

Folgen von Persönlichkeitsveränderungen

Emotionale Veränderungen nach einem Schlaganfall können schwerwiegende Folgen haben, insbesondere für Angehörige. Wenn eine Person "nicht mehr sie selbst" ist, betrifft das das gesamte soziale Umfeld. Partnerschaftliche, familiäre und freundschaftliche Beziehungen können daran scheitern.

Weitere Herausforderungen nach einem Schlaganfall

Verlust der Selbstständigkeit und veränderte Sexualität

Ein Schlaganfall stellt das Leben auf den Kopf. Die Betroffenen arbeiten meist intensiv daran, verlorene Fähigkeiten wiederzuerlangen und ein selbstständiges Leben führen zu können. Dabei wird häufig vergessen, dass sich auch die Sexualität verändern kann.

Emotionale Reaktionen und psychische Störungen

Die emotionalen Reaktionen auf gravierende Einschnitte in den Lebensverhältnissen durch die Erkrankung können vielfältig sein: Enttäuschung, Verunsicherung, Scham und Hoffnungslosigkeit gehen einher mit Gefühlsschwankungen und Gereiztheit. Resignation und Wertlosigkeitsempfinden, fehlendes Selbstvertrauen und Interesselosigkeit sind mögliche Folgen. Dies kann so weit gehen, dass das Leben nicht mehr als lebenswert angesehen wird.

Starke emotionale Reaktionen können heftige körperliche Reaktionen auslösen, wie Schlafstörungen, fehlende Kontrolle über die Körperfunktionen und Störungen der Wahrnehmung.

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Je nach Persönlichkeit des Betroffenen können die Bewältigungsstrategien des Menschen nicht ausreichen, ohne Hilfe mit der veränderten Situation zurechtzukommen. Daher muss beurteilt werden, ob sich aus der veränderten Gefühlslage eine behandlungsbedürftige psychische Störung, z. B. eine Depression oder eine Angststörung, entwickelt.

Psychische Störungen können sich sehr ungünstig auf den Verlauf der Erkrankung und die Bewältigung der Folgen des Schlaganfalls auswirken. Deshalb gilt es, sie schnell zu erkennen und dem Betroffenen eine gezielte neuropsychologisch-psychotherapeutische und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung anzubieten.

Neuropsychologische Defizite

Neben den körperlichen und emotionalen Folgen können auch neuropsychologische Defizite auftreten. Aufmerksamkeitsdefizite sind das häufigste neuropsychologische Defizit nach Schlaganfall. Patienten mit Aufmerksamkeitsdefiziten haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, brauchen für alltägliche Verrichtungen viel Zeit und sind schnell müde und erschöpft.

Auch Gedächtnisstörungen sind häufig. Betroffene vergessen Namen und Gesprächsinhalte, haben Schwierigkeiten, neue Aufgaben zu erlernen und vergessen Termine.

Ebenso belastend und behandlungsbedürftig wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen können Gesichtsfeldausfälle, Wahrnehmungsstörungen, Schwierigkeiten im planvollen Handeln und auch psychische Probleme, insbesondere Depressionen, sein.

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Trennung als Folge des Schlaganfalls

Belastung der Partnerschaft

Ein Schlaganfall kann die Partnerschaft erheblich belasten. Die Rollenverteilung ändert sich, der gesunde Partner wird zum Pfleger, die Kommunikation kann schwieriger werden und die Sexualität kann leiden. All dies kann zu Frustration, Überforderung und Entfremdung führen.

Hartwig Marx betont, dass die partnerschaftliche Liebe sowohl durch das Erleben der aktuellen Krankheitssituation als auch durch die Schwere der Erkrankungs- und Behandlungsfolgen eines Schlaganfalls erheblich gestört sein kann. Auch die Trennung eines Paares durch Krankenhausaufenthalt und Rehabilitationsmaßnahmen wirkt sich auf die Beziehung aus.

Gründe für eine Trennung

Es gibt verschiedene Gründe, warum es nach einem Schlaganfall zu einer Trennung kommen kann:

  • Überforderung des gesunden Partners: Die Pflege und Betreuung des Schlaganfallbetroffenen kann sehr anstrengend sein und den gesunden Partner überfordern.
  • Veränderte Persönlichkeit des Betroffenen: Die Persönlichkeitsveränderungen des Schlaganfallbetroffenen können dazu führen, dass der gesunde Partner ihn nicht mehr wiedererkennt und die Beziehung nicht mehr aufrechterhalten kann.
  • Verlust der Intimität: Die körperlichen und psychischen Folgen des Schlaganfalls können die Intimität und Sexualität in der Partnerschaft beeinträchtigen.
  • Schuldgefühle: Der gesunde Partner kann Schuldgefühle haben, weil er sich nicht mehr in der Lage fühlt, den Betroffenen zu lieben und zu pflegen.
  • Fehlende Unterstützung: Wenn der gesunde Partner keine Unterstützung von Familie, Freunden oder professionellen Helfern erhält, kann er sich überfordert und alleingelassen fühlen.

моральные аспекты

Die Frage, ob man jemanden verlassen darf, der auf einen angewiesen ist, ist eine schwierige moralische Frage. Einerseits verbinden wir mit Liebe, sowohl in den guten wie auch gerade in den schlechten Zeiten zueinanderzustehen. Andererseits trennen sich Paare ständig, weil das gemeinsame Leben unbefriedigend wird.

Harry G. Frankfurt sieht das Wesen der Liebe im "caring", in der Sorge füreinander. Birgit Ehrenberg beschreibt in ihrem Buch "Was passiert mit der Liebe, wenn der Partner zum Pflegefall wird" einige von mittlerweile drei Millionen Paaren, in denen einer den anderen pflegt. Die meisten von ihnen bleiben als Paar, aber nicht alle. Manchmal geben auch die Erkrankten ihren Partnerin frei.

Es gibt keine einfache Antwort auf die Frage, ob eine Trennung nach einem Schlaganfall gerechtfertigt ist. Jede Situation ist anders und muss individuell betrachtet werden.

Auswirkungen einer Trennung

Eine Trennung nach einem Schlaganfall kann für beide Partner sehr schmerzhaft sein. Der Schlaganfallbetroffene verliert nicht nur seinen Partner, sondern auch seine wichtigste Bezugsperson und seinen wichtigsten Unterstützer. Der gesunde Partner muss mit Schuldgefühlen, Trauer und dem Verlust der gemeinsamen Zukunft umgehen.

Statistische Erkenntnisse

Für alleinlebende Menschen sind die Überlebenschancen nach einem Schlaganfall schlechter als für Verheiratete. Selbst eine erneute Heirat nach einer Scheidung oder dem Verlust des Ehepartners geht noch immer mit einer schlechteren Prognose einher.

US-amerikanische Wissenschaftler haben prospektiv untersucht, wie sich der Familienstand auf die Prognose von Schlaganfall-Patienten auswirkt. Schlaganfall-Patienten, die niemals eine Ehe eingegangen sind, hatten im Vergleich zu Verheirateten ein um 71% erhöhtes Risiko, zu versterben; für Geschiedene stieg das Risiko um 23% und für Verwitwete um 25%. Selbst Personen, die nach einer Scheidung eine erneute Ehe eingegangen waren, hatten mit einem Sterberisiko von 23% eine schlechtere Prognose als dauerhaft Verheiratete.

Prominente Beispiele

Gaby Köster und Samuel Koch sind zwei prominente Beispiele dafür, dass eine schwere Erkrankung oder ein Unfall mit unwiderruflichen Folgen nicht nur den Betroffenen selbst aus der Bahn werfen können. Samuel Koch wollte seiner Freundin dieses Leben nicht zumuten und hat sich von ihr getrennt. Der Ex von Gaby Köster hat sich von selbst zurückgezogen.

Bewältigungsstrategien

Für den Schlaganfallbetroffenen

  • Professionelle Hilfe suchen: Neurologen, Neuropsychologen, Psychologen und Psychotherapeuten können helfen, die Folgen des Schlaganfalls zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein.
  • Realistische Ziele setzen: Es ist wichtig, sich realistische Ziele zu setzen und sich nicht zu überfordern.
  • Stärken nutzen: Die eigenen Stärken und Fähigkeiten sollten genutzt werden, um ein möglichst selbstständiges Leben zu führen.
  • Offen kommunizieren: Es ist wichtig, offen mit dem Partner über die eigenen Bedürfnisse und Ängste zu sprechen.

Für den gesunden Partner

  • Professionelle Hilfe suchen: Auch der gesunde Partner kann von professioneller Hilfe profitieren, um mit der Belastung und den Veränderungen in der Partnerschaft umzugehen.
  • Unterstützung suchen: Familie, Freunde und Selbsthilfegruppen können eine wichtige Unterstützung sein.
  • Eigene Bedürfnisse nicht vergessen: Es ist wichtig, die eigenen Bedürfnisse nicht zu vergessen und sich Zeit für sich selbst zu nehmen.
  • Offen kommunizieren: Es ist wichtig, offen mit dem Partner über die eigenen Bedürfnisse und Ängste zu sprechen.
  • Realistische Erwartungen haben: Es ist wichtig, realistische Erwartungen an die Partnerschaft zu haben und sich bewusst zu sein, dass sich die Beziehung verändert hat.

Allgemeine Empfehlungen

  • Offene Kommunikation: Eine offene und ehrliche Kommunikation ist entscheidend, um die Herausforderungen nach einem Schlaganfall gemeinsam zu bewältigen.
  • Professionelle Unterstützung: Professionelle Hilfe kann beiden Partnern helfen, mit den Veränderungen und Belastungen umzugehen.
  • Selbstfürsorge: Sowohl der Schlaganfallbetroffene als auch der gesunde Partner müssen auf ihre eigenen Bedürfnisse achten und sich Zeit für sich selbst nehmen.
  • Realistische Erwartungen: Es ist wichtig, realistische Erwartungen an die Partnerschaft zu haben und sich bewusst zu sein, dass sich die Beziehung verändert hat.
  • Akzeptanz: Akzeptanz der neuen Situation ist ein wichtiger Schritt, um mit den Folgen des Schlaganfalls umzugehen und neue Wege zu finden, die Partnerschaft zu gestalten.

Die Rolle von Neuropsychologen

Neuropsychologen in Rehabilitationskliniken und freien Praxen helfen dem Betroffenen und dessen Angehörigen, die veränderte Situation zu gestalten und mit dem Schlaganfall und dessen Folgen leben zu lernen. Ziel ihrer Tätigkeit ist es, die verbliebenen Ressourcen des Betroffenen zu erkennen und zu fördern, um ihnen eine optimale Wiedereingliederung in das Berufs-, Sozial- und Familienleben zu ermöglichen.

Sie erfassen, ob und in welchem Ausmaß kognitive Leistungsminderungen, Verhaltensänderungen und Änderungen in der Befindlichkeit, im emotionalen Erleben vorliegen. Hierzu gehören u.a. Untersuchungen von:

  • Aspekten der Aufmerksamkeit
  • Lernen und Gedächtnis
  • Planen, Handeln und Problemlösen
  • Wahrnehmung und Orientierung
  • Sehen/Gesichtsfeld
  • Verhalten, Affektivität und Befindlichkeit

Ausgehend von den Ergebnissen der neuropsychologischen Untersuchung plant der Neuropsychologe gemeinsam mit dem Betroffenen und gegebenenfalls dessen Kontaktpersonen dessen Behandlung.

Scheidung der Eltern als Risikofaktor für Schlaganfall im Alter

Eine Studie aus Kanada hat gezeigt, dass ältere Menschen, die vor dem 18. Lebensjahr eine elterliche Trennung erlebt haben, ein um 61 % höheres Risiko für einen Schlaganfall im Alter aufweisen. Der emotionale Stress durch die elterliche Trennung könnte die kindliche Stressachse dauerhaft beeinträchtigen und das Herz-Kreislauf-System nachhaltig schädigen.

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