Ein eingeklemmter Nerv kann plötzlich auftreten und erhebliche Beschwerden verursachen. Es ist wichtig, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu kennen, um effektiv reagieren zu können.
Was ist ein eingeklemmter Nerv?
Umgangssprachlich wird der Begriff "eingeklemmter Nerv" oft für plötzliche Schmerzen verwendet, die sich anfühlen, als wäre ein Nerv tatsächlich eingeklemmt. Medizinisch gesehen handelt es sich jedoch meist um Druckschäden an Nerven. Häufig betroffen ist der Karpaltunnel am Handgelenk, durch den die Beugesehnen der Finger und der Mittelnerv verlaufen. Auch bei Bandscheibenvorfällen mit Nervenschädigungen spricht man oft von einem eingeklemmten Nerv. Im Allgemeinen versteht man unter einem eingeklemmten Nerv einen komprimierten Nerv an einer beliebigen Stelle des Körpers.
Ursachen eines eingeklemmten Nervs
Ein eingeklemmter Nerv entsteht, wenn Nerven durch umliegendes Gewebe wie Muskeln, Knochen oder Sehnen zusammengedrückt werden. Dies kann verschiedene Ursachen haben:
- Wiederholte Bewegungen und einseitige Belastungen: Arbeiten mit ständig gebeugtem Handgelenk oder andere monotone Bewegungen können zu einer Überlastung führen, die Nerven einklemmt.
- Langanhaltende Fehlhaltungen: Eine ungünstige Körperhaltung über längere Zeit kann ebenfalls Druck auf Nerven ausüben.
- Muskelverspannungen: Verhärtete Muskeln können auf die Nerven drücken und diese schmerzhaft beeinträchtigen. Dies kann auch bei sportlichen Aktivitäten passieren, wenn auf eine ausreichende Aufwärmung verzichtet wurde.
- Fehlbelastungen: Im Bereich der Füße können Plattfüße, Spreizfüße, Senkfüße und Hohlfüße zu Fehlbelastungen führen und lange Zeit keine Beschwerden auslösen.
- Unbewusster Druck: Auch unbewusster Druck, z. B. durch ungünstige Schlafpositionen, kann Nerven einklemmen.
- Bandscheibenvorfälle: Hierbei drücken Teile der Bandscheiben auf die Nerven.
- Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals kann Druck auf das Rückenmark oder die darunter verlaufenden Nerven ausüben.
- Weitere Ursachen: Seltenere Ursachen sind beispielsweise ein ausgerenktes Schultergelenk oder andere Erkrankungen.
Wo tritt ein eingeklemmter Nerv besonders häufig auf?
Eingeklemmte Nerven kommen besonders häufig in folgenden Bereichen vor:
- Rücken: Aufgrund der zentralen Rolle der Wirbelsäule bei alltäglichen Bewegungen sind hier viele Muskeln aktiv, was zu Verspannungen und eingeklemmten Nerven führen kann. Besonders betroffen ist oft der tiefe Rücken (Lendenwirbelsäule).
- Halswirbelsäule: Die hohe Beweglichkeit des Kopfes und die Notwendigkeit schneller, ruckartiger Bewegungen machen die Halswirbelsäule anfällig für eingeklemmte Nerven.
- Schulter und Schulterblätter: Auch diese Bereiche sind stark in die alltägliche Bewegung eingebunden.
- Rippen: Beim Atmen oder Husten werden die Muskeln zwischen den Rippen stark belastet, was bei andauerndem Husten zu Verhärtungen und Nervenkompressionen führen kann.
- Hüfte: Hier kann der Nervus cutaneus femoris lateralis unter dem Leistenband eingeklemmt werden, was als Meralgia paraesthetica bezeichnet wird.
- Handgelenk: Das Karpaltunnelsyndrom ist eine häufige Ursache für einen eingeklemmten Nerv im Handgelenk.
Symptome eines eingeklemmten Nervs
Die Symptome eines eingeklemmten Nervs können vielfältig sein und hängen davon ab, wo sich der Nerv befindet. Typische Symptome sind:
Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden
- Schmerzen: Plötzlich einschießende, stechende oder ziehende Schmerzen, die oft in umliegende Bereiche ausstrahlen. Der Schmerzcharakter wird als schneidend, scharf ziehend oder brennend beschrieben.
- Neurologische Beschwerden: Kribbeln, Taubheitsgefühle oder ein Gefühl, als wäre ein Arm oder Bein "eingeschlafen".
- Bewegungseinschränkungen: Schwierigkeiten, bestimmte Bewegungen auszuführen.
- Muskelschwäche: In manchen Fällen kann es zu Muskelschwäche in den betroffenen Bereichen kommen.
- Überempfindlichkeit: Eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Berührungs- oder Kältereizen kann auftreten.
Die Schmerzen werden oft als sehr unangenehm, ziehend, beißend und brennend beschrieben. Sie können sich bei kleinsten Bewegungen verstärken und zu Fehlbelastungen führen, die wiederum weitere Verhärtungen verursachen.
Diagnose eines eingeklemmten Nervs
Die Diagnose eines eingeklemmten Nervs wird in der Regel klinisch gestellt. Der Arzt oder die Ärztin wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und den Patienten körperlich untersuchen. Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt:
- Patientenbefragung: Der Patient wird nach der Art, Lokalisation und Ausstrahlung der Schmerzen sowie nach möglichen Auslösern gefragt.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt tastet den schmerzhaften Bereich ab, beurteilt den Zustand der Muskeln, die Beweglichkeit und die Auslösbarkeit der Schmerzen.
- Neurologische Untersuchung: Bei neurologischen Symptomen wie Taubheit oder Muskelschwäche wird die Nervenfunktion getestet, z. B. mittels Elektromyografie (EMG).
- Bildgebende Verfahren: In manchen Fällen können bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder MRT eingesetzt werden, um die Ursache des eingeklemmten Nervs zu erkennen oder andere Erkrankungen auszuschließen.
- Ultraschall: Macht vor allem weichere Strukturen direkt unter der Haut deutlich und kann verhärtete Muskeln, die auf einen Nerven drücken, darstellen.
- Röntgenbild: Wird vor allem eingesetzt, um Knochenverletzungen auszuschließen.
- MRT: Ist die beste Methode, um Nerven, Knochen, Sehnen, Blutgefäße und Weichteilstrukturen darzustellen. Ein MRT sollte vor allem dann durchgeführt werden, wenn die Schmerzen unklar sind oder neurologische Auffälligkeiten vorliegen.
Behandlungsmöglichkeiten eines eingeklemmten Nervs
Die Behandlung eines eingeklemmten Nervs richtet sich nach der Ursache und Schwere der Beschwerden. In vielen Fällen können konservative Maßnahmen die Symptome lindern.
Konservative Behandlung
- Schonung und Ruhigstellung: Überlastende Bewegungen sollten vermieden werden, aber absolute Ruhe ist nicht empfehlenswert. Leichte Bewegung kann helfen, die verhärteten Muskeln zu lockern.
- Wärme: Wärme in Form einer Wärmflasche oder eines warmen Bades kann helfen, die Muskeln zu entspannen und die Durchblutung zu fördern.
- Medikamente:
- Schmerzmittel: Rezeptfreie Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei leichten bis mittelschweren Schmerzen eingenommen werden. Bei stärkeren Schmerzen können verschreibungspflichtige Opioide in Betracht gezogen werden, allerdings sollten diese aufgrund des Abhängigkeitspotentials nur kurzzeitig und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.
- Entzündungshemmende Salben und Gele: Docgel oder Diclogel können auf den betroffenen Bereich aufgetragen werden. Auch pflanzliche oder homöopathische Salben können zum Einsatz kommen.
- Muskelrelaxantien: Bei Muskelverspannungen können Muskelrelaxantien helfen, die Muskeln zu entspannen.
- Kortisonspritzen: In manchen Fällen kann eine Kortisonspritze in den betroffenen Bereich gegeben werden, um die Entzündung zu reduzieren und den Druck auf den Nerv zu verringern.
- Physiotherapie: Physiotherapeutische Übungen können helfen, die Muskeln zu dehnen, zu kräftigen und Fehlbelastungen zu korrigieren.
- Manuelle Therapie: Diese Behandlungsform kann helfen, Blockaden zu lösen und die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern.
- Kinesiotaping: Das Anbringen von Kinesiotapes über dem schmerzhaften Bereich kann die Muskeln unterstützen und die Schmerzen lindern.
- Alternative Therapien: Sanfte Gymnastik, Yoga oder eine Massage können bei stark verspannter Muskulatur helfen, die Verspannung zu lösen und den eingeklemmten Nerv zu entlasten.
Operative Behandlung
Operative Maßnahmen kommen infrage, wenn die konservative Behandlung nicht ausreichend hilft oder die Beschwerden chronisch werden. Ziel der Operation ist es, den Druck auf den Nerv zu beseitigen. Dies kann beispielsweise durch die Entfernung von Bandscheibengewebe bei einem Bandscheibenvorfall oder durch die Erweiterung des Karpaltunnels beim Karpaltunnelsyndrom geschehen.
Medikamentöse Therapie im Detail
Die medikamentöse Behandlung eines eingeklemmten Nervs zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu reduzieren. Hier eine detailliertere Übersicht über die verschiedenen Medikamentengruppen:
Lesen Sie auch: Symptome und Behandlungsmethoden bei eingeklemmtem Nerv
- Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR):
- Wirkstoffe: Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen
- Wirkung: Schmerzlindernd, entzündungshemmend, fiebersenkend
- Anwendung: Bei leichten bis mittelschweren Schmerzen, die durch Entzündungen ausgelöst werden.
- Nebenwirkungen: Magenschmerzen, Übelkeit, Schleimhautreizungen, Magen-Darm-Blutungen, Beeinträchtigung der Nierenfunktion.
- Hinweis: Bei längerer Einnahme sollte ein Arzt konsultiert werden, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden.
- Opioide:
- Wirkstoffe: Morphin, Tramadol, Oxycodon, Hydromorphon
- Wirkung: Stark schmerzhemmend
- Anwendung: Bei besonders starken Schmerzen, oft in Kombination mit NSAR.
- Nebenwirkungen: Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, Verstopfung.
- Hinweis: Opioide sind immer verschreibungspflichtig und sollten nur kurzzeitig und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, da sie ein hohes Abhängigkeitspotential haben.
- Muskelrelaxantien:
- Wirkstoffe: Verschiedene Wirkstoffe, die die Muskelspannung reduzieren.
- Wirkung: Entspannend auf die Muskulatur.
- Anwendung: Bei Muskelverspannungen im Nacken- oder Schulterbereich.
- Nebenwirkungen: Müdigkeit, Benommenheit, Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit.
- Hinweis: Sollten nur kurzfristig bei starken akuten Schmerzen eingesetzt werden, wenn andere Medikamente oder Methoden nicht ausreichend wirken.
- Antidepressiva:
- Wirkstoffe: Amitriptylin, Duloxetin
- Wirkung: Schmerzlindernd, insbesondere bei Nervenschmerzen.
- Anwendung: Bei chronischen Schmerzen, insbesondere wenn auch Nerven betroffen sind.
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Mundtrockenheit, Schwindel.
- Hinweis: Regelmäßige EKG- und Laborkontrollen sind wichtig, da potentielle Wechselwirkungen auf den Herzrhythmus bestehen können.
- Antiepileptika:
- Wirkstoffe: Gabapentin, Pregabalin
- Wirkung: Schmerzlindernd, insbesondere bei einschießenden, elektrisierenden Nervenschmerzen.
- Anwendung: Bei Nervenschmerzen, die durch Nervenschädigungen verursacht werden.
- Nebenwirkungen: Schwindel, Müdigkeit, Gedächtnisstörungen.
- Hinweis: Viele Fachleute raten aber davon ab, weil sie bei Ischialgie nach bisherigem Wissen nicht helfen und oft zu Nebenwirkungen führen.
- Lokale Behandlungen:
- Salben und Pflaster: Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR gibt es als Salbe und Wärme-Pflaster oder auch als Gel mit kühlendem Effekt.
- Lidocain-Pflaster: Enthält ein örtliches Betäubungsmittel und kann bei Nervenschmerzen eingesetzt werden.
- Capsaicin-Pflaster: Enthält den Wirkstoff Capsaicin aus der Chilischote und kann bei Nervenschmerzen, z.B. nach einer Gürtelrose, eingesetzt werden.
Was kann man selbst tun?
Neben den ärztlichen Behandlungen gibt es einige Maßnahmen, die man selbst ergreifen kann, um die Beschwerden zu lindern:
- Bewegung statt Schonung: Versuchen Sie, schmerzhafte Bewegungen nicht vollständig zu vermeiden und gehen Sie nicht in eine unnatürliche Schonhaltung. Dies kann dazu führen, dass weitere Muskelpartien übermäßig beansprucht werden.
- Wärme: Wärme in Form von warmen Bädern, Wärmflaschen oder Wärmepflastern kann helfen, die Muskeln zu entspannen.
- Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen können helfen, die Muskeln zu lockern und den Druck auf die Nerven zu verringern.
- Ergonomie: Achten Sie auf eine gute Körperhaltung und ergonomische Arbeitsbedingungen, um Fehlbelastungen zu vermeiden.
- Stressabbau: Stress kann Muskelverspannungen verstärken. Entspannungsübungen wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
- Gewichtsreduktion: Übergewicht kann zusätzlichen Druck auf die Nerven ausüben. Eine Gewichtsreduktion kann helfen, die Beschwerden zu lindern.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn:
- Die Schmerzen plötzlich und sehr stark auftreten.
- Die Schmerzen über einen längeren Zeitraum anhalten oder sich verschlimmern.
- Neurologische Symptome wie Taubheit, Kribbeln oder Muskelschwäche auftreten.
- Die Bewegung eingeschränkt ist.
- Die konservativen Maßnahmen nicht helfen.
Prognose
Die Prognose bei einem eingeklemmten Nerv ist in den meisten Fällen gut. Bei kurzzeitigem Druck kann sich der Nerv vollständig regenerieren - oft innerhalb weniger Wochen. Je länger der Druck andauert, desto größer ist die Gefahr bleibender Schäden. Daher ist es wichtig, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen und die richtige Behandlung einzuleiten.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei eingeklemmtem Nerv
tags: #nerv #eingeklemmt #behandlung #medikamente