Einseitige Wadenschmerzen können den Alltag erheblich beeinträchtigen. Um eine optimale Therapie zu gewährleisten, ist es wichtig, die genaue Ursache der Schmerzen zu kennen. Diese können von Muskelverspannungen bis hin zu schwerwiegenden medizinischen Erkrankungen reichen.
Was sind einseitige Wadenschmerzen?
Einseitige Wadenschmerzen sind Schmerzen, die nur in einer Wade auftreten. Sie können plötzlich oder allmählich auftreten und von verschiedenen Symptomen begleitet sein. Die Schmerzen können sich ziehend, stechend, brennend oder krampfartig anfühlen.
Ursachen von Wadenschmerzen
Wadenschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:
Muskelbedingte Ursachen
- Überlastung: Überlastungen sind eine der Hauptursachen für Schmerzen im Bereich der Wadenmuskulatur. Wer das Bein immer über das Limit hinaus bewegt und belastet, riskiert eine Überlastung der Wadenmuskulatur.
- Muskelfaserriss: Muskelfaserrisse in der Wade sind eine der Hauptursachen für einseitige Wadenschmerzen. Plötzliche Abstopp- oder Anlaufbewegungen erhöhen das Risiko, dass eine oder mehrere Muskelfasern reißen. Diese Schmerzen werden als ziehend und unangenehm beschrieben. Sie treten lokal auf, können aber auch in umliegende Bereiche ausstrahlen. Muskelfaserrisse zeigen sich durch Schmerzen in der Wade hinten.
- Muskelverhärtung: Muskelverhärtungen in der Wade können auf einen Nerv drücken und die Reizweiterleitung reduzieren, was zu einseitigen Schmerzen im Bereich der Wade führt.
- Wadenkrämpfe: Wadenkrämpfe treten nicht selten in der Nacht auf. Ein Grund könnte zum Beispiel ein Magnesiummangel sein, der diese Wadenkrämpfe verursacht. Harte, verkürzte Muskelstränge sind typisch für Wadenkrämpfe.
- Muskelkater: Ungewohnte Bewegungen und Anstrengungen können zu Muskelkater in der Wadenmuskulatur führen.
- Muskelzerrung: Eine Muskelzerrung entsteht durch eine plötzliche Überdehnung des Muskels. Sie ist sowohl für Leistungsportler als auch für Amateure eine häufige Komplikation.
Verletzungen
Verletzungen sind eine der Hauptursachen für Schmerzen im Bereich der Wadenmuskulatur. Sportverletzungen, wie sie z.B. beim Skifahren auftreten, können schwere Muskelverletzungen im Bereich der Wade verursachen. Meistens entstehen Verletzungen der Wadenmuskeln durch schnelles Anlaufen, wie es etwa bei den Sprintbewegungen der Fall ist. Man unterscheidet Anrisse von Muskelfasern von Durchrissen.
Entzündungen
- Achillessehnenentzündung: Eine Entzündung der Achillessehne kann ebenfalls zu einseitigen Wadenschmerzen führen. Diese Entzündung tritt vor allem dann auf, wenn es zu Überlastungen im Alltag oder beim Sport kommt. Wer längere Zeit oder akut über sein Limit hinaus Bewegungen durchführt, erhöht das Risiko an einer Achillessehnenentzündung zu erkranken.
Durchblutungsstörungen
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Durchblutungsstörungen in den Beinen können ebenfalls dazu führen, dass es zu einseitigen Schmerzen im Bereich der Waden kommt. Hier wäre vor allem eine Verschlusskrankheit zu nennen, bei der die Blutgefäße so verengt sind, dass nur noch wenig Blut in die Beine gelangt. Hier würden die einseitigen Wadenschmerzen vor allem dann auftreten, wenn eine Wegstrecke von wenigen Metern zurückgelegt wird und sich als Schmerzen in der Wade besonders hinten zeigen.
- Tiefe Beinvenenthrombose (TVT): Eine zusätzlich Beinschwellung in Verbindung mit einseitigen Wadenschmerzen würde für eine tiefe Beinvenenthrombose sprechen. Vor allem nach langem Sitzen ohne viel Bewegung kann es durch das abgeknickt gehaltene Bein zu Blutgerinnsel kommen, die nicht selten auch Schmerzen in der Wade verursachen. Die Schmerzen treten bei einer Thrombose (tiefen Beinvenenthrombose = TVT) seitlich innen in der Wade auf.
Nervenkompression
Schmerzen, die sich in die Wade ausstrahlen, können ihren Ursprung auch im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) haben.
Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden
- Bandscheibenvorfall: Eine mögliche Ursache wäre der Bandscheibenvorfall im tiefen Lendenwirbelsäulenbereich. Hier könnte eine Bandscheibe auf den entsprechenden Nerv drücken und dadurch zu einseitigen Wadenschmerzen führen. Meistens sind die betroffenen Bandscheiben in Höhe L5 oder S1 zu finden.
- Ischialgie: Auch eine so genannte Ischialgie kann zu entsprechenden einseitigen Schmerzen im Bereich der Wade führen. Unter diesem Beschwerdekomplex versteht man Muskelverhärtung in der Wade, die auf einen bestimmten Nerv drücken und die Reizweiterleitung dadurch reduzieren, was der Patient dann an meist einseitigen Schmerzen im Bereich der Wade spürt.
Baker-Zyste
Unter einer Bakerzyste versteht man einen manchmal Tennisball-großen Hohlraum im Bereich hinten der Kniekehle, der lange Zeit ohne Beschwerden vorhanden sein kann. Manchmal verursacht er aber Beschwerden, da er zu groß wird und auf einen Nerv drückt. Dies wird vom Patienten dann in der Regel durch einseitige Wadenschmerzen hinten bemerkt. Die Baker-Zyste ist, wenn sie groß genug ist, sichtbar und auch tastbar.
Fußfehlstellungen
Fußfehlstellungen wie Hohlfüße oder O-Beine können ebenfalls zu Wadenschmerzen führen. Durch die Fehlstellung wird die Wadenmuskulatur überlastet, was zu Schmerzen führen kann.
Weitere Ursachen
- Medikamente: Einige Medikamente, wie z.B. bestimmte Blutdrucksenker oder Asthmamedikamente, können Wadenkrämpfe verursachen.
- Alkohol: Starker Alkoholkonsum kann den Salz- und Wasserhaushalt beeinflussen und zu Wadenkrämpfen führen.
- Schilddrüsenerkrankungen: Schilddrüsenerkrankungen wie eine Unterfunktion können ebenfalls zu Wadenschmerzen führen.
Symptome von Wadenschmerzen
Einseitige Wadenschmerzen können von verschiedenen Symptomen begleitet sein, darunter:
- Schmerzen: Die Schmerzen können sich ziehend, stechend, brennend oder krampfartig anfühlen.
- Schwellung: Vor allem bei Überlastungen aber auch bei Entzündungen kann es vorkommen, dass Flüssigkeit ins Weichteilgewebe im Bereich der Wade einströmt und diese anschwellen lässt.
- Rötung: Rötungen entstehen wenn es sich bei den Ursachen um entzündliche Vorgänge handelt.
- Bewegungseinschränkungen: Wadenschmerzen können die Beweglichkeit des Sprunggelenks, des Fußes oder des Knies einschränken.
- Taubheitsgefühl oder Kribbeln: In einigen Fällen können Wadenschmerzen von Taubheitsgefühl oder Kribbeln begleitet sein.
- Häufige Begleiterscheinung: Achillessehnenschmerzen
Diagnose von Wadenschmerzen
Um die Ursache von Wadenschmerzen zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei wird er die Wade abtasten und begutachten, um festzustellen, ob Schwellungen vorhanden sind und ob es bei der Betastung zu Schmerzen kommt. Anschließend wird der Patient gebeten, bestimmte Bewegungen durchzuführen, die zeigen sollen, ob der Bewegungsradius beeinträchtigt ist.
Je nach Verdacht kann der Arzt weitere Untersuchungen anordnen, wie z.B.:
Lesen Sie auch: Symptome und Behandlungsmethoden bei eingeklemmtem Nerv
- Ultraschall: Mit dem Ultraschallkopf kann man auch die Muskeln der Wade darstellen und beurteilen. So erkennt man Einrisse, die breiter sind und auch Durchrisse des Muskels.
- MRT: Ein MRT der Wade wird immer dann notwendig, wenn man eine Wadenverletzung und eine Muskelverletzung schlussendlich beweisen will.
- Röntgen: Anhand eines Röntgenbildes kann der Arzt Abnutzungserscheinungen, Fehlstellungen, Entzündungen oder Tumoren erkennen bzw. ausschließen.
- Doppler-Ultraschall: Um die Durchblutung der Gefäße zu prüfen.
- Blutuntersuchung: Bluttests helfen dabei, Elektrolytstörungen, Schilddrüsenprobleme oder Entzündungswerte zu erkennen.
- Nervenleitgeschwindigkeitsmessung: Besteht der Verdacht auf neurologische Ursachen, kann eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit weitere Aufschlüsse geben.
- Elektromyogramm (EMG): Ein Elektromyogramm ist eine neurologische Untersuchung von Muskeln, die ebenfalls eine Fehlbelastung herausfinden können. Hierbei werden die elektrischen Impulse in einem Muskel untersucht. Elektroden werden an den zu untersuchenden Muskel angelegt und die Ströme gemessen, die bei Ruhe und auch bei Belastung in den Wadenmuskeln vorhanden sind. Kommt es zu einem deutlichen Spannungsabfall ist von einer Fehlbelastung auszugehen, die dann durch eine ausgleichende Therapie behandelt werden sollte.
- Gang- oder Laufanalyse: Wadenschmerzen werden nicht selten auch von Fehlbelastungen ausgelöst, die keine anderen Beschwerden zunächst ausgelöst haben. Hier sollte eine Laufanalyse durchgeführt werden, die zeigen soll, ob eine Fehlbelastung vorhanden ist. Bei der Laufanalyse wird der Patient barfuß auf ein Laufband gestellt, während eine Kamera den Stand des Patienten aufnimmt. Dann wird der Patient gebeten zu gehen, anschließend zu laufen. Die Daten werden an einen Rechner übermittelt, der mittels der gewonnen Daten eine entsprechende Fehlbelastung herausfinden kann. Im Falle einer Fehlbelastung sollte dann mit einer ausgleichenden Behandlung begonnen werden.
Behandlung von Wadenschmerzen
Die Behandlung von Wadenschmerzen richtet sich nach der Ursache der Schmerzen. Hier sind einige allgemeine Maßnahmen, die bei Wadenschmerzen helfen können:
- Schonung: Bei akuten Wadenschmerzen sollte die Wade geschont werden. Überlastende Bewegungen im Bereich des Beins sollten gestoppt werden. Das Bein sollte immer mal wieder hoch gelagert werden, aber es soll darauf geachtet werden es nicht komplett immobil zu lassen, da sonst die Gefahr einer Thrombose deutlich ansteigen würde.
- Kühlung: Bei akuten Verletzungen oder Entzündungen kann Kühlung helfen, die Schmerzen zu lindern und die Schwellung zu reduzieren.
- Wärme: Wärme wirkt muskelentspannend und durchblutungsfördernd.
- Schmerzmittel: Neben der Behandlung der eigentlichen Ursache können entzündungshemmende Medikamente, wie Ibuprofen oder Diclofenac als Gel auf die schmerzende Wade aufgetragen werden. Hier sollte ein bis zweimal das Gel auf die Haut aufgetragen werden. Auch pflanzliche Medikamente, wie Kyttasalbe oder Tiger Balsam kann helfen die Schmerzen in der Wade zu reduzieren.
- Kompressionsbehandlung: Eine Kompressionsbehandlung ist immer dann sinnvoll, wenn Schwellungen und auch Schmerzen den Patienten im Bereich der Wade deutlich beeinträchtigen. Wichtig ist, dass eine Kompressionsbehandlung nicht erfolgen soll, wenn es sich um eine Durchblutungsstörung handelt. Bei Überlastungen und auch entzündlichen Veränderungen kann mit einer Kompressionsbehandlung eine schnelle Linderung der Beschwerden erreicht werden. Hierzu sollte eine Kompressionsbinde mehrmals leicht überlappend vom Fuß her nach oben bis unter das Knie gewickelt werden.
- Tapes: Tapes sind selbstklebende Bänder, die man in den Bereich der schmerzenden Wade aufbringen kann. Der dadurch erzeugte Zug entlastet die Muskeln darunter und führt sehr häufig schnell zu einer Besserung der Beschwerden. Tapes gibt es in unterschiedlichen Breiten und Stärken. Bei einseitigen Wadenschmerzen kann man in verschiedenen Winkel die Tapes aufbringen.
- Physiotherapie: Die Physiotherapie wendet verschiedene Verfahren zur Behandlung von Schmerzen im Bereich der Waden an. Neben der klassischen physiotherapeutischen Behandlungsmethode der Manuellen Therapie bietet sich die sogenannte Faszientherapie (Myofascial Release) an. zu behandeln. Mithilfe spezieller manueller Drucktechniken lassen sich Blockaden, falsche Bewegungsmuster und verklebte Faszien lösen. Zur Unterstützung bei der Lösung muskulärer Verspannungen kann die Anwendung einer Stoßwellentherapie sinnvoll sein. Auch das Kinesiotaping kann die Muskelspannung und -funktion positiv beeinflussen und dazu beitragen, Schmerzen zu lindern. Je nach Art und Ursache der Schmerzen eignet sich auch eine Lasertherapie. Grundsätzlich ist es darüber hinaus immer sinnvoll, sich auch aus physiotherapeutischer Sicht die Körperhaltung des Patienten genauer anzusehen. Überprüfung der Lauftechnik und der Schuhe zu empfehlen. Oft gibt es dabei großes Optimierungspotenzial. Vor allem bei Patienten, die gerade erst mit dem Joggen begonnen haben.
- Dehnübungen: Um die Muskeln der Wade wieder lockerer und beweglicher werden zu lassen. Man kann auch ein Übungsprogramm kreieren, das aus einigen muskeldehnenden Übungen und auch muskelaufbauenden Übungen bestehen. Bei akuten Wadenschmerzen sollte man die Übungen 1-2 mal am Tag durchführen. Sollten Sie eine Verschlechterung der Beschwerden im Bereich der Wade merken, sollte man mit den Übungen stoppen oder eine andere z.B. muskelaufbauende Übung anstelle durchführen. Erst wenn diese ebenfalls zu Beschwerden führt, sollte man mit Übungen komplett stoppen und eher eine weiterführende Diagnostik durchführen.
- Muskelaufbauende Übungen: Muskelaufbauende Übungen helfen die schmerzenden Muskeln auf der einen Seite zu entlasten. Eine Übung in diesem Zusammenhang wäre der Zehengang, den man 4-5 Minuten in der Wohnung durchführen sollte. Hierbei ist wichtig, dass die Ferse nie ganz auf den Boden abgestellt und kurz vor Bodenkontakt wieder angehoben wird. Man wird ein entsprechendes Ziehen in der Wadenmuskulatur spüren, das Hinweis auf ein Auftrainieren der Wadenmuskeln ist. Man kann den Zehengang 1-2 mal am Tag für ca. eine Woche oder auch vorbeugend für längere Zeit durchführen. Die Übungen sollten am besten unter Anleitung erfolgen und individuell auf die Überlastung der Wadenmuskulatur abgestimmt sein, um die Dauer der Heilung zu verkürzen und eine Folgeverletzung zu vermeiden.
- Operative Eingriffe: In schweren Fällen, etwa bei fortgeschrittener pAVK, kann ein operativer Eingriff wie die Gefäßrekonstruktion notwendig werden.
Vorbeugung von Wadenschmerzen
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, Wadenschmerzen vorzubeugen:
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung ist besonders wichtig, um die Durchblutung zu fördern und die Muskulatur zu stärken.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt den Elektrolythaushalt.
- Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung hilft, einen Mangel an Magnesium, Kalzium und Kalium zu verhindern. Viel Magnesium steckt z. B. in Bananen, Brokkoli, Vollkornbrot, Hülsenfrüchten oder Nüssen.
- Gesunder Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil, der den Verzicht auf Rauchen und die rechtzeitige Behandlung von Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck umfasst, trägt ebenfalls zur Vorbeugung bei.
- Geeignetes Schuhwerk: Ungeeignete Schuhe mit harter Sohle, übermäßiger Dämpfung oder hoher Sprengung können eine Fehlbelastung der Wadenmuskulatur verursachen.
- Vermeidung von Fehlhaltungen: Dauerhafte Überlastungen entstehen oft durch eine falsche Körperhaltung oder Schiefstellungen (z. B. Hohlkreuz, O-Beine, gekrümmte Zehen).
- Regelmäßige Dehnübungen: Regelmäßige Dehnübungen sind wichtig, um die Muskeln der Wade geschmeidig zu halten und Verkürzungen vorzubeugen.
- Aufwärmen vor dem Sport: Vor dem Sport sollte man sich ausreichend aufwärmen, um die Muskeln auf die Belastung vorzubereiten.
- Überanstrengungen vermeiden: Neben regelmäßigen Pausen ist es wichtig, der Muskulatur Verschnaufpausen zu erlauben. Gerade für sportlich Aktive gilt daher, Pausen einzulegen und die Trainingsintensität individuell anzupassen bzw.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Wenn Wadenschmerzen regelmäßig auftreten, sich unter Belastung verstärken oder von Schwellungen, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln begleitet werden, sollte eine ärztliche oder physiotherapeutische Untersuchung erfolgen. Plötzlich einsetzende Wadenschmerzen mit Schwellung oder Rötung können ein Hinweis auf eine Venenthrombose sein. In diesem Fall sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei eingeklemmtem Nerv