Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, von dem schätzungsweise 40 % der deutschen Bevölkerung betroffen sind. Dies entspricht etwa 33 Millionen Menschen und macht Rückenschmerzen zu einer Volkskrankheit der modernen Zivilisation. Die Ursachen für Rückenschmerzen sind vielfältig und reichen von unspezifischen Schmerzen ohne feststellbare Ursache bis hin zu spezifischen Schmerzen mit einem nachweisbaren Auslöser, wie z. B. Abnutzungserscheinungen. Zysten, die auf Nerven drücken, können eine seltene, aber dennoch bedeutende Ursache für solche Beschwerden sein.
Was sind Zysten?
Zysten sind flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, die sich in verschiedenen Bereichen des Körpers bilden können. Im Bereich der Wirbelsäule können verschiedene Arten von Zysten auftreten, die je nach ihrer Entstehung und Lokalisation unterschiedliche Auswirkungen haben können. Zu den häufigsten Zysten, die auf Nerven drücken können, gehören:
- Synovialzysten (Facettengelenkszysten): Diese Zysten entstehen durch degenerative Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken. Durch Überlastung und Entzündungen kann es zu einem Bruch der Gelenkkapsel kommen, wodurch sich eine Zyste im Spinalkanal entwickeln kann.
- Tarlov-Zysten (Wurzeltaschenzysten): Hierbei handelt es sich um mit Hirnwasser gefüllte Aussackungen der dorsalen Nervenwurzeln am Übergang ins Spinalganglion (Nervenknoten). Sie treten typischerweise im Bereich des Kreuzbeins (S2 und S3) auf.
- Ganglionzysten: Diese gutartigen, mit Flüssigkeit gefüllten Knoten treten häufig entlang von Sehnen oder Gelenken auf, können aber auch in der Nähe der Wirbelsäule vorkommen und Nerven beeinträchtigen.
- Arachnoidalzysten: Diese flüssigkeitsgefüllten Räume sind von Arachnoidalzellen umhüllt und bilden sich auf der Arachnoidalmembran, einer der drei Membranen, die Gehirn und Rückenmark umgeben.
Ursachen für Zystenbildung
Die Ursachen für die Entstehung von Zysten im Bereich der Wirbelsäule sind vielfältig:
- Degenerative Veränderungen: Verschleißerscheinungen der Bandscheiben und Wirbelgelenke können zu Instabilitäten und Überlastungen führen, die die Bildung von Synovialzysten begünstigen.
- Instabilität der Wirbelsäule (Wirbelgleiten): Das Hin- und Herwackeln der Gelenkflächen kann zu einer starken Reizung des Gelenkknorpels und vermehrter Bildung von Gelenkflüssigkeit führen, was zur Ausbeulung der Gelenkkapsel und Zystenbildung führen kann.
- Gestörte Druckverhältnisse im Liquor-Raum: Chronische Entzündungen der Arachnoidea können zu Narbenbildung und Verklebungen der Nerven führen, wodurch der Hirnwasser-Fluss gestört wird und sich Tarlov-Zysten bilden können.
- Angeborene Faktoren: Arachnoidalzysten können primär angeboren sein und durch eine abnormale Teilung oder Fehlentwicklung der Arachnoidea während der Entwicklung des Fötus entstehen.
- Verletzungen, Entzündungen oder Tumoren: Sekundäre Arachnoidalzysten können infolge einer Verletzung, einer Entzündung, eines Tumors oder einer Gehirnoperation auftreten.
Symptome von Zysten, die auf Nerven drücken
Die Symptome von Zysten, die auf Nerven drücken, können je nach Art, Größe und Lokalisation der Zyste variieren. Einige Zysten verursachen keine Symptome und werden nur zufällig bei medizinischen Untersuchungen entdeckt. Wenn Symptome auftreten, können diese sein:
- Rückenschmerzen: Häufige Beschwerden sind Schmerzen im unteren Teil der Wirbelsäule, die ins Steißbein, Gesäß und in die Beine ziehen können.
- Ausstrahlende Schmerzen: Entsprechend einer Nervenwurzelkompression können Schmerzen in Arme oder Beine ausstrahlen, ähnlich wie bei einem Bandscheibenvorfall.
- Neurologische Ausfälle: Bei stärkerem Druck auf die Nervenwurzeln können Taubheitsgefühle, Kribbeln, Muskelschwäche oder sogar Lähmungen auftreten.
- Sensibilitätsstörungen: Veränderungen der Sensibilität, wie z. B. ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Beinen oder Füßen, können auftreten.
- Gangunsicherheit: In einigen Fällen kann es zu Gangstörungen kommen.
- Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion: In seltenen Fällen können Zysten die Funktion von Blase und Darm beeinträchtigen.
- Kopfschmerzen: Intrakranielle Arachnoidalzysten können Kopfschmerzen verursachen.
- Epileptische Anfälle: In seltenen Fällen können Arachnoidalzysten epileptische Anfälle auslösen.
Diagnose von Zysten, die auf Nerven drücken
Die Diagnose von Zysten, die auf Nerven drücken, umfasst in der Regel eine Kombination aus:
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- Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt wird nach den Beschwerden, der Krankengeschichte und möglichen Risikofaktoren fragen. Eine neurologische Untersuchung kann helfen, die betroffenen Nervenwurzeln zu identifizieren.
- Bildgebende Verfahren:
- Magnetresonanztomographie (MRT): Das MRT ist das wichtigste diagnostische Verfahren, um Zysten, Bandscheibenvorfälle, Entzündungen und andere Veränderungen im Wirbelsäulenbereich optimal darzustellen.
- Computertomographie (CT): Das CT kann zusätzliche Details liefern, wie z. B. Verkalkungen oder Lufteinschlüsse in der Zyste.
- Röntgenaufnahmen: Funktionsaufnahmen in Vor- und Rückbeugung können eine Instabilität der Wirbelsäule sichtbar machen.
- Elektrophysiologische Untersuchungen (Nervenleitgeschwindigkeitsmessung, NLG): Diese Untersuchungen können helfen, die Funktion der Nerven zu beurteilen und Engpasssyndrome zu identifizieren.
Behandlung von Zysten, die auf Nerven drücken
Die Behandlung von Zysten, die auf Nerven drücken, hängt von der Art, Größe, Lokalisation der Zyste und dem Schweregrad der Symptome ab. Es gibt verschiedene Behandlungsoptionen:
- Konservative Therapie:
- Schmerzmedikamente: Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente können helfen, die Schmerzen zu lindern.
- Physiotherapie: Krankengymnastik kann helfen, die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Schmerzen zu reduzieren.
- Injektionen: Kortisonspritzen in die betroffenen Bereiche können Entzündungen reduzieren und die Schmerzen lindern. CT-gesteuerte epidurale Infiltrationen können ebenfalls zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- Beobachtung: Wenn die Zyste keine oder nur geringe Beschwerden verursacht, kann eine regelmäßige Überwachung ausreichend sein.
- Operative Therapie:
- Mikrochirurgische Dekompression: Bei dieser minimalinvasiven Operation wird die Zyste vollständig von den umliegenden Nervenwurzeln abgelöst und entfernt. Verwachsungen werden gelöst und der Nerv wird vom Druck befreit.
- Endoskopische Entfernung: Je nach Größe und Lage der Zyste kann der Eingriff auch endoskopisch durchgeführt werden.
- Stabilisierung der Wirbelsäule: Wenn eine Instabilität der Wirbelsäule vorliegt, kann eine Versteifung (Spondylodese) erforderlich sein.
- Punktion der Zyste: In einigen Fällen kann eine Punktion der Zyste unter CT-Kontrolle versucht werden, um die Flüssigkeit zu entfernen. Dies führt jedoch oft nur zu einer vorübergehenden Besserung.
- Arthroskopische Operation: Bei Zysten, die im Bereich des Schultergelenks auf den Nervus suprascapularis drücken, kann eine arthroskopische Operation durchgeführt werden, um die Zyste zu entfernen und den Nerv zu entlasten.
Spezielle Zysten und ihre Behandlung
- Tarlov-Zysten: Die Behandlung von Tarlov-Zysten zielt darauf ab, das Druckgleichgewicht im Liquor-Raum wiederherzustellen. Hierfür kommen verschiedene operative Verfahren in Frage.
- Ganglionzysten: Die Behandlung von Ganglionzysten kann von Beobachtung über Aspiration bis hin zur chirurgischen Entfernung reichen.
- Arachnoidalzysten: Die Behandlung von Arachnoidalzysten hängt von der Lokalisation, Größe und den klinischen Auswirkungen der Zyste ab. Symptomatische Zysten können operativ behandelt werden.
Nervenkompressionssyndrome
Neben Zysten können auch andere Ursachen zu Nervenkompressionssyndromen führen. Einige Beispiele sind:
- Karpaltunnelsyndrom: Hierbei wird der Mittelarmnerv (N. medianus) im Karpaltunnel eingeengt. Die Behandlung kann konservativ (z. B. Ruhigstellung mit einer Handgelenksschiene) oder operativ erfolgen.
- Sulcus-ulnaris-Syndrom (Kubitaltunnelsyndrom): Hierbei wird der Ellennerv (N. ulnaris) im Ellenbogenbereich eingeengt. Die Behandlung kann konservativ (z. B. Polsterung des Ellenbogens) oder operativ erfolgen.
- Tarsaltunnelsyndrom: Hierbei wird der Nervus tibialis hinter dem Innenknöchel eingeengt. Die Behandlung kann konservativ (z. B. Ruhigstellung, Infiltrationen) oder operativ erfolgen.
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