Nervenschäden durch Injektionen: Ursachen, Behandlung und Prävention

Nervenschäden nach Injektionen sind eine seltene, aber potenziell schwerwiegende Komplikation medizinischer Behandlungen. Sie können durch verschiedene Mechanismen verursacht werden und unterschiedliche Symptome hervorrufen. Eine frühzeitige Diagnose und angemessene Behandlung sind entscheidend, um die Auswirkungen zu minimieren und die bestmögliche Genesung zu erzielen.

Ursachen von Nervenschäden durch Injektionen

Nervenschäden im Zusammenhang mit Injektionen können auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein:

  • Direkte Verletzung des Nervs: Die Injektionsnadel kann den Nerv direkt treffen und verletzen, insbesondere wenn die Injektion in der Nähe eines Nervs durchgeführt wird.
  • Intraneurale Injektion: Das Lokalanästhetikum wird direkt in den Nerv injiziert, was zu einer Schädigung führen kann.
  • Mechanische Schädigung: Der Nerv kann durch das Trauma der Injektionsnadel selbst geschädigt werden.
  • Kompressionsschäden: Ein Hämatom oder Ödem an der Injektionsstelle kann den Nerv komprimieren und seine Funktion beeinträchtigen.
  • Toxische Schädigung: Bestimmte Substanzen, die injiziert werden, können toxisch auf Nervengewebe wirken. Es wurde beobachtet, dass eine Injektion mit Prilocain ein fünf Mal höheres Risiko zeigt als die Lokalanästhesie mit Lidocain bzw. Mepivacain. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die Schädigung des Nervs am ehesten von der Konzentration des Anästhetikums abhängt.

Iatrogene Nervenverletzungen treten oft infolge einer Operation auf, am häufigsten ist dabei der N. accessorius betroffen, gefolgt von N. medianus, N. peroneus communis, N. radialis, N. genitofemoralis, N. peroneus superficialis und N. tibialis.

Betroffene Nerven und Regionen

Bestimmte Nerven und Körperregionen sind anfälliger für Verletzungen durch Injektionen:

  • Nervus ischiadicus: Verletzungen dieses Nervs sind im Rahmen von Verkehrs- oder Sportunfällen möglich, entstehen nicht selten aber auch iatrogen, d.h. im Rahmen medizinischer Maßnahmen. Studien mit großen Patientenkollektiven zeigten, dass 25,2 % der behandelten Ischiadikusläsionen Folge ärztlicher Maßnahmen waren. In einer retrospektiven Studie von Topuz et al. wiesen 29 von 73 operierten Patienten mit iatrogenen Nervenläsionen einen Ischiadikusausfall aufgrund von intraglutealen Injektionen auf.
  • Nervus lingualis: Falls eine Schädigung durch Lokalanästhesie vorliegt, ist in den meisten Fällen der Nervus lingualis betroffen.
  • Nervus alveolaris inferior: Iatrogene Sensibilitätsstörungen des Nervus alveolaris inferior stellen sowohl für den Patienten als auch für den Behandler unangenehme Behandlungskomplikationen dar.
  • Nervus cutaneus femoris lateralis: Der Nervus cutaneus femoris lateralis kann durch Druck und Verletzungen geschädigt werden.

Besonders gefährdet sind der Karpalkanal und das Handgelenk sowie das hintere Halsdreieck und der Bereich des Knies einschließlich der Kniekehle. Hier liegen die Nerven oberflächlich, nahe beieinander oder in der Nähe der Zielstruktur, zum Beispiel eines Lymphknotens oder einer Bakerzyste. Dass der N. ulnaris am Ellenbogen und N. peroneus am Caput fibulae aufgrund ihrer oberflächlichen Lage besonders gefährdet sind, bei Lagerung oder Gipsverband gedrückt zu werden, ist allgemein bekannt.

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Symptome von Nervenschäden

Die klinischen Symptome bei Nervschädigungen fallen sehr unterschiedlich aus. Es können einerseits verstärkte Empfindungen von Reizen auftreten, zum anderen zeigt sich aber auch eine verminderte Wahrnehmung oder sogar ein kompletter Sensibilitätsausfall. Weiterhin können Missempfindungen oder abnorme Empfindlichkeiten auftreten. Alle Läsionsgrade können zu einer kompletten Anästhesie im Ausbreitungsgebiet eines sensiblen Nervs führen.

Sensible Nerven reagieren mit Gefühlsstörungen auf Traumatisierungen, motorische Nerven weisen Lähmungen oder Fehlbewegungen auf. Falls der Nervus lingualis betroffen ist, zeigen sich Geschmacksstörungen. Bei Verletzungen des Nervus alveolaris inferior wird zunächst die Empfindungsqualität der Unterlippe untersucht. Hierbei wird überprüft, ob und wie stark der Patient Druck, Berührungsschmerz, Temperatur empfinden kann. Zusätzlich wird die Spitz-Stumpf-Diskriminanz bewertet. Außerdem muss die Vitalität der Zähne und die Sensibilität der Gingiva untersucht werden.

Patientinnen mit einer Schädigung des Nervus cutaneus femoris lateralis haben Beschwerden an der Vorder- bzw. Außenseite des Oberschenkels. Charakteristisch sind ein Kribbeln, brennende Schmerzen, Missempfindungen und Taubheit. Meistens ist nur eine Seite betroffen. Die Symptome treten vor allem dann auf, wenn der Druck auf den Nerv steigt - etwa beim Tragen enger Hosen ("Jeanskrankheit") und in der Schwangerschaft. Die Symptome werden bei vielen Patientinnen stärker, wenn sie das Hüftgelenk strecken, also das Bein nach hinten führen. Provozieren lassen sich die Beschwerden häufig auch durch langes Stehen bzw. Gehen sowie durch ein langes Liegen mit gestrecktem Bein.

Diagnose von Nervenschäden

Die exakte Diagnose der Lokalisation und Ausdehnung einer Verletzung des Nervus ischiadicus ist entscheidend für die Wahl der adäquaten Therapie. Grundsätzlich werden therapeutische von idiopathischen Nervverletzungen unterschieden, die klinisch wie folgt eingeteilt werden. Bei traumatischen Läsionen ist die Fähigkeit des Nerven, Impulse weiterzuleiten, eingeschränkt. Klinisch zeigen sich Funktionsstörungen in Form von Lähmungen, Gefühlsstörungen oder vegetativen Störungen. Basis für eine Prognose und rationelle Erörterung von Therapieoptionen ist die Kenntnis des Ausmaßes und Musters einer Nervläsion.

Zur genauen Diagnostik und Objektivierung von Nervschädigungen stehen unterschiedliche Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Zuerst muss abgeklärt werden, welche Ursache der Nervverletzung zugrunde liegt, wann sie eingetreten ist und wie groß der Umfang der Verletzung ist. Die Einteilung der Nervschädigung erfolgt nach Schweregraden in der Klassifizierung von Seddon und Sunderland.

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Zur Objektivierung und Bewertung der Nervschädigung werden somatosensorisch evozierte Potenziale aufgezeichnet und der Kieferöffnungsreflex überprüft. Der Kieferöffnungsreflex ist eine elektrophysiologische Methode zur Objektivierung trigeminaler Sensibilitätsstörungen. Hierbei werden Muskelaktionspotenziale mittels Nadel- oder Hautelektroden abgeleitet, um neurogene Schädigungen zu beurteilen und zu differenzieren.

Die Indikation zur MR-Neurographie ist abhängig von der Ursache und dem Ausmaß der Verletzung. Schwere traumatische oder iatrogene Verletzungen, insbesondere bei Verdacht auf Durchtrennung des Nerven erfordern eine unverzügliche diagnostische Klärung gegebenenfalls mittels MR-Neurographie, da in diesen Fällen eine frühe operative Versorgung erfolgversprechend ist. Selbst bei Bildstörungen, die durch eine Hüftprothese verursacht werden, kann mittels geeigneter MRT-Technik oftmals eine ausreichende Darstellung des Ischiasnervs erfolgen und gegebenenfalls eine therapieentscheidende Diagnose gestellt werden. Der MR-Neurographie-Befund ist abhängig von Mechanismus und Schwere der Verletzung. Raumfordernde Hämatome sind mittels MR-Neurographie zuverlässig auszuschließen bzw. nachzuweisen.

Wegweisend ist die klinische neurologische Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf das sensomotorische Ausfallsmuster und eine begleitende vegetative Störung. Eine neuropathische Schmerzkomponente ist relativ häufig, sie sollte als solche erkannt und der Patient einer gezielten weiteren Abklärung zugeführt werden.

Zur orientierenden Untersuchung eignet sich eine Reizstromdiagnostik. Diese ist mit den meisten Elektrotherapiegeräten durchführbar und kann schon erste Hinweise auf die Denervierung einzelner Muskeln geben. Es wird hierbei das Ansprechverhalten des Muskels gegenüber verschiedenen Stromarten getestet.

Eine weiterführende Diagnostik erfolgt mit Elektroneurografie (ENG) und Elektromyografie (EMG). Mit der ENG lassen sich einzelne Nerven mit dem Zustand der Nervenhülle und dem Axon darstellen, die Läsionshöhe bei den langen Extremitätennerven kann eingegrenzt werden, bestimmte Ausfallsmuster lassen sich bei kombinierten Schäden zuordnen. Auch der Allgemeinzustand des peripheren Nervensystems und eine eventuell vorhandene Polyneuropathie lassen sich erkennen. Die EMG stellt die elektrische Muskeleigenaktivität in Ruhe und bei Willküraktivität (falls vorhanden) dar. Es kann die neurogene von einer myogenen Muskelschwäche unterschieden werden. Auch mit dieser Untersuchungsmethode werden bestimmte Ausfallsmuster erkannt und so einem Krankheitsbild zugeordnet.

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Bei der Reizstromdiagnostik und der EMG ist eine zeitliche Latenz zum Ereignis von 2-3 Wochen zu erwarten, bis ein pathologisches Befundergebnis im Sinne eines neurogenen Schädigungsmusters erhältlich ist.

Steht eine plastisch-chirurgische Versorgung der Nervenläsion im Raum, so besteht die Möglichkeit einer weiteren Abklärung mittels Neurosonografie und Magnetresonanzneurografie. Diese Methoden sind sehr hilfreich, um den Zustand eines Nervs zu beschreiben und die genaue Läsionshöhe zu lokalisieren.

Behandlung von Nervenschäden

Die Behandlung von Nervenschäden durch Injektionen hängt von der Ursache, dem Schweregrad und dem Zeitpunkt der Diagnose ab.

Konservative Behandlung

Zunächst wird die spontane Regeneration abgewartet. Zusätzlich erfolgt eine antiödematöse Therapie, um eine Kompression des Nervs durch ein Ödem zu vermeiden. Als Medikation erhält der Patient Steroide (z.B. Decortin) für drei bis vier Tage in folgender Dosierung: 1. Tag 20 mg, 2.Tag 10 mg, 3. Tag 5 mg. Eine darüber hinausgehende Behandlungsoption gibt es nicht.

Eine medikamentöse Therapie, die den Regenerationsprozess des Nervs induziert oder fördert, ist nicht bekannt.

Ergänzend können physikalische Therapiemaßnahmen eingesetzt werden, um die Funktion wiederherzustellen und Schmerzen zu lindern:

  • Medikamentöse Schmerzbehandlung: Diese richtet sich nach dem klinischen Beschwerdebild. Es finden herkömmliche NSAR, Tramadol und Opioide Verwendung, weiters Gabapentin und Pregabalin bei neuropathischer Schmerzkomponente sowie Psychopharmaka, wie z.B. SNRI, als Begleitmedikation bei chronischem Verlauf. Die peripheren neuropathischen Schmerzen können vor allem bei Vorhandensein einer Hyperalgesie oder Allodynie auch topisch mit Capsaicin- oder Lidocain-hältigen Pflastern behandelt werden.
  • Entstauungsmaßnahmen bei Ödembildung: Durch die Bewegungsstörung aufgrund der beeinträchtigten Muskelaktivität und fehlender Vasomotorik wird eine Ödembildung in der betroffenen Extremität begünstigt. Als abschwellende Maßnahmen finden die manuelle Lymphdrainage nach Vodder mit nachfolgender Kompression und Hochlagerung der betroffenen Extremität Anwendung.
  • Heilmassage: Die klassische Heilmassage wird zur Normalisierung des Muskeltonus, zur Durchblutungsförderung und zur Regulation der Gewebetrophik unter Einsatz verschiedener Grifftechniken (Knetung, Drückung, Walkung, Friktion, Klopfung, Streichung) eingesetzt. Zusätzlich kann eine manuelle Narbenbehandlung durchgeführt werden.
  • Bewegungstherapie: Die Bewegungstherapie verfolgt verschiedene Ziele. Einerseits dient sie dem Erhalt der Gelenksbeweglichkeit und Gewebetrophik, andererseits auch der Muskelkräftigung und dem gezielten Einsatz der Willkürmotorik. Es kommen hierbei passive Bewegungsübungen, geführt durch einen Therapeuten oder eine Bewegungsschiene mit Elektromotor, zum Einsatz. Weiters nutzt man aktiv/assistiv ausgeführte Übungen, wieder mit Therapeutenunterstützung oder Trainingshilfen, wie z.B. mithilfe eines Schlingentischs. Bei ausreichender Muskelkraft können auch aktive Bewegungsübungen ohne jegliche Unterstützung bzw. Widerstandsübungen durchgeführt werden. Als Übungsform kann ein direktes Training der betroffenen Muskulatur und synergistischer Muskelgruppen oder ein indirektes Training über die kontralaterale Seite zur Bahnung der paretischen Seite (z.B. propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation, Spiegeltherapie) eingesetzt werden. Auch die Unterwasserbewegungstherapie stellt eine gute Ergänzung dar, da durch den hydrostatischen Auftrieb eine Reduktion des Gewichtes bei eingeschränkter Muskelkraft ausgenutzt wird.
  • Sensibilitätstraining bzw. desensibilisierende Maßnahmen: Bei sensiblen Defiziten werden spezifische Reize gesetzt, um das noch vorhandene Potenzial voll auszuschöpfen bzw. neu zu bahnen. Dies betrifft gezielt alle sensiblen Qualitäten, wie Schmerz und Temperatur (protopathische Sensibilität) sowie Wahrnehmung von Druck, Berührung und Vibration (epikritische Sensibilität) und haptische Wahrnehmung (taktiles Erkennen von Objekten). Sind allerdings eher schmerzhafte Sensationen im Vordergrund, wird mit wiederholter Reizsetzung versucht, die Schmerzschwelle anzuheben.
  • Sensomotoriktraining: Es erfolgt eine therapeutische Schulung der Wahrnehmung von Lage, Spannungs- und Bewegungszustand des muskuloskelettalen Systems, um koordinierte, zielgerichtete und in der Kraft dosierte Bewegungen zu erreichen.
  • Funktionstraining: Es werden komplexe Bewegungsabläufe mit Relevanz für den Alltag und Beruf geübt. Dies kann auf viele Arten durchgeführt werden, wie z.B. als Wasch- und Anziehtraining, aber durchaus auch als Training handwerklicher oder haushaltsüblicher Tätigkeiten. Weiters ist ein ergonomisches Verhalten bei funktionellen Defiziten zu erlernen, um eine weitgehende Körpersymmetrie zu erhalten.
  • Elektrotherapie: Diese kann zur Schmerzreduktion eingesetzt werden. Besonders geeignet ist hierfür die Anwendung von TENS (transkutaner elektrischer Nervenstimulation), Impulsgalvanisation oder Hochvoltstrom.
  • Reedukation des Ausfallsmusters mit Elektrotherapie: Die denervierte Muskulatur kann mit einem Exponentialstrom aufgrund der begleitenden Akkomodationsstörung der Zellmembran selektiv stimuliert werden. Geeignet sind hierfür Muskeln mit einer Aktivität vom Kraftgrad 0 bis 3 (Muskelfunktionstest nach Janda). Bei einer Teilparese mit zumindest Kraftgrad 2 kann auch eine Myofeedback-Behandlung eingesetzt werden. Im Sinne eines Biofeedback mit Oberflächen-EMG wird die Muskelaktivität für den Patienten dargestellt, zusätzlich kann eine EMG-getriggerte Elektrostimulation durchgeführt werden. Diese Methode wird auch zur Bahnung eines physiologischen Bewegungsmusters verwendet.
  • Ultraschallbehandlung: Der therapeutische Ultraschall wird vorrangig zur Lokalbehandlung angrenzender Gelenke und Weichteile eingesetzt. Bezüglich des Nervengewebes ist ein Nutzen nur bei einem Karpaltunnelsyndrom belegt.
  • Thermotherapie: Bei ödematöser Schwellung oder Hämatom kann eine Kältebehandlung angezeigt sein. Eine Wärmebehandlung wird ebenso wie der Ultraschall eher zur Lokalbehandlung der angrenzenden Gewebe verwendet.
  • Hydrotherapie: Zellenbäder mit galvanischem Gleichstrom bewirken eine Schmerzreduktion und Förderung der Durchblutung im durchströmten Gebiet.
  • Orthesenversorgung: Bei der Schienenversorgung wird prinzipiell die Lagerungs- von der Funktionsschiene unterschieden. Somit erstreckt sich der Orthesengebrauch von der Kontrakturprophylaxe mit Erhalt einer physiologischen Grundstellung der Gelenke bis hin zur funktionellen Unterstützung bei Ausfall einzelner Muskeln oder Muskelgruppen.
  • Hilfsmittelversorgung: Die Versorgung mit Hilfsmitteln dient dem Erhalt bzw. der Verbesserung der Selbstständigkeit bei körperlichen Einschränkungen aufgrund der Nervenschädigung.

Zur Unterstützung der Regeneration von geschädigten Nerven werden verschiedene Formen der Akupunktur angewendet. Hierzu gehören die klassische Akupunktur der traditionellen chinesischen Medizin, bei der die gesetzte Nadel ohne weitere Manipulation belassen, erhitzt oder manuell stimuliert wird, sowie die Akupunktur mit Moxibution. Neuere Behandlungsmethoden sind die Akupunktur mit elektrischer Nadelstimulation und die aktivierte Akupunktur mit elektrischer Nadelstimulation. Bei der elektrischen Nadelstimulation werden unterschiedliche Frequenzen angewendet. Es wird die hochfrequente Stimulation (circa 50Hz) von der niederfrequenten Stimulation (2 bis 10Hz) unterschieden. Der analgetische Effekt der Stimulation wird durch die Ausschüttung von Neuropeptiden und Monoaminen hervorgerufen. Weiterhin werden verschiedene antinozizeptive Systeme aktiviert. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass jüngere Patienten (unter 40 Jahre) eine bessere Regenerationskapazität haben. Weiterhin bestimmt der Zeitpunkt des Therapiebeginns die Prognose der Nervregeneration. Eine frühe Akupunktur führt zu besseren Therapieerfolgen als eine später begonnene Therapie. Als initiale Therapie werden zehn Sitzungen von 20 bis 30 Minuten Dauer empfohlen.

Operative Behandlung

Wenn die gesicherte Kontinuitätsunterbrechung eines Nervs vorliegt, muss der Nerv sofort oder durch eine frühe Sekundärrekonstruktion versorgt werden. Auf jeden Fall sollte die Therapie zeitnah erfolgen. Falls ein dauerhafter Teilausfall (Hyperästhesie) vorliegt, besteht die Möglichkeit, nach sechs Monaten eine chirurgische Revision durchzuführen. Eventuell kann der betroffene Nervenanteil reseziert und durch ein Transplantat ersetzt werden (Erfolgschance 50 bis 60 Prozent). Wenn die Sensibilitätsstörungen des Nervs nach drei Monaten noch vorhanden sind, ist eine Regeneration nur noch in Ausnahmefällen zu erwarten. Auch wenn Wurzelfüllmaterial in den Mandibularkanal überstopft wird, erfordert dies eine sofortige chirurgische Therapie, da sonst bleibende toxische Schäden des Nerven nicht auszuschließen sind. Bei Nervschädigungen chemisch-toxischer Genese stellt die Resektion des Nervensegmentes mit anschließender Nervtransplantation die Therapie der Wahl dar.

Ein während einer Operation scharf durchtrennter Nerv sollte möglichst sofort (primär) oder im Rahmen einer frühen Sekundärversorgung 2-3 Wochen nach dem Trauma rekonstruiert werden. Letzteres gilt auch für eine nicht scharfe Durchtrennung oder Zerreißung eines Nervs. Es gelten also die gleichen Prinzipien wie bei sonstigen traumatischen Nervenschäden. Diese Operationen erfolgen unter Vergrößerung, am besten mikrochirurgisch unter optimaler Sicht und mit speziellen Mikroinstrumenten.

Wenn bei der neurosonographischen Untersuchung im Anschluss an die Operation ein Neurom nachgewiesen wird, dann sollte nicht lange abgewartet werden. Die Nervenoperation muss dann 3 Wochen nach der Läsion vorgenommen werden.

Ein durchtrennter Nerv wird, wenn möglich, rekonstruiert. Meist gelingt dies nur durch eine autologe Nerventransplantation. Spendernerv ist üblicherweise der N. suralis am lateralen Unterschenkel. Andere Hautnerven, wie zum Beispiel der N. saphenus und der N. cutaneus antebrachii medialis können ebenfalls in Betracht gezogen werden. Bei erhaltener Kontinuität des Nervs gibt die intraoperative Neurographie, also die Nervenleitungsmessung am freigelegten Nerv, Auskunft über seine Leitfähigkeit im Bereich der Läsion. Ist die Leitfähigkeit aufgehoben, dann werden das betroffene Nervenstück - meist ist es als sogenanntes Kontinuitätsneurom verdickt - reseziert und der Defekt durch ein autologes Transplantat überbrückt. Andernfalls beschränkt sich der Operateur auf eine Neurolyse. In den letzten Jahren wird auch die intraoperative Neurosonographie eingesetzt. Dadurch können die Faszikelstrukturen sehr gut beurteilt werden. Auch komplette Kontinuitätsneurome können von Teilneuromen unterschieden werden.

Rechtliche Aspekte

Bei jedem chirurgischen Eingriff muss der Patient gründlich über mögliche Risiken und Komplikationen aufgeklärt werden. Falls nach einer Operation eine Nervschädigung diagnostiziert wird, stellt sich die Frage, ob der Schaden vermeidbar war oder auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. An dieser Stelle soll auf ein Urteil des OLG Koblenz hingewiesen werden, aus dem hervorgeht, dass jeder Patient vor jeder Injektion über Risiken informiert werden muss (OLG Koblenz, Urteil vom 13.05.2004 - 5U 41/03). Die Höhe des Schmerzensgeldes für Patienten, deren Nerv aufgrund einer zahnärztlichen Behandlung dauerhaft geschädigt ist, liegt zwischen 2.000 und 10.000 Euro.

Prävention von Nervenschäden

Abschließend lässt sich festhalten, dass iatrogene Nervverletzungen nicht sehr häufig vorkommen und durch fachgerechte Therapieplanung und deren Umsetzung vermeidbar sind. Um Schädigungen im Bereich von Nerven zu vermeiden, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der entsprechende Nerv bei der zahnärztlichen Behandlung maximal geschont wird. Grundsätzlich ist eine stumpfe Präparation anzuwenden. Während der Diagnostik müssen die anatomischen Strukturen genauestens untersucht werden. Um eine präzise räumliche Orientierung zu bekommen, ist oft eine radiologische Untersuchung in zwei Ebenen (gegebenenfalls auch dreidimensional) erforderlich. Wenn dies nicht erfolgt, entstehen Fehler durch Überlagerungen von Strukturen. Für die implantologische Versorgung im posterioren Bereich der Mandibula zeigte sich, dass zur radiologischen Diagnostik der Knochenhöhe die Anfertigung eines OPG ausreichend ist. Es wird empfohlen, einen Sicherheitsabstand von 2mm zum Nervenkanal einzuhalten. Zusätzlich muss während der OP darauf geachtet werden, die entsprechenden Nerven zu schonen und eventuell mit einem Instrument zu schützen.

Ein sehr wichtiger Aspekt, der jedem Operateur bewusst sein sollte, sind die verschiedenen Verlaufsvarianten der Nerven. Es ist nicht so selten, dass Nerven anders verlaufen, als es in den anatomischen Atlanten dargestellt wird. Durch die Kenntnis dieser Tatsache kann das intraoperative Risiko einer Nervenverletzung gesenkt werden.

Neben den anatomischen Kenntnissen ist ein umsichtiges, schonendes Präparieren erforderlich. Auch beim Anzeichnen der Schnittführung sollte auf die subkutan verlaufenden Hautnerven geachtet werden. Wenn im operativen Zugang Nerven die weitere Präparation erschweren, dann sollten langstreckige Neurolysen durchgeführt werden, um die Nerven zu mobilisieren und aus dem Operationsgebiet zu verlagern.

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