Natron, auch bekannt als Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3), ist ein vielseitiges Hausmittel mit potenziellen gesundheitlichen Vorteilen. Es kommt natürlich in Mineral- und Heilwässern vor und ist als basisches Salz ein Allroundtalent mit positiven Wirkungen. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Anwendungen von Natron, insbesondere im Zusammenhang mit Krämpfen, und gibt Hinweise zur sicheren Anwendung.
Was ist Natron?
Natron, chemisch Natriumhydrogencarbonat, ist ein basisches Salz mit der Formel NaHCO3. Es ist ungiftig und kommt auch in der Natur vor. Nicht zu verwechseln ist Natron mit Soda (Natriumcarbonat Na2CO3), das gesundheitsschädlich ist. Natron ist in Drogerien und Supermärkten erhältlich.
Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Natron
Natron ist ein wahres Multitalent. Es findet Anwendung in Haushalt, Sport und Medizin.
- Im Haushalt: Natron kann als Putz- und Spülmittel verwendet werden, um Schimmel in Fugen zu entfernen, Bakterien zu beseitigen oder unangenehme Gerüche zu neutralisieren.
- Im Sport: Natron gilt als leistungssteigernde Substanz, die nicht unter Doping fällt. Es kann bei intensiven Muskelbelastungen die Ermüdung hinauszögern.
- In der Medizin: Natron wird zur Regulierung des Säure-Basen-Haushalts eingesetzt und kann bei Nieren- und Krebserkrankungen eine Rolle spielen.
Alle diese Wirkungen beruhen auf der basischen, säureneutralisierenden und puffernden Eigenschaft von Natron. Es hat einen pH-Wert von 8,5 und hilft so, Verunreinigungen zu entfernen, Bakterien und Pilzen die Lebensgrundlage zu entziehen oder auch den körpereigenen Säure-Basen-Haushalt zu regulieren.
Natron und Krämpfe: Was sagt die Wissenschaft?
Die Einnahme von Natron-Drinks soll die anaerobe Leistung bei hochintensiven Belastungen verbessern. Durch intensive Ausdauerbelastung wird immer mehr Laktat gebildet, als der Körper abbauen kann: Der pH-Wert sinkt, die Muskulatur übersäuert und wird müde. Eine Studie der Universität Peking aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass die Einnahme von Natron vor intensiven HIIT-Trainingseinheiten die Ermüdung der Muskeln hinauszögern kann. Die Forscher gaben Studenten über einen Zeitraum von sechs Wochen vor jeder intensiven HIIT-Trainingseinheit einen Natron-Drink (0,2 Gramm Natron pro Kilogramm Körpergewicht). Die Probanden trainierten dreimal pro Woche, die letzten drei Wochen besonders intensiv.
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"Die Studie sagt, dass man mit Natron intensiver trainieren kann, weil sich im Muskel später Laktat bildet", erläutert Schmidt-Hellinger. Somit könne man sich auf einem insgesamt höheren Trainingsniveau bewegen. Einen leistungssteigernden Effekt durch die Einnahme von Natron sieht Schmidt-Hellinger nur auf den kurzen Distanzen: Läufe mit einer Dauer zwischen einer und sechs Minuten. „Ein 400-, 1500- oder auch ein 3000-Meter-Hindernislauf - da passt das rein“, so der Mediziner.
Natron zur Vorbeugung und Linderung von Krämpfen
Krämpfe während einer Belastung können durch Überlastung, Mangelerscheinungen oder Überhitzung entstehen. Natron kann in verschiedenen Szenarien hilfreich sein:
- Bei Muskelübersäuerung: Natron neutralisiert die Milchsäure, die bei intensiven Muskelbelastungen entsteht und zu Krämpfen führen kann.
- Bei Elektrolytverlust: Durch Schwitzen verliert der Körper Natrium und andere Elektrolyte. Natron kann helfen, den Natriumverlust auszugleichen.
- Bei Überhitzung: Ein basisches Fußbad mit Natron kann helfen, den Säure-Basen-Haushalt auszugleichen und Entzündungen zu hemmen.
Natron im Sport: Leistungssteigerung und Muskelermüdung
Im Sport sorgt Natron immer wieder für Aufsehen. Es gilt als leistungssteigernde Substanz, die nicht unter das Doping fällt. Bei intensiven und kurzfristigen Muskelbelastungen, wie zum Beispiel einem 400-Meter-Lauf, kann durch Atmung nicht ausreichend Sauerstoff und damit Energie zur Verfügung gestellt werden. Der Körper nutzt deshalb die sauerstoffunabhängige Glykolyse, bei der Milch- oder Laktatsäure entsteht. Die schränkt jedoch die Fähigkeit der Muskeln zu Kontraktionen ein. Natron fängt die Milchsäure ab und ermöglicht so eine Leistungssteigerung.
Allerdings beträgt die nur maximal zwei bis drei Prozent und das nur für kurze Zeit. Interessant ist die dazu eine notwendige Dosis von 0,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht Natron deshalb nur im Spitzensport, erklärt Prof. Karsten Krüger, Biologe und Sportwissenschaftler an der Universität Gießen. Aber selbst Spitzensportlerinnen und -sportler müssen längere Zeit experimentieren, um herauszufinden, ob die Methode für sie geeignet und im Wettkampf auch wirklich praktikabel ist.
Backpulver als Mittel zur Leistungssteigerung im Sport ist schon länger bekannt, erhält durch Aussagen von Spitzensportlern in den sozialen Medien aktuell wieder Aufmerksamkeit. Natronpulver erhöht die Ausdauerleistung der Muskeln. Ist aber nicht für jeden Sportler geeignet. "Es gibt seit den 1990er Jahren schöne Metastudien über das sogenannte Natrium-Bicarbonate-Loadings. Die Studien belegen, dass in Bereichen von kurzen Belastungen auch diese Leistungsverbesserung durch die Einnahme von Backpulver oder Natron messbar ist", sagt die Pharmazeutin und Ernährungsexpertin Caroline Rauscher im Deutschlandfunk.
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Hintergrund ist, dass wenn Muskeln stark beansprucht werden, durch den Abbau von Glykogen Laktat entsteht. Dadurch übersäuern die Muskeln und ermüden. Die Einnahme von Backpulver verzögert die Übersäuerung der Muskeln und damit auch die Übermüdung der Muskulatur. Hier kann der Einsatz von Backpulver etwas bewirken, sagte die Pharmazeutin. "Wichtig ist hier aber die Länge der Belastung zu berücksichtigen", sagte Rauscher. Nur bei kurzen, schnellen Sprints und bei einer Belastung von einer bis fünf Minuten, könne Backpulver überhaupt einen Effekt haben.
Vorab müsse aber erst einmal eine Anamnese stattfinden, ob das Natrium-Bicarbonate-Loading überhaupt für die Person geeignet ist oder eine zu hohe Natrium-Dicarbonat-Belastung dem System gesundheitlich schaden könnte, sagte Rauscher. Zudem sei eine individuelle Anpassung an das Körpergewicht wichtig und Test in entsprechenden Einheiten, ob die Dosierung vertragen wird. "Die Nebenwirkungsrate, die ist relativ hoch, man sagt zwischen 25 bis eher 50 Prozent der Athleten haben Probleme damit", sagte Rauscher. Sie rät gerade Breiten- und Freizeitsportlern von der Verwendung von Backpulver ab: "Ganz ehrlich, ich würde dem Freizeitsportler sowieso den Tipp geben, lass die Finger weg." Die Leistungssteigerung sei zu gering im Verhältnis zum Risiko.
Anwendung von Natron bei Krämpfen: Praktische Tipps
Hier sind einige praktische Tipps zur Anwendung von Natron bei Krämpfen:
- Natron-Drink: Lösen Sie 0,2 Gramm Natron pro Kilogramm Körpergewicht in Wasser auf und trinken Sie es vor dem Training oder Wettkampf.
- Elektrolytlösung: Mischen Sie Natron mit Kochsalz und anderen Elektrolyten in Wasser, um den Elektrolytverlust durch Schwitzen auszugleichen.
- Basisches Fußbad: Geben Sie 3 Teelöffel Natron oder basisches Badesalz in eine Wanne mit warmem Wasser und baden Sie Ihre Füße für 20-30 Minuten.
Weitere Hausmittel gegen Krämpfe
Neben Natron gibt es auch andere Hausmittel, die bei Krämpfen helfen können:
- Magnesium: Magnesiummangel kann Krämpfe verursachen. Nehmen Sie Magnesiumpräparate oder essen Sie magnesiumreiche Lebensmittel wie Nüsse, Samen und grünes Gemüse.
- Kalium: Kalium ist ein weiterer wichtiger Elektrolyt. Essen Sie kaliumreiche Lebensmittel wie Bananen, Avocados und Süßkartoffeln.
- Salz: Salz hilft, den Natriumverlust durch Schwitzen auszugleichen. Geben Sie etwas Salz in Ihre Trinkflasche oder nehmen Sie Salztabletten.
- Dehnen: Dehnen Sie die betroffenen Muskeln, um Krämpfe zu lösen.
- Massage: Massieren Sie die betroffenen Muskeln, um die Durchblutung zu fördern und Krämpfe zu lindern.
Risiken und Nebenwirkungen von Natron
Wer Natron öfter einnehmen will, sollte das zuvor ärztlich abklären. Mindestens eine Stunde sollte zwischen der Einnahme von Medikamenten und der von Natron liegen. Nebenwirkungen können Völlegefühl, Aufstoßen, Blähungen und manchmal auch Durchfall und Übelkeit sein. Außerdem kann Natron teilweise genau das Gegenteil dessen bewirken, was eigentlich beabsichtigt war.
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Schmidt-Hellinger warnt vor Nebenwirkungen, die den Trainingsvorteil zunichtemachen können. „Das Natron-Gemisch ist eine hoch konzentrierte Lösung. Durchfall, Bauchschmerzen und gegebenenfalls auch Erbrechen können die Folgen sein“, erklärt Schmidt-Hellinger. Im Amateurbereich, so Schmidt-Hellinger, sollte der Natron-Drink eher keine Anwendung finden.
Eine hohe Zufuhr von Natriumhydrogencarbonat kann zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Muskelschwäche und Krämpfen führen. Selten werden Bluthochdruck oder Nierensteine ausgelöst.
Aufgrund des alkalischen pH-Wertes beeinflusst Natron die Wirksamkeit anderer Medikamente. Unter anderem interagiert die Substanz mit Sympathomimetika, Barbituraten, H2-Rezeptorenblockern, Captopril, Clorazepat, Chinidin, Glucocorticoiden und Diuretika. Patienten, die unbedingt Natron einnehmen möchten, sollten zumindest darauf achten, das mit 1 bis 2 Stunden Abstand zu anderen Arzneimitteln zu tun.