Anatomie des Nervus Ulnaris am Ellenbogen: Ursachen, Symptome und Behandlungen des Kubitaltunnelsyndroms

Das Kubitaltunnelsyndrom, auch bekannt als Sulcus-ulnaris-Syndrom, entsteht durch eine Nervenkompression oder -irritation des Nervus ulnaris an der Innenseite des Ellenbogens. Der Nervus ulnaris verläuft durch einen Knochenkanal (Sulcus ulnaris). Druckbelastungen und daraus resultierende Durchblutungsstörungen können durch Narbenbildung nach Unfällen, Operationen und Gelenkverschleiß verursacht werden.

Anatomie des Ellenbogens

Um das Kubitaltunnelsyndrom vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die Anatomie des Ellenbogens zu kennen.

Knochen und Gelenke

Der Ellenbogen verbindet den Oberarmknochen (Humerus) mit den beiden Knochen des Unterarms, der Elle (Ulna) und der Speiche (Radius). Das Ellenbogengelenk besteht aus drei Teilgelenken, die eine funktionelle Einheit bilden und von einer einzigen Gelenkkapsel umschlossen sind:

  • Humeroulnargelenk (Art. humeroulnaris): Verbindung zwischen Oberarmknochen und Elle, ermöglicht Beugung und Streckung.
  • Humeroradialgelenk (Art. humeroradialis): Verbindung zwischen Oberarmknochen und Speiche.
  • Proximales Radioulnargelenk (Art. radioulnaris proximalis): Verbindung zwischen Speiche und Elle, ermöglicht die Drehung des Unterarms (Pronation und Supination).

Die knöchernen Vorsprünge des Oberarmknochens kurz vor dem Ellenbogengelenk werden als Epicondylen bezeichnet: Epicondylus medialis (innenseitig) und Epicondylus lateralis (außenseitig).

Bänder

Die Stabilität des Ellenbogengelenks wird durch einen Komplex aus Bändern gewährleistet, die die Knochen verbinden:

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  • Lig. collaterale ulnare: An der Innenseite des Ellenbogens, stabilisiert das Gelenk gegen Valgusstress.
  • Lig. collaterale radiale: An der Außenseite des Ellenbogens, stabilisiert das Gelenk gegen Varusstress.
  • Lig. annulare radii: Umschließt das Radiusköpfchen und hält es in Position.
  • Membrana interossea antebrachii: Bindegewebige Verbindung zwischen Elle und Speiche über die gesamte Länge des Unterarms.

Muskeln

Verschiedene Muskeln ermöglichen die Bewegung des Ellenbogens und des Unterarms:

  • Beugemuskeln (Flexoren): M. biceps brachii, M. brachialis, M. brachioradialis.
  • Streckmuskeln (Extensoren): M. triceps brachii, M. anconeus.
  • Pronatoren: M. pronator teres, M. pronator quadratus.
  • Supinatoren: M. supinator, M. biceps brachii.

Nerven

Drei Hauptnerven versorgen den Unterarm und die Hand:

  • N. medianus: Verläuft ventral am Ellenbogen.
  • N. ulnaris: Verläuft an der Innenseite des Ellenbogens im Sulcus ulnaris.
  • N. radialis: Verläuft dorsal am Ellenbogen.

Gefäße

Die Ellenbeuge (Fossa cubitalis) enthält wichtige Blutgefäße:

  • A. brachialis: Teilt sich in A. radialis und A. ulnaris.
  • V. mediana cubiti: Verbindet V. basilica und V. cephalica.

Um den Ellenbogen herum befindet sich das Rete articulare cubiti, eine Anastomose aus Ästen der A. brachialis, A. radialis und A. ulnaris.

Lymphabfluss

Der Lymphabfluss erfolgt:

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  • Radiale Seite: In die Nll. axillares.
  • Ulnare Seite: Über Nll. cubitales und Nll. brachiales in die Nll. axillares.

Der Nervus ulnaris

Der Nervus ulnaris (Ellennerv) entspringt den Rückenmarkssegmenten C8 und Th1 und versorgt Unterarmmuskulatur, Daumenballen (Thenar), Kleinfingerballen (Hypothenar) und Mittelhand mit motorischen Impulsen. Er ermöglicht unter anderem das Spreizen und Schließen der Finger. Von seinem Ursprung bis zur Mitte des Oberarms verläuft der Ellennerv in einer Knochenrinne, dem Sulcus bicipitalis medialis.

Kubitaltunnelsyndrom: Ursachen

Beim Kubitaltunnelsyndrom wird der Nervus ulnaris im Bereich des Ellenbogens eingeengt. Dies kann verschiedene Ursachen haben:

  • Ständige Be- bzw. Überlastung des Ellenbogens: Häufig durch wiederholtes Anlehnen oder Beugen des Ellenbogens. Baseballspieler sind oft betroffen, da sie beim Werfen den Arm in besonderer Weise drehen müssen.
  • Vorschädigungen des Ellenbogens: Z.B. Knochenbrüche oder Arthrose.
  • Unfallbedingte Quetschungen des Nervs.
  • Degenerative Prozesse wie Gelenkverschleiß.
  • Weitere Faktoren: Diabetes, starkes Übergewicht und rheumatische Erkrankungen.

Kubitaltunnelsyndrom: Symptome

Typische Symptome des Kubitaltunnelsyndroms sind:

  • Kribbelparästhesien ("Ameisenlaufen") im Ringfinger und kleinen Finger.
  • Taubheit im Ringfinger, kleinen Finger und an der Innenseite des Ellenbogens.
  • Schmerzen im Ringfinger, kleinen Finger und an der Innenseite des Ellenbogens.
  • Muskelschwäche in der Hand, wodurch selbst einfache Handlungen schwerfallen.
  • Im Spätstadium: Lähmung, Muskelschwund (Atrophie) und Bildung der sogenannten Krallenhand.

Kubitaltunnelsyndrom: Diagnose

Die Diagnose wird in der Regel anhand der Symptome gestellt. Zur weiteren Abklärung und zur Auswahl der geeigneten Therapie sind jedoch neurologische Untersuchungen erforderlich:

  • Elektrophysiologische Untersuchung: Zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit.
  • Hochauflösende Nervenultraschalluntersuchung: Zur Darstellung des Nervs und zur Beurteilung von Einengungen.

Kubitaltunnelsyndrom: Behandlung

Die Behandlung des Kubitaltunnelsyndroms hängt vom Schweregrad der Symptome ab.

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Konservative Therapie

Bei milden Symptomen können folgende Maßnahmen helfen:

  • Entzündungshemmende Medikamente.
  • Schiene: Zur Ruhigstellung des Ellenbogens, besonders nachts.
  • Ergonomische Anpassung: Vermeidung von Überlastung und Fehlhaltungen.

Operative Therapie

Wenn die konservative Therapie nicht erfolgreich ist oder bereits Lähmungen vorliegen, kann eine Operation erforderlich sein. Es gibt verschiedene operative Verfahren:

  • Neurolyse: Der Nerv wird im Rahmen einer offenen Operation von Verwachsungen und Verklebungen befreit.
  • Transposition: Der Nerv wird aus seinem Bett befreit und in das Unterhautfettgewebe oder eine Muskeltasche verlagert, um den Druck zu verringern.

Nachbehandlung

Nach der Operation wird der Ellenbogen zunächst mit einem elastischen Verband oder einer Schiene ruhiggestellt. Bereits am ersten Tag nach der Operation können Finger und Ellenbogen wieder bewegt werden. Nach etwa einer Woche wird der Verband oder die Schiene durch ein Pflaster ersetzt. Krankengymnastik oder Ergotherapie können die Wiederherstellung der Handfunktion und -kraft unterstützen.

Prognose

Bei frühzeitiger Behandlung ist die Chance auf eine vollständige Heilung des Kubitaltunnelsyndroms sehr hoch. Nach der Operation kann der Arm nach etwa zwei bis drei Wochen wieder für den Alltag und die meisten Tätigkeiten eingesetzt werden. Schwere Arbeiten sollten jedoch für bis zu sechs Wochen vermieden werden. Mit aktivem Sport kann etwa vier Wochen nach der Behandlung langsam wieder begonnen werden.

Andere Erkrankungen des Ellenbogens

Neben dem Kubitaltunnelsyndrom gibt es noch weitere Erkrankungen, die Schmerzen im Ellenbogen verursachen können:

  • Golferellenbogen (Epicondylitis humeri medialis): Schmerzen an der Innenseite des Ellenbogens durch Überlastung der Sehnenansätze der Beugemuskeln.
  • Tennisellenbogen (Epicondylitis humeri radialis): Schmerzen an der Außenseite des Ellenbogens durch Überlastung der Sehnenansätze der Streckmuskeln.
  • Ellenbogenluxation: Ausrenkung des Ellenbogengelenks, typischerweise nach einem Sturz auf den ausgestreckten Arm.
  • Radiusköpfchenfraktur: Bruch des Radiusköpfchens, häufigste knöcherne Verletzung des Ellenbogens.
  • Olekranonfraktur: Bruch des Olekranon (Ellenbogenspitze) durch direkte Gewalteinwirkung.
  • Humerusfraktur: Bruch des Oberarmknochens, meist durch einen Sturz auf den ausgestreckten Arm.

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