NADH-Wirkung bei Parkinson-Studien: Ein umfassender Überblick

Die Parkinson-Krankheit, nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, betrifft in Deutschland rund 220.000 Menschen. Mit steigendem Alter nimmt die Häufigkeit der Erkrankung zu. Die Krankheit beruht auf dem Verlust von Nervenzellen im Gehirn und ist bislang nicht heilbar. Die Forschung konzentriert sich daher auf Therapieansätze, die den Krankheitsverlauf verlangsamen oder die Symptome lindern können. In diesem Kontext rückt die Rolle von Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NADH) und anderen Mikronährstoffen in den Fokus.

Die Rolle der Mitochondrien und NADH bei Parkinson

Bei Parkinson-Patienten sterben Nervenzellen ab, insbesondere in der Substantia Nigra des Gehirns, welche für die Bewegungskontrolle zuständig ist. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass beschädigte Mitochondrien in diesen Nervenzellen eine zentrale Rolle spielen. Mitochondrien sind die "Kraftwerke" der Zellen und für die Energieproduktion verantwortlich. Eine Fehlfunktion der Mitochondrien kann zum Zelltod führen.

NADH, auch bekannt als Coenzym 1, ist ein wesentliches Coenzym für die Energieproduktion in den Zellen. Es wird hauptsächlich durch den Energiestoffwechsel in den Zellen selbst hergestellt. NADH ist der Träger der Lebensenergie und die Vorstufe des Adenosin-Triphosphats (ATP), welches für alle Zellen überlebenswichtig ist. Je mehr NADH einer Zelle zur Verfügung steht, desto mehr Energie kann sie produzieren.

Manuel Gräber vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie fand heraus, dass bei Parkinson-Patienten Mutationen die Umwandlung von NADH in Ubiquinon in den Mitochondrien hemmen. Dieser Schritt ist entscheidend für die Energiegewinnung in den Zellen. Christoph Richter von der ETH Zürich schlägt daher vor, Ubiquinon als Arznei zu verwenden, wenn die Schüttellähmung auf mitochondriale Defekte zurückzuführen ist.

NADH als möglicher Therapieansatz

Ein Tübinger Forschungsteam um Dr. Dr. Michela Deleidi am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen berichtet, dass der Wirkstoff Nicotinamid-Ribosid, eine Form des Vitamins B3 und Vorstufe des Coenzyms NAD, einen möglichen Therapieansatz darstellen könnte. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass Nicotinamid-Ribosid den defekten Energiestoffwechsel in betroffenen Nervenzellen wieder ankurbelt und sie vor dem Absterben schützt. Durch die Fütterung der Zellen mit Nicotinamid-Ribosid stieg die Konzentration von NAD in den Zellen an, was zu einer Verbesserung des Energiehaushalts führte.

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In einem nächsten Schritt untersuchten die Forscher Fliegen mit einem GBA-Gendefekt, bei denen ebenfalls dopaminreiche Nervenzellen absterben. Die Ergebnisse legten nahe, dass der Verlust von Mitochondrien eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt und dass die Gabe von Nicotinamid-Ribosid ein neuer Therapieansatz sein könnte.

Eine Studie aus dem Jahr 1996 von Prof. Th. Müller und Prof. Przuntek zeigte, dass die parenterale Anwendung von NADH bei Morbus Parkinson zu einer klinischen Besserung führen kann, teilweise durch die Stimulierung der endogenen Levodopa-Biosynthese.

Weitere Mikronährstoffe im Fokus

Neben NADH spielen auch andere Mikronährstoffe eine wichtige Rolle bei der Prävention und Behandlung von Parkinson.

B-Vitamine

Die B-Vitamine sind von grundlegender Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des zentralen Nervensystems und zur Prävention neurodegenerativer Erkrankungen.

  • Vitamin B1 (Thiamin): Ein Mangel an Vitamin B1 kann zu einer schnelleren Degeneration der dopaminergen Neurone bei Parkinson-Patienten führen und ist mit einem erhöhten Risiko für Morbus Parkinson assoziiert.
  • Vitamin B2 (Riboflavin): Vitamin B2 wirkt neuroprotektiv und kann den oxidativen Stress, die mitochondriale Dysfunktion, die Entzündungsaktivität im Gehirn sowie das neurotoxische Potenzial von Glutamat vermindern.
  • Vitamin B3 (Niacin): Eine Supplementierung von Vitamin B3 konnte in einer Studie das Voranschreiten der Parkinsonerkrankung verlangsamen. Jede Steigerung der Vitamin-B3-Aufnahme um 10 mg verminderte das Parkinson-Risiko um 23 Prozent. Eine niedrig dosierte Niacin-Supplementierung verbesserte die motorische Funktion bei US-Veteranen mit Parkinson-Krankheit.
  • Vitamin B6 (Pyridoxin): Bei Parkinson-Patienten, die mit L-Dopa behandelt werden, sollte auf die Vitamin-B6-Versorgung geachtet werden. Ein Vitamin-B6-Mangel kann mit einem erhöhten Sturzrisiko verbunden sein.
  • Vitamin B12 (Cobalamin): Höhere Vitamin-B12-Spiegel zu Beginn der Parkinsonerkrankung waren mit einem niedrigeren Risiko für eine Demenzentwicklung fünf Jahre nach der Parkinson-Diagnose verbunden.

Weitere Vitamine und Nährstoffe

  • Vitamin C (Ascorbinsäure): Niedrige Vitamin-C-Spiegel können die Absorption von L-Dopa beeinträchtigen. Vitamin C kann auch die Toxizität von L-Dopa vermindern und die Bioverfügbarkeit im Gehirn verbessern.
  • Vitamin E (Tocopherol): Eine hohe Zufuhr von Vitamin E konnte in Studien das Risiko für Morbus Parkinson reduzieren.
  • Vitamin D (Calciferol): Die Serumkonzentration von 25(OH)D ist negativ mit dem Schweregrad der Parkinsonerkrankung assoziiert. Niedrige Vitamin-D-Konzentrationen begünstigen das Voranschreiten der Erkrankung.
  • Vitamin K2: Bei Parkinson-Patienten wurden niedrigere Konzentrationen von Vitamin K2 gefunden.
  • Glutathion: Eine Verminderung der Glutathionkonzentration im Plasma ist eine der ersten nachweisbaren biochemischen Veränderungen beim Morbus Parkinson. Eine Supplementierung von N-Acetylcystein (NAC), einer Vorstufe von Glutathion, führte in einer Studie zu einer Verbesserung des dopaminergen Systems.
  • Taurin: Eine Supplementierung mit Taurin kann besonders bei Erkrankungen mit mitochondrialen Defekten vorteilhaft sein.
  • Tyrosin: Im Anfangsstadium der Parkinsonerkrankung könnte ein Therapieversuch mit Tyrosin sinnvoll sein.
  • Selen: Höhere Blutspiegel von Selen könnten einen Schutzeffekt gegen Morbus Parkinson haben.
  • Magnesium: Die Aufrechterhaltung eines adäquaten Magnesiumsstatus ist wichtig für die Prävention von Morbus Parkinson.
  • Carnitin: Bei Parkinson-Patienten wurden verminderte Konzentrationen von Carnitin und von Carnitin-Metaboliten gefunden, was auf eine mitochondriale Dysfunktion hindeutet.
  • Coenzym Q10: Coenzym Q10 spielt eine wichtige Rolle im mitochondrialen Energiestoffwechsel und ist auch ein fettlösliches Antioxidans.

Acetyl-DL-Leucin: Ein vielversprechender Ansatz

Eine internationale Arbeitsgruppe publizierte zwei beeindruckende Patientenfälle, in denen die Therapie mit der modifizierten Aminosäure Acetyl-DL-Leucin das Fortschreiten einer Parkinson-Krankheit im Vorstadium über 22 Monate unterbinden konnte. In beiden Fällen verbesserten sich sogar einige Krankheitsmarker.

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Zwei Personen mit einer isolierten REM-Schlafverhaltensstörung (iRBD), einem Vorläufer der Parkinson-Krankheit, wurden 22 Monate lang mit 5 g Acetyl-DL-Leucin pro Tag behandelt. Die Dopamin-Transporter SPECT-Untersuchung zeigte bei beiden bereits vor der Behandlung einen pathologischen Befund, und beide litten unter einer Riechstörung. Nach 22 Monaten ADLL-Behandlung verbesserte sich der DAT-SPECT-PBR, was auf eine Erholung des dopaminergen Systems hindeutet.

Zu den Wirkmechanismen von Acetyl-DL-Leucin gehören Effekte auf das lysosomale System und auf den Energiestoffwechsel der Zellen. Acetyl-L-Leucin erhöht die Produktion von ATP in den Mitochondrien. Studien werden vorzugsweise mit Acetyl-L-Leucin durchgeführt werden.

ME/CFS und Parkinson: Gibt es einen Zusammenhang?

Einige nicht-motorische Parkinson-Symptome ähneln Symptomen, die bei Long-COVID und ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Erschöpfungssyndrom) beobachtet werden. Dazu gehören massive Abgeschlagenheit, Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, Brain Fog, Gangunsicherheiten und Geschmacksstörungen.

Einige Studien deuten darauf hin, dass NADH auch bei der Behandlung von ME/CFS eine Rolle spielen könnte. Eine Studie aus dem Jahr 1999 kam zu dem Schluss, dass NADH eine wertvolle Zusatztherapie bei der Behandlung des chronischen Erschöpfungssyndroms sein kann.

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